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VwGH vom 24.05.2012, 2012/07/0103

VwGH vom 24.05.2012, 2012/07/0103

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer, Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde des Mag. RH in W, vertreten durch Mag. Andreas Arbesser, Rechtsanwalt in 2103 Langenzersdorf, Korneuburger Straße 3, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Kärntner Landesregierung vom , Zl. 10-WWLG-23/10-2012, betreffend Zurückweisung eines Devolutionsantrages in einer Bodenreformsache, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der vorliegenden Beschwerde, dem angefochtenen Bescheid und dem in dieser Angelegenheit ergangenen Vorerkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2009/07/0079, ergibt sich folgender Sachverhalt:

Auf Grund der Dienstbarkeitsurkunde der Agrarbezirksbehörde V (im Folgenden: ABB) vom sind unter anderem die Grst. Nrn. 2170/2 und 2170/79, EZ 348, KG K., im Eigentum des Beschwerdeführers, zu Gunsten der Agrargemeinschaft K. für das eigene überwinterte Vieh der Teilgenossen, und zwar Rinder und Schafe, weideservitutsbelastet.

Mit Eingabe vom stellte der Beschwerdeführer bei der ABB gemäß § 9 Abs. 1 lit. a des Kärntner Wald- und Weidenutzungsrechte-Landesgesetzes, LGBl. Nr. 15/2003 (im Folgenden: K-WWLG) "den Antrag auf Ablösung der gegenständlichen Weiderechte, da keiner der Gründe des § 20 (2) a - d K-WWLG vorliegt, der diese Ablösung unzulässig machen würde".

Der Antrag laute - so führte der Beschwerdeführer in dieser Eingabe weiter aus - auf Ablösung gegen Geld, da die Weiderechte für die Agrargemeinschaft K. nach § 28b K-WWLG seit Jahrzehnten dauernd entbehrlich seien. Ein Ablösungsübereinkommen sei bisher nicht erzielbar, welcher Umstand der ABB bekannt sei. Falls die ABB die Ablösung nur hinsichtlich eines Teils der Weiderechte als zulässig ansehen sollte, werde gemäß § 20 Abs. 3 K-WWLG beantragt, den auf den belasteten Grst. Nrn. 2170/2 und 2170/79 rechnerisch zu bedeckenden Teil der Weiderechte abzulösen und diese beiden Grundstücke zur Gänze weidefrei zu stellen.

Daran anschließend lautet es in dieser Eingabe wie folgt:

"Ich beantrage daher die Erlassung eines Einleitungsbescheides nach § 44 (1) K-WWLG und dessen Zustellung an die Parteien des Verfahrens.

Weiters wird die Behörde gebeten, den in § 47 K-WWLG vorgesehenen Parteiausschuss zu bilden und die gesetzlich dafür vorgesehene Verhandlung einzuberufen, da im Verfahren mehr als 20 Parteien beteiligt sind."

Mit Eingabe vom ersuchte die Agrargemeinschaft K. die ABB, dem Antrag des Beschwerdeführers vom keine Folge zu geben.

Mit Schreiben vom stellte der Beschwerdeführer zur Eingabe der Agrargemeinschaft K. vom fest, dass ihm die ablehnende Haltung der Agrargemeinschaft K. bekannt gewesen sei. Die behördlichen Erhebungen mögen so durchgeführt werden, dass sie als Grundlage für die Frage der "Entbehrlichkeit" im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dienen könnten.

Im Zuge des Ermittlungsverfahrens wurde durch einen Amtssachverständigen der ABB ein Gutachten vom erstellt. Dieses kommt zum Ergebnis, dass für den Wirtschaftsbetrieb der berechtigten Liegenschaft bei einem Wegfall der Weiderechte erhebliche Nachteile eintreten würden. Somit sei eine Ablösung der Weidrechte auf den antragsgegenständlichen Flächen aus wirtschaftlicher Sicht abzulehnen.

Mit Bescheid vom wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom "auf Ablösung der Dienstbarkeit der Weiderechte auf den Grundstücken 2170/2 und 2170/79" gemäß § 20 K-WWLG "als unbegründet abgewiesen".

Auf Grund des vorgenommenen Ermittlungsverfahrens sei - so führte die ABB begründend aus - unzweifelhaft zu Tage getreten, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 lit. a bis c K-WWLG für die Ablöse der verfahrensgegenständlichen Nutzungsrechte nicht vorlägen.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung an die belangte Behörde. Begründend führte der Beschwerdeführer aus, dass die ABB "entgegen der Vorschrift des § 44 K-WWLG überhaupt keinen Einleitungsbescheid erlassen" habe. Außerhalb "eines rechtskräftigen Einleitungsbescheids" sei die ABB nicht berechtigt, die beantragte Ablösung als unbegründet abzuweisen.

Weiters beantragte der Beschwerdeführer mit an die belangte Behörde gerichteter Eingabe vom (verbessert mit Eingabe vom ) "die Devolution des Verfahrens nach § 73 AVG an den Landesagrarsenat und die Erlassung eines Einleitungsbescheides nach § 44 K-WWLG und Entscheidung über meinen Ablöseantrag aus dem Jahr 2006".

Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab.

Begründend führte die belangte Behörde unter anderem aus, dass sie die Rechtsauffassung des Beschwerdeführers, wonach die ABB ohne Erlassung eines Einleitungsbescheides keine meritorische Entscheidung in der Form der Abweisung des Ablöseantrages treffen hätte dürfen, nicht teile.

Der Bescheid der belangten Behörde vom wurde mit dem bereits zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2009/07/0079, in Stattgebung einer dagegen gerichteten Beschwerde des Beschwerdeführers wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof unter Verweis auf Vorjudikatur aus, dass die Prüfung, ob die Voraussetzungen für eine Ablöse von Nutzungsrechten gemäß § 20 Abs. 2 lit. a bis c K-WWLG gegeben seien, nämlich erst im Laufe des Einforstungsverfahrens selbst stattfinde; sie sei nicht schon vor dessen Einleitung nach § 44 Abs. 1 K-WWLG anzustellen.

Im fortgesetzten Verfahren hat die belangte Behörde mit Bescheid vom - in Entsprechung der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes - der Berufung des Beschwerdeführers Folge gegeben und den Bescheid der ABB vom aufgehoben. Diese Entscheidung der belangten Behörde wurde dem Antragsteller laut Zustellnachweis am zugestellt.

Mit Eingabe vom , bei der belangten Behörde eingelangt am , brachte der Beschwerdeführer in gegenständlicher Bodenreformsache einen Devolutionsantrag gemäß § 73 AVG auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung an die belangte Behörde ein.

Begründet wurde dieser Antrag damit, dass zwar ein rechtskräftiger Einleitungsbescheid nach § 44 Abs. 1 K-WWLG präjudiziell für das nachfolgende Agrarverfahren sei, nicht aber umgekehrt. Ein Bescheid nach § 20 K-WWLG ohne Verfahrenseinleitung sei rechtswidrig und habe keine Bindungswirkung für ein gesetzeskonformes Vorgehen nach § 44 K-WWLG. Darauf habe der Beschwerdeführer in seinen Devolutionsanträgen vom bzw. verwiesen. Auch in diesem Fall sei der belangten Behörde Untätigkeit und Säumnis nach § 73 AVG vorzuwerfen.

Mit Bescheid der ABB vom , dem Beschwerdeführer zugestellt am , wurde das gegenständliche Einforstungsverfahren gemäß § 44 Abs. 1 K-WWLG eingeleitet.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Devolutionsantrag des Beschwerdeführers vom gemäß § 1 AgrVG 1950 iVm § 73 Abs. 1 AVG als unzulässig zurückgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass ihr Bescheid vom , mit welchem der Berufung des Beschwerdeführers Folge gegeben und der Bescheid der ABB vom aufgehoben worden sei, dem Beschwerdeführer laut Zustellnachweis am zugestellt worden sei. Die 6- monatige Frist gemäß § 73 Abs. 1 AVG habe erst mit Zustellung der genannten Entscheidung an die Verfahrensparteien - somit am - zu laufen begonnen.

Der Beschwerdeführer habe den Devolutionsantrag am - demnach verfrüht - eingebracht. Ein verfrüht - also vor Ablauf der 6-monatigen Frist - eingebrachter Devolutionsantrag bewirke keinen Zuständigkeitsübergang und sei als unzulässig zurückzuweisen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Begründend führt der Beschwerdeführer aus, dass der am beantragte Einleitungsbescheid nach § 44 Abs. 1 K-WWLG "ein völlig selbstständiger Bescheid mit Berufungsrecht und Rechtskraft" sei. Er stelle weder eine Vorfrage dar, noch könnte seine Erlassung durch das rechtswidrige Vorgehen der Agrarbehörden erster und zweiter Instanz "präjudiziert werden". Die Agrarbehörden wären außerhalb eines nicht eingeleiteten Verfahrens weder zuständig noch berechtigt, einen Bescheid nach § 20 K-WWLG zu erlassen, noch Verfahrensschritte dafür zu setzen.

Der Beschwerdeführer habe als verpflichtete Partei einen Rechtsanspruch auf eine Tätigkeit der Behörde, bei der der Antrag auf Erlassung des Einleitungsbescheides im Februar 2006 eingebracht worden sei. Der Devolutionsantrag sei mit eingebracht worden, nachdem mehrfach und vergeblich die Bescheiderlassung nach § 44 Abs. 1 K-WWLG verlangt worden und ersichtlich gewesen sei (Bescheid der ABB vom ), dass die Behörde schuldhaft den gesetzlich vorgesehenen Verfahrensschritt nicht gesetzt habe bzw. setzen wolle.

Beim Devolutionsantrag vom handle es sich um eine Wiederholung des mit gestellten Antrages, der die belangte Behörde nicht von ihrer Entscheidungspflicht über den früher gestellten Antrag aus 2008 entbinde. Es sei somit rechtswidrig, den Antrag vom selbständig zu behandeln und zurückzuweisen. Die Erwägungen, dass "diese Wiederholung" verfrüht eingebracht worden sei, sei nicht zutreffend. Die belangte Behörde sollte lediglich erneut verhalten werden, über den inhaltlich gleichen Antrag aus 2008, also fast nach vier Jahren, endlich abzusprechen. Auch dieser Verfahrensmangel stelle die Objektivität der Behörde erneut in Frage, da seit dem klar formulierten Antrag für die Verfahrenseinleitung aus 2006 eine Verzögerung von sechs Jahren durch Rechtsverweigerung vorliege und kein einziger rechtlich einwandfreier Behördenentscheid erlassen worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgebliche Bestimmung des gemäß § 1 Abs. 1 AgrVG 1950 im Agrarverfahren anzuwendenden § 73 AVG lautet auszugsweise:

"§73. (1) Die Behörden sind verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. …

(2) Wird der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen, so geht auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, … über (Devolutionsantrag). Der Devolutionsantrag ist bei der Oberbehörde … einzubringen. … .

…"

In ihrem Bescheid vom ging die belangte Behörde davon aus, dass die ABB eine meritorische Entscheidung über den Ablöseantrag des Beschwerdeführers in Form einer Abweisung treffen konnte, ohne einen Einleitungsbescheid erlassen zu müssen. Diese Rechtsansicht wurde vom Verwaltungsgerichtshof in seinem zitierten Vorerkenntnis vom , Zl. 2009/07/0079, nicht geteilt.

Mit der Aufhebung eines Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof sind die ihm zu Grunde liegenden Berufungen, Vorstellungen oder Anträge wieder offen, was zur Folge hat, dass die Entscheidungspflicht gemäß § 73 Abs. 1 AVG mit der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des aufhebenden Erkenntnisses an die belangte Behörde - nicht schon vorher - neu zu laufen beginnt (vgl. die bei Hengstschläger/Leeb , AVG (2009) § 73 Rdn. 59 zitierte hg. Judikatur).

Für den vorliegenden Beschwerdefall bedeutet dies, dass die belangte Behörde sechs Monate Zeit hatte, um einen der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Bescheid zu erlassen. Dies hat die belangte Behörde - vom Beschwerdeführer unbestritten - mit dem aufhebenden Bescheid vom innerhalb der 6-Monatsfrist auch getan.

Als der Beschwerdeführer seinen Devolutionsantrag vom stellte, war die Entscheidungsfrist von sechs Monaten für die ABB noch nicht abgelaufen, sodass die Zurückweisung dieses Devolutionsantrages durch die belangte Behörde zu Recht erfolgte.

Wenn der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang meint, dass es sich beim Devolutionsantrag vom um eine Wiederholung des mit gestellten Devolutionsantrages handle, der die belangte Behörde nicht von ihrer Entscheidungspflicht über den früher gestellten Antrag aus 2008 entbinde, übersieht er die zuvor dargestellten Wirkungen des aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom . Mit der Zustellung dieses aufhebenden Erkenntnisses begann die Entscheidungsfrist von sechs Monaten für die belangte Behörde - und in deren Anschluss für die ABB - neu zu laufen.

Wenn der Beschwerdeführer zur Untermauerung seiner Rechtsansicht den hg. Beschluss vom , Zl. 92/11/0135, ins Treffen führt, so ist ihm entgegenzuhalten, dass der diesem Beschluss zugrunde liegende Sachverhalt mit dem vorliegenden Beschwerdesachverhalt nicht vergleichbar ist. So lag zwischen den dem hg. Beschluss vom zugrundeliegenden Devolutionsanträgen kein aufhebendes Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes. Diese Tatsache allein verbietet, den hg. Beschluss vom , Zl. 92/11/0135, auch für den vorliegenden Beschwerdefall heranzuziehen.

Durch das aufhebende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom waren vielmehr die Devolutionsanträge des Beschwerdeführers vom bzw. vom als fristauslösendes Ereignis für die Entscheidungspflicht gemäß § 73 Abs. 1 AVG nicht mehr maßgeblich.

Der Umstand, dass der Bescheid der ABB vom , mit dem das Einforstungsverfahren gemäß § 44 Abs. 1 K-WWLG eingeleitet wurde, nach dem an die belangte Behörde gerichteten Devolutionsantrag vom erlassen wurde, ist für die Entscheidung über die vorliegende Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid schon deshalb nicht maßgeblich, weil er nicht Gegenstand des vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist.

Da somit bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

Fundstelle(n):
GAAAE-70493