VwGH vom 24.04.2012, 2009/22/0238
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde der L, vertreten durch Dr. Wolfgang Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 12/1/27, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom , Zl. 319.108/2-III/4/09, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin vom auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung-Angehöriger" gemäß § 13 Abs. 3 AVG und § 19 Abs. 3 in Verbindung mit § 47 Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.
Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dem Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung seien nicht alle erforderlichen Unterlagen zwecks Prüfung der maßgeblichen Voraussetzungen beigelegt worden. Somit sei der Schwiegersohn der Beschwerdeführerin (als Zusammenführender im Sinn des § 47 Abs. 1 NAG) zu einer persönlichen Vorsprache geladen und aufgefordert worden, unter anderem Einkommensnachweise und eine beglaubigte Haftungserklärung mitzubringen. Dieser Ladung sei er nicht nachgekommen.
Mit (dem allerdings nicht in den Verwaltungsakten erliegenden) Schreiben vom sei die Beschwerdeführerin neuerlich aufgefordert worden, genau aufgelistete Unterlagen für eine materielle Prüfung des Antrages beizubringen, einen Haftenden zu benennen und bekanntzugeben, ob von diesem eine Haftungserklärung abgegeben werde. Mit Schreiben des Vertreters der Beschwerdeführerin vom seien der erstinstanzlichen Behörde zwar der Versicherungsdatenauszug sowie Kontoauszüge jeweils betreffend den Schwiegersohn der Beschwerdeführerin vorgelegt worden, jedoch keine Haftungserklärung. Erst im Berufungsverfahren sei die "entscheidungsrelevante Haftungserklärung" beigebracht worden. Dadurch sei eine geschäftsmäßige Behandlung des Antrages nicht möglich gewesen, weil im erstinstanzlichen Verfahren wesentliche Unterlagen trotz der Verbesserungsaufträge nicht vorgelegt worden seien. Insofern habe die erste Instanz den Antrag zu Recht "zurückgewiesen".
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde - in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:
§ 47 Abs. 3 NAG sieht im letzten Satz vor, dass der Zusammenführende eine Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15 NAG) abzugeben hat.
Diesbezüglich hat der Gerichtshof im Erkenntnis vom , 2008/22/0866, dargelegt, dass es sich bei der Vorlage einer Haftungserklärung um eine besondere Erteilungsvoraussetzung handelt.
Die belangte Behörde irrt somit, wenn sie das Fehlen einer Haftungserklärung als einen dem Antrag anhaftenden Mangel im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG, der zur Zurückweisung des Antrages führen könnte, gewertet hat. Richtig gesehen hat dies im Übrigen die erstinstanzliche Behörde, die den Antrag - entgegen der Begründung am Ende des angefochtenen zweitinstanzlichen Bescheides - nicht zurückgewiesen, sondern abgewiesen hat.
Daraus folgt, dass die belangte Behörde die mit der Berufung vorgelegte Haftungserklärung nicht hätte ignorieren dürfen, sondern den Antrag einer inhaltlichen Prüfung - dies war "Sache" des Berufungsverfahrens iSd § 66 Abs. 4 AVG - hätte unterziehen müssen.
Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Das den vorgesehenen Pauschalsatz - in dem die Umsatzsteuer bereits enthalten ist - zuzüglich der Eingabengebühr übersteigende Begehren war abzuweisen.
Wien, am
Fundstelle(n):
JAAAE-70508