VwGH vom 29.10.2015, 2012/07/0076
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger sowie die Hofrätin Dr. Hinterwirth und die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde der T GmbH in A, vertreten durch Dr. Gerhard Lebitsch, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Rudolfskai 48, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Salzburg vom , Zl. 20401- 1/37838/15-2012, betreffend einen Antrag auf Feststellung des Maßes der Wassernutzung gemäß § 13 Abs. 2 WRG 1959, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau (BH) vom wurde der Rechtsvorgängerin der beschwerdeführenden Partei die wasserrechtliche und naturschutzbehördliche Bewilligung für den Betrieb einer Wasserkraftanlage am Kaltenbrunnbach in Bad Hofgastein erteilt.
Der - soweit relevant, hier wiedergegebene - Spruch dieses Bescheids lautet:
"(...) wird der Fa. (W.) Gesellschaft mbH (...) sowie der Familie (M.) und (T.) (K.) (...) die wasserrechtliche Bewilligung und naturschutzbehördliche Zustimmung
a) zur Entnahme von in Summe max. 45 l/sec. aus dem K-Bach auf Grundstück 975 und dem V-Bach (Überleitung) auf Grundstück 974 je KG. W, für den Betrieb einer Wasserkraftanlage zum Zwecke der Erzeugung elektrischer Energie mit einer Turbinenleistung von max. 140 kW, wobei als Einschränkung des Maßes der Wasserbenutzung 1.) für eine allfällige spätere Nutzung für Trinkwasserzwecke 5 l/sec. der Konsensmenge vorbehalten bleiben und 2.) vom 1. Mai bis 31. 10. jeden Jahres 10 l/sec. und vom 1. 11. bis 30.4. jeden Jahres 5 l/sec. ab Messstelle L-Weg im dort vereinigten K- und V-Bach als Restwasser (Pflichtwasser) zu belassen sind,
(...) nach Maßgabe des vorgelegten Bauentwurfes des Ziv.Ing.Dipl.Ing. (E.) (...) erteilt".
Mit Bescheid der BH vom erfolgte die Kollaudierung der Wasserkraftanlage am K-Bach, wobei u.a. die Erhöhung der Turbinenleistung auf 180 kW nachträglich wasserrechtlich bewilligt wurde.
Mit an die BH gerichtetem Schreiben vom wurde durch den öffentlichen Notar Dr. (W.) mitgeteilt, dass nunmehr die beschwerdeführende Partei Eigentümerin der Wasserkraftanlage am K-Bach und Wassernutzungsberechtigte des mit den Bescheiden der BH vom und vom erteilten Wassernutzungsrechtes sei.
Mit Schreiben vom stellte die beschwerdeführende Partei bei der BH den Antrag auf Feststellung des Maßes der zustehenden Wassernutzung gemäß § 13 Abs. 2 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959).
Mit Bescheid vom wies die BH diesen Antrag mit der Begründung ab, dass das Maß der Wassernutzung in den Bescheiden vom und vom eindeutig festgelegt sei.
Dagegen erhob die beschwerdeführende Partei Berufung.
Mit dem angefochtenem Bescheid vom wies die belangte Behörde die Berufung ab. In der Bescheidbegründung führte die belangte Behörde u.a. aus, würden sich bei einer bestehenden Anlage Zweifel über das Maß der dem Berechtigten zustehenden Wassernutzung ergeben, so habe gemäß § 13 Abs. 2 WRG 1959 als Regel zu gelten, dass sich das Wasserbenutzungsrecht bloß auf den zur Zeit der Bewilligung maßgebenden Bedarf des Unternehmens erstrecke, sofern die Leistungsfähigkeit der Anlage nicht geringer sei. Die gegenständliche Wasserkraftanlage habe vorrangig den Energiebedarf des Fleischhauereibetriebes der Rechtsvorgängerin der beschwerdeführenden Partei, der Firma (W.), abgedeckt. Lediglich die Überschussenergie sei in das Versorgungsnetz des E-Werkes B eingespeist worden. Das von der Firma (W.) eingereichte Projekt habe eine maximale Wasserentnahme von 45 l/s vorgesehen. Unter Ausnützung eines Tagesspeichers habe die Turbinenleistung auf 57 l/s ausgelegt werden können. Für die damalige Versorgung des Gewerbebetriebs hätten mittels Schaffung eines Tagesspeichers Spitzen im elektrischen Energiebedarf des Gewerbebetriebes abgedeckt werden können.
§ 13 Abs. 2 WRG 1959 beziehe sich jedoch lediglich auf solche Bewilligungsbescheide, die das Maß der zulässigen Wasserbenutzung nicht mit der gebotenen Deutlichkeit bestimmten. Dem Bescheid der BH vom könne jedoch eindeutig entnommen werden, dass sowohl die wasserrechtliche als auch die naturschutzbehördliche Genehmigung zur Entnahme von 45 l/s aus dem K-Bach und dem V-Bach für den Betrieb einer Wasserkraftanlage zur Erzeugung von elektrischer Energie erteilt worden sei. Mit Bescheid der BH vom sei gemäß § 121 WRG 1959 die im Wesentlichen projekt- und auflagengemäße Herstellung der Wasserkraftanlage festgestellt worden. Die nachträglich bewilligten Änderungen seien in diesem Bescheid dezidiert angeführt worden.
Für die gegenständliche Wasserkraftanlage sei sowohl im Hinblick auf die Bewilligung als auch auf die Kollaudierung klar ersichtlich, dass die beantragte und genehmigte Entnahmemenge von 45 l/s deutlich gewesen sei. Über die kurzzeitige Erhöhung mittels Tagesspeichers könne kein Rückschluss darauf gezogen werden, dass die Konsenswassermenge erhöht hätte werden müssen. Auch liege hinsichtlich der Festsetzung des Maßes der Wasserbenutzung mit 45 l/s kein Fehler in den Bescheiden vor.
Die belangte Behörde führte des Weiteren aus, der erstinstanzlichen Behörde werde beigepflichtet, wenn diese keine mündliche Verhandlung anberaumt habe, weil die im Akt aufscheinenden Unterlagen und Ergebnisse der Organe der Gewässeraufsicht eindeutige Rückschlüsse zugelassen hätten.
Das Maß der Wassernutzung sei wasserrechtlich und naturschutzrechtlich mit 45 l/s festgelegt worden, was dem Bedarf der Voreigentümerin der Wasserkraftanlage entsprochen habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Auf den vorliegenden, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.
§ 13 WRG 1959 in der Fassung BGBl. I Nr. 82/2003 lautet:
" Maß und Art der Wasserbenutzung.
§ 13. ( 1) (...)
(2) Ergeben sich bei einer bestehenden Anlage Zweifel über das Maß der dem Berechtigten zustehenden Wassernutzung, so hat als Regel zu gelten, daß sich das Wasserbenutzungsrecht bloß auf den zur Zeit der Bewilligung maßgebenden Bedarf des Unternehmens erstreckt, sofern die Leistungsfähigkeit der Anlage nicht geringer ist.
(...)"
In der Beschwerde wird zunächst dargelegt, aus der technischen Ausführung der Kraftwerksanlage ergebe sich eine Triebwassermenge von 70 l/s. Diese Triebwassermenge abzüglich Pflichtwasser und Trinkwasservorbehalt (gesamt 12,5 l/s) sei nach Auffassung der beschwerdeführenden Partei das zustehende Maß der Wassernutzung von gerundet 57 l/s.
Zur behaupteten inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids bringt die beschwerdeführende Partei zusammengefasst vor, dass das Maß der Wassernutzung im wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid vom richtigerweise nicht mit 45 l/s, sondern mit 57 l/s festgelegt werden hätte müssen. Zum einen ergebe sich dies aus den Projektunterlagen, in welchen zum Aspekt der Wirtschaftlichkeit der projektierten Wasserkraftanlage von einer Erzeugungskapazität von 680.000 kWh ausgegangen worden sei. Zum anderen hätte eine Turbinenleistung von 140 kW, nach dem Kollaudierungsbescheid vom sogar von 180 kW, eine Entnahmemenge von jedenfalls 57 l/s erfordert.
Dazu ist Folgendes auszuführen:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist § 13 Abs. 2 WRG 1959 eine Auslegungsregel für Bewilligungsbescheide, die das Maß der zulässigen Wasserbenutzung nicht mit der gebotenen Deutlichkeit bestimmen. Die Anwendung dieser Auslegungsregel setzt einen Zweifel über das Maß der dem Berechtigten zustehenden Wassernutzung voraus. Ist das Maß der zulässigen Wasserbenutzung im Bewilligungsbescheid nicht bestimmt festgesetzt, so wird die nachträgliche Bestimmung mittels Feststellungsbescheides für zulässig angesehen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , 98/07/0064, mwN).
Wie die belangte Behörde richtig erkannte, liegt im vorliegenden Fall kein Zweifel über das Maß der zustehenden Wassernutzung vor, sprach doch die BH mit ihrem Bewilligungsbescheid vom aus, dass "die wasserrechtliche Bewilligung (...) zur Entnahme von in Summe max. 45 l/sec. aus dem K-Bach auf Grundstück 975 und dem V-Bach (Überleitung) auf Grundstück 974 je KG. W, für den Betrieb einer Wasserkraftanlage zum Zwecke der Erzeugung elektrischer Energie mit einer Turbinenleistung von max. 140 kW (...) erteilt (wird)". Die Tatbestandsvoraussetzung "Zweifel über das Maß der dem Berechtigten zustehenden Wassernutzung" des § 13 Abs. 2 WRG 1959 ist somit nicht erfüllt. Daher gelangt die Auslegungsregel des § 13 Abs. 2 WRG 1959 nicht zur Anwendung. Ein im wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid bereits deutlich bestimmtes Maß der Wassernutzung bedarf keiner nachträglichen Auslegung und Bestimmung. Ein solches (unzulässiges) Vorgehen wäre vielmehr der Versuch, die (im vorliegenden Fall bereits in erster Instanz eingetretene) Rechtskraftwirkung des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheids zu umgehen.
Zutreffend führte die belangte Behörde aus, dass die von der beschwerdeführenden Partei offensichtlich angestrebte Erhöhung der Konsenswassermenge nicht durch ein Verfahren zur Erlassung eines Feststellungsbescheids gemäß § 13 Abs. 2 WRG 1959 erreicht werden kann. Der beschwerdeführenden Partei bleibt es freilich unbenommen, einen Antrag auf Erhöhung der Konsenswassermenge zu stellen.
Wenngleich somit nach den vorstehenden Ausführungen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 13 Abs. 2 WRG 1959 nicht erfüllt sind, sei zum weiteren Beschwerdevorbringen festgehalten:
Soweit die beschwerdeführende Partei auf die - dem wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid vom zugrunde liegenden - Projektunterlagen wie auch auf den Kollaudierungsbescheid vom Bezug nimmt, um damit einen vermeintlichen "Fehler" der BH bei der Festsetzung des Maßes der Wassernutzung darzutun, ist ihr zunächst zu entgegnen, dass die Projektbeschreibung ebenso wie etwa ein im Bewilligungsverfahren erstattetes Gutachten nur zur Auslegung eines unklar festgelegten Maßes der Wasserbenutzung herangezogen werden kann (vgl. in diesem Sinn das hg. Erkenntnis vom , 85/07/0156, und die Ausführungen in Oberleitner/Berger , WRG3 (2011), § 13 Rz 10). Ein unklar festgelegtes Maß der Wasserbenutzung liegt hier jedoch - wie bereits ausgeführt - nicht vor.
Entgegen dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei ist der behauptete "Fehler" hinsichtlich des festgesetzten Maßes der Wasserbenutzung aber auch nicht unter Heranziehung der - aus dem Technischen Bericht und den Einreichplänen bestehenden - der mit Bescheid vom bewilligten Wasserkraftanlage zugrunde liegenden Projektunterlagen ersichtlich.
Daraus geht nämlich hervor, dass aus dem K-Bach über ein Tiroler Wehr Wasser entnommen und mittels einer Rohrleitung in ein Speicherbecken geleitet wird. Von diesem Speicherbecken führt wiederum eine Rohrleitung zu einem Krafthaus, in welchem sich Turbine und Generator befinden. Vom Krafthaus wird das Wasser wieder in den K-Bach abgeleitet. Wird das mit Wasser befüllte Tagesspeicherbecken zur Stromerzeugung genutzt, so ist die - am Grund des Speicherbeckens gelegene und von dort zum Krafthaus führende - Rohrleitung zur Gänze mit Wasser befüllt und fasst eine - von der beschwerdeführenden Partei ins Spiel gebrachte - maximale Wassermenge von 57 l/s.
Davon zu unterscheiden ist jedoch die mit dem wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid vom bewilligte Entnahmemenge von 45 l/s, die sich allein darauf bezieht, welche Wassermenge aus dem K- und V-Bach zur Betreibung der gegenständlichen Wasserkraftanlage entnommen werden darf. Nur diese bewilligte Entnahmemenge ist im vorliegenden Fall relevant.
Auch der im Zusammenhang mit einem vermeintlichen Fehler bei der Festlegung des Maßes der Wassernutzung zitierte Kollaudierungsbescheid vom vermag die Auffassung der beschwerdeführenden Partei nicht zu stützen. So wurde in der Begründung auf Seite 6 dieses Bescheides Folgendes ausgeführt:
"Bezüglich des Antrages auf nachträgliche Genehmigung einer Ausbauleistung von 180 kW wird festgestellt, dass diese Erhöhung lediglich durch entsprechende Nutzung des Tagesspeicherinhaltes erreicht wird, die Wasserentnahme und Restwasserabgabe aus den beiden Gerinnen jedoch nicht berührt wird."
Demnach geht auch aus dem Kollaudierungsbescheid vom hervor, dass die - im wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid vom mit 45 l/s festgelegte - Wasserentnahme selbst durch die Erhöhung der Turbinenleistung auf 180 kW nicht verändert wurde.
Vor diesem Hintergrund ist die Beurteilung der belangten Behörde, das von der Rechtsvorgängerin der beschwerdeführenden Partei eingereichte Projekt habe die maximale Entnahme von 45 l/s vorgesehen und es habe unter Ausnützung eines Tagesspeichers die Turbinenleistung auf 57 l/s ausgelegt werden können, nicht als unrichtig zu erkennen.
Die beschwerdeführende Partei rügt des Weiteren, dass weder die Erstbehörde noch die belangte Behörde die von ihr beantragte mündliche Verhandlung unter Beiziehung eines Sachverständigen durchgeführt hätten. Eine mündliche Verhandlung - so die Beschwerde - hätte ergeben, dass die gesamte bewilligte Anlage keinesfalls mit einer Entnahme von maximal 45 l/s wirtschaftlich betrieben werden und dies offenbar nicht Inhalt der wasserrechtlichen Bewilligung gewesen sein könne. Vielmehr sei das Maß der zulässigen Wasserbenutzung nicht mit der gebotenen Deutlichkeit bestimmt worden.
Dem ist jedoch zu entgegnen, dass es im vorliegenden Fall keiner Beiziehung eines Sachverständigen zur Feststellung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts bedurfte, weil eine Rechtsfrage zu lösen war, die in der Auslegung des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheids bestand. Eine Rechtsfrage ist aber nicht von einem Sachverständigen, sondern von den Behörden zu entscheiden, die diese auf Grundlage des nicht unklaren Spruches des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheids vom auch rechtsrichtig gelöst haben.
Der von der beschwerdeführenden Partei behauptete Verfahrensmangel liegt demnach nicht vor.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 79 Abs. 11 VwGG und § 3 der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am