VwGH vom 20.09.2012, 2012/07/0101
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer, Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde des FO in D, vertreten durch Dr. Gerolf Haßlinger, Rechtsanwalt in 8530 Deutschlandsberg, Obere Schmiedgasse 7, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Kärntner Landesregierung vom , Zl. 10-FLG-210/10-2012, betreffend Minderheitsbeschwerde gegen einen Vollversammlungsbeschluss einer Agrargemeinschaft (mitbeteiligte Partei: Agrargemeinschaft "O", vertreten durch den Obmann FH in D), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die mitbeteiligte Partei (im Folgenden: mP) ist eine körperschaftlich eingerichtete Agrargemeinschaft im Sinne des § 48 Abs. 2 des Kärntner Flurverfassungs-Landesgesetzes 1979, LGBl. Nr. 64 idF LGBl. Nr. 10/2007 (K-FLG). Der Beschwerdeführer ist mit 16/182 Anteilen Mitglied der mP.
Anlässlich der am abgehaltenen Vollversammlung der mP wurde unter Tagesordnungspunkt 3. mit Stimmenmehrheit F.H., der Obmann der mP, als Jagdverwalter für die Eigenjagdgebiete ONord und Süd bestimmt.
Mit Schriftsatz vom erhob der Beschwerdeführer - ebenso wie ein weiteres überstimmtes Mitglied der mP in einem gesonderten Schriftsatz - unter anderem gegen den genannten Vollversammlungsbeschluss Minderheitsbeschwerde. Begründend führte der Beschwerdeführer aus, F.H. könne die Aufgabe des Jagdverwalters nicht unbefangen wahrnehmen, weil er sich selbst auf Grund der Mehrheitsverhältnisse für diese Funktion bestellt habe. Es gebe für diesen auch keine wirtschaftliche Motivation mehr, die Eigenjagd so schnell wie möglich ordnungsgemäß zu verpachten, weil er die Eigenjagd ohnehin als Jagdverwalter nutzen könne, dafür keinen Pachtaufwand habe und sogar für seine Tätigkeit der mP eine Rechnung stellen könnte. Bei sachgerechter Vorgehensweise hätten nähergenannte Interessenten zum Jagdverwalter bestellt werden müssen, weil sich diese bereit erklärt hätten, der mP EUR 200,-- monatlich zu bezahlen.
Unter Spruchpunkt 2. des Bescheides des Amtes der Kärntner Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz vom wurde die Minderheitsbeschwerde des Beschwerdeführers und des weiteren Mitglieds der mP gegen Tagesordnungspunkt 3. der Vollversammlung der mP vom als unbegründet abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid erhoben sowohl der Beschwerdeführer als auch das weitere überstimmte Mitglied der mP Berufung. Die Bestellung des F.H. zum Jagdverwalter - so der Beschwerdeführer - wirke sich nachteilig für die mP aus. F.H. könne die Aufgabe des Jagdverwalters nicht unbefangen wahrnehmen, weil er sich selbst auf Grund der Mehrheitsverhältnisse für diese Funktion bestellt habe und somit Eigentümer, Jagdverwalter und angelobtes Jagdschutzorgan (im Sinne des § 44 Kärntner Jagdgesetz 2000 - K-JG) in einer Person sei. Erneut vertrat der Beschwerdeführer die Ansicht, es gebe wirtschaftlich keine Motivation, die Eigenjagd so schnell wie möglich ordnungsgemäß zu verpachten. Bei sachgerechter Vorgangsweise im Sinne einer nachhaltigen Bewirtschaftung des Gemeinschaftsvermögens hätte eine der beiden vom Beschwerdeführer genannten Personen zum Jagdverwalter bestellt werden müssen, weil diese bereit gewesen seien, der Agrargemeinschaft monatlich EUR 200,-- zu bezahlen. Ein wirtschaftlicher Vorteil für die mP von EUR 2.400,-- pro Jahr sei ein wesentlicher Entscheidungsfaktor bei der Beschlussfassung bezüglich der Bestellung des Jagdverwalters. Im Übrigen sei der Jagdverwalter mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft S (BH) vom ohne rechtswirksamen Beschluss der Vollversammlung bestätigt worden. Diese Vorgangsweise widerspreche der Satzung der mP, weil Beschlüsse der Vollversammlung erst vollzogen werden dürften, wenn diese rechtswirksam seien.
In der vor der belangten Behörde durchgeführten mündlichen Verhandlung führte F.H. aus, er habe zunächst als Obmann der mP einen Jagdverwalter bestellt. Auf Grund der Mitteilung der Agrarbehörde erster Instanz, dass die Bestellung eines Jagdverwalters in die Zuständigkeit der Vollversammlung falle, habe eine Vollversammlung stattgefunden. Da der von ihm zunächst bestellte Jagdverwalter nicht im Interesse der mP gewesen sei, sei er selbst mit Mehrheitsbeschluss zum Jagdverwalter bestellt worden. Die beiden anderen Interessenten seien seiner Ansicht nach nicht für diese Funktion geeignet, weshalb ihrer Bestellung durch die mP nicht näher getreten worden sei. Entsprechend einer Rechtsauskunft der Abteilung 10 (Kompetenzzentrum Land- und Forstwirtschaft) des Amtes der Kärntner Landesregierung wären die Kosten der Jagdverwaltung seitens der Agrargemeinschaft bzw. der Grundeigentümer zu tragen. Der Rechnungsbetrag lasse jedoch Platz für Diskussionen in der Vollversammlung.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom wies die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer und dem weiteren Mitglied der mP gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom eingebrachten Berufungen als unbegründet ab.
In ihren Erwägungen führte die belangte Behörde aus, Agrargemeinschaften als Körperschaften öffentlichen Rechts seien bei der Besorgung ihrer Aufgaben weitgehend autonom. Diese Autonomie finde ihre Grenzen nur in Verstößen gegen formalbzw. materiellrechtliche Vorschriften. Ein aufsichtsbehördliches Eingreifen durch die Agrarbehörde - zumal in Form der Behebung eines Vollversammlungsbeschlusses - sei nur statthaft, wenn agrargemeinschaftliche Aktivitäten mit maßgeblichen rechtlichen Vorschriften in Konflikt stünden. Dies werde vorzugsweise dann der Fall sein, wenn Organe einer Agrargemeinschaft Beschlüsse fassten, die der Zweckmäßigkeit der Bewirtschaftung des Gemeinschaftsvermögens widersprechen.
Nach Zitierung maßgeblicher Gesetzes- und Satzungsbestimmungen führte die belangte Behörde weiter aus, dass die Bestellung eines Jagdverwalters für eine agrargemeinschaftliche Eigenjagd in den Wirkungsbereich der Vollversammlung gehöre. Dies sei damit zu begründen, dass (mangels anderslautender Bestimmungen im Regelungsplan) auch die Verpachtung der agrargemeinschaftlichen Eigenjagden in den Kompetenzbereich der Vollversammlung falle. Da die Installierung eines Jagdverwalters lediglich eine - regelmäßig auch nur vorübergehende - Zwischenlösung zur Aufrechterhaltung bzw. Weiterführung eines geordneten Jagdbetriebes darstelle, stehe diese Maßnahme in einem unmittelbaren rechtlichen Zusammenhang mit der Jagdvergabe selbst, weshalb hiefür auch die gleichen organisationsrechtlichen Vorschriften zu gelten hätten. Im Übrigen lasse sich die Zuständigkeit der Vollversammlung auch im Wege einer analogen Interpretation der Bestimmungen des § 34 K-JG herleiten. Habe nämlich nach § 34 Abs. 1 K-JG der Gemeinderat den Jagdverwalter für eine Gemeindejagd zu bestellen, so werde für die Bestellung eines Jagdverwalters durch agrarische Gemeinschaften im Sinne des Abs. 5 leg.cit. wohl nur die Vollversammlung in Betracht kommen können.
Nach den Vorgaben des § 34 K-JG sei die Bestellung eines Jagdverwalters an keine besonderen Voraussetzungen geknüpft. Ob die jagdrechtlichen Voraussetzungen bei der Person des Jagdverwalters gegeben seien, habe vielmehr (nach erfolgter Bestellung) die jeweilige Bezirksverwaltungsbehörde im Zusammenhang mit der Erteilung der Bestätigung nach § 34 Abs. 2 K-JG zu prüfen. Demgemäß sei davon auszugehen, dass - anders als dies bei der Verpachtung der agrargemeinschaftlichen Eigenjagden der Fall sei - die Bestellung eines Jagdverwalters im freien Ermessen der Vollversammlung der Agrargemeinschaft angesiedelt sei.
Liege aber diese Maßnahme im freien Ermessen der Vollversammlung der Agrargemeinschaft, dann könne mit einem solchen Beschluss auch kein Verstoß gegen gesetzliche Bestimmungen, den Regelungsplan oder die Satzung der Agrargemeinschaft bewirkt werden, sofern die in Betracht kommenden formalrechtlichen Voraussetzungen für dessen Zustandekommen erfüllt bzw. eingehalten worden seien. Damit scheide eine allfällige Verletzung diesbezüglicher Rechte des Beschwerdeführers und des weiteren Berufungswerbers bereits von vornherein aus.
Daran vermöge auch der ins Treffen geführte Umstand, es hätte weitere Interessenten an der Funktion des Jagdverwalters gegeben, die für die Ausübung dieser Tätigkeit sogar bereit gewesen wären, monatlich einen Betrag von EUR 200,-- zu leisten, während der eingesetzte Jagdverwalter bislang Kosten von EUR 3.700,-- in Rechnung gestellt habe, nichts zu ändern. Zum einen sei nämlich davon auszugehen, dass auch die mit der Verwaltung einer agrargemeinschaftlichen Eigenjagd verbundenen Kosten vom Jagdverwalter der Agrargemeinschaft in Rechnung gestellt werden dürfen, auch wenn die für agrarische Gemeinschaften geltende Bestimmung des § 34 Abs. 5 K-JG keinen Verweis auf die sinngemäße Geltung der für Gemeinden statuierten Kostentragungspflicht (Abs. 4) enthalte. Im Übrigen könne nur eine entsprechende Refundierung angemessener Verwaltungskosten in Betracht kommen.
Ohne dass dies rechtlich von Relevanz wäre, stelle zum anderen auch der wegen der Nichtberücksichtigung eines zur Zahlung eines monatlichen Betrages von EUR 200,-- bereit gewesenen Interessenten in den Raum gestellte finanzielle Nachteil für die mP keine solche wirtschaftliche Größe dar, dass von daher betrachtet von einem Verstoß gegen das in § 1 Abs. 2 der Satzung der mP verankerte Gebot ausgegangen werden könnte. Dies umso mehr, als in der Berufungsverhandlung seitens des Obmannes der mP durchaus die Bereitschaft zur Reduzierung der von ihm als Jagdverwalter in Rechnung gestellten Kosten signalisiert worden sei.
Schließlich sei der Meinung des Beschwerdeführers, dass der Jagdverwalter mit Bescheid der BH vom ohne rechtswirksamen Beschluss der Vollversammlung bestätigt worden sei, damit entgegenzutreten, dass - im Gegensatz zu Vollversammlungsbeschlüssen betreffend die Jagdvergabe - ein allfälliger Aufschub eines Vollversammlungsbeschlusses über die Bestellung eines Jagdverwalters bis zum Eintritt der Rechtswirksamkeit jedenfalls den Tatbestand der Gefahr im Verzug erfüllen würde, könnte doch bei einer solchen Vorgehensweise die jagdrechtlich gebotene Aufrechterhaltung bzw. Weiterführung eines geordneten Jagdbetriebes nicht gewährleistet werden. Damit wäre aber die Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines unmittelbaren Schadens für die Agrargemeinschaft durchaus anzunehmen. Der vorzeitige Vollzug des Vollversammlungsbeschlusses sei daher wegen Gefahr in Verzug mit § 8 Abs. 1 zweiter Satz zweite Ausnahmealternative der Verwaltungssatzung der mP durchaus im Einklang gestanden. Auch in dieser Hinsicht sei kein Satzungswiderspruch in der Vorgangsweise des Obmannes der mP bzw. der BH zu erkennen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Mit Schriftsatz vom replizierte der Beschwerdeführer auf die Gegenschrift der belangten Behörde.
Die mP beteiligte sich nicht am verwaltungsgerichtlichen Verfahren.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerde führt aus, wie bei der Jagdverpachtung müssten auch bei der Bestellung eines Jagdverwalters jedenfalls dann, wenn der Zuschlag nicht an den Höchstbieter, sondern einen anderen Bieter zu einem wesentlich niedrigeren "Pachtzins" erfolge, die Umstände offen gelegt werden, aus welchen Gründen diesem Gebot dennoch der Vorzug zu geben sei. Die bekämpfte Vorgangsweise bedeute auf Grund der "Langzeitwirkung" einen Vermögensnachteil für die mP und deren Mitglieder von EUR 6.100,-- pro Jahr, weil ein Jagdverwalterinteressent angeboten habe, monatlich EUR 200,-- zu leisten, und der eingesetzte Jagdverwalter bislang Kosten von EUR 3.700,-- in Rechnung gestellt habe. Sie widerspreche dem Grundsatz der nachhaltigen Bewirtschaftung gemäß § 1 Abs. 2 der Satzung der mP und dem Grundsatz der zweckmäßigen Bewirtschaftung. Von der belangten Behörde wäre als Beurteilungsmaßstab heranzuziehen gewesen, dass das K-FLG eine geordnete und zweckmäßige Bewirtschaftung und eine der Ertragsfähigkeit angepasste Nutzung der agrargemeinschaftlichen Grundstücke bezwecke. Der erwähnte Vermögensnachteil für die mP summiere sich über die zehnjährige Gesamtjagdpachtzeit (§ 17 K-JG) auf EUR 61.000,--. Unter dem Blickwinkel dieser finanziellen Differenz und des Gebotes der zweckmäßigen Bewirtschaftung des Gemeinschaftsvermögens sei die Abweisung der Berufung durch die belangte Behörde nicht einsichtig.
2. Gemäß § 51 Abs. 2 Kärntner Flurverfassungs-Landesgesetz 1979, LGBl. Nr. 64 idF LGBl. Nr. 10/2007 (K-FLG), entscheidet über Streitigkeiten, die zwischen den Mitgliedern einer Agrargemeinschaft untereinander oder mit dem gemeinsamen Verwalter oder zwischen einer körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft und ihren Organen oder Mitgliedern aus dem Gemeinschaftsverhältnis entstehen, die Behörde.
Nach § 1 Abs. 2 der im angefochtenen Bescheid auszugsweise wiedergegebenen Satzung der mP bezweckt die Gemeinschaft die Befriedigung der Bedürfnisse der Stammsitzliegenschaften durch nachhaltige Bewirtschaftung und Verwaltung des Gemeinschaftsvermögens.
Gemäß § 8 Abs. 1 der Satzung können gegen Mehrheitsbeschlüsse die überstimmten Mitglieder binnen acht Tagen an die Agrarbezirksbehörde schriftlich eine Minderheitsbeschwerde erheben. Vor rechtskräftiger Entscheidung über eingebrachte Minderheitsbeschwerden dürfen die betreffenden Beschlüsse durch den Obmann nicht vollzogen werden, ausgenommen bei der Erhebung von Rechtsmitteln in Gerichts- und Verwaltungsverfahren sowie bei Gefahr in Verzug.
Nach § 10 Abs. 1 der Satzung gehören in den Wirkungskreis der Vollversammlung unter anderem die Verpachtung der Eigenjagd, sofern der Regelungsplan keine andere Bestimmung enthält (lit. e), und die Beschlussfassung über alle Angelegenheiten, die nicht ausdrücklich dem Obmann oder dem Vorstand zugewiesen sind (lit. n).
Das mit LGBl. Nr. 21/2000 wiederverlautbarte Kärntner Jagdgesetz 2000 idF LGBl. Nr. 33/2010 (K-JG), lautet auszugsweise:
"§ 2
Jagdausübungsberechtigte
(1) Das Jagdrecht wird entweder als Eigenjagd oder als Gemeindejagd ausgeübt (Jagdausübungsrecht).
(2) Jagdausübungsberechtigt im Sinne dieses Gesetzes sind
a) in Eigenjagdgebieten (§ 5) die Grundeigentümer (Eigenjagdberechtigten),
b) in Gemeindejagdgebieten (§ 6) die Gemeinde.
(3) (…) Wird trotz Aufforderung durch die Bezirksverwaltungsbehörde kein geeigneter Bevollmächtigter namhaft gemacht, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde bis zur Bestätigung des Bevollmächtigten einen Jagdverwalter (§ 34) zu bestellen. Die mit der Verwaltung verbundenen Kosten hat der Grundeigentümer zu tragen.
(4) Das Jagdausübungsrecht kann nach Maßgabe dieses Gesetzes im Wege der Verpachtung (§§ 16 ff.), der Bestellung von Bevollmächtigten (Abs. 3) oder der Bestellung von Jagdverwaltern (§ 34) auf dritte Personen übertragen werden.
(5) Gemeinden und agrarische Gemeinschaften haben ihr Jagdausübungsrecht zu verpachten; falls die Verpachtung nicht möglich ist, ist zur Ausübung der Jagd ein Jagdverwalter zu bestellen (§ 34).
…
§ 34
Ausübung des Jagdrechtes durch Jagdverwalter
(1) Wenn eine Verpachtung des Jagdausübungsrechtes in einer Gemeindejagd nicht erzielt werden kann, so hat der Gemeinderat einen Jagdverwalter zu bestellen, bis eine Verpachtung durchgeführt wird. Maßnahmen zur Verpachtung sind binnen drei Monaten nach der Bestellung des Jagdverwalters einzuleiten. Der Gemeinderat hat weiters einen Jagdverwalter zu bestellen, wenn ein Pachtvertrag vor Ablauf der Pachtdauer aufgelöst oder gekündigt wird oder der Pachtvertrag erlischt und wenn die verbleibende Pachtdauer nicht mindestens zwölf Monate beträgt.
(2) Der Jagdverwalter ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestätigen. Die Bestätigung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des Abs. 3 gegeben sind.
(3) Als Jagdverwalter dürfen nur solche Personen bestellt werden, die zur Pachtung eines Jagdausübungsrechtes in einer Gemeindejagd gemäß § 18 zugelassen sind und nach ihrer bisherigen jagdlichen Betätigung die Gewähr für eine den Interessen eines geordneten Jagdbetriebes und den Bestimmungen dieses Gesetzes entsprechende Jagdausübung bieten.
(4) Die mit der Verwaltung verbundenen Kosten sind von der Gemeinde zu tragen.
(5) Die Bestimmungen der Abs. 2 und 3 gelten sinngemäß für die Bestellung eines Jagdverwalters durch agrarische Gemeinschaften sowie im Falle des § 22."
3.1. Gegen die - unbekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, wonach die Bestellung eines Jagdverwalters in den Wirkungsbereich der Vollversammlung der Agrargemeinschaft fällt, bestehen aus den im angefochtenen Bescheid genannten Erwägungen keine Bedenken.
3.2. Der aus der mehrheitlich erfolgten Beschlussfassung der Vollversammlung der mP über die Bestellung eines Jagdverwalters resultierende Streit zwischen der mP und dem überstimmten Beschwerdeführer stellt eine Streitigkeit im Sinn des § 51 Abs. 2 K-FLG dar.
Aus § 51 K-FLG folgt, dass die Agrarbehörde die bei ihr angefochtenen Beschlüsse einer Agrargemeinschaft jedenfalls daraufhin zu überprüfen hat, ob sie gegen gesetzliche Bestimmungen oder einen Regelungsplan oder die Satzung der Agrargemeinschaft verstoßen. Da sich aus § 51 K-FLG keine inhaltlichen Kriterien als Beurteilungsmaßstab ergeben, sind diese - neben den zu beachtenden Satzungsbestimmungen, aus den im sachlichen Regelungszusammenhang stehenden materiellrechtlichen Bestimmungen dieses Gesetzes zu erschließen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 2010/07/0159, 0160, mwN).
Nach Meinung des Beschwerdeführers sei die zur Vergabe von Eigenjagden durch Agrargemeinschaften ergangene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes analog auch für den vorliegenden Fall der Bestellung eines Jagdverwalters heranzuziehen.
Der Beschwerdeführer nimmt damit Bezug auf die zur Beurteilung von in Beschwerde gezogenen Vollversammlungsbeschlüssen von Agrargemeinschaften, deren Inhalt der Abschluss (oder Nichtabschluss) von Pachtverträgen auf agrargemeinschaftlichen Flächen bildet, ergangene Rechtsprechung. Der Verwaltungsgerichtshof hat darin die Ansicht vertreten, dass das K-FLG das Gebot einer zweckmäßigen und geordneten Bewirtschaftung und einer der Ertragsfähigkeit angepassten Nutzung unter pfleglicher Behandlung agrargemeinschaftlicher Grundstücke vor Augen habe, sodass diese Regelungsziele als Beurteilungsmaßstab für die Rechtmäßigkeit eines Bescheides heranzuziehen seien (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/07/0105, mit Verweis u.a. auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/07/0180).
Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass eine Jagdverpachtung nicht in jedem Fall an den Höchstbieter zu erfolgen habe, weil neben der Höhe des Pachtzinses auch andere Umstände für die Erreichung des Gemeinschaftszweckes wesentlich sein könnten. Erfolge jedoch der Zuschlag nicht an den Höchstbieter, sondern an einen anderen Bieter zu einem wesentlich niedrigeren Pachtzins, so müssten die Umstände offengelegt werden, aus welchen Gründen diesem Gebot dennoch der Vorzug zu geben sei (vgl. etwa das bereits zitierte Erkenntnis, Zl. 2001/07/0180).
Der Beschwerdeführer vertritt nun die Ansicht, "Gleiches" müsse auch für die Bestellung eines Jagdverwalters gelten. Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig, weil die Nichtbestellung von Personen, die eine monatliche Bezahlung von EUR 200,-- angeboten hätten, zum Jagdverwalter der mP bzw. ihren Mitgliedern einen wirtschaftlichen Schaden verursache und dem Grundsatz der zweckmäßigen Bewirtschaftung widerspreche.
Damit zeigt der Beschwerdeführer jedoch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Nach dem bereits zitierten § 2 Abs. 5 K-JG haben Gemeinden und agrarische Gemeinschaften ihr Jagdausübungsrecht zu verpachten. Falls die Verpachtung nicht möglich ist, ist zur Ausübung der Jagd ein Jagdverwalter zu bestellen. Eine Agrargemeinschaft ist somit grundsätzlich nicht berechtigt, von einer Verpachtung des Jagdausübungsrechtes Abstand zu nehmen. Die Bestellung eines Jagdverwalters ist nur subsidiär vorgesehen und davon abhängig, dass eine Verpachtung des Jagdausübungsrechtes (vorübergehend) nicht möglich ist (vgl. zur grundsätzlichen Verpflichtung der Verpachtung des Jagdausübungsrechtes durch eine Agrargemeinschaft auch den Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom , 1 Ob 560/93, zur inhaltlich identen Bestimmung des § 2 Abs. 5 Kärntner Jagdgesetz 1978).
Ferner ergibt sich schon aus § 2 Abs. 3 letzter Satz K-JG, wonach die mit der Verwaltung verbundenen Kosten der Grundeigentümer zu tragen hat, und aus § 34 Abs. 4 K-JG, dass mit einer Jagdverwaltung für den Grundeigentümer grundsätzlich Kosten und nicht - wie bei einer Jagdverpachtung - Einnahmen verbunden sind.
Gemäß dem auf die Gemeindejagd bezugnehmenden § 34 Abs. 1 zweiter Satz K-JG sind binnen drei Monaten nach der Bestellung des Jagdverwalters Maßnahmen zur Verpachtung einzuleiten. Diese Bestimmung soll ausschließen, dass die Bestellung eines Jagdverwalters dazu missbraucht werden kann, einigen wenigen an der Jagd interessierten Personen in der Gemeinde eine billige und risikolose Jagdausübungsmöglichkeit zu verschaffen (vgl. dazu die Erläuterungen zur inhaltlich identen Vorgängerbestimmung des § 34 Abs. 1 zweiter Satz Kärntner Jagdgesetz 1978, LGBl. Nr. 76/1978, sowie Anderluh - Havranek, Kärntner Jagdrecht4 (2002) FN 3 zu § 34 K-JG).
Zwar verweist § 34 Abs. 5 K-JG hinsichtlich der Bestellung eines Jagdverwalters durch agrarische Gemeinschaften (nur) auf Abs. 2 und 3, nicht jedoch auf Abs. 1 des § 34 K-JG. Dies ist jedoch damit zu erklären, dass der Abs. 1 leg. cit. gemeindespezifische Regelungen enthält. Es ist allerdings kein sachlicher Grund ersichtlich, weshalb der Grundsatz der zeitnahen Einleitung von Maßnahmen zur Verpachtung nicht auch im Falle der Bestellung eines Jagdverwalters durch agrarische Gemeinschaften gelten sollte. Dafür sprechen auch der vom Gesetzgeber normierte Vorrang bzw. die grundsätzliche Verpflichtung agrarischer Gemeinschaften zur Verpachtung des Jagdausübungsrechts sowie der dargestellte Sinn und Zweck der in Rede stehenden Regelungen.
Der Grundsatz der zeitnahen Einleitung von Maßnahmen schließt es nicht aus, dass im Falle einer neuerlichen Ergebnislosigkeit des Versuchs der Verpachtung in weiterer Folge bei Aussicht auf Erfolg in regelmäßigen Abständen neuerlich Maßnahmen zur Verpachtung zu setzen sind, um die aufgezeigten Missbrauchsmöglichkeiten auszuschließen (vgl. Anderluh - Havranek, a. a.O., FN 4 zu § 34 K-JG).
§ 34 K-JG legt - abgesehen von seinem Abs. 3 - keine weiteren Voraussetzungen fest, die von als Jagdverwalter in Betracht kommenden Personen erfüllt werden müssen. Es ist der belangten Behörde auch darin zuzustimmen, dass die Bestellung eines Jagdverwalters bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen im Interesse der Aufrechterhaltung eines geordneten Jagdbetriebes grundsätzlich rasch erfolgen soll.
Auf dem Boden des Vorgesagten ist zunächst der vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren vertretenen Ansicht, für den bestellten Jagdverwalter gebe es keine wirtschaftliche Motivation, die Eigenjagd so schnell als möglich ordnungsgemäß zu verpachten, zu entgegnen, dass - worauf auch die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend verwies - die Bestellung eines Jagdverwalters lediglich als vorübergehende Zwischenlösung vorgesehen ist. Die Bestimmungen über die Bestellung eines Jagdverwalters dürfen nicht für eine billige und gleichzeitig auf Dauer ausgerichtete Jagdausübungsmöglichkeit missbraucht werden. Sollten daher von einer Agrargemeinschaft, die einen Jagdverwalter bestellt hat, in angemessener Zeit keine Schritte zur Verpachtung der Eigenjagd gesetzt werden, so wird die Agrarbehörde als Aufsichtsbehörde einzuschreiten haben. Ohne substantiierte Begründung ist der Agrargemeinschaft (bzw. hier: dem die Mehrheit der Anteile an der mP vertretenden und zum Jagdverwalter bestellten Obmann der mP) aber im Zeitpunkt der Bestellung des Jagdverwalters eine entsprechende Missbrauchsabsicht nicht zu unterstellen.
Wie bereits ausgeführt, geht der Gesetzgeber des K-JG ferner davon aus, dass - im Gegensatz zur Jagdverpachtung - mit der Bestellung eines Jagdverwalters vom Grundeigentümer zu tragende Kosten verbunden sind.
Liegen daher im Einzelfall nicht besondere Umstände vor, so widerstreitet die im Rahmen der Entscheidungsfreiheit der Agrargemeinschaft erfolgende, regelmäßig zeitnah erforderliche, von vornherein jedoch nur für eine vorübergehende Zeitdauer beabsichtigte Bestellung eines Jagdverwalters vor dem Hintergrund des damit verfolgten Zwecks auch dann nicht dem Gebot der zweckmäßigen Bewirtschaftung, wenn keine Bestellung des "Bestbieters" erfolgt ist, und die Gründe für die erfolgte Beschlussfassung nicht offen gelegt werden. Derartige besondere Umstände, die vorliegend zu einem anderen Beurteilungsergebnis führten, etwa weil sie eine Missbrauchsabsicht der Bestimmungen über die Bestellung eines Jagdverwalters bereits bei Beschlussfassung belegten, werden in der Beschwerde nicht dargelegt.
Angesichts der Bestellung eines Jagdverwalters für einen grundsätzlich nur zeitlich begrenzten Zeitraum zeigt der Beschwerdeführer auch mit dem Hinweis auf eine im K-JG vorgesehene - im vorliegenden Zusammenhang jedoch nicht maßgebliche - zehnjährige "Jagdpachtperiode" sowie auf einen behaupteten, pro Jahr in der Höhe von EUR 6.100,-- bzw. im Lauf von zehn Jahren in der Höhe von EUR 61.000,-- entstehenden finanziellen Nachteil keine Verletzung von subjektiven Rechten auf.
Die Beschwerde bestreitet schließlich nicht, dass vor der Bestellung eines Jagdverwalters durch den am von der Vollversammlung der mP gefassten Beschluss - entsprechend der im § 2 Abs. 5 K-JG normierten Voraussetzung - die Verpachtung der in Rede stehenden Eigenjagd durch die mP unmöglich war. Ferner war weder die Frage, ob seit dem genannten Vollversammlungsbeschluss von der mP Maßnahmen zur Verpachtung der Eigenjagd einzuleiten gewesen wären, Gegenstand des angefochtenen Bescheides, noch wird in der vorliegenden Beschwerde entsprechendes behauptet.
Zusammenfassend liegt somit in der Vorgangsweise der mP, F.H. zum Jagdverwalter zu bestellen, kein Verstoß gegen das Gebot einer zweckmäßigen und geordneten Bewirtschaftung bzw. das in § 1 Abs. 2 der Satzung der mP festgelegte Gebot der nachhaltigen Bewirtschaftung und Verwaltung des Gemeinschaftsvermögens. Das Beschwerdevorbringen legt auch nicht nachvollziehbar dar, dass durch den Beschluss der mP gesetzliche Bestimmungen oder die Satzung der mP verletzt worden wären.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
FAAAE-70489