VwGH vom 18.12.2014, 2012/07/0054

VwGH vom 18.12.2014, 2012/07/0054

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger, die Hofrätin Dr. Hinterwirth und die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde des Ing. M W in A, vertreten durch Dr. Wilhelm Dieter Eckhart und Mag. Andreas Horacek, Rechtsanwälte in 9020 Klagenfurt, Alter Platz 19, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom , Zl. 07-A-ALRM- 6/1-2012, betreffend Feststellung nach § 10 Altlastensanierungsgesetz (mitbeteiligte Partei: Bund, vertreten durch das Zollamt Klagenfurt Villach, 9020 Klagenfurt, St. Veiter Ring 59), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Zollamtes Klagenfurt Villach vom wurde gegenüber dem Beschwerdeführer ein Altlastenbeitrag aufgrund des Verfüllens von Geländeunebenheiten mit 796,82 Tonnen mineralischer Baurestmassen im Kalenderjahr 2006 auf dem Grst. Nr. 628/2 KG W und auf weiteren, unbekannten Grundstücken festgesetzt. Der Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Bestimmung zur Beitragsbefreiung gemäß § 3 Abs. 1a Z 6 Altlastensanierungsgesetz (AlSAG) nicht zur Anwendung komme, weil die gleichbleibende Qualität der Abfälle aufgrund des Fehlens eines Qualitätssicherungssystems nicht habe gewährleistet werden können.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit Antrag vom begehrte der Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft St. Veit/Glan (BH) gemäß § 10 AlSAG die Feststellung, ob die verwendeten mineralischen Baurestmassen dem Altlastenbeitrag unterliegen bzw. ob durch das gegenständliche Verfüllen von Geländeunebenheiten mittels mineralischer Baurestmassen eine beitragspflichtige Tätigkeit vorliege.

Der BH wurde dazu der Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom vorgelegt, mit dem der Austromobil Baustoffproduktions GmbH Co KG (im Folgenden:

A. GmbH Co KG) die abfallrechtliche Genehmigung zum Betrieb einer mobilen Siebanlage und einer mobilen Prallbrecheranlage in Kombination mit einer mobilen Siebanlage erteilt worden war.

Mit Bescheid der BH vom wurde festgestellt, dass die vom Beschwerdeführer zur Verfüllung von Geländeunebenheiten auf Parzelle Nr. 628/2, KG W und weiteren Grundstücken verwendeten mineralischen Baurestmassen Abfälle im Sinne des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG 2002) seien, dass diese dem Altlastenbeitrag nicht unterlägen und dass durch das Verfüllen der Geländeunebenheiten mittels mineralischer Baurestmassen keine beitragspflichtige Tätigkeit vorliege.

Gegen diesen Bescheid erhob das Zollamt Klagenfurt Villach Berufung an die belangte Behörde. Begründend wurde in der Berufung unter anderem ausgeführt, dass bei der Beurteilung, ob die durch den Beschwerdeführer verfüllten Baurestmassen tatsächlich die Kriterien des § 3 Abs. 1a Z 6 AlSAG erfüllten, nicht alle Kriterien für ein Qualitätssicherungssystem, durch das die gleichbleibende Umweltqualität der aufbereiteten Baurestmassen sichergestellt werden solle, berücksichtigt worden seien und insofern ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren durchgeführt worden sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Berufung des Zollamtes Klagenfurt Villach Folge gegeben und der Spruch des Bescheides der BH vom wie folgt abgeändert:

"Gemäß § 10 Altlastensanierungsgesetz i.d.g.F. wird festgestellt, dass die vom Antragsteller zur Verfüllung von Geländeunebenheiten auf Parzelle Nr. 628/2, KG W, und weiteren Grundstücken verwendeten mineralischen Baurestmassen Abfälle im Sinne des Abfallwirtschaftsgesetztes 2002 sind, dass diese dem Altlastenbeitrag unterliegen und dass durch das Verfüllen der Geländeunebenheiten mittels mineralischer Baurestmassen eine beitragspflichtige Tätigkeit vorliegt."

In der Begründung legte die belangte Behörde dar, dass der Beschwerdeführer für den entscheidungsrelevanten Zeitraum (April 2006) kein Qualitätssicherungssystem nachweisen könne. Aufgrund der verfahrensgegenständlichen fachlichen Stellungnahme des Amtssachverständigen sei die belangte Behörde zu der Ansicht gekommen, dass weder seitens des Beschwerdeführers noch von Seiten der A. GmbH Co KG als Betreiberin der Brecheranlage ein geeignetes Qualitätssicherungssystem zur Sicherung der gleichbleibenden Qualität der Baurestmassen zum Zeitpunkt der Verwirklichung des die Beitragspflicht auslösenden Sachverhaltes gegeben gewesen sei. Demzufolge könne nicht von einer Beitragsfreiheit für die abgelagerten Materialien im Sinne des § 3 Abs. 1a Z 6 AlSAG ausgegangen werden.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.

Auch die mitbeteiligte Partei beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Zeitpunkt, an dem die Steuerschuld - grundsätzlich - entsteht, ist auch für die Beurteilung der Voraussetzungen einer Steuerbefreiung von Bedeutung (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/07/0173, mwN). Es ist jene Rechtslage anzuwenden, die zu dem Zeitpunkt galt, zu dem der die Beitragspflicht auslösende Sachverhalt verwirklicht wurde (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/07/0163, mwN), sodass im Beschwerdefall auf das Kalenderjahr 2006 (Verfüllung von Geländeunebenheiten) abzustellen ist.

§ 3 Abs. 1 AlSAG in der Fassung BGBl. I Nr. 136/2004 lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 3. (1) Dem Altlastenbeitrag unterliegen

1. das Ablagern von Abfällen oberhalb oder unterhalb (dh. unter Tage) der Erde; als Ablagern im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt auch

(...)

c) das Verfüllen von Geländeunebenheiten (ua. das Verfüllen von Baugruben oder Künetten) oder das Vornehmen von Geländeanpassungen (ua. die Errichtung von Dämmen oder Unterbauten von Straßen, Gleisanlagen oder Fundamenten) oder der Bergversatz mit Abfällen,

(...)

(1a) Von der Beitragspflicht ausgenommen sind

(...)

6. mineralische Baurestmassen, wie Asphaltgranulat, Betongranulat, Asphalt/Beton-Mischgranulat, Granulat aus natürlichem Gestein, Mischgranulat aus Beton oder Asphalt oder natürlichem Gestein oder gebrochene mineralische Hochbaurestmassen, sofern durch ein Qualitätssicherungssystem gewährleistet wird, dass eine gleichbleibende Qualität gegeben ist, und diese Abfälle im Zusammenhang mit einer Baumaßnahme im unbedingt erforderlichen Ausmaß zulässigerweise für eine Tätigkeit gemäß Abs. 1 Z 1 lit. c verwendet werden,

(...)"

Der Beschwerdeführer rügt, dass die Behandlung der verfahrensgegenständlichen Baurestmassen in der Brecheranlage der A. GmbH Co KG jedenfalls den Kriterien eines Qualitätssicherungssystems gemäß § 3 Abs. 1a Z 6 AlSAG entsprochen hätte, wobei die Eignung dieses Qualitätssicherungssystems durch die entsprechenden Prüfberichte der HTBLVA V Baustoffprüfstelle, jeweils vom , welche die Umweltverträglichkeit der Baurestmassen bestätigt hätten, zweifelsfrei nachgewiesen worden sei.

In seinem Erkenntnis vom , Ra 2014/07/0031, hat der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit der Frage der Voraussetzung des Vorliegens eines Qualitätssicherungssystems bereits ausgesprochen, dass die gesicherte gleichmäßige Qualität der Baurestmassen von Anfang der Verwendung des Materials an gewährleistet sein muss. Bereits im Zeitpunkt des Einbaus muss das geforderte Qualitätssicherungssystem gegeben sein. Der Nachweis, dass bereits zu diesem Zeitpunkt ein solches System vorlag und dadurch damals die gleichmäßige Qualität der Baurestmassen gesichert wurde, kann aber auch noch nachträglich erbracht werden. Der nachträglich erfolgreich geführte Nachweis einer bereits im Zeitpunkt der Verwendung durchgeführten Qualitätssicherung bewirkte - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - ebenfalls die Beitragsfreiheit. Davon zu unterscheiden ist aber die nachträgliche Untersuchung des bereits eingebauten Materials dahingehend, ob es im Zeitpunkt der Verwendung bestimmten Qualitätskriterien entsprach und daher gefahrlos eingebaut werden konnte. Derartige Untersuchungen und Analysen im Nachhinein können einen Nachweis eines bereits damals bestanden habenden Qualitätssicherungssystems nicht ersetzen.

Der Beschwerdehinweis auf die genannten Prüfberichte vom geht vorliegend schon deshalb ins Leere, weil der in den Prüfberichten genannte Untersuchungszeitraum jeweils im Jahr 2009 gelegen (und auch das Prüfgut jeweils erst am entnommen worden) ist. Der verfahrensgegenständlich relevante Zeitraum betrifft jedoch unstrittig das Kalenderjahr 2006. Angesichts dessen ist die nachgewiesene Umweltverträglichkeit von nachträglich entnommenen Proben für den beitragspflichtigen Zeitraum irrelevant. Sie stellt keinen Nachweis für ein im relevanten Zeitraum bereits bestandenes Qualitätssicherungssystem dar.

Ein Qualitätssicherungssystem ist jedoch ein zwingendes Tatbestandselement des § 3 Abs. 1a Z 6 AlSAG, dessen Nachweis unumgänglich und notwendig für eine Beitragsfreiheit ist.

Ferner bringt der Beschwerdeführer vor, dass der Begriff des Qualitätssicherungssystems weder im AlSAG noch im AWG 2002 definiert sei. Zur Auslegung des Begriffes könnten daher Erlässe oder Richtlinien herangezogen werden. Sinn und Zweck des § 3 Abs. 1a Z 6 AlSAG sei es, dass eine Beitragsfreiheit dann eintrete, wenn die Umweltverträglichkeit der bei einem Bauvorhaben verwendeten Baumassen gegeben sei.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes umfasst ein Qualitätssicherungssystem - generell gesprochen - eine Aufbauorganisation, Verantwortlichkeiten, Abläufe, Verfahren und Mittel zur Verwirklichung des Ziels der Garantie gleichbleibender Qualität; die Qualität wird durch die Eluatstoffe und ihre Grenzwerte bestimmbar. Darüber hinaus beinhaltet ein Qualitätssicherungssystem auch Vorgaben zur Eingangskontrolle, zur Eigen- und Fremdüberwachung, zu Aufzeichnungspflichten sowie gegebenenfalls zur Kennzeichnung als Information für Anwender (vgl. dazu nochmals das Erkenntnis Ra 2014/07/0031).

Dass diesen Kriterien im gegenständlichen Fall entsprochen worden wäre, hat der Beschwerdeführer nicht dargelegt.

Der Beschwerdeführer wendet ein, gemäß dem Genehmigungsbescheid der A. GmbH Co KG würden in der gegenständlichen Behandlungsanlage nur weitgehend sortenreine und nicht kontaminierte Materialien behandelt. Fremdstoffe sollten noch vor der Aufgabe in die mobile Behandlungsanlage händisch oder maschinell aussortiert und in geeigneter Weise zwischengelagert und umgehend einem befugten Entsorger übergeben werden. Der Betrieb der Anlage sei durch eine fachkundige Person zu überwachen. Aus diesem Grund entspreche die Behandlung der verfahrensgegenständlichen Baurestmassen in der Brecheranlage der A. GmbH Co KG jedenfalls den Kriterien eines Qualitätssicherungssystems gemäß § 3 Abs. 1a Z 6 AlSAG.

Bei dem erwähnten Bescheid handelt es sich jedoch lediglich um einen Genehmigungsbescheid für mobile Abfallbehandlung, der unter Einhaltung von Auflagen erteilt wurde. Daraus kann die Sicherstellung eines Qualitätssicherungssystems im Sinn des § 3 Abs. 1a Z 6 AlSAG im maßgeblichen Zeitraum durch den Beschwerdeführer schon deshalb nicht abgeleitet werden, weil nicht überprüft werden kann, ob die erteilten Auflagen der abfallrechtlichen Genehmigung vom Beschwerdeführer auch eingehalten werden.

Es trifft daher auch nicht zu, dass der von der belangten Behörde beigezogene Amtssachverständige Aussagen darüber treffen hätte müssen, warum die enthaltenen Auflagen im genannten Genehmigungsbescheid nicht geeignet seien, eine Qualitätssicherung zu begründen.

Auch die Argumentation des Beschwerdeführers, entscheidend sei primär die Umweltverträglichkeit der verwendeten Baumassen und ein Nachweis der Umweltverträglichkeit sei letztlich auch ein Nachweis für ein Qualitätssicherungssystem, verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg. Selbst der Nachweis der Umweltverträglichkeit der verwendeten Materialien kann - wie bereits ausgeführt - nicht das zwingende Tatbestandselement eines erforderlichen Qualitätssicherungssystems des § 3 Abs. 1a Z 6 AlSAG ersetzen.

Schon deshalb zeigt auch das Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde hätte feststellen müssen, dass die verwendeten Baurestmassen umweltverträglich seien und für Baumaßnahmen im unbedingt erforderlichen Ausmaß verwendet worden seien, keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Dies gilt auch für den Beschwerdehinweis auf die Ausführungen des Amtssachverständigen in seiner Stellungnahme vom , wonach die vorgelegten Prüfberichte die Umweltverträglichkeit und die grundsätzliche bautechnische Eignung der mineralischen Hochbaurestmassen bestätigt hätten.

Der Beschwerdeführer lässt dabei die Klarstellung des Amtssachverständigen außer Acht, dass mit den übermittelten Prüfberichten aus fachlicher Sicht kein Nachweis erbracht worden sei, dass im Betriebsjahr 2006 der Antragsteller hinsichtlich der für die Verfüllung von Geländeunebenheiten verwendeten sortenreinen Baurestmassen ein Qualitätssicherungssystem unterhalten hätte und diese Abfälle im Zusammenhang mit einer Baumaßnahme im unbedingt erforderlichen Ausmaß verwendet worden seien.

Die Beschwerde zeigt somit keine Umstände auf, die nachvollziehbar das Vorliegen eines Qualitätssicherungssystems im Sinne des § 3 Abs. 1a Z 6 AlSAG im maßgeblichen Zeitraum darlegten. Die Beurteilung der belangten Behörde, dass die Voraussetzungen für eine Ausnahme von der Beitragspflicht gemäß § 3 Abs. 1a Z 6 AlSAG nicht erfüllt seien, begegnet somit keinem Einwand.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 79 Abs. 11 VwGG und § 3 der VwGH-Aufwandsersatzverordnung, BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung BGBl. Nr. 8/2014, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Da die mitbeteiligte Partei ihre Gegenschrift nicht durch einen Rechtsanwalt eingebracht hat, war ihr ein Ersatz des Schriftsatzaufwandes gemäß § 48 Abs. 3 Z 2 VwGG hiefür nicht zuzuerkennen (vgl. auch hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/07/0183).

Wien, am