VwGH vom 28.06.2017, Ra 2016/15/0041

VwGH vom 28.06.2017, Ra 2016/15/0041

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn sowie die Hofräte MMag. Maislinger und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bamminger, über die Revision der S J und Mitbes in E, vertreten durch Dr. Thomas Hufnagl, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Dr.-Franz-Rehrl-Platz 2, gegen den Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/6100091/2013, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts räumten mit Vertrag vom JS und HS an einer jeweils zur Hälfte in ihrem Eigentum stehenden Liegenschaft ihren Kindern FJ, MJ, TJ, WJ, JS und SS das Fruchtgenussrecht ein, wobei in den Folgejahren diverse Änderungen am Fruchtgenussvertrag vorgenommen wurden.

2 Im Jahre 2012 fand bei der "JS und Mitbes." eine abgabenbehördliche Prüfung betreffend die Jahre 2006 - 2009 (Nachschauzeitraum 01/2010 - 12/2011) statt. Im Rahmen dieser Prüfung gelangte der Betriebsprüfer zur Auffassung, dass die Fruchtgenussvereinbarung nicht anzuerkennen sei.

3 Das Finanzamt folgte den Prüfungsfeststellungen, verfügte mit Bescheiden vom die Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für die Jahre 2006 bis 2008 und erließ gleichzeitig Bescheide betreffend "Feststellung sowie Nichtfeststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO" für die Jahre 2006 bis 2008. Des Weiteren fertigte das Finanzamt am einen Bescheid betreffend Feststellung sowie Nichtfeststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 2009 und am einen solchen für das Jahr 2010 aus. Dabei rechnete das Finanzamt - abweichend von den erklärungsgemäß erfolgten Feststellungen (2006 bis 2008) bzw. eingereichten Erklärungen (2009, 2010) - die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung jeweils nur JS und HS zu und sprach hinsichtlich der Kinder aus, dass eine Feststellung von Einkünften nicht stattfinde.

4 Nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts hätten JS und HS daraufhin mit notariell abgefasstem Aufhebungsvertrag mit ihren Kindern vereinbart, dass der Fruchtgenussvertrag vom in der Fassung vom mit Wirksamkeit aufgehoben werde. Dieser Vertrag sei dem Finanzamt mit Schreiben vom mit dem Bemerken übermittelt worden, dass die Gesellschaft mit Wirksamkeit aufgelöst worden sei.

5 Mit Schreiben vom brachte die "JS und Mitbes." gegen diese Bescheide Berufung ein und stellte den Antrag auf Entscheidung durch den Senat sowie Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

6 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde der "JS und Mitbes" als unzulässig zurück. Begründend führte es aus, die "JS und Mitbes."

habe mit Schreiben vom die gegenständliche Berufung erhoben. Dies sei zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem die "JS und Mitbes." nicht mehr existent gewesen sei. Mit notariellem Aufhebungsvertrag vom sei nämlich der Fruchtgenussvertrag mit Wirkung aufgehoben und damit die gebildete Personengemeinschaft aufgelöst worden. Die "JS und Mitbes." habe demnach am nicht mehr wirksam ein Rechtmittel gegen die erlassenen Bescheide ergreifen können. Ein Rechtsmittel wäre von den an der "JS und Mitbes." beteiligten Personen als ehemalige Mitglieder dieser Personengemeinschaft einzubringen gewesen. Die "JS und Mitbes." sei zur Erhebung eines Rechtsmittels nicht legitimiert, sodass die von ihr eingebrachte Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen gewesen sei. Was den Antrag auf Entscheidung durch den Senat und Durchführung einer mündlichen Verhandlung anlange, sei festzuhalten, dass die "JS und Mitbes." im Hinblick auf ihre Auflösung mit Wirkung einen derartigen Antrag nicht wirksam habe stellen können.

7 Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision der "JS und Mitbesitzer". Zur Zulässigkeit führt die Revisionswerberin aus, in dem angefochtenen Beschluss unterstelle das Gericht, dass die Personengemeinschaft allein durch die vereinbarte Aufhebung des Fruchtgenusses per aufgelöst worden sei und nicht mehr bestehe. Diese Rechtsansicht sei jedoch unzutreffend. Nach herrschender Auffassung verwandelten sich Personengemeinschaften selbst nach Auflösung in eine einfache Rechtsgemeinschaft nach §§ 825 ff ABGB und blieben so lange bestehen, als die Vermögensauseinandersetzung zwischen den beteiligten Gesellschaftern nicht abgeschlossen sei (Hinweis auf RIS Dokument RS 0127668; OGH 3 Ob 247/00w; Tades/Hopf/Kathrein/Stabentheiner, ABGB § 1215). Gerade die Klärung der steuerlichen Angelegenheiten einer Personengesellschaft zähle zur Vermögensauseinandersetzung, sodass im Zeitpunkt der Einbringung der Rechtsmittel gegen die erlassenen Bescheide am die "JS und Mitbesitzer" als Personengesellschaft zwar aufgelöst gewesen sei, aber als schlichte Personengemeinschaft noch Bestand (gehabt) habe und demnach auch zur Erhebung von Rechtsmitteln in ihren eigenen Angelegenheiten legitimiert (gewesen) sei. Dies ergebe sich auch aus § 246 Abs. 1 BAO, wonach derjenige zum Rechtsmittel legitimiert sei, an den der anzufechtende Bescheid ergangen sei. Der bekämpfte Beschluss weiche daher sowohl vom Gesetz als auch von der ständigen Rechtsprechung ab, wonach Personengemeinschaften selbst nach Auflösung erst nach vollständiger Beendigung ihrer Vermögensauseinandersetzung als beendet anzusehen seien.

8 Daneben fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs dahingehend, ob Personengesellschaften (Vereinigungen) ohne Rechtspersönlichkeit schon dann als beendet anzusehen seien, wenn sie aufgelöst seien, und nicht erst bei Beendigung ihrer Vermögensauseinandersetzung. Weiters fehle Rechtsprechung, ob § 191 Abs. 2 BAO nur für die Zustellung von Bescheiden betreffend gemeinschaftliche Einkünfte maßgeblich sei, oder sich daraus auch die Legitimation für Eingaben ergebe und inwieweit unabhängig von Bestand bzw. Auflösung § 246 Abs. 1 BAO zur Einbringung eines Rechtsmittels legitimiere.

9 Die Revision erweist sich als zulässig und begründet. 10 Das Bundesfinanzgericht hat die Beschwerde der "JS und Mitbesitzer" im Hinblick auf deren angebliche Auflösung durch die Beendigung des Fruchtgenussvertrages zwischen JS und HS einerseits und deren Kindern FJ, MJ, TJ, WJ, JS und SS andererseits zurückgewiesen, weil dadurch die gebildete Personengemeinschaft wieder aufgelöst worden sei.

11 Allerdings bewirkt das Ausscheiden einzelner Personen aus einer Personengemeinschaft, solange noch zumindest zwei Personen als Mitglieder verbleiben, nicht die Beendigung der Gemeinschaft (vgl. zur GesbR Krejci, Gesellschaftsrecht I 258f). Selbst wenn die Fruchtgenussberechtigten bis zum Zeitpunkt der Auflösung des Fruchtgenussvertrages Mitglieder der Personengemeinschaft gewesen und sodann ausgeschieden sein sollten, würde dies am Weiterbestehen der Gemeinschaft nichts ändern.

12 Der angefochtene Beschluss war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

13 Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am