VwGH vom 06.09.2007, 2007/18/0478
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des H C, (geboren 1969), in W, vertreten durch Dr. Ralph Mayer, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Erdbergstraße 202, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. E1/54869/2007, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom wurde der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, gemäß § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FrG, BGBl. I Nr. 100, ausgewiesen.
Der Beschwerdeführer sei mit einem bis zum gültigem Visum "C" nach Österreich gekommen und habe am die Erteilung eines Aufenthaltstitels beantragt. Dabei habe er sich auf eine damals noch bestehende Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin berufen, wobei ein Scheidungsverfahren bereits anhängig gewesen sei. Am sei die Ehe rechtskräftig geschieden worden. Der Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung sei mit zweitinstanzlichem Bescheid vom rechtskräftig abgewiesen worden. Der Beschwerdeführer habe niemals über einen Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet verfügt. Solcherart könne kein Zweifel bestehen, dass die Voraussetzungen zur Erlassung der Ausweisung - vorbehaltlich der Bestimmung des § 66 Abs. 1 FPG - im Grund des § 53 Abs. 1 leg. cit. gegeben seien.
Daran vermöge auch das Berufungsvorbringen nichts zu ändern. Wenn der Beschwerdeführer geltend mache, dass auf ihn die Bestimmungen des Art. 6 Abs. 1 des (auf der Grundlage des 1963 zwischen der EWG und der Türkei geschlossenen Assoziierungsübereinkommens gefassten) Assoziationsratsbeschlusses Nr. 1/80 vom (ARB) anwendbar wäre, verkenne er die Rechtslage. Nach Art. 6 Abs. 1 ARB habe der türkische Arbeitnehmer, der dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates angehöre, in diesem Mitgliedstaat nach einem Jahr ordnungsgemäßer Beschäftigung Anspruch auf Erneuerung seiner Arbeitserlaubnis bei dem gleichen Arbeitgeber, wenn er über einen Arbeitsplatz verfüge (erster Gedankenstrich). Dabei sei die Ordnungsmäßigkeit einer während dieses Zeitraums ausgeübten Beschäftigung anhand der Rechtsvorschriften des Aufnahmestaats zu prüfen, die die Voraussetzungen regeln würden, unter denen der türkische Staatsangehörige in das nationale Hoheitsgebiet gelangt sei und dort eine Beschäftigung ausübe. Die Beschäftigung sei daher nur dann ordnungsgemäß, wenn sie im Einklang mit den arbeitserlaubnisrechtlichen und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften des jeweiligen Mitgliedstaates stehe. Nach der Judikatur des EuGH setze die Ordnungsgemäßheit der Beschäftigung im Sinn des Art. 6 Abs. 1 leg. cit. ferner eine gesicherte und nicht vorläufige Position auf dem Arbeitsmarkt dieses Mitgliedstaats und damit das Bestehen eines nicht bestrittenen Aufenthaltsrechts voraus.
Aktenkundig sei, dass der Beschwerdeführer zunächst vom bis zum auf Grund der damals noch formal bestehenden Ehe mit der österreichischen Staatsbürgerin ordnungsgemäß beschäftigt gewesen sei. Aktenkundig sei weiters, dass der Beschwerdeführer seit dem über den Befreiungsschein verfüge. Aus diesem erstgenannten Beschäftigungsverhältnis, dass nicht den Zeitraum eines Jahres gedauert habe, habe der Beschwerdeführer (ungeachtet des Umstands, dass er über keinen Aufenthaltstitel verfügt habe) eine Rechtsstellung nach Art. 6 des besagten Assoziationsratsbeschlusses nicht erwirken können. Ein weiteres Beschäftigungsverhältnis habe vom bis zum und vom bis zum bestanden. Das letztgenannte Beschäftigungsverhältnis habe zwar länger als ein Jahr gedauert und sei angesichts des ausgestellten Befreiungsscheins mit den beschäftigungsrechtlichen Bestimmungen in Übereinstimmung gestanden, zu diesem Zeitpunkt sei der Beschwerdeführer jedoch geschieden gewesen und habe über kein Aufenthaltsrecht in Österreich verfügt, weshalb diese Beschäftigung mit den aufenthaltsrechtlichen Vorschriften Österreichs nicht in Übereinstimmung gewesen sei. Dasselbe gelte im Ergebnis für das seit dem bestehende Arbeitsverhältnis. Solcherart könne keine Rede davon sein, dass auf den Beschwerdeführer die Bestimmungen des Art. 6 ARB anwendbar wären. Im Übrigen habe auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2005/18/0589, ausgeführt, dass der Beschwerdeführer dem begünstigten Personenkreis des ARB nicht angehöre.
Der Beschwerdeführer sei (wie dargestellt) geschieden, Sorgepflichten oder sonstige familiäre Bindungen zum Bundesgebiet seien nicht geltend gemacht worden. Zwar sei angesichts aller Umstände von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers auszugehen, dieser Eingriff sei jedoch zulässig, weil er zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannte Ziele - hier: zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens - dringend geboten sei. Den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch die Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zu. Gegen dieses maßgebliche öffentliche Interesse verstoße der bereits mehrjährige unrechtmäßige Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich gravierend. Unter den gegebenen Umständen sei er rechtens nicht auch in der Lage, seinen Aufenthalt vom Inland aus zu legalisieren. Solcherart könne kein Zweifel bestehen, dass die Erlassung der Ausweisung dringend geboten und sohin zulässig im Sinn des § 66 Abs. 1 FPG sei.
Mangels sonstiger, besonders zugunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände habe die belangte Behörde keine Veranlassung gesehen, von der Erlassung der Ausweisung im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen. Dass der Beschwerdeführer zwischenzeitlich mehrjährig beschäftigt gewesen sei, stelle solche besondere Gründen nicht dar, weil diese Beschäftigung mit den aufenthaltsrechtlichen Vorschriften nicht in Übereinstimmung gestanden sei.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die Feststellung der belangten Behörde, dass er auf Grund eines Visums "C" im Jahr 2004 nach Österreich eingereist sei und ihm seither kein Aufenthaltstitel erteilt worden sei. Er leitet allerdings aus dem ihm erteilten (im bekämpften Bescheid genannten) Befreiungsschein ab, dass er - nachdem er rechtmäßig nach Österreich eingereist sei - dem österreichischen Arbeitsmarkt ordnungsgemäß angehöre und der Befreiungsschein zwangsläufig ein Aufenthaltsrecht in Österreich impliziere.
1.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in dem den Beschwerdeführer betreffenden (im angefochtenen Bescheid erwähnten) Erkenntnis vom , Zl. 2005/18/0589 eingehend (unter Heranziehung der Rechtsprechung des EuGH) dargelegt, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers mit den aufenthaltsrechtlichen österreichischen Vorschriften nicht im Einklang steht und für ihn - auch wenn ihm ein Befreiungsschein erteilt wurde - der ins Treffen geführte Art. 6 ARB nicht zum Tragen kommt. Auf dieses Erkenntnis wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen. Von daher geht das gegenläufige Beschwerdevorbringen fehl. Der für den Beschwerdeführer erteilte Befreiungsschein vermag ihm - entgegen seiner Meinung - einen rechtmäßigen Aufenthalt nicht zu verschaffen (vgl. das schon zitierte Erkenntnis Zl. 2005/18/0589 sowie das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/18/0327). Die Ausstellung eines Befreiungsscheins enthebt den Ausländer nach § 25 AuslBG nicht von der Verpflichtung, den jeweils geltenden Vorschriften über die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern nachzukommen (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis Zl. 2003/18/0327, mwH).
1.3. Vor diesem Hintergrund bestehen gegen die Auffassung der belangen Behörde, dass im Beschwerdefall die Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 FPG erfüllt seien, keine Bedenken.
2. Aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Bescheids hegt der Gerichtshof auch keinen Einwand gegen die - im Übrigen nicht bekämpfte - Auffassung der belangten Behörde, dass § 66 FPG der Ausweisung des Beschwerdeführers nicht entgegen stehe.
3. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am