VwGH vom 20.03.2013, 2012/07/0246

VwGH vom 20.03.2013, 2012/07/0246

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth und Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde des OH in P, vertreten durch die Holter-Wildfellner Rechtsanwälte OG in 4710 Grieskirchen, Rossmarkt 21, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom , Zl. Wa-2012-701424/1- Lab/Kl, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft B (im Folgenden: BH) vom wurde dem Beschwerdeführer vorgeschrieben, die bei einem Feuerwehreinsatz anlässlich eines Ölunfalles am 2. und im Kleinwasserkraftwerk des Beschwerdeführers mit Ölaustritt in die M aufgelaufenen Kosten der Feuerwehr in der Höhe von EUR 20.715,72 zu begleichen. Begründend führte die BH unter anderem aus, näher bezeichnete Maßnahmen seien im Rahmen des Feuerwehreinsatzes zum Schutz vor einer unmittelbaren Gefahr weiterer Gewässerverunreinigungen unerlässlich gewesen. Die Kosten hiefür seien vom Beschwerdeführer als Verursacher bzw. Verantwortlichem für die Kleinwasserkraftanlage zu tragen.

Unter der Überschrift "Zahlungsfrist" hielt die BH fest, dass der Beschwerdeführer - wenn er keine Vorstellung einbringe - den Gesamtbetrag innerhalb von 14 Tagen nach Zustellung des Bescheides zu überweisen habe. Als Rechtsgrundlagen wurden im Bescheid "§§ 44g, 76 bis 78 in Verbindung mit § 57 Abs. 2 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes, bei Überwachungsgebühren: §§ 5a, 5b des Sicherheitspolizeigesetzes" angeführt. In der Rechtsmittelbelehrung wurde auf das Recht des Beschwerdeführers hingewiesen, innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides das Rechtsmittel der Vorstellung zu ergreifen.

Gegen den genannten Bescheid erhob der Beschwerdeführer Vorstellung, in der er die ersatzlose Aufhebung des Bescheides der BH beantragte. Er bestritt die Höhe der Forderung und beantrage Akteneinsicht mit angemessener Frist zur Stellungnahme. Schließlich verwies er auf noch laufende Gespräche mit der Gemeinde und der Freiwilligen Feuerwehr.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde die "Berufung" des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der BH vom wegen Unzulässigkeit zurückgewiesen. Als Rechtsgrundlage dieses Bescheides wurden § 66 Abs. 4 AVG iVm § 31 Abs. 3 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) zitiert.

In ihrer Begründung ging die belangte Behörde davon aus, dass der Beschwerdeführer gegen den Bescheid der BH Berufung erhoben habe, die als Vorstellung bezeichnet werde. Eine Berufung gegen einen Kostenersatzbescheid gemäß § 31 Abs. 3 WRG 1959 sei aber nicht zulässig, weil es sich dabei um einen Kostenbeitrag gemäß § 117 Abs. 1 WRG 1959 handle. Gemäß § 117 Abs. 4 WRG 1959 trete die Entscheidung außer Kraft, soweit vor Ablauf von zwei Monaten nach Zustellung des Bescheides die gerichtliche Entscheidung beantragt werde. Der Beschwerdeführer habe die Möglichkeit, bis einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung beim zuständigen Landesgericht einzubringen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

In der Beschwerde wird vorgebracht, die BH habe einen Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG erlassen, gegen den der Beschwerdeführer eine zulässige und wirksame Vorstellung erhoben habe. Die Umdeutung dieser Vorstellung als "Berufung" und deren Zurückweisung durch die belangte Behörde seien unzulässig. Im Rahmen der Vorstellung sei vor allem die Höhe der Kostenersatzforderung bestritten worden. Da die BH innerhalb der im § 57 Abs. 3 AVG genannten Frist nicht das ordentliche Ermittlungsverfahren eingeleitet habe, sei der Mandatsbescheid vom außer Kraft getreten. Dies ändere allerdings nichts daran, dass die Vorstellung mit dem angefochtenen Bescheid zu Unrecht zurückgewiesen worden sei. Aus Sicht des Beschwerdeführers bestehe daher zumindest die Gefahr, dass "einem Antrag auf Bestätigung des Außerkrafttretens gemäß § 57 (3)

2. Satz AVG der angefochtene zurückweisende Bescheid" der belangten Behörde entgegenstehe.

Wenn die zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlichen Maßnahmen nicht oder nicht rechtzeitig getroffen werden, so hat gemäß § 31 Abs. 3 erster Satz WRG 1959 die Wasserrechtsbehörde, soweit nicht der unmittelbare Werksbereich eines Bergbaues betroffen wird, die entsprechenden Maßnahmen dem Verpflichteten aufzutragen oder bei Gefahr im Verzuge unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen. Gefahr im Verzug ist gemäß § 31 Abs. 3 dritter Satz WRG 1959 jedenfalls gegeben, wenn eine Wasserversorgung gefährdet ist.

Über die Pflicht zur Leistung von Entschädigungen, Ersätzen, Beiträgen und Kosten, die entweder in diesem Bundesgesetz oder in den für die Pflege und Abwehr bestimmter Gewässer geltenden Sondervorschriften vorgesehen sind, entscheidet, sofern dieses Bundesgesetz (§ 26) oder die betreffende Sondervorschrift nichts anderes bestimmt, gemäß § 117 Abs. 1 erster Satz WRG 1959 die Wasserrechtsbehörde.

Nach § 117 Abs. 4 erster und zweiter Satz WRG 1959 ist gegen Entscheidungen der Wasserrechtsbehörde nach Abs. 1 eine Berufung nicht zulässig. Die Entscheidung tritt außer Kraft, soweit vor Ablauf von zwei Monaten nach Zustellung des Bescheides die gerichtliche Entscheidung beantragt wird.

Wenn es sich um die Vorschreibung von Geldleistungen nach einem gesetzlich, statutarisch oder tarifmäßig feststehenden Maßstab oder bei Gefahr im Verzug um unaufschiebbare Maßnahmen handelt, ist die Behörde gemäß § 57 Abs. 1 AVG berechtigt, einen Bescheid auch ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren zu erlassen.

Gemäß § 57 Abs. 2 AVG kann gegen einen nach Abs. 1 erlassenen Bescheid bei der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, binnen zwei Wochen Vorstellung erhoben werden. Die Vorstellung hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie gegen die Vorschreibung einer Geldleistung gerichtet ist.

Nach § 57 Abs. 3 AVG hat die Behörde binnen zwei Wochen nach Einlangen der Vorstellung das Ermittlungsverfahren einzuleiten, widrigenfalls der angefochtene Bescheid von Gesetzes wegen außer Kraft tritt. Auf Verlangen der Partei ist das Außerkrafttreten des Bescheides schriftlich zu bestätigen.

Die Beantwortung der Frage, ob - wie in der Beschwerde vorgebracht wird - ein Mandatsbescheid gemäß § 57 Abs. 1 AVG vorliegt, richtet sich danach, ob sich die Behörde tatsächlich unmissverständlich auf § 57 AVG gestützt hat (vgl. dazu und zu diesbezüglich maßgebenden Anhaltspunkten etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 90/07/0102, und vom , Zl. 2006/11/0071, mwN).

Die BH, die vor Bescheiderlassung offensichtlich kein Ermittlungsverfahren durchgeführt bzw. dem Beschwerdeführer kein Parteiengehör gewährt hatte, hat ihren Bescheid vom nicht nur ausdrücklich auf § 57 Abs. 2 AVG (der auf § 57 Abs. 1 AVG Bezug nimmt) gestützt, sondern darüber hinaus sowohl bei den Ausführungen zur Zahlungsfrist als auch in der Rechtsmittelbelehrung unmissverständlich auf die Möglichkeit hingewiesen, gegen den Bescheid Vorstellung zu erheben. Angesichts dessen unterliegt es keinem Zweifel, dass es sich bei dem erstinstanzlichen Bescheid der BH vom um einen auf § 57 Abs. 1 AVG gestützten Mandatsbescheid handelt. Dass in den Rechtsgrundlagen dieses Bescheides auch die Bestimmungen der §§ 44g und 76 bis 78 AVG sowie der §§ 5a und 5b Sicherheitspolizeigesetz zitiert wurden, ändert an diesem Ergebnis nichts, zumal im Bescheid ein (allfälliger) inhaltlicher Zusammenhang dieser Bestimmungen mit den allein vorgeschriebenen Kosten der Freiwilligen Feuerwehr in keiner Weise dargelegt wird. Die Ansicht der belangten Behörde, die BH habe keinen Mandatsbescheid, sondern einen Kostenersatzbescheid auf der Grundlage des § 31 Abs. 3 WRG 1959 erlassen, trifft somit nicht zu.

Daraus folgt aber, dass zur Bekämpfung des erstinstanzlichen Bescheides lediglich die Einbringung einer Vorstellung zulässig war. Von dieser Möglichkeit hat der Beschwerdeführer mit seiner Eingabe vom auch Gebrauch gemacht. Eine nachvollziehbare Begründung für die Rechtsansicht der belangten Behörde, es handle sich bei diesem Rechtsmittel um eine - lediglich als Vorstellung bezeichnete - "Berufung", enthält der angefochtene Bescheid nicht. Im Hinblick darauf, dass auf Grund des dargelegten Inhaltes des Bescheides der BH und der Formulierung der dagegen erhobenen Vorstellung kein konkreter Anhaltspunkt dafür zu erkennen ist, der Beschwerdeführer habe eine Berufung erheben wollen, bemängelt dieser in der Beschwerde in diesem Zusammenhang auch zu Recht die ihm von der belangten Behörde nicht gewährte Möglichkeit zur Stellungnahme.

Für den Fall, dass die BH nicht binnen zwei Wochen nach Einlangen der Vorstellung das Ermittlungsverfahren eingeleitet hat (wofür es nach dem Akteninhalt keinen Anhaltspunkt gibt), ist - wie die Beschwerde zutreffend ausführt - der Bescheid der BH vom gemäß § 57 Abs. 3 erster Satz AVG außer Kraft getreten.

Aus den dargelegten Erwägungen erweist sich die Zurückweisung des vom Beschwerdeführer gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen, zu Unrecht als Berufung interpretierten Rechtsmittels wegen Unzulässigkeit als rechtswidrig.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am