VwGH 11.05.2016, Ra 2016/16/0019
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | ALSAG 1989 §3 Abs1 Z1 litb ALSAG 1989 §7 Abs1 |
RS 1 | Nach der hg. Rechtsprechung (vgl. etwa die Erkenntnisse vom , Ra 2015/07/0041, vom , 2013/07/0269, und vom , 2010/07/0218, sowie den Beschluss vom , Ra 2014/07/0046) unterliegt auch ein Lagern oder Zwischenlagern in einer kürzeren als in § 3 Abs. 1 Z 1 lit. b ALSAG genannten Zeitdauer der Altlastenbeitragspflicht, wenn nicht alle hiefür erforderlichen behördlichen Bewilligungen (Anzeigen oder Nichtuntersagungen) vorgelegen sind. Allenfalls erforderliche Bewilligungen müssen im Zeitpunkt der Tatbestandsverwirklichung (des Lagerns) vorliegen. Das Entstehen der Altlastenbeitragsschuld in dem in § 7 Abs. 1 ALSAG genannten Zeitpunkt kann durch nachträglich eingeholte Bewilligungen nicht wieder rückgängig gemacht werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2011/07/0163, und das erwähnte hg. Erkenntnis vom ). |
Norm | ALSAG 1989 §3 Abs1 Z1 litb |
RS 2 | Das Verweilen der unaufbereiteten Baurestmassen bis zur Aufbereitung stellt kein Vorhalten qualitätsgesicherter aufbereiteter Baurestmassen bis zu deren Verwertung durch Verfüllung dar, sondern ist als Zwischenlagern der unsortierten oder unaufbereiteten Baurestmassen zu sehen (zur Qualität eines Zwischenlagers von Abfällen als Abfallbehandlungsanlage vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2004/07/0130). |
Normen | ALSAG 1989 §3 Abs1 Z1 litb MinroG 1999 §118 MinroG 1999 §153 Abs2 |
RS 3 | Diente das Zwischenlager ausschließlich der Lagerung der unsortierten Baurestmassen bis zur Aufbereitung an Ort und Stelle (durch eine mobile Behandlungsanlage) und dienten die danach aufbereiteten Baurestmassen ausschließlich der Abfallverwertung durch Verfüllung und zur Herstellung einer Tragschicht im Rahmen des genehmigten Bergbauprojekts auf den in Rede stehenden oder allenfalls benachbarten Grundstücken im Bergbaugebiet, dann diente die Anlage "Zwischenlager" auch dem Bergbauprojekt der Gewinnung mineralischer Rohstoffe, weshalb es als Bergbauanlage iSd § 118 MinroG anzusehen wäre. Sollten die nach Zwischenlagerung aufbereiteten Baurestmassen nicht ausschließlich der Verfüllung oder dem Herstellen der Lastverteilerplatte im Rahmen des bewilligten Bergbauprojektes dienen, dann handelte es sich um eine andere Anlage iSd § 153 Abs. 2 MinroG. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der S, der gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom , Zl. LVwG 46.34-4236/2014-14, betreffend Feststellung nach § 10 ALSAG (mitbeteiligte Partei: Bund, vertreten durch das Zollamt Graz in 8010 Graz, Conrad von Hötzendorf-Straße 14-18), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Der Antrag wird abgewiesen.
Begründung
1 Der Verwaltungsgerichtshof hat gemäß § 30 Abs. 2 VwGG auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
2 Die revisionswerbende Gesellschaft mbH (Revisionswerberin) trägt vor, der ihr aus dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses erwachsende Nachteil bestünde im Vollzug des auf das mit dem angefochtenen Erkenntnis endende Feststellungsverfahren beruhenden Abgabenbescheides.
3 Diesen Abgabenbescheid habe die Revisionswerberin bekämpft, den damit verbundenen Antrag auf Aussetzung der Einhebung der Abgabe habe die Abgabenbehörde wegen angeblich nicht bestehender Erfolgsaussicht abgewiesen.
4 Bei dieser Sachlage ist die Revisionswerberin auf § 212a Abs. 4 BAO zu verweisen, wonach ein Rechtmittel gegen die Abweisung ihres Aussetzungsantrages mit einem (neuerlichen) Antrag auf Aussetzung verbunden werden kann, wodurch der von der Revisionswerberin befürchtete Nachteil aus dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses vorerst abgewendet werden könnte.
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Erkenntnis
Entscheidungsdatum:
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Thoma und Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann, über die Revision der S GmbH in P, vertreten durch Dr. Martin Eisenberger LL.M, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Hilmgasse 10, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom , Zl. LVwG 46.34-4236/2014-14, betreffend Feststellung nach § 10 ALSAG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung; mitbeteiligte Partei: der Bund, vertreten durch das Zollamt Graz), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von 1.346,40 € binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Schreiben vom stellte die mitbeteiligte Partei bei der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung einen Antrag auf „Erlassung eines Feststellungsbescheides gemäß § 10 Abs. (1) Z 2 und 3 ALSAG idgF (Altlastensanierungsgesetz)“ betreffend „seit Mai 2009 gelagerte Baurestmassen zur Verwertung auf den Grundstücken Nr. 331 und 332/2 der KG P“. Die mitbeteiligte Partei ersuchte um Feststellung, ob die auf den genannten Grundstücken erfolgte „Zwischenlagerung von unsortierten Baurestmassen“ eine beitragspflichtige Tätigkeit im Sinn des § 10 Abs. 1 Z 2 und 3 ALSAG darstelle.
2 Dazu brachte die mitbeteiligte Partei im Wesentlichen vor, der revisionswerbenden Gesellschaft mbH (Revisionswerberin) sei mit Bescheid „des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung“ vom die wasserrechtliche Bewilligung für die Wiederverfüllung der Nassbaggerung mit qualitätsgesicherten aufbereiteten Baurestmassen auf näher bezeichneten (anderen) Grundstücken der Katastralgemeinde P erteilt worden. Seit Mai 2009 würden völlig unsortierte Baurestmassen zum Zwecke der Wiederverfüllung auf den Grundstücken Nr. 331 und 332/2 KG P von zahlreichen „Firmen“ angeliefert und bis zum Aufbereitungsprozess gelagert.
3 Mit Bescheid vom stellte die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung unter Bezugnahme auf den erwähnten Antrag fest, dass „die auf den Gst.Nr. 331 und 332/2, je KG P, zur beabsichtigten Verwertung gelagerten Baurestmassen Abfall i.S.d. § 10 Abs. 1 Z. 1 des Altlastensanierungsgesetzes 1989 - ALSAG ..... darstellen und gem. § 10 Abs. 1 Z. 2 und Z. 3 ALSAG dem Altlastensanierungsgesetz unterliegen und daher eine beitragspflichtige Tätigkeit vorliegt“.
4 Die Verwirklichung der die Beitragspflicht auslösenden Tätigkeit im Mai 2009 sei durch die mehr als dreijährige Zwischenlagerung von Abfällen zur Verwertung erfolgt. „Auf den bezughabenden Grundstücken“ habe die Bezirkshauptmannschaft der Revisionswerberin „bis dato“ keine Gewerbeberechtigung erteilt. Auch aus abfall- und wasserrechtlicher Sicht seien von der Bezirkshauptmannschaft „bis dato“ keine Genehmigungen für die „o.g. Grundstücke“ erteilt worden.
5 Mit Schriftsatz vom erhob die Revisionswerberin dagegen Berufung und brachte u.a. vor, ihr sei im Jahr 2008 nach dem Wasserrechtsgesetz und dem Mineralrohstoffgesetz eine „Nassbaggerung mit Wiederverfüllung“ auf den „betroffenen“ Grundstücken bewilligt worden. Mit diesen Bewilligungen sei sie verpflichtet worden, eine Verfüllung bis zu einem Meter über dem höchsten zu erwartenden Grundwasserspiegel mit Bodenaushubmaterial und darüber bis auf die Höhe der angrenzenden Trasse der ÖBB mit qualitätsgesichertem, aufbereitetem Recyclingmaterial herzustellen. Ab Mai 2009 sei mit der Anlieferung von vorsortiertem Baurestmassenmaterial begonnen worden. Diese Baurestmassen würden bis zu ihrer endgültigen Aufbereitung (Störstoffentfrachtung, Brechen auf bestimmte Korngröße) zwischengelagert.
6 Mit Bescheid vom wies der Landeshauptmann der Steiermark die Berufung als unbegründet ab.
7 Dagegen erhob die Revisionswerberin Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, welcher den bekämpften Bescheid des Landeshauptmannes mit Erkenntnis vom , 2013/07/0269, (Vorerkenntnis) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufhob. Die (damals) belangte Behörde hätte prüfen müssen, ob die in Rede stehende Lagerung bewilligungspflichtig gewesen sei, und dies bejahendenfalls entsprechend begründen müssen.
8 In einem Schriftsatz vom fasste die Revisionswerberin im fortgesetzten Verfahren ihren Standpunkt zusammen. Sie führte u.a. aus, dass sie den Abbau mineralischer Rohstoffe nach dem MinroG beantragt habe und mit Bescheid vom der Gewinnungsbetriebsplan auf den Grundstücken Nr. 331 und Nr. 332/2 KG P bewilligt worden sei. Mit Schreiben vom seien Unterlagen als Änderungsantrag vorgelegt worden, womit die Änderung des Verfüllmaterials von Abraum und Tunnelausbruch auf Baurestmassen angezeigt worden sei. Im Jänner 2009 sei vom Markscheider das Bergbaukartenwerk vorgelegt worden. Zu diesem Zeitpunkt seien keine Baurestmassen gelagert worden. Mit der Lagerung für die Aufbereitung und Verwendung als Baumaterial zur Herstellung einer Tragschicht sei erst im Mai 2009 nach Genehmigung durch die Bergbehörde begonnen worden. Im Jahr 2011 sei dann das aktualisierte Bergbaukartenwerk vorgelegt worden, woraus die Lagerung der Baurestmassen ersichtlich sei. Bei einer Überprüfungshandlung am sei von der Bergbaubehörde mitgeteilt worden, dass bei Änderungen der Tätigkeiten im Bergbaugebiet die zuständige MinroG-Behörde in Kenntnis zu setzen sei, dies umfasse auch Änderungen der Tätigkeit im genehmigten Teil der Baurestmassenzwischenlagerung, Aufbereitung und Endlagerung.
9 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark die als Beschwerde behandelte Berufung ab und sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.
10 Nach Schilderung des Verfahrensganges und der Wiedergabe verschiedener Rechtsvorschriften führte das Verwaltungsgericht aus, das gegenständliche Verfahren beziehe sich auf die Grundstücke Nr. 331 und 332/2 der KG P und die darauf stattfindende Lagerung unsortierter Baurestmassen. „Der seitens der Beschwerdeführerin angeführte, von ihr selbst eingebrachte Antrag im März 2009“ beziehe sich auf eine auf näher angeführten anderen Grundstücken der KG P durchgeführte Verfüllung einer Nassbaggerung mit Abraummaterial, Bodenaushubmaterial sowie qualitätsgesichert aufbereiteten Baurestmassen. Es sei unstrittig, dass es sich bei den auf den Grundstücken Nr. 331 und 332/2 der KG P gelagerten Materialien um Baurestmassen handle, die von Fremdfirmen angeliefert und bis zu ihrer Aufbereitung auf den „verfahrensgegenständlichen“ Grundstücken zwischengelagert würden.
11 Der Revisionswerberin sei mit Bescheid vom für eine Nassbaggerung mit Wiederverfüllung auf näher bezeichneten Grundstücken der KG P, darunter die Grundstücke Nr. 331 und 332/2, neben der wasserrechtlichen Bewilligung auch der Gewinnbetriebsplan hinsichtlich der obertägigen Gewinnung grundeigener mineralischer Rohstoffe nach dem MinroG unter Vorschreibung von Auflagen genehmigt worden. Die „verfahrensgegenständlichen“ Grundstücke lägen im dritten Abbauabschnitt der Nassbaggerung mit Wiederverfüllung (Abbaufeld P II). Für die nach Gewinnung grundeigener mineralischer Rohstoffe zu erfolgende Wiederverfüllung sollte nach dem erwähnten Bescheid inertes Material, wie reiner Bodenaushub, Abraummaterial sowie Tunnelausbruchmaterial verwendet werden. Eine Zwischenlagerung von Baurestmassen sei dem erwähnten Bescheid vom nicht zu entnehmen und folglich vom Gewinnbetriebsplan nach dem MinroG keinesfalls umfasst. Zu jenem Zeitpunkt sei die Wiederverfüllung auch nicht mit Baurestmassen sondern mit Bodenaushub- und Tunnelausbruchmaterial geplant gewesen.
12 Die Revisionswerberin verfüge „lt. Verfahrensakt“ über eine „Sammler-/Behandlererlaubnis“ im Sinn des § 24a AWG. „Laut Auskunft des Vertreters der [Revisionswerberin]“ liege die Aufbereitungsanlage auf dem „Abbaufeld Süd“. Die auf dem „Abbaufeld Süd“ gelagerten Baurestmassen beträfen nicht die „verfahrensgegenständlichen“ Grundstücke und könnten demnach für die Entscheidung außer Acht gelassen werden. Im Hinblick auf das „nördliche Abbaugebiet“ seien Zwischenlagerungen von Abfällen zu diesem Zeitpunkt nicht angeführt.
13 Mit Schreiben vom habe die Revisionswerberin die Änderungen hinsichtlich der Verfüllung gegenüber dem ursprünglich eingereichten Projektplan beantragt. Eine Zwischenlagerung unaufbereiteter Baurestmassen sei in dieser Änderungsanzeige nicht erwähnt und im Katasterplan vom nicht dargestellt gewesen. Die Anlieferung, Lagerung und Aufbereitung der Baurestmassen sei eine bergbaufremde Anlage und hätte einer Bewilligung nach dem MinroG bedurft. Das von der Revisionswerberin angeführte behördliche Schreiben vom über eine förmliche Kenntnisnahme gemäß § 153 MinroG betreffe lediglich das Anbringen vom , in dem die verfahrensgegenständliche Zwischenlagerung nicht erwähnt worden sei. Die Vorhaltung von Baurestmassen zur weiteren Verwertung „bzw. Verfüllmaßnahme“ stelle keinesfalls einen integralen Bestandteil der behördlichen Bewilligung für die Durchführung einer Verfüllmaßnahme dar, zumal das Material bereits in entsprechender Qualität für die Durchführung der Verwertungsmaßnahme (just in time) angeliefert werden könnte. Eine Zwischenlagerung unaufbereiteter und unsortierter Baurestmassen sei von der Revisionswerberin ausdrücklich nicht beantragt worden.
14 Zusammenfassend hielt das Verwaltungsgericht fest, dass zum Zeitpunkt des Beginns der Zwischenlagerung im Mai 2009 diese einer Bewilligung oder Nichtuntersagung nach dem MinroG bedurft hätte. Eine solche Nichtuntersagung oder Bewilligung der betriebsfremden Anlage im aufrechten Bergbaubetrieb habe von der Revisionswerberin nicht vorgelegt werden können und sei dem Akt der belangten Behörde auch nicht zu entnehmen. Daher sei die Zwischenlagerung der Baurestmassen unzulässig gewesen.
15 Die dagegen erhobene außerordentliche Revision legte das Verwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.
16 Die Revisionswerberin erachtet sich zusammengefasst im Recht verletzt, dass im von ihr behaupteten Vorhalten von „Sekundärbaustoff“ keine beitragspflichtige Tätigkeit im Sinn des § 10 Abs. 1 Z 3 ALSAG vorliege.
17 Nach Einleitung des Vorverfahrens durch den Verwaltungsgerichtshof (§ 36 VwGG) erstatteten die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei jeweils eine Revisionsbeantwortung.
18 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
19 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
20 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden und hat er die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
21 Gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 des Altlastensanierungsgesetzes (ALSAG) unterliegt dem Altlastenbeitrag das Ablagern von Abfällen oberhalb oder unterhalb der Erde. Als Ablagern im Sinne des ALSAG gilt gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 lit. b leg. cit. auch das mehr als einjährige Lagern von Abfällen zur Beseitigung oder das mehr als dreijährige Lagern von Abfällen zur Verwertung.
22 Abfälle iSd ALSAG sind gemäß § 2 Abs. 4 ALSAG Abfälle gemäß § 2 Abs. 1 bis 3 des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002.
23 Nach der hg. Rechtsprechung (vgl. etwa die Erkenntnisse vom , Ra 2015/07/0041, vom , 2013/07/0269, (das Vorerkenntnis) und vom , 2010/07/0218, sowie den Beschluss vom , Ra 2014/07/0046) unterliegt auch ein Lagern oder Zwischenlagern in einer kürzeren als in § 3 Abs. 1 Z 1 lit. b ALSAG genannten Zeitdauer der Altlastenbeitragspflicht, wenn nicht alle hiefür erforderlichen behördlichen Bewilligungen (Anzeigen oder Nichtuntersagungen) vorgelegen sind.
24 Allenfalls erforderliche Bewilligungen müssen im Zeitpunkt der Tatbestandsverwirklichung (des Lagerns) vorliegen. Das Entstehen der Altlastenbeitragsschuld in dem in § 7 Abs. 1 ALSAG genannten Zeitpunkt kann durch nachträglich eingeholte Bewilligungen nicht wieder rückgängig gemacht werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2011/07/0163, und das erwähnte hg. Erkenntnis vom ).
25 Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist unstrittig, dass es sich bei den in Rede stehenden unsortierten Baurestmassen um Abfall im Sinn des § 2 Abs. 4 ALSAG handelt.
26 Die Revisionswerberin begründet die Zulässigkeit ihrer Revision damit, diese hänge von der Auslegung des § 3 Abs. 1 Z 1 lit. b ALSAG dahingehend ab, ob auch ein Vorhalten von Baurestmassen als Sekundärbaustoff für die bewilligte Errichtung einer Tragschicht auf der Baustelle selbst ein bewilligungspflichtiges Zwischenlager darstelle. Das Verwaltungsgericht weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Dieser habe im Erkenntnis vom , 97/04/0104, ausgesprochen, dass eine auf einer Baustelle befindliche Anlage, die ausschließlich zu Zwecken der Ausführung eines genehmigten Vorhabens diene, keinem eigenen Bewilligungstatbestand unterliege. Zur Rechtsfrage, ob das Vorhalten von Verfüllmaterial als eine bergbaufremde Anlage anzusehen sei - so das Verwaltungsgericht -, bestehe keine Rechtsprechung.
27 Die Revision ist zulässig und berechtigt.
28 Die Revisionswerberin trägt vor, bei dem vom Verwaltungsgericht gesehenen „Zwischenlagern“ handle es sich lediglich um ein „Vorhalten“ bis zur bewilligten widmungsgemäßen Nutzung (Verfüllung).
29 Es mag durchaus zutreffen, dass das bloße Vorhalten von Baumaterial auf einer Baustelle (vgl. das von der Revisionswerberin erwähnte hg. Erkenntnis vom ) und auch von Abfällen am Ort einer Abfallverwertungsanlage durchaus noch kein eigenständiges Lagern oder Zwischenlagern darstellen muss und solch ein Vorhalten von Abfällen von allfälligen Bewilligungen für die konkrete Abfallverwertungsanlage mitumfasst ist.
30 Wie in der Revisionsbeantwortung des Bundes, vertreten durch das Zollamt, insoweit zutreffend ausgeführt wird, hat es sich im Zeitpunkt der in Rede stehenden „Vorhaltung“ oder „Zwischenlagerung“ des in Rede stehenden Abfalls noch nicht um die qualitätsgesicherten aufbereiteten Baurestmassen gehandelt, welche verfüllt werden sollten, sondern um unsortierte unaufbereitete Baurestmassen.
31 Zwischen der Verwertung des Abfalls durch die Verfüllung einerseits und dem „Abladen“ des in Rede stehenden Abfalls der unaufbereiteten Baurestmassen andererseits stand im Revisionsfall die Aufbereitung dieser Baurestmassen, wofür entweder eine ortsfeste oder eine mobile Aufbereitungsanlage erforderlich war. Das Bestehen einer (bewilligten) ortsfesten Abfallbehandlungsanlage iSd § 37 AWG (zur Qualität einer Anlage, welche der die endgültige Verwertung vorbereitenden Vorbehandlung von Abfällen dient, als Abfallbehandlungsanlage vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2012/07/0003) auf den in Rede stehenden Grundstücken Nr. 331 oder 332/2 KG P zur Aufbereitung der unsortierten Baurestmassen wird nicht behauptet.
32 Das Verweilen der unaufbereiteten Baurestmassen bis zur Aufbereitung stellt kein Vorhalten qualitätsgesicherter aufbereiteter Baurestmassen bis zu deren Verwertung durch Verfüllung dar, sondern ist als Zwischenlagern der unsortierten oder unaufbereiteten Baurestmassen zu sehen (zur Qualität eines Zwischenlagers von Abfällen als Abfallbehandlungsanlage vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2004/07/0130).
33 Deshalb hatte das Verwaltungsgericht iSd Vorerkenntnisses zu prüfen, ob diese Zwischenlagerung bewilligungspflichtig war und bejahendenfalls ob alle erforderlichen Bewilligungen vorhanden waren.
34 Gemäß § 153 Abs. 2 des Mineralrohstoffgesetzes (MinroG) dürfen in Bergbaugebieten nach Maßgabe des § 156 leg. cit. Bauten und andere Anlagen, soweit es sich nicht um Bergbauanlagen handelt, nur mit Bewilligung der Behörde errichtet werden.
35 Unter einer Bergbauanlage ist gemäß § 118 MinroG jedes für sich bestehende, örtlich gebundene und künstlich geschaffene Objekt zu verstehen, das den im § 2 Abs. 1 angeführten Tätigkeiten zu dienen bestimmt ist. § 2 Abs. 1 MinroG nennt u.a. das Aufsuchen und Gewinnen der bergfreien, bundeseignen und grundeigenen mineralischen Rohstoffe.
36 Es ist im Revisionsfall zunächst die Frage zu beantworten, ob es sich bei diesem Zwischenlager um eine Bergbauanlage (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , 2011/94/0193, vom , 2005/04/0115, und vom , 2001/04/0086) oder - wovon das Verwaltungsgericht ausgeht - um eine andere Anlage iSd § 153 Abs. 1 MinroG (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Ro 2015/04/0009) handelt.
37 Diente das Zwischenlager ausschließlich der Lagerung der unsortierten Baurestmassen bis zur Aufbereitung an Ort und Stelle (durch eine mobile Behandlungsanlage) und dienten die danach aufbereiteten Baurestmassen ausschließlich der Abfallverwertung durch Verfüllung und zur Herstellung einer Tragschicht im Rahmen des genehmigten Bergbauprojekts auf den in Rede stehenden oder allenfalls benachbarten Grundstücken im Bergbaugebiet, dann diente die Anlage „Zwischenlager“ auch dem Bergbauprojekt der Gewinnung mineralischer Rohstoffe, weshalb es als Bergbauanlage iSd § 118 MinroG anzusehen wäre.
38 Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass weder in den ursprünglichen (wasserrechtlichen und bergrechtlichen) Bewilligungen (aus den Jahren 2004 und 2005) noch in der Änderungsanzeige vom noch im Katasterplan vom unaufbereitete Baurestmassen erwähnt würden oder aufschienen. Dem tritt die Revisionswerberin nicht ausdrücklich entgegen. Somit ist in dem von der Revisionswerberin erwähnten Schreiben der Behörde vom , wonach die Änderungen entsprechend den vorgelegten Unterlagen als in Ordnung befunden und als unwesentliche Änderungen zur Kenntnis genommen würden, keine Nichtuntersagung der Zwischenlagerung unaufbereiteter Baurestmassen und keine diesbezügliche Genehmigung der Änderung der Projektunterlagen (zu einer Bergbauanlage) zu sehen.
39 Sollten die nach Zwischenlagerung aufbereiteten Baurestmassen nicht ausschließlich der Verfüllung oder dem Herstellen der Lastverteilerplatte im Rahmen des bewilligten Bergbauprojektes dienen, dann handelte es sich um eine andere Anlage iSd § 153 Abs. 2 MinroG. Das Vorliegen einer ausdrücklichen Bewilligung der Bergbaubehörde behauptet auch die Revisionswerberin nicht.
40 Auf das Vorliegen von allfälligen wasserrechtlichen oder abfallwirtschaftsrechtlichen Genehmigungen zu diesem Zeitpunkt kommt es bei diesem Ergebnis nicht mehr an.
41 Zur Mängelrüge des Unterlassens einer mündlichen Verhandlung führt die Revisionswerberin allgemein aus, es hätte sich in der mündlichen Verhandlung über Befragen des Amtssachverständigen ergeben, dass es keiner gesonderten Bewilligung für die Vorhaltung der Baurestmassen bedurft habe und dass die „vorhandenen“ Bewilligungen alle jene umfassen, die für die Vorhaltung der Baurestmassen erforderlich seien. Dass sie jedoch über eine Bewilligung für eine Anlage zur Aufbereitung der „vorgehaltenen“ unsortierten Baurestmassen oder der Zwischenlagerung dieser Baurestmassen auf den in Rede stehenden Grundstücken Nr. 331 und 332/2 der KG P verfügt habe, behauptet dabei die Revisionswerberin nicht konkret, weshalb sie die Relevanz der Mängelrüge nicht dartut.
42 Somit durfte das Verwaltungsgericht davon ausgehen, dass die Zwischenlagerung des in Rede stehenden Abfalls im Mai 2009 eine abgabepflichtige Tätigkeit iSd § 3 Abs. 1 lit. b AlSAG war.
43 Allerdings betraf der Feststellungsantrag einen Zeitraum „seit Mai 2009“, den auch der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft und das angefochtene Erkenntnis nicht ausdrücklich begrenzten. Somit spricht der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft über einen Zeitraum „seit Mai 2009“ ab, der mit dem Zeitpunkt des Erlassens des Bescheides vom endet.
44 Die Revisionswerberin wiederholt in der Revision ihren Hinweis im Schriftsatz vom an das Verwaltungsgericht, dass sie im Jahr 2011 das aktualisierte Bergbaukartenwerk vorgelegt habe, woraus die Lagerung der Baurestmassen auf den beiden Grundstücken (gemeint: Nr. 331 und Nr. 332/2 KG P) ersichtlich sei. Auf der diesem Schriftsatz angeschlossenen, in den vorgelegten Akten des Verfahrens enthaltenen Beilage ./10 („Nachtragsvermessung Sept. 2011“) ist im Bereich der Grundstücke Nr. 331 und 332/2 der Hinweis oder Vermerk „Baurestmassen ungebrochen“ ersichtlich.
45 Das Verwaltungsgericht durfte daher nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass eine bergbehördliche Nichtuntersagung auch bis zum Ende des von der beantragten Feststellung umfassten Zeitraumes fehle, ohne sich damit auseinander zu setzen oder ohne konkret festzustellen, welche allenfalls erforderlichen anderen Bewilligungen im Zeitraum bis August 2012 erforderlich gewesen wären, aber gefehlt hätten.
46 Das angefochtene Erkenntnis war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
47 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der VwGH-AufwErsV.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2016:RA2016160019.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
HAAAE-70685