VwGH vom 26.01.2010, 2009/22/0268
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Robl, Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde der B, vertreten durch Dr. Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schwedenplatz 2/74, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom , Zl. 317.787/11-III/4/09, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin stellte am einen "Zweckänderungsantrag" auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" sowie einen Antrag auf Verlängerung des Aufenthaltstitels "Aufenthaltsbewilligung - Studierender".
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom wies die belangte Behörde den Zweckänderungsantrag gemäß § 47 Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass die Beschwerdeführerin nicht über ausreichende Mittel für ihren Unterhalt verfüge.
Dieser Bescheid wurde mit hg. Erkenntnis vom , 2008/22/0245, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Mit dem nunmehr angefochtenen Ersatzbescheid vom hob die belangte Behörde den erstinstanzlichen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom gemäß § 66 Abs. 4 AVG "ersatzlos" auf. Sie begründete dies im Wesentlichen damit, dass die erstinstanzliche Behörde einen antragsbedürftigen Bescheid ohne Vorliegen eines hiefür erforderlichen Antrages erlassen habe.
Zur Untermauerung ihrer Rechtsauffassung verwies sie auf das hg. Erkenntnis vom , 2007/21/0186. Mit einem Verlängerungsantrag nach § 24 NAG könne die Änderung des Aufenthaltszwecks des bisher innegehabten Aufenthaltstitels nur dann verbunden werden, wenn der beantragte andere Aufenthaltstitel nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes im Anschluss an den bisherigen Aufenthaltstitel erteilt werden könne. Ein "Umstieg" im Rahmen eines kombinierten Verlängerungsverfahrens nach § 24 Abs. 4 NAG sei somit nur dann möglich, wenn eine entsprechende Anschlussnorm im besonderen Teil des NAG vorhanden sei. Ein derartiger Umstieg von der Innehabung des Aufenthaltstitels "Aufenthaltsbewilligung - Studierender" zu "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" sei im NAG jedoch nicht vorgesehen. Das vorliegende Begehren der Beschwerdeführerin sei somit nicht im Weg des § 24 Abs. 4 NAG beantragbar gewesen. Dazu hätte vielmehr ein Antrag nach § 8 Abs. 5 NAG eingebracht werden müssen, wobei eine Kombination mit einem zweiten Antrag (Verlängerungsantrag) in dieser Konstellation nicht zulässig sei. Somit sei von der Behörde erster Instanz ein antragsbedürftiger Bescheid ohne Vorliegen eines hiefür erforderlichen Antrages erlassen worden.
Der Verlängerungsantrag sei nicht Gegenstand bzw. Inhalt des erstinstanzlichen Bescheides gewesen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:
Die Beschwerde legt die Bescheidbegründung dahin aus, dass nach Ansicht der belangten Behörde die beantragte Niederlassungsbewilligung gemäß § 47 Abs. 3 NAG nicht im Anschluss an einen Studentenaufenthaltstitel erteilt werden könne.
Diese Ansicht kann dem angefochtenen Bescheid jedoch nicht entnommen werden. Im Gegenteil meint die belangte Behörde, dass ein derartiger Wechsel mittels eines Antrages nach § 8 Abs. 5 NAG zu erzielen sei, dass jedoch ein solcher Antrag nicht gestellt worden sei und überdies die Kombination des Verlängerungsantrages und des Zweckänderungsantrages unzulässig sei.
Diese behördliche Beurteilung bekämpft die Beschwerde im Ergebnis zu Recht.
§ 23 Abs. 1 NAG lautet:
"Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Fremde einen anderen als den beantragten Aufenthaltstitel für seinen beabsichtigten Zweck benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt."
Nun hat die Beschwerdeführerin ausdrücklich einen "Aufenthaltstitel" für "Angehöriger von Österreicher/EU-Bürger/Schweizer" begehrt. Damit ist eindeutig als Zweck dieses Antrags die Familienzusammenführung bezeichnet.
Diesen Zweck hat sie auch in der schriftlichen Stellungnahme vom bestätigt. In dieser führte sie weiters aus:
"Der nunmehrige Rechtsvertreter der Antragstellerin wurde telefonisch von der Behörde am gemäß § 23 Abs. 1 NAG belehrt und aufgefordert, eine Klarstellung hinsichtlich des beantragten Zwecks des Antrags zu treffen."
Somit verkannte die belangte Behörde ihre Rechtsbelehrungspflicht nach § 23 Abs. 1 NAG. Nachdem der Zweck des Antrags ohnedies völlig ausreichend konkretisiert war, kann nicht gesagt werden, die erstinstanzliche Behörde, die über eben diesen Antrag entschieden hat, hätte über einen nicht gestellten Antrag abgesprochen. Davon zu trennen ist demgegenüber die Frage, ob einer inhaltlichen Erledigung ein Prozesshindernis entgegensteht oder ein Grund für die Versagung des begehrten Aufenthaltstitels vorhanden ist.
Da sie nach dem Gesagten den angefochtenen Bescheid mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet hat, war dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
KAAAE-70590