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VwGH vom 20.03.2013, 2012/07/0050

VwGH vom 20.03.2013, 2012/07/0050

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer, Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde des Landeshauptmannes von Vorarlberg, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom , Zl. UVS-401-001/K4-2011, betreffend eine Angelegenheit des AWG 2002 (weitere Partei: Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft; mitbeteiligte Parteien: 1. S GmbH in D, vertreten durch Längle Fussenegger Singer Rechtsanwälte Partnerschaft in 6900 Bregenz, Brosswaldengasse 12, 2. R S in D, vertreten durch Mag. Claudia Lecher-Tedeschi, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Steinebach 18), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Die erstmitbeteiligte Partei betreibt auf den GSt. Nr. 2396, 2397, 2398, 2403 und 2404, alle GB D, eine Betriebsanlage für die Zwischenlagerung und teilweise Aufarbeitung von Abfällen. Der Zweitmitbeteiligte ist Eigentümer dieser Grundstücke.

Die gewerbebehördliche Genehmigung der gegenständlichen Betriebsanlage geht auf einen (nicht im Akt erliegenden) Bescheid der Bezirkshauptmannschaft F vom zurück. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft D (im Folgenden: BH) vom wurde dem Zweitmitbeteiligten die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung für die Änderung der bestehenden Betriebsanlage (Altwaren- und Altstoffverwertung) unter Erteilung zahlreicher Auflagen erteilt.

Über die gegen diesen Bescheid erhobenen Berufungen entschied der Landeshauptmann von Vorarlberg (im Folgenden: LH) mit Bescheid vom , mit welchem im Wesentlichen dem Zweitmitbeteiligten weitere Auflagen vorgeschrieben wurden.

Im Rahmen der Schlussüberprüfung des Bescheides vom (in der Fassung der Berufungsentscheidung) erfolgte mit Bescheid der BH vom die Zurkenntnisnahme diverser Änderungen. Gemäß § 79c Gewerbeordnung 1994 (im Folgenden: GewO 1994) wurden in Spruchpunkt II des Bescheides vom diverse Auflagen aufgehoben bzw. abgeändert.

Mit Schreiben vom brachte der Geschäftsführer der erstmitbeteiligten Partei "aufgrund der Übernahme der überwiegenden Geschäftstätigkeit in Bezug auf die Sammlung und Behandlung von Abfällen" des Einzelunternehmens des Zweitmitbeteiligten durch die erstmitbeteiligte Partei eine Anzeige gemäß § 24 Abs. 1 AWG 2002 ein.

Aufgrund von Anrainerbeschwerden über Lärmbelästigungen durch die Betriebsanlage trug der LH dem Zweitmitbeteiligten mit Bescheid vom gemäß § 62 Abs. 3 in Verbindung mit den §§ 37 und 43 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (im Folgenden: AWG 2002) auf, binnen sechs Monaten ab Rechtskraft des Bescheides ein Sanierungskonzept für die Betriebsanlage auszuarbeiten. Durch das Sanierungskonzept sollten die von der Betriebsanlage ausgehenden Emissionen von Lärm, Staub und Erschütterungen maßgeblich verhindert werden. Das Sanierungskonzept habe näher genannte Aspekte zu beinhalten, darunter auch die Erstellung eines Lärmkonzepts, wonach maximal genauer angeführte Schallpegel emittiert werden dürften.

Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft. In weiterer Folge legte der Zweitmitbeteiligte kein Sanierungskonzept vor.

Mit Schreiben vom ersuchte der LH verschiedene Sachverständige um Gutachten zur Frage, welche konkreten Maßnahmen im Sinne des § 62 Abs. 3 AWG 2002 aus technischer Sicht vorzuschreiben wären, damit die nach § 43 leg. cit. wahrzunehmenden Interessen hinreichend geschützt seien.

Dazu erstattete der lärmtechnische Amtssachverständige mit Schreiben vom ein Gutachten und führte bezüglich der vorzuschreibenden Maßnahmen aus, dass der Mobilbagger maximal 4,5 Stunden pro Tag eingesetzt werden dürfe.

Mit Schreiben vom beantragte die erstmitbeteiligte Partei die Genehmigung der Änderung der Behandlungsanlage gemäß § 37 AWG 2002 unter Beilegung von Projektunterlagen. Darin wurde diese auch als Betreiberin der verfahrensgegenständlichen Anlage bezeichnet. Als Projektinhalt wurde im Wesentlichen die Errichtung von Lärmschutzwänden vorgeschlagen. Darüber hinaus wurde angeführt, dass Emissionen auch durch eine geänderte Betriebsführung verändert würden. Als eine der betrieblichen Maßnahmen wurde auch der Baggerbetrieb von maximal 4,5 Stunden angegeben.

Mit Schreiben vom legte die erstmitbeteiligte Partei darüber hinaus einen schalltechnischen Bericht von Dipl.- Ing. B.W. vor, dem die vorgenannten betrieblichen und baulichen Maßnahmen zu entnehmen sind. In dem Bericht heißt es abschließend, dass eine maßgebliche Reduktion der Lärmeinwirkung in der Nachbarschaft nur durch bauliche und betriebliche Maßnahmen zu erreichen sei. Natürlich wäre das Errichten einer geschlossenen Halle die schalltechnisch beste Lösung. Allerdings wären damit hohe Investitionen verbunden und eine Absiedelung des Betriebes auf einen längeren Zeitraum unwahrscheinlich.

Mit E-Mail vom legte die erstmitbeteiligte Partei eine Ergänzung des beantragten Projektes wie auch einen weiteren schalltechnischen Bericht vom vor.

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und nach Einholung weiterer Gutachten auf dem Gebiet der Lärmtechnik und der Medizin wurde der erstmitbeteiligten Partei mit Bescheid des LH vom die abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung für die Änderung der bestehenden Betriebsanlage nach Maßgabe des festgestellten Sachverhaltes und der eingereichten, einen wesentlichen Bestandteil des Bescheides bildenden näher genannten Unterlagen unter Vorschreibung verschiedener, näher bezeichneter Auflagen erteilt (Spruchpunkt I). Unter Spruchpunkt III. wurden der erstmitbeteiligten Partei für die Umsetzung der verschiedenen baulichen Maßnahmen jeweils Fertigstellungsfristen gesetzt (Spruchpunkt III.1); die betrieblichen Maßnahmen seien unverzüglich umzusetzen (Spruchpunkt III.2).

Zu den betrieblichen Maßnahmen zählte (unter Punkt 2.2.c) die Vorschreibung, dass maximal 4,5 Stunden Baggerbetrieb und 2 Stunden Staplerbetrieb pro Tag erfolgen dürften. Die Beweissicherung werde hier durch die Installation von Betriebsstundenzählern in den Geräten vorgenommen. Es erfolge eine arbeitstägliche Ablesung und Dokumentation der aufgezeichneten Betriebsstunden. Die Dokumentation werde so aufbewahrt, dass diese der Behörde jederzeit zugänglich sei.

Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

In weiterer Folge wurde der Betrieb kontrolliert und es erstatteten verschiedene abfalltechnische Amtssachverständige Überprüfungsberichte über den Fortgang der Arbeiten zur Umsetzung der Bewilligung vom . Einem Gutachten des lärmtechnischen Amtssachverständigen vom ist zu entnehmen, dass es derzeit in der Nachbarschaft zu einer Erhöhung der ortsüblichen Schallimmission im Bereich von 1 dB und für das GSt. Nr. 2393/4 sogar um 2 dB komme. Da die Berechnungen ohne Anpassungswerte erfolgt seien, könne aus lärmtechnischer Sicht auch die vermeintlich geringfügige Erhöhung um 1 dB nicht toleriert werden. Weiter führte der Amtssachverständige aus:

"Ausschlaggebend sind das 4,5 Stunden dauernde Sortieren und Beladen der Container auf dem Manipulationsplatz. Dieses müsste auf 2 Stunden eingeschränkt werden, um auf akzeptable Werte zu kommen, wobei sich für das Wohnhaus auf dem GstNr 2393/4, wegen des nach Süden hin völlig offenen Manipulationsplatzes, trotzdem noch eine Erhöhung um 1 dB ergibt. Damit es auch für diesen Immissionsort zu keinen unzumutbaren Belästigungen im Sinne der ÖAL-Richtlinie Nr 3 kommt, müsste die Betriebszeit auf 1 Stunde eingeschränkt werden.

Eine Alternativ(e) zur Betriebszeiteinschränkung wird lediglich darin gesehen, die Zufuhr von Material (ausgenommen Kleinanlieferer) zu untersagen, bis sämtliche baulichen Lärmschutzmaßnahmen umgesetzt worden sind. In dieser Zeit könnte sich der Betreiber darauf konzentrieren die auf dem Gelände vorhandenen Lagerungen die den Fortgang der Arbeiten behindern und somit für die Verzögerungen mitverantwortlich sind abzubauen und fortzuführen.

(…)"

Diese Einschätzung bestätigte der Amtssachverständige nach baulichen Veränderungen durch die erstmitbeteiligte Partei auch in einem ergänzenden lärmtechnischen Gutachten vom .

Mit Schreiben vom ersuchte der LH den lärmtechnischen Amtssachverständigen um die Durchführung einer Langzeitmessung an drei näher bezeichneten Immissionspunkten.

Aus dem zu einem der drei Immissionspunkte erstatteten Prüfbericht vom ergibt sich, dass die gemäß schalltechnischem Bericht vom zulässigen Anlagenimmissionspegel nicht eingehalten würden. Ob dies an allenfalls zum Zeitpunkt der Messung noch nicht ganz umgesetzten Schallschutzmaßnahmen oder einer Betriebsweise liege, die nicht im Einklang mit den Vorgaben bzw. den Berechnungen des schalltechnischen Berichtes stehe, sei für den Sachverständigen nicht überprüfbar. Zur Frage, um wie viel die Betriebszeit des Mobilbaggers einzuschränken wäre, um den im schalltechnischen Bericht vom bei diesem Messpunkt als zulässig erachteten Anlagenimmissionspegel einzuhalten, erklärte der Amtssachverständige, dass bei Heranziehung der Messungen von Mittwoch und Donnerstag ein Betrieb von 45 Minuten zulässig sei; auf Basis der Betriebsgeräusche von Dienstag müsste die Betriebszeit jedoch auf 15 Minuten eingeschränkt werden (Anm.: Die Messungen erfolgten vom 12. bis .).

Der lärmtechnische Amtssachverständige berichtete mit Schreiben vom von einer weiteren Messung, bei der die zulässigen Anlagenimmissionspegel ebenfalls überschritten worden seien. Hinsichtlich des Alternativbetriebes mit einem neuen Bagger führte der Sachverständige aus, dass beim Einsatz desselben etwa 1 dB niedrigere Schallpegel gemessen worden seien.

Mit Schreiben vom ersuchte der LH abermals sowohl den lärmtechnischen Amtssachverständigen als auch den medizinischen Amtssachverständigen um Darlegung der verletzten Interessen und Beschreibung von Beschränkungen, um einen genehmigungsfähigen Betrieb (immissionsseitig) zu ermöglichen.

Mit Gutachten vom hielt der lärmtechnische Amtssachverständige fest, dass für die Reduktion beim Mobilbagger anzusetzen sei, da Tätigkeiten unter Verwendung desselben um mehr als 10 dB über den sonst noch relevanten Betriebsgeräuschen (Hubstapler und LKW-Fahrten) lägen. Aufgrund der Messungsschwankungen bei durchgeführten Messungen der Dauerschallpegel seien z.B. Betriebszeiten von 45 oder 30 Minuten zulässig. Eine Kontrolle der Betriebszeiten sei jederzeit über den im Mobilbagger eingebauten Betriebsstundenzähler möglich. Andere Beschränkungsmaßnahmen seien aus lärmtechnischer Sicht nicht zielführend, sodass sich in Ermangelung von Alternativen die Frage nach dem gelindesten Mittel nicht stelle.

Der medizinische Amtssachverständige bejahte mit Gutachten vom die Gefährdung der menschlichen Gesundheit und erklärte, dass ein genehmigungsfähiger Betrieb mit Stundenbeschränkung der Baggerbetriebszeit möglich sei.

Dazu nahm die erstmitbeteiligte Partei mit Schreiben vom Stellung, in welchem sie unter anderem anmerkte, dass die vorgeschlagene Betriebszeitenbeschränkung nicht notwendig sei. Es sei das gelindeste Mittel zu wählen, welches darin bestehe, durch schallemissionsmindernde bauliche oder betriebliche Maßnahmen schutzwürdigen Interessen Rechnung zu tragen. Die vorgeschlagene Betriebszeitenbeschränkung hätte unweigerlich zur Folge, dass die erstmitbeteiligte Partei ihren Betrieb völlig aufgeben müsste. Auch das medizinische Amtssachverständigengutachten zog die erstmitbeteiligte Partei mit Schreiben vom in Zweifel.

Mit Bescheid des LH vom wurde in Spruchpunkt I. der erstmitbeteiligten Partei gemäß § 62 Abs. 3 in Verbindung mit §§ 37 und 43 AWG 2002 für die Betriebsanlage vorgeschrieben, die Manipulationen mit dem bzw. den Betrieb des mit Bescheid des LH vom genehmigten Baggers auf 45 Minuten pro Betriebstag zu beschränken.

In Spruchpunkt II. wurde dem Zweitmitbeteiligten "als von der (erstmitbeteiligten Partei) unabhängigen Co-Betreiber" gegenüber die gleichlautende Vorschreibung gestützt auf die gleichen Rechtsgrundlagen ausgesprochen.

Begründend führte der LH nach Wiedergabe des Verfahrensganges und der wesentlichen Rechtsvorschriften unter anderem aus, dass im gegenständlichen Fall nicht von einem konsenswidrigen Betrieb auszugehen sei. Die Aussagen der Sachverständigen über die zu geringe Wirkung der vorgeschriebenen Lärmschutzmaßnahmen seien nachvollziehbar und die erstmitbeteiligte Partei sei diesen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Die Maßnahme stelle auch ein taugliches, einfach zu kontrollierendes Mittel dar, da bereits im Bescheid vom die Führung eines Betriebsstundenzählers vorgeschrieben worden sei. Andere Maßnahmen seien nach den Angaben des lärmtechnischen Amtssachverständigen nicht zielführend. Bei der Beschränkung handle es sich um das gelindeste Mittel, um den Schutzzweck zu erreichen. Die Maßnahme sei zwar betriebstechnisch beschränkend, ändere jedoch am grundsätzlichen Wesen der Anlage nichts. Manipulationstätigkeiten, zu denen auch Ladevorgänge gehörten, würden nicht ausgeschlossen, sondern zeitlich beschränkt. Wenn die erstmitbeteiligte Partei vorbringe, die Betriebszeitbeschränkung des Baggers führe dazu, dass der Betrieb völlig aufgegeben werden müsse, so sei dem entgegenzuhalten, dass dem AWG 2002 - entgegen der GewO 1994 - eine ausdrückliche Einschränkung betreffend die (wirtschaftliche) Unverhältnismäßigkeit von zusätzlichen Maßnahmen fehle. Die Grenze sei freilich in den verfassungsrechtlich geschützten Grundrechten zu sehen. Den Interessen der Anlagenbetreiberin gegenüber stehe eine vom medizinischen Amtssachverständigen konstatierte gesundheitliche Gefährdung, welche bedeutend schwerer wiege als eine unzumutbare Belästigung.

Da der Bescheid des LH vom dem Wesen nach aus der Vorschreibung eines Sanierungskonzeptes resultierte und grundsätzlich ein tolerables Maß an Emissionen repräsentiere, wäre die nochmalige Vorschreibung eines Sanierungskonzeptes kein tauglicher Weg, um die Schutzinteressen hinreichend zu schützen; dies, zumal durch einen beschränkten, klar umgrenzten Eingriff in die Rechtskraft des genannten Bescheides das Schutzniveau gewährleistet werden könne.

Zu den Betreibern führte der LH abschließend aus, dass im Hinblick auf den Umstand, dass anlagenrechtliche Bescheide (zwar) grundsätzlich dingliche Wirkung entfalteten, jedoch zwei potenzielle Betreiber in Frage kämen, die Maßnahme explizit beiden nach der Aktenlage in Betracht kommenden Betreibern zur Beachtung vorgeschrieben worden sei. Angemerkt werde, dass es sich um jeweils genau die gleiche Betriebsanlage handle, da keinerlei örtliche/betriebliche Einschränkungen gemeldet worden seien. Dem Zweitmitbeteiligten seien im gegenständlichen Verfahren im Rahmen des Parteiengehörs alle Schriftstücke nachweislich zugestellt worden und es sei dessen beabsichtigte Einbeziehung explizit angeführt worden. Eine Übergabe der Betriebstätigkeit sei nicht geltend gemacht worden. Insbesondere sei weder vor noch im gegenständlichen Verfahren eine Übergabe- bzw. Übernahmeerklärung vorgelegt worden. Die bloße Gründung einer eigenständigen juristischen Person, möge sie auch die "Übernahme" einschlägiger Berufsberechtigungen freier Gewerbe nach den Bestimmungen der GewO 1994 mit sich bringen, sei abfallwirtschaftsrechtlich irrelevant.

Gegen diesen Bescheid berief der Zweitmitbeteiligte mit Schriftsatz vom .

Darin verwies er unter anderem darauf, dass der LH im Bescheid vom festgestellt habe, dass "nunmehr" die erstmitbeteiligte Partei die verfahrensgegenständliche Betriebsanlage betreibe. Diese habe die Tätigkeiten der Anlage betreffend die Behandlung und Aufarbeitung von Altstoffen und Abfällen vom Zweitmitbeteiligten übernommen.

Aus diesem Grund könne der Zweitmitbeteiligte nicht als Betreiber der Anlage angesehen werden. Der durch den Bescheid betroffene Bereich des Areals werde ausschließlich von der erstmitbeteiligten Partei betrieben. Antragstellerin und Adressatin von Bescheiden und Schriftstücken sei immer die erstmitbeteiligte Partei gewesen. Der Zweitmitbeteiligte sei nicht Antragsteller dieses Verfahrens gewesen und sei auch nicht über den dazu ergangenen Bescheid vom verständigt worden. Dieser Bescheid sei ihm erstmals mit mit dem Bescheid über die Änderung der Betriebszeiten vom zugestellt worden.

Richtig sei, dass er einen Großteil des Betriebsareals an die erstmitbeteiligte Partei vermietet habe. Richtig sei weiter, dass er einen weiteren Teil des Areals für private Wohnzwecke nutze und an die in seinem Alleineigentum stehende Gesellschaft - die S GmbH - vermiete. Festgehalten werde, dass diese Gesellschaft derzeit nicht dem AWG 2002 unterliege, da sie keine diesbezüglichen Tätigkeiten ausübe. Da er somit nicht Antragsteller der vom gegenständlichen Bescheid betroffenen Anlage sei, sei der Bescheid ihm gegenüber nicht rechtswirksam und vollumfänglich aufzuheben.

Darüber hinaus zweifelte der Zweitmitbeteiligte (näher begründet) die Schlüssigkeit des medizinischen und des lärmtechnischen Gutachtens an und brachte er vor, dass die Reduktion des Baggerbetriebes einer Betriebsstilllegung entspreche. Die aufgetragene Maßnahme sei überschießend.

Diesem Schriftsatz beigelegt war ein Schreiben vom an die Abteilung Abfallwirtschaft im Amt der Vorarlberger Landesregierung, in dem der Rechtsvertreter des Zweitmitbeteiligten mitteilte, dass die verfahrensgegenständliche Betriebsanlage von der erstmitbeteiligten Partei geführt werde. Der Zweitmitbeteiligte sei lediglich Eigentümer des Areals. Er vermiete dieses "teilweise" an die erstmitbeteiligte Partei und die S GmbH.

Mit einem weiteren Schriftsatz vom erhob die erstmitbeteiligte Partei Berufung, welche sich (unter Beilegung einer sachverständigen Stellungnahme) ebenso gegen die erstatteten Gutachten richtete und verschiedene Verfahrensmängel geltend machte.

Mit Schreiben vom forderte die belangte Behörde den Zweitmitbeteiligten auf, Mietverträge zur Belegung seiner Behauptung vorzulegen, wonach er lediglich Eigentümer des gegenständlichen Areals sei und dieses an die erstmitbeteiligte Partei und die S GmbH vermietet habe.

Dazu erklärte der Zweitmitbeteiligte mit Schreiben vom , dass ein schriftlicher Pachtvertrag nicht abgeschlossen worden sei. Es sei jedoch mündlich vereinbart worden, dass ein abgegrenzter Bereich von der S GmbH mitbenützt würde. In diesem Bereich befinde sich auch das private Wohnhaus des Zweitmitbeteiligten. Weiters nütze er einen Bereich von 100 m2 (Gebiet näher bezeichnet). Diesem Schreiben beigelegt war ein Lageplan des Areals, auf dem die räumliche Aufteilung zwischen den Unternehmen eingezeichnet wurde.

Mit Schreiben vom erstattete der lärmtechnische Amtssachverständige ein ergänzendes Gutachten (ohne Durchführung neuer Messungen). Zur Frage der erforderlichen Maßnahmen, um aus schalltechnischer Sicht allenfalls überschrittene Grenzwerte einhalten zu können, erklärte er, dass nur die Einschränkung der Betriebszeit des Mobilbaggers in Frage komme, wenn die Maßnahme sofort greifen solle. Ansonsten könne auch mit baulichen Maßnahmen wie z.B. der Erhöhung der U-förmigen Lärmschutzwand beim Manipulationsbereich oder der kompletten Einhausung desselben einer Überschreitung der Grenzwerte entgegengewirkt werden.

Über weiteres Ersuchen der belangten Behörde führte der Amtssachverständige in der Folge weitere Messungen, darunter am , durch, über welche er ein weiteres Gutachten mit Schreiben vom erstattete und im Wesentlichen zum gleichen Ergebnis hinsichtlich der durchzuführenden Maßnahmen kam.

Mit Schreiben vom legte der Zweitmitbeteiligte ein Schreiben der B. Steuerberatung OG vom vor, in dem bestätigt wurde, dass das Areal an die S GmbH (800 m2) und die erstmitbeteiligte Partei (restliche 6.900 m2) vermietet werde. Schriftliche Mietverträge lägen nicht vor bzw. seien nicht errichtet worden. Die Mieten würden monatlich bezahlt bzw. verrechnet.

Am führte die belangte Behörde eine mündliche Verhandlung durch. Dabei legte der lärmtechnische Amtssachverständige dar, dass ausgehend von den Werten aufgrund der Messung vom anstelle von 45 Minuten ca. eine Stunde Betriebszeit des Mobilbaggers zulässig wäre, um den im Gutachten vom ausgewiesenen Anlagenimmissionspegel einhalten zu können.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom hob die belangte Behörde den Bescheid des LH vom gemäß § 66 Abs. 4 AVG auf.

Begründend führte sie nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensganges und nach Hinweis auf die §§ 62 Abs. 3 und 43 Abs. 1 AWG 2002 aus, es zeige sich anhand der in den Akten erliegenden gewerbetechnischen und medizinischen Gutachten, dass es durch den Betrieb der Anlage für (näher genannte) Wohnnachbarn zu einer unzumutbaren Belästigung durch Lärm bzw. zu einer Gesundheitsbeeinträchtigung komme, was aus der Überschreitung der Immissionspegel resultiere. Wie sich aus dem Gutachten vom bzw. aus der mündlichen Verhandlung ergebe, seien als Maßnahmen zur Erreichung dieses Wertes entweder die Einschränkung der Betriebszeit des Mobilbaggers auf ca. 1 Stunde oder ansonsten bauliche Maßnahmen erforderlich.

Im Lichte dieser Ausführungen komme nach § 62 Abs. 3 AWG 2002 als Maßnahme zum Schutz der nach § 43 leg. cit. wahrzunehmenden Interessen im gegenständlichen Fall nicht nur die Vorschreibung nachträglicher Auflagen, sondern ebenso die Erstellung und Durchführung eines Sanierungskonzeptes in Betracht. Nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur vergleichbaren Bestimmung des § 79 GewO 1994 sei die Vorschreibung eines Sanierungskonzeptes für jenen Fall vorgesehen, in dem der Schutz der wahrzunehmenden Interessen Maßnahmen erfordere, die dem Betriebsinhaber als Auflagen nicht vorgeschrieben werden könnten, weil sie die genehmigte Betriebsanlage in ihrem Wesen veränderten. Seien die erforderlichen Auflagen "wesensverändernd", habe sich die Behörde darauf zu beschränken, dem Betriebsinhaber die Vorlage eines Konzeptes zur Sanierung der festgestellten Mängel vorzuschreiben. Das Ziel der Sanierung liege in der Behebung der festgestellten Mängel.

Diese für die GewO 1994 entwickelte Judikatur sei auch im Bereich des Anlagenrechtes nach dem AWG 2002 anwendbar. Somit sei zunächst zu prüfen gewesen, ob die Auflage, den konsensgemäßen Baggerbetrieb von 4,5 Stunden auf 1 Stunde einzuschränken, eine Auflage darstelle, welche wesensverändernd sei.

Dazu sei zunächst auszuführen, dass 1 Stunde Baggerbetrieb nur noch 22 Prozent des konsensgemäßen Betriebes von 4,5 Stunden entspreche. Wie sich aus den vorgelegten Betriebsstundenaufzeichnungen ergebe, werde die konsensgemäße Dauer des Baggerbetriebes während der Woche fast täglich ausgeschöpft. Die mitbeteiligten Parteien brächten vor, bei Einhaltung der Betriebszeiteneinschränkung des Baggers sei der Betrieb nicht mehr aufrecht zu erhalten. Sie komme einer Schließung der genehmigten Anlage gleich. Eine Auflage, die einen wesentlichen Betriebsablauf (als solcher sei der Baggerbetrieb im gegenständlichen Fall zweifelsfrei anzusehen) gravierend einschränke - im gegenständlichen Fall auf fast ein Fünftel des genehmigten Umfanges - sei wesensverändernd.

Wie die mitbeteiligten Parteien und der gewerbetechnische Sachverständige übereinstimmend erklärt hätten, wäre es auch durch bauliche Maßnahmen möglich, den Nachbarschutz nach § 43 Abs. 1 AWG 2002 sicherzustellen. Auch bei diesen Maßnahmen handle es sich unstrittiger Weise um wesensändernde Maßnahmen.

In Anbetracht des Gesagten und insbesondere des Umstandes, dass es sich bei der vorgeschriebenen Auflage um eine wesensverändernde Auflage handle, wäre der Betreiberin die Erstellung und Durchführung eines Sanierungskonzeptes aufzutragen gewesen.

Der belangten Behörde sei es als Berufungsbehörde allerdings verwehrt, erstmalig im Berufungsverfahren die Erstellung eines Sanierungskonzeptes aufzutragen. "Sache" des Berufungsverfahrens sei nämlich die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterinstanz gebildet habe.

Da im gegenständlichen Fall nicht mit der Vorschreibung einer Auflage vorgegangen werden könne und es der belangten Behörde verwehrt gewesen sei, die Erstellung eines Sanierungskonzeptes aufzutragen, sei der erstinstanzliche Bescheid zu beheben gewesen.

Bei diesem Ergebnis könne dahingestellt bleiben, ob es sich beim Zweitmitbeteiligten um einen Betreiber der in Rede stehenden Betriebsanlage handle. Nach dem Schreiben vom scheine dies nun jedenfalls nicht mehr der Fall zu sein.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.

Die mitbeteiligten Parteien erstatteten jeweils eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

A. Zur Zulässigkeit der Beschwerde:

Gemäß § 87b AWG 2002 ist der Landeshauptmann berechtigt, gegen Bescheide des unabhängigen Verwaltungssenates betreffend Behandlungsanlagen Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Ein solcher Bescheid liegt hier vor, sodass die Beschwerde als zulässig anzusehen ist.

Der Zweitmitbeteiligte erklärt dazu, die Beschwerde wäre nicht zulässig, da der Landeshauptmann nur befugt sei, wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde zu erheben. Gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei ein Bescheid aber dann rechtswidrig, wenn eine die Entscheidung tragende Norm überhaupt nicht vorhanden sei, somit nur dann, wenn keine Norm den Bescheidinhalt trage. Sei die den Bescheid tragende Rechtsnorm nicht oder teilweise unrichtig angegeben, führe dies nicht zur Rechtswidrigkeit. Im angefochtenen Bescheid sei aber richtigerweise § 62 Abs. 3 AWG 2002 als tragende Rechtsnorm zu Grunde gelegt. Eine Rechtswidrigkeit, welche zur Durchführung einer Amtsbeschwerde berechtigt hätte, liege sohin nicht vor.

Der Zweitmitbeteiligte verwechselt mit diesem Vorbringen die Zulässigkeit der Beschwerdeführung mit dem Inhalt der Beschwerde. Zulässig ist die Beschwerde des Landeshauptmanns gegen Bescheide des unabhängigen Verwaltungssenates nach § 87b AWG 2002 dann, wenn es sich um Behandlungsanlagen handelt. Inhaltlich ist der Landeshauptmann bei der Beschwerdeführung nicht eingeschränkt (etwa auf die Wahrnehmung bestimmter öffentlicher Interessen), er kann ganz allgemein die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend machen. Dies hat er im hier vorliegenden Fall auch getan.

Ob der Bescheid tatsächlich rechtswidrig ist oder nicht, hängt aber mit der Frage der Zulässigkeit der Beschwerdeerhebung nicht zusammen. Diese Frage hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der inhaltlichen Prüfung der zulässigen Beschwerde zu klären. Zweifel an der Zulässigkeit der Beschwerdeführung bestehen daher nicht.

B. Zur Beiziehung des Zweitmitbeteiligten:

Der Zweitmitbeteiligte bemängelt, dass er vom Beschwerdeführer in der Amtsbeschwerde zu Unrecht als mitbeteiligte Partei bezeichnet worden sei, weil keine "Passivlegitimation" vorliege, der Beschwerdeführer ihm gegenüber somit "nicht zur Beschwerde legitimiert" sei.

Nach § 21 Abs. 1 Z 4 VwGG zählen bei Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde gemäß Art. 131 B-VG zu den Parteien, die im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beizuziehen sind, auch die Personen, die durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides in ihren rechtlichen Interessen berührt werden ("Mitbeteiligte").

Der Zweitmitbeteiligte war Berufungswerber im Verfahren, das zum angefochtenen Bescheid führte; mit diesem Bescheid wurde (auch) über seine Berufung entschieden. Es unterliegt daher keinem Zweifel, dass der Zweitmitbeteiligte durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides in seinen rechtlichen Interessen berührt wird, weshalb er dem Verfahrens als Mitbeteiligter beizuziehen war.

Im Übrigen ist der Verwaltungsgerichtshof nach § 21 Abs. 2 VwGG verpflichtet, ungeachtet der Nennung von Mitbeteiligten in der Beschwerde von Amts wegen darauf Bedacht zu nehmen ist, dass alle Mitbeteiligten gehört werden und Gelegenheit zur Wahrung ihrer Rechte erhalten. Auf die Nennung des Zweitmitbeteiligten in der Beschwerde kommt es daher nicht an.

C. Zur Beschwerde:

1. Der Beschwerdeführer bringt zunächst zur Abgrenzung des AWG 2002 von der GewO 1994 vor, dass das AWG 2002 in dessen § 62 leg. cit. alle Maßnahmen "zusammenfasse", während die GewO 1994 Maßnahmen zwischen den Bestimmungen der §§ 79 ff. und 360 leg. cit. "aufteile." Im Anwendungsbereich der GewO 1994 wäre nach der eindeutigen Formulierung des § 79 Abs. 3 leg. cit. zwingend ein Sanierungskonzept vorzuschreiben, wenn der Interessensschutz nur durch solche zusätzlichen Auflagen erwirkt werden könnte, die das Wesen der genehmigten Betriebsanlage änderten. Ferner sei im Betriebsanlagenrecht grundsätzlich unstrittig, dass Auflagen keineswegs in das Wesen einer Betriebsanlage eingreifen dürften, was somit auch im AWG 2002 gelte. Die Bestimmungen des § 62 AWG 2002 seien aber materiell- und verfahrensrechtlich Spezialbestimmungen und stünden einer bloßen Anwendung der GewO 1994 entgegen.

Aus der Formulierung des § 62 Abs. 3 AWG 2002 und seiner Eingliederung in das AWG 2002 ergebe sich, dass dieser § 79 Abs. 1 und 3 GewO 1994 im Wesentlichen in einer Bestimmung zusammenfasse, jedoch weit über den Umfang des Gewerberechts hinausgehe (wird näher ausgeführt). Die Bestimmung des § 62 Abs. 3 AWG 2002 sei so auszulegen, dass sie im Zusammenspiel mit den anderen Bestimmungen das Schutzniveau möglichst wirkungsvoll garantiere.

Um der Vollzugsbehörde eine Anpassung an den jeweiligen Einzelfall zu ermöglichen, enthalte § 62 Abs. 3 AWG 2002 nicht nur wie die GewO 1994 die Möglichkeiten der Auflage bzw. der Anordnung eines Sanierungskonzeptes, sondern eine demonstrative Aufzählung von möglichen "geeigneten Maßnahmen". Die Aufzählung sei nicht zwingend streng konsekutiv zu verstehen, da z.B. ein Beprobungsprogramm in der Abfallwirtschaft wesentlich eingriffsintensiver sein könne als eine zusätzliche Auflage; selbiges gelte im Verhältnis zwischen einem Sanierungskonzept und der Beseitigung von eingetretenen Folgen. Im erstinstanzlichen Bescheid sei keine zusätzliche Auflage vorgeschrieben worden, da dies auf Grund der wesensändernden Wirkung der Betriebsanlage nicht statthaft gewesen wäre. Die Vorschreibung eines Sanierungskonzeptes sei nicht tunlich gewesen, da ein solches bereits vorgeschrieben worden sei, welches den Erfolg in der Praxis jedoch nicht erreicht habe. Das tauglichste Mittel sei somit die vom Gesetzgeber ausdrücklich im selben Zusammenhang erwähnte teilweise Beschränkung des Anlagenbetriebes. Ginge man wie die belangte Behörde in strenger Analogie zur GewO 1994 nur von der Möglichkeit der Auflagenvorschreibung oder eines Sanierungskonzeptes aus, würde ein Teil dieser Bestimmung ins Leere laufen. Es sei dem Gesetzgeber nicht zusinnbar, dass er den Begriff "teilweise Einschränkung der Behandlungsanlage" in derselben Bestimmung synonym mit dem Begriff "Auflage" verwendet habe wissen wollen.

Dass dem nicht so sein könne, ergebe sich auch aus folgenden Überlegungen: im Verfahren betreffend die Umsetzung des Sanierungskonzeptes nach der GewO 1994 hätten (näher beschriebene) Nachbarn Parteistellung. Im AWG 2002 komme jedoch nur dem Anlageninhaber Parteistellung zu. Bei einem massiven Eingriff scheine eine Genehmigung ohne Beiziehung der Nachbarn nicht mehr vom Willen des Gesetzgebers gedeckt. Dies würde ein reguläres Verfahren nach den §§ 37 ff. AWG 2002 bedingen und die Nachbarn hätten Berufungsmöglichkeit. Neben der Tatsache, dass es sich hierbei um einen antragsbedürftigen Akt handle, hätte die Behörde in einem solchen Fall keine wirkungsvollen Mittel zur Hand, um den unbefriedigenden Zustand zu beheben. Es könne nicht gemeint sein, dass die Behörde einerseits die Nachbarn von Amts wegen zu schützen habe, diesbezüglich aber keine wirkungsvollen Durchgriffsmöglichkeiten zur Hand habe. Gehe man hingegen von einer Trennung zwischen der GewO 1994 und dem AWG 2002 aus, stellten sich diese Fragen nicht.

2. § 62 AWG 2002 lautet auszugsweise:

"Überwachung von Behandlungsanlagen

§ 62. (1) Die Behörde hat Behandlungsanlagen, die gemäß den §§ 37, 52 oder 54 genehmigungspflichtig sind, längstens alle fünf Jahre zu überprüfen.

(2) (…)

(…)

(3) Ergibt sich nach der Erteilung einer Genehmigung gemäß den §§ 37, 44, 52 oder 54, dass die gemäß § 43 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid enthaltenen Auflagen, Bedingungen oder Befristungen nicht hinreichend geschützt sind, so hat die Behörde die erforderlichen, nach dem nunmehrigen Stand der Technik geeigneten Maßnahmen vorzuschreiben. Geeignete Maßnahmen sind insbesondere Untersuchungen, Beprobungen, Messungen, nachträgliche Auflagen, Erstellung und Durchführung eines Sanierungskonzepts, Beseitigung von bereits eingetretenen Folgen von Auswirkungen der Behandlungsanlage, vorübergehende oder dauernde Einschränkungen der Behandlungsanlage oder die gänzliche oder teilweise Einstellung des Betriebs.

(4) (…)"

§ 79 GewO 1994 lautet auszugsweise:

"§ 79. (1) Ergibt sich nach Genehmigung der Anlage, daß die gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind, so hat die Behörde die nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzlichen Auflagen (§ 77 Abs. 1) vorzuschreiben; die Auflagen haben gegebenenfalls auch die zur Erreichung dieses Schutzes erforderliche Beseitigung eingetretener Folgen von Auswirkungen der Anlage zu umfassen; die Behörde hat festzulegen, daß bestimmte Auflagen erst nach Ablauf einer angemessenen, höchstens drei Jahre, in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen (zB bei Betriebsübernahmen) höchstens fünf Jahre, betragenden Frist eingehalten werden müssen, wenn der Inhaber der Betriebsanlage nachweist, daß ihm (zB wegen der mit der Übernahme des Betriebes verbundenen Kosten) die Einhaltung dieser Auflagen erst innerhalb dieser Frist wirtschaftlich zumutbar ist, und gegen die Fristeinräumung keine Bedenken vom Standpunkt des Schutzes der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen bestehen. Die Behörde hat solche Auflagen nicht vorzuschreiben, wenn sie unverhältnismäßig sind, vor allem wenn der mit der Erfüllung der Auflagen verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit den Auflagen angestrebten Erfolg steht. Dabei sind insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Anlage ausgehenden Emissionen und der von ihr verursachten Immissionen sowie die Nutzungsdauer und die technischen Besonderheiten der Anlage zu berücksichtigen.

(2) (…)

(3) Könnte der hinreichende Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen nach Abs. 1 oder 2 nur durch die Vorschreibung solcher anderer oder zusätzlicher Auflagen erreicht werden, durch die die genehmigte Betriebsanlage in ihrem Wesen verändert würde, so hat die Behörde dem Inhaber der Anlage mit Bescheid aufzutragen, zur Erreichung des hinreichenden Interessenschutzes und der Begrenzung der Emissionen von Luftschadstoffen nach dem Stand der Technik innerhalb einer dem hiefür erforderlichen Zeitaufwand angemessenen Frist ein Sanierungskonzept für die Anlage zur Genehmigung vorzulegen; für dieses Sanierungskonzept ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Abs. 1) maßgebend. Im Bescheid, mit dem die Sanierung genehmigt wird, hat die Behörde, erforderlichenfalls unter Vorschreibung bestimmter Auflagen, eine dem Zeitaufwand für die vorgesehenen Sanierungsmaßnahmen entsprechende Frist zur Durchführung der Sanierung festzulegen. § 81 Abs. 1 ist auf diese Sanierung nicht anzuwenden.

(4) (…)"

§ 21a Abs. 1 WRG 1959 lautet:

"§ 21a. (1) Ergibt sich nach Erteilung der Bewilligung insbesondere unter Beachtung der Ergebnisse der Bestandsaufnahme (§ 55d), dass öffentliche Interessen (§ 105) trotz Einhaltung der im Bewilligungsbescheid oder in sonstigen Bestimmungen enthaltenen Auflagen und Vorschriften nicht hinreichend geschützt sind, hat die Behörde vorbehaltlich § 52 Abs. 2 zweiter Satz die nach dem nunmehrigen Stand der Technik (§ 12a) zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzliche Auflagen vorzuschreiben, Anpassungsziele festzulegen und die Vorlage entsprechender Projektsunterlagen über die Anpassung aufzutragen, Art und Ausmaß der Wasserbenutzung vorübergehend oder auf Dauer einzuschränken oder die Wasserbenutzung vorübergehend oder auf Dauer zu untersagen.

(2) …"

3. Außer Streit steht im vorliegenden Fall, dass die gegenständliche Anlage als in das Abfallwirtschaftsrecht übergeleitete Anlage gemäß § 77 Abs. 2 AWG 2002 anzusehen ist.

Ebenso unstrittig ist, dass im gegenständlichen Fall Interessen im Sinne des § 43 leg. cit. nicht hinreichend geschützt sind; von der belangten Behörde werden die Gesundheitsgefährdung (Abs. 1 Z 1 leg. cit.) und die Lärmbelästigung von Nachbarn (Abs. 1 Z 3 leg. cit.) angeführt.

Auch die Zulässigkeit eines Vorgehens nach dem § 62 Abs. 3 AWG 2002 steht im gegenständlichen Fall außer Frage, zumal von der belangten Behörde nicht von einem konsenswidrigen Betrieb der Betriebsanlage ausgegangen wird; strittig ist somit nur, ob die vorgenommene Vorschreibung der Einschränkung des Baggerbetriebes auf 45 Minuten durch den Bescheid des LH vom auf Grundlage des § 62 Abs. 3 AWG 2002 zulässig oder ob der gegenteiligen Ansicht der belangten Behörde zu folgen war.

4. Die belangte Behörde grenzt im angefochtenen Bescheid die Vorschreibung einer Auflage zum einen vom Sanierungskonzept zum anderen ab und erklärt, die vorgenommene Einschränkung des Baggerbetriebes stelle eine wesensändernde Maßnahme dar, die - vor dem Hintergrund des Verständnisses des § 79 Abs. 1 und 3 GewO 1994 - nicht mit einer Auflage aufgetragen, sondern nur über einen Auftrag zur Vorlage eines Sanierungskonzeptes erreicht werden könne.

Nun trifft es zu, dass im AWG vielfach Regelungen den ihnen korrespondierenden Bestimmungen der GewO 1994 nachgebildet sind, weshalb in diesen Fällen auf die Rechtsprechung zur GewO zurückgegriffen werden kann (vgl. u.a. zu § 2 Abs. 3 AWG 2002 und § 2 Abs. 4 GewO 1994 das hg. Erkenntnis vom , 2004/07/0206, zu § 2 Abs. 6 Z 5 AWG 2002 und § 75 Abs. 2 GewO 1994 das hg. Erkenntnis vom , 2007/07/0045, zu § 62 Abs. 2a bis 2c AWG 2002 und § 360 GewO 1994 das hg. Erkenntnis vom , 2010/07/0021, und zu § 50 AWG 2002 und § 359b GewO 1994 die hg. Erkenntnisse vom , 2007/07/0134, und vom , 2008/07/0012); bei anderen Regelungen des AWG ist dies aber nicht der Fall und ein Rückgriff unzulässig (vgl. zu § 15 AWG 1990 und § 91 Abs. 2 GewO 1994 das hg. Erkenntnis vom , 96/07/0012, oder zu § 15 Abs. 5 AWG 1990 und § 39 Abs. 1 GewO 1994 das hg. Erkenntnis vom , 97/07/0172).

Entscheidend für die Heranziehung der Rechtsprechung der GewO zum Verständnis von Regelungen des AWG ist die Vergleichbarkeit der Regelungen. Findet sich im AWG aber ein anderes Regelungssystem als in der GewO, ist eine an der GewO orientierte Interpretation des AWG nicht möglich.

Dies trifft auf die hier zu vergleichenden Bestimmungen des § 62 Abs. 3 AWG 2002 zum einen und auf § 79 Abs. 1 und 3 GewO 1994 zum anderen zu. Beiden Bestimmungen ist zwar gemeinsam, dass sie - wie zB auch § 21a WRG 1959 - Regelungen für den Fall treffen, in dem trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Nebenbestimmungen öffentliche Interessen nicht hinreichend geschützt erscheinen. In diesem Fall ermöglicht der Gesetzgeber einen Eingriff in die Rechtskraft des Genehmigungsbescheides, allerdings in unterschiedlicher Form. Sieht die GewO 1994 in § 79 Abs. 1 die Möglichkeit der Vorschreibung von anderen oder zusätzlichen Auflagen und in Abs. 3 die Möglichkeit eines Auftrages zur Vorlage eines Sanierungskonzeptes vor, so beinhaltet § 62 Abs. 3 AWG 2002 eine weitaus größere Maßnahmenpalette. Diese Bestimmung kennt auch die Möglichkeit der Vorschreibung von Auflagen und der Erstellung und Durchführung eines Sanierungskonzeptes, zusätzlich können aber auf Grundlage des § 62 Abs. 3 AWG 2002 (neben Untersuchungen, Beprobungen und Messungen) die vorübergehende oder dauernde Einschränkung der Behandlungsanlage oder die gänzliche oder teilweise Einstellung des Betriebes vorgeschrieben werden. Diese Möglichkeiten kennt die GewO 1994 im Rahmen des § 79 GewO hingegen nicht.

Im Gegensatz zur GewO 1994 ist es auf Grundlage des AWG 2002 somit möglich, außerhalb der Vorschreibung von (nicht wesensändernden) Auflagen und der Vorlage eines Sanierungskonzeptes zB mit der vorübergehenden oder dauernden Einschränkung des Betriebes vorzugehen. Das System des AWG 2002 ähnelt in seinem Aufbau und den zur Verfügungen stehenden Möglichkeiten daher weitaus eher demjenigen des § 21a WRG 1959, der einen ähnlichen Katalog an möglichen Eingriffsmaßnahmen kennt. Eine Heranziehung des Systems des § 79 GewO 1994 scheidet daher bei der Anwendung und Auslegung des § 62 Abs. 3 AWG 2002 aus; § 62 Abs. 3 AWG 2002 kennt eigenständige weitere Maßnahmen, die vom Verständnis der GewO 1994 unabhängig sind.

Es ist dem Gesetzgeber, wie auch der Beschwerdeführer richtig ausführt, nicht zuzusinnen, dass er - in Erweiterung des Katalogs der Vorgängernorm des § 30f AWG 1990, der seinerseits nur die Vorschreibung von Auflagen oder Maßnahmen vorsah - die genannten Maßnahmen aufgezählt hat, diese aber nur im Rahmen einer nicht wesensverändernden Auflage oder eines Sanierungskonzeptes, die sich ja ebenso in der Aufzählung des § 62 Abs. 3 AWG 2002 finden, zulassen wollte. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass immer dann mit einer Einschränkung der Betriebsanlage oder Einstellung des Betriebes vorzugehen ist, wenn sich dieses Mittel als dem Stand der Technik entsprechendes, geeignetes und gelindestes zum Ziel führendes Mittel darstellt; auf die Frage der Veränderung des Wesens der Betriebsanlage durch diese Maßnahme kommt es dabei nicht an.

Der LH hat im Erstbescheid die Beschränkung der Betriebszeit des Baggers vorgeschrieben, wobei im hier zu prüfenden Zusammenhang dahingestellt bleiben kann, ob dies als eine dauernde Einschränkung der Betriebsanlage oder als eine teilweise Einstellung des Betriebes zu qualifizieren ist. Im Rahmen des § 62 Abs. 3 AWG 2002 war der LH berechtigt, eine solche Maßnahme aufzutragen, ohne sich die Frage der Veränderung des Wesens der Betriebsanlage durch die Vorschreibung dieser Maßnahme zu stellen.

Dadurch, dass die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage die Abgrenzungskriterien des § 79 Abs. 3 GewO 1994 auf § 62 Abs. 3 AWG 2002 übertrug, unterließ sie eine Prüfung der aufgetragenen Maßnahme dahingehend, ob diese nach dem nunmehrigen Stand der Technik geeignet sei, die Interessen des § 43 AWG 2002 zu schützen und darauf, ob es sich dabei um das gelindeste Mittel für die betreffende Betriebsanlage handelte (arg.: "die erforderlichen (…) Maßnahmen").

Dadurch belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

5. Für das fortgesetzte Verfahren wird hinsichtlich des Zweitmitbeteiligten auf das hg. Erkenntnis vom , 2011/07/0235, 0246, verwiesen, dem zu entnehmen ist, dass für den Anwendungsbereich des § 62 Abs. 3 AWG 2002 der Begriff "Inhaber einer Behandlungsanlage" bei verfassungskonformer Auslegung unter Beachtung des Sachlichkeitsgebotes dahin zu verstehen ist, dass als "Inhaber" derjenige zu behandeln ist, der die Möglichkeit zur Umsetzung der gemäß § 62 Abs. 3 leg. cit. vorgeschriebenen Maßnahmen hat, und zwar, weil er die Sachherrschaft über die Anlage ausübt, über die Aufnahme, den Ort und die Art der Lagerung von zu deponierenden Materialien, ohne etwa als Arbeitnehmer diesbezüglich weisungsgebunden zu sein, entscheidet und daher nur er faktisch dazu in der Lage ist, die Einhaltung der Auflagen und der gemäß § 62 Abs. 3 leg. cit. nachträglich vorgeschriebenen Maßnahmen zu gewährleisten bzw. die hiefür erforderlichen Vorkehrungen zu treffen. Diese Überlegungen werden bei der Prüfung der Passivlegitimation des Zweitbeschwerdeführers für Maßnahmen nach § 62 Abs. 3 AWG 2002 zu beachten sein.

6. Aus den oben dargestellten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Wien, am