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VwGH vom 23.10.2014, 2012/07/0226

VwGH vom 23.10.2014, 2012/07/0226

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger sowie die Hofrätin Dr. Hinterwirth und die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde der T GmbH in Innsbruck, vertreten durch Ing. Dr. Joachim Stock, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Sillgasse 12, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , Zl. U-30.366/1, betreffend Feststellung der Abfalleigenschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei beantragte gemäß § 3 Abs. 1 des Tiroler Abfallwirtschaftsgesetzes (TAWG) die Feststellung, welcher der in § 2 Abs. 1 bis 5 TAWG genannten Abfallarten der in ihren Krankenhäusern in den "patientennahen Bereichen" (in einem vorgelegten Gutachten näher beschriebene) gemeinsam gesammelte Abfall bestehend aus medizinischen Abfällen und Restabfall zuzuordnen sei.

Mit Bescheid vom stellte die Bürgermeisterin der Landeshauptstadt Innsbruck (die Erstbehörde) fest, dass es sich bei den in Rede stehenden Abfällen um zwei verschiedene Abfallarten handle:

Medizinische Abfälle mit der SN 97104 (Abfälle ohne Verletzungsgefahr) und medizinische Abfälle mit der SN 97105 (Abfälle mit Verletzungsgefahr) seien den "sonstigen Abfällen" gemäß § 2 Abs. 4 TAWG zuzuordnen; jene Abfälle, die nach der Trennung von den getrennt zu sammelnden Abfällen verblieben, seien dem Restmüll (gemischten Siedlungsabfall) gemäß § 2 Abs. 3 TAWG zuzuordnen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom wies die belangte Behörde die gegen den erstbehördlichen Bescheid erhobene Berufung der beschwerdeführenden Partei als unbegründet ab.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, ein Abfallbesitzer könne gemäß § 3 Abs. 1 TAWG zulässigerweise die Feststellung begehren, welcher der in § 2 Abs. 1 bis 5 TAWG genannten Abfallarten ein Abfall zuzuordnen sei. Der vorliegende Feststellungsantrag sei jedoch betreffend ein Gemisch aus Restmüll und medizinischen Abfällen gestellt worden, das in dieser Form bei rechtskonformer Vorgangsweise bei der Entsorgung überhaupt nicht anfallen könne.

Dafür, dass Restmüll aufgrund einer geringen Anfallsmenge nicht entsprechend gesammelt und in der Folge nicht zur vorgesehenen öffentlichen Behandlungsanlage gebracht werde, bestehe rechtlich kein Spielraum. Der gesamte bei der beschwerdeführenden Partei anfallende Restmüll sei im Rahmen der öffentlichen Müllabfuhr abzuholen und anschließend zu der mechanischen Abfallsortieranlage A. zu bringen. Eine gemeinsame Sammlung von Restmüll und medizinischen Abfällen als sonstige Abfälle im Sinne des § 2 Abs. 4 TAWG sei somit nicht zulässig.

Die Erstbehörde habe daher zu Recht festgestellt, dass im vorliegenden Fall tatsächlich zwei getrennte Abfallfraktionen vorlägen, nämlich Restmüll gemäß § 2 Abs. 3 TAWG und "sonstige Abfälle" gemäß § 2 Abs. 4 TAWG betreffend die medizinischen Abfälle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Auf den vorliegenden, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.

2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Tiroler Abfallwirtschaftsgesetzes, LGBl. Nr. 3/2008 idF LGBl. Nr. 28/2011 (TAWG), lauten auszugsweise wie folgt:

"§ 2

Begriffsbestimmungen

(1) (...)

(3) Restmüll (gemischter Siedlungsabfall) ist jener Siedlungsabfall, der nach der Trennung von den getrennt zu sammelnden Siedlungsabfällen und dem Sperrmüll verbleibt. Gemischte Siedlungsabfälle im Sinn des Europäischen Abfallverzeichnisses gelten auch dann weiterhin als gemischte Siedlungsabfälle, wenn sie einem Behandlungsverfahren unterzogen worden sind, das ihre Eigenschaften nicht wesentlich verändert hat.

(4) Sonstige Abfälle sind alle diesem Gesetz unterliegenden Abfälle mit Ausnahme der Siedlungsabfälle wie betriebliche Produktionsabfälle, Abfälle aus dem Bauwesen, Sandfanginhalte, Rückstände aus der Kanalreinigung, Straßenkehricht oder Altreifen.

(...)

§ 3

Feststellungsverfahren

(1) Bei Streitigkeiten darüber, welcher der im § 2 Abs. 1, bis 5 genannten Abfallarten ein Abfall zuzuordnen ist, hat die Bezirksverwaltungsbehörde dies auf Antrag des Abfallbesitzers oder der Gemeinde oder von Amts wegen mit schriftlichem Bescheid festzustellen.

(...)"

3. Die Beschwerde bringt im Wesentlichen vor, die belangte Behörde verkenne in ihren Ausführungen, dass sie lediglich zu prüfen habe, welcher der in § 2 Abs. 1 bis 5 TAWG genannten Abfallarten ein Abfall zuzuordnen sei. Ob dieser Abfall in der vorliegenden Zusammensetzung rechtmäßig gesammelt werde, sei nicht im Rahmen eines Feststellungsverfahrens gemäß § 3 TAWG zu überprüfen. In welcher Weise die beschwerdeführende Partei mit den in ihren Krankenhäusern anfallenden Abfällen verfahre, habe mit der Frage der rechtlichen Einordnung des anfallenden Abfalls unter die Bestimmung des § 2 Abs. 3 TAWG oder jene des § 2 Abs. 4 TAWG nichts zu tun. Nicht die Frage nach der Entsorgung der anfallenden Abfälle, sondern ausschließlich deren rechtliche Qualifizierung bilde den Gegenstand des nach § 3 TAWG erlassenen Feststellungsbescheides (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/07/0076).

4. Bereits mit diesem Vorbringen gelingt es der beschwerdeführenden Partei, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Wie die beschwerdeführende Partei zutreffend ausführt, bildet ausschließlich die rechtliche Qualifizierung von anfallenden Abfällen den Gegenstand eines nach § 3 TAWG erlassenen Feststellungsbescheides. Nicht entscheidend ist somit die Frage der Art der Sammlung der anfallenden Abfälle. In welcher Weise die beschwerdeführende Partei daher mit den im Krankenhaus anfallenden Abfällen verfährt, hat mit der Frage der rechtlichen Einordnung des anfallenden Abfalles unter die Bestimmung des § 2 Abs. 3 TAWG oder des § 2 Abs. 4 TAWG nichts zu tun (vgl. die zum Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz 1990 ergangenen, auf die hier geltende Rechtslage übertragbaren hg. Erkenntnisse vom , Zl. 96/07/0076, sowie vom , Zl. 98/07/0132).

Der Gegenstand des vorliegend von den zuständigen Behörden zu führenden Feststellungsverfahrens nach § 3 TAWG war somit durch den von der beschwerdeführenden Partei gestellten Feststellungsantrag vom begrenzt, sodass der darin (unter Punkt 1) beschriebene, gemeinsam gesammelte Abfall einer Beurteilung anhand der Abfallarten des § 1 Abs. 1 bis 5 TAWG hätte unterzogen werden müssen.

5. Da die belangte Behörde dies verkannt hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet; dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

6. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47ff VwGG iVm § 3 Z. 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 und der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
LAAAE-70688