VwGH vom 13.12.2011, 2009/22/0212
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder sowie die Hofrätinnen Mag. Dr. Maurer-Kober und Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des V in Wien, vertreten durch Mag. Ralf Mössler, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Singerstraße 11/7, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom , Zl. 318.905/2-III/4/09, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den am gestellten Antrag des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen von Bosnien und Herzegowina, auf Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung für den Zweck "Studierender" gemäß § 64 Abs. 1 und 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) sowie § 8 Z 7 lit. b Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung (NAG-DV) iVm § 75 Abs. 6 des Universitätsgesetzes 2002 ab.
Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe von bis den Vorstudienlehrgang an der Universität X absolviert. Am habe er mit dem Studium an der Universität X begonnen. Seinem Antrag (auf Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung für den Zweck "Studierender") vom habe er als Nachweis eines ausreichenden Studienerfolgs ein Ansuchen vom um Anerkennung von in seinem Herkunftsland abgelegten Prüfungen (wie sich aus dem Akt ergibt aus den Studienjahren 1995 bis 2002, dem mit Bescheid des Vizerektors als studienrechtliches Organ vom stattgegeben wurde), ferner ein Lehrveranstaltungszeugnis vom mit der Benotung "nicht genügend", ein Zeugnis über die Ergänzungsprüfung "Deutsch" sowie ein Sammelzeugnis vom über die angerechneten Prüfungen beigelegt; dieses Sammelzeugnis sei auch den folgenden Verlängerungsanträgen vom und (dem gegenständlichen) vom beigelegt worden. Trotz mehrmaliger Aufforderung durch die erstinstanzliche Behörde, Studienerfolgsnachweise für den Zeitraum nach dem vorzulegen, habe er lediglich ein Lehrveranstaltungszeugnis einer am absolvierten Prüfung im Ausmaß von drei Semesterstunden, Benotung "nicht genügend", vorgelegt.
Im Zuge der Berufung habe er angegeben, im Jahr 2007 durch familiäre Schwierigkeiten vom Studium abgelenkt gewesen zu sein; zudem habe er Nachweise über weitere absolvierte Prüfungen vom , und vom erbracht und die Ablegung weiterer drei Prüfungen im Prüfungszeitraum Jänner und Februar 2009 angekündigt.
Dazu werde festgestellt, dass der Beschwerdeführer seit dem lediglich vier Prüfungen - im Zeitraum vom bis - abgelegt habe. Die angeführten familiären Schwierigkeiten seien nicht konkretisiert worden, weshalb nicht nachvollzogen werden könne, inwieweit diese Probleme sein Studium hätten beeinträchtigen können. Anhand der vorgelegten Unterlagen sei ersichtlich, dass er im Studienjahr 2008 acht Semesterstunden und 12,5 ECTS-Punkte erreicht habe. Angesichts der Tatsache, dass die angeführten ECTS-Punkte zu wenig wären, werde darauf hingewiesen, dass der Studienerfolg vor der Antragstellung am maßgeblich sei, da laut § 75 Universitätsgesetz 2002 das vorausgegangene Studienjahr für die Beurteilung des Studienerfolgs relevant sei. Diese ECTS-Punkte könnten nicht berücksichtigt werden, da sie bereits dem Studienjahr 2008/2009 zuzurechnen seien; in seinem Fall ginge es aber um "das Studienjahr 2007/2008". Die von ihm in der Berufung angekündigten Prüfungen Anfang 2009 seien daher - abgesehen davon, dass nicht bekannt sei, ob er diese überhaupt absolviert habe - nicht zu berücksichtigen. Fest stehe, dass im Zeitraum vom bis keine Prüfungen abgelegt worden seien. Von den vier Prüfungen, welche er im Jahr 2008 absolviert habe, seien zwei mit "nicht genügend" beurteilt worden. Er habe damit die erforderliche Anzahl von 16 ECTS-Anrechnungspunkten pro Studienjahr eindeutig nicht erreicht und daher den gemäß § 64 NAG iVm § 8 Z 7 lit. b NAG-DV vorgesehenen Studienerfolg nicht erbracht. Auch lägen im Sinne des § 64 Abs. 3 NAG sonst keine Gründe vor, die seiner Einflusssphäre entzogen, unabwendbar oder unvorhersehbar gewesen seien, und ihn daran gehindert hätten, im vorangegangenen Studienjahr Prüfungen im Umfang von mindestens 16 ECTS-Anrechnungspunkten (acht Semesterstunden) abzulegen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Gemäß § 64 Abs. 1 NAG in der Stammfassung kann Drittstaatsangehörigen eine Aufenthaltsbewilligung für Studierende ausgestellt werden, wenn sie
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1. | die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und |
2. | ein ordentliches oder außerordentliches Studium an einer Universität, Fachhochschule oder akkreditierten Privatuniversität durchführen und im Fall eines Universitätslehrganges dieser nicht ausschließlich der Vermittlung einer Sprache dient. Eine Haftungserklärung ist zulässig. |
Gemäß § 64 Abs. 3 NAG gleichfalls in der Stammfassung ist die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung für den Zweck der Durchführung eines ordentlichen oder außerordentlichen Studiums nur zulässig, wenn der Fremde nach den maßgeblichen studienrechtlichen Vorschriften einen Studienerfolgsnachweis der Universität, Fachhochschule oder akkreditierten Privatuniversität erbringt. Liegen Gründe vor, die der Einflusssphäre des Drittstaatsangehörigen entzogen, unabwendbar oder unvorhersehbar sind, kann trotz Fehlens des Studienerfolges eine Aufenthaltsbewilligung verlängert werden. | |
Nach § 19 Abs. 3 NAG in der Stammfassung ist der Bundesminister für Inneres ermächtigt, durch Verordnung festzulegen, welche Urkunden und Nachweise für den jeweiligen Aufenthaltszweck dem Antrag jedenfalls anzuschließen sind. | |
Gemäß § 8 Z 7 lit. b NAG-DV, BGBl. II Nr. 451/2005, ist für eine "Aufenthaltsbewilligung - Studierender" im Fall eines Verlängerungsantrages dem Antrag ein schriftlicher Nachweis u. a. der Universität über den Studienerfolg im vorangegangenen Studienjahr, insbesondere ein Studienerfolgsnachweis gemäß § 75 Abs. 6 Universitätsgesetz 2002, anzuschließen. | |
Nach letztgenannter Bestimmung hat die Universität einer oder einem ausländischen Studierenden ab dem zweiten Studienjahr auf Antrag der oder des Studierenden einen Studienerfolgsnachweis auszustellen, sofern sie oder er im vorausgegangenen Studienjahr positiv beurteilte Prüfungen im Umfang von mindestens 16 ECTS-Anrechnungspunkten (acht Semesterstunden) abgelegt hat. | |
Der Beschwerdeführer wendet sich nicht gegen die Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde, moniert jedoch, von der erstinstanzlichen Behörde lediglich aufgefordert worden zu sein, Studienerfolgsnachweise für den Zeitraum nach dem vorzulegen, nicht aber darauf hingewiesen worden zu sein, dass nur Prüfungen vor Antragstellung () relevant seien. | |
Gemäß § 52 Universitätsgesetz 2002 beginnt das Studienjahr am 1. Oktober und endet am 30. September des folgenden Jahres. Da gemäß § 24 Abs. 1 NAG Verlängerungsanträge vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels einzubringen sind, kann das "vorangegangene Studienjahr" im vorgenannten Sinn bei Antragstellung nur dasjenige sein, das vor dem Gültigkeitsende des bestehenden Aufenthaltstitels liegt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/22/0036). Der Beschwerdeführer verfügte über eine Aufenthaltsbewilligung bis . Mit dem Verlängerungsantrag war somit grundsätzlich der Studienerfolg im Studienjahr 2006/2007 (damit Prüfungen im Zeitraum zwischen und ) nachzuweisen. Maßgeblich ist nämlich das abgeschlossene und nicht das aktuell laufende Studienjahr (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2010/21/0125). Allerdings war zum maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des zweitinstanzlichen Bescheids () bereits ein weiteres Studienjahr - 2007/2008 - verstrichen, weshalb Prüfungen aus diesem Studienjahr, somit aus dem Zeitraum vom bis , zum Nachweis des geforderten Studienerfolgs herangezogen werden konnten (vgl. dazu wiederum das hg. Erkenntnis vom ). | |
Der Beschwerdeführer hätte somit - entgegen den diesbezüglich unpräzisen und daher möglicherweise missverständlichen Angaben der erstinstanzlichen Behörde in ihrem Verbesserungsauftrag vom , in dem von nachzubringenden Nachweisen "für die beiden vorangegangenen Studienjahre (2007 und 2008)" die Rede ist - |
im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens einen Studienerfolg im Studienjahr 2006/2007 als Voraussetzung für die Verlängerung des Titels nachweisen müssen. Diesen hat er der Aktenlage nach für den fraglichen Zeitraum (Studienjahr 2006/2007) aber unbestritten nicht erbracht. Ebenso wenig lag aber auch zum maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des zweitinstanzlichen Bescheids hinsichtlich des Studienjahres 2007/2008 ein ausreichender Studienerfolg vor. Das dem vom Beschwerdeführer seinem vorliegenden Verlängerungsantrag beigelegte Sammelzeugnis vom , konnte jedenfalls nicht mehr als Studienerfolgsnachweis für das Studienjahr 2006/2007 dienen. Im Jahr 2008 absolvierte er vier, davon zwei positive, Prüfungen (vom und vom ) im Bewertungsausmaß von lediglich 2 Semesterstunden und 3,5 ECTS-Punkten, wobei eine der positiven Prüfungen bereits dem Studienjahr 2008/2009 zuzurechnen wäre und schon deswegen von der belangten Behörde zutreffend nicht als Studienerfolgsnachweis im gegenständlichen Verlängerungsverfahren herangezogen werden konnten. Die Voraussetzung für die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung nach § 64 Abs. 3 erster Satz NAG war somit jedenfalls nicht gegeben.
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Im Hinblick auf § 64 Abs. 3 letzter Satz leg. cit. präzisiert der Beschwerdeführer nun in der vorliegenden Beschwerde erstmals, dass seine im Berufungsantrag angeführten familiären Probleme im Jahre 2007 darin bestanden hätten, dass er "nur mit äußerster Anstrengung (...) die scheidungswillige Ehegattin von der Aufrechterhaltung der Ehe überzeugen" habe können und er außerdem seinem Vater habe beistehen müssen, der "in dieser Zeit" "unter schwerstem Alkoholabusus" gelitten habe. Dem ist zum einen entgegenzuhalten, dass sich im gesamten Verwaltungsakt kein Hinweis darauf findet, dass der Beschwerdeführer verheiratet sei oder auch gewesen sei (nach der Aktenlage, etwa den eigenen Angaben des Beschwerdeführers in seinen Anträgen auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung vom , und , war der Beschwerdeführer stets "ledig"); diese - auch in der Beschwerde nicht weiter ausgeführte oder dokumentierte - neue Tatsachenbehauptung steht im Widerspruch zum Inhalt der Verwaltungsakten, unterliegt aber auch dem Neuerungsverbot im verwaltungsgerichtlichen Verfahren (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG). Zum anderen ist aus diesen nicht weiter konkretisierten Angaben (sowohl zur angeblichen Ehefrau als auch zum Vater des Beschwerdeführers) nicht ersichtlich, inwieweit diese Umstände den Beschwerdeführer davon abgehalten hätten, im Studienjahr 2006/2007 bzw. 2007/2008 den gesetzlich geforderten Studienerfolgsnachweis erbringen zu können. Die belangte Behörde kam somit zulässigerweise zum Schluss, dass keine Hinderungsgründe im Sinn des § 64 Abs. 3 letzter Satz NAG vorlägen. |
Die Beurteilung der belangten Behörde, die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung des Beschwerdeführers lägen nicht vor, begegnet somit insgesamt keinen Bedenken. |
Da dem angefochtenen Bescheid somit die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. |
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. |
Wien, am |
Fundstelle(n):
TAAAE-70428