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VwGH vom 24.07.2014, 2012/07/0240

VwGH vom 24.07.2014, 2012/07/0240

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger, die Hofrätin Dr. Hinterwirth und die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde der S Handelsgesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Christoph Gottesmann, Rechtsanwalt in 1230 Wien, Lehmanngasse 7, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom , Zl. MA 64-1503/2012-A, betreffend Versagung einer Ausnahme nach § 18 Wiener AWG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom beantragte die Beschwerdeführerin die Ausnahme einer näher genannten Liegenschaft von der öffentlichen Müllabfuhr gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 Wiener Abfallwirtschaftsgesetz (Wr. AWG). Auf dieser Liegenschaft befänden sich Gewerbebetriebe, nämlich ein Verbrauchermarkt und ein Betriebsgebäude eines näher bezeichneten Unternehmens, das ein Geschäft für Künstlerbedarf betreibe. Die Liegenschaft werde ausschließlich gewerblich genutzt. Nach weiteren Ausführungen wies die Beschwerdeführerin darauf hin, dass die auf der Liegenschaft befindliche Dienstwohnung der Benutzung durch den Hausmeister diene, der mit näher bezeichneten Tätigkeiten (u.a. Brandschutzbeauftragter; Auf- und Absperren des Personaleinganges und Ein- und Abschalten der Alarmanlage; Wartung der technischen Einrichtungen; Funktionskontrolle; Schneeräumung und Streuen im Winter; Sauberhalten und Reinigung diverser Anlagen; Rufbereitschaft für den Wachdienst der Alarmanlage) beauftragt sei. Die Dienstwohnung sei insbesondere auch deshalb betriebsnotwendig, weil der Hausmeister die behördlich vorgeschriebene Aufgabe des Brandschutzbeauftragten ausübe. Im Betriebsgebäude des zweitgenannten Unternehmens würden regelmäßig rund 2.000 Druckgaspackungen gelagert, die eine erhöhte Brandgefahr aufwiesen.

Mit dem im zweiten Rechtsgang erlassenen Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom wurde der genannte Antrag abgewiesen. Dies begründete die Behörde im Wesentlichen damit, dass die verfahrensgegenständliche Liegenschaft nicht ausschließlich betrieblich genutzt werde, weil sich auf dieser eine Dienstwohnung befinde, die vom Hausmeister bewohnt werde. Dessen ständige Anwesenheit auf der Liegenschaft sei zwar dem Betrieb dienlich und als Sicherheitsvorkehrung auch zweckmäßig, zwingend erforderlich sei dies für das Funktionieren des Betriebs aber jedenfalls nicht. Mangels ausschließlich betrieblicher Nutzung sei daher die Ausnahmegenehmigung nicht zu erteilen gewesen.

Die dagegen von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, dass nach dem Wortlaut der Bestimmung des § 18 Abs. 2 Z 1 Wr. AWG von der Verpflichtung nach § 17 Wr. AWG immer nur eine Liegenschaft in ihrer Gesamtheit ausgenommen werden könne. Diese müsse ausschließlich Betrieben oder Anstalten dienen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfülle eine Liegenschaft, die auch Wohnzwecken diene, diese Voraussetzung nicht. Dabei komme es nicht darauf an, ob die vorhandene Wohnung als Privat- oder Dienstwohnung genutzt werde. Liegenschaften, die nur teilweise betrieblichen und ansonsten auch Wohnzwecken dienten, schieden von vornherein für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 18 Abs. 2 Z 1 Wr. AWG aus. Es sei unbestritten, dass auf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft eine Wohnung untergebracht sei. Eine Auseinandersetzung mit dem Vorbringen, dass die Dienstwohnung "betriebsnotwendig" sei, sei entbehrlich.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, diesen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Auf den vorliegenden, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.

Gemäß § 17 Abs. 1 Wr. AWG, LGBl 53/1996 idF LGBl 48/2010, sind alle im Gebiet des Landes Wien gelegenen Liegenschaften in die öffentliche Müllabfuhr einbezogen, sofern sie nicht gemäß § 18 ausgenommen sind.

Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 Wr. AWG hat der Magistrat auf schriftlichen Antrag des Liegenschaftseigentümers Liegenschaften, die ausschließlich Betrieben oder Anstalten dienen, wenn der Antragsteller eine sachlich einwandfreie Sammlung und Behandlung der auf der Liegenschaft anfallenden Abfälle nachweist, unter Vorschreibung entsprechender Auflagen von der öffentlichen Müllabfuhr mit Bescheid auszunehmen.

In den Materialien zur Novelle LGBl. 48/2010 des Wr. AWG wird ausgeführt, dass das Wort "ausschließlich" in § 18 Abs. 2 Z 1 Wr. AWG zur Klarstellung eingefügt werde, wobei es bereits der bisherigen Rechtslage entsprochen habe, dass eine Liegenschaft, um diesen Ausnahmetatbestand zu erfüllen, ausschließlich Betrieben oder Anstalten zu dienen habe.

Die belangte Behörde hat zutreffend dargelegt, dass sich eine Ausnahme von der Verpflichtung nach § 17 Wr. AWG immer nur auf eine gesamte Liegenschaft beziehen kann. Liegenschaften, die auch anderen Zwecken (z.B. Wohnzwecken) dienen, sind von der Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 18 Abs. 2 Z 1 Wr. AWG ausgeschlossen (vgl. dazu auch die zu § 18 Abs. 1 Z 1 Wr. AWG idF LGBl. Nr. 53/1996 ergangenen hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2008/07/0155, und vom , Zl. 2007/07/0077). Eine andere Deutung lässt die Formulierung des § 18 Abs. 2 Z 1 Wr. AWG - noch eindeutiger seit der erwähnten, mit der Novelle LGBl. 48/2010 erfolgten Klarstellung - nicht zu. Eine Differenzierung, ob eine zweifelsohne auch anderen als betrieblichen Zwecken dienende Hausmeisterwohnung nun betriebsnotwendig ist oder nicht, ist angesichts der dargestellten Rechtslage für die Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes des § 18 Abs. 2 Z 1 Wr. AWG nicht von Bedeutung.

Infolge dessen vermag die Beschwerdeführerin mit ihrem Vorbringen, die am Grundstück befindliche, vom Hausmeister bewohnte Dienstwohnung sei betriebsnotwendig, weil die ständige Anwesenheit des Hausmeisters aus den verschiedensten Gründen erforderlich sei, und die belangte Behörde hätte aus diesem Grund die Ausnahmegenehmigung erteilen müssen, keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids darzutun. Ebenso wenig gelingt es ihr, in der Beschwerde die Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuzeigen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Beschwerdeführerin hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom , Nr. 7.401/04 (Hofbauer/Österreich 2), und vom , Nr. 17.912 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal habe, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlicher Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche Fragen betrifft. In seinem Urteil vom , Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren gebe, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung aufträten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/07/0146, mwN).

Der hier entscheidungswesentliche Sachverhalt ist geklärt und wurde in der Beschwerde insoweit nicht bestritten. Darin wurden keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Art. 6 EMRK steht somit der Abstandnahme von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen. Die Entscheidung konnte daher gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 79 Abs. 11 VwGG und § 3 der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am

Fundstelle(n):
SAAAE-70719