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VwGH 26.07.2017, Ra 2016/13/0025

VwGH 26.07.2017, Ra 2016/13/0025

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
RS 1
Aufwendungen für die Wohnung sind als typische Haushaltsaufwendungen nicht abzugsfähig (vgl. z.B. Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 20 Tz 8). Mit § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 hat der Gesetzgeber - nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - zwar zum Ausdruck gebracht, dass auch rechtliche Gestaltungen, die darauf abzielen, derartige Aufwendungen in das äußere Erscheinungsbild von "Einkünften" zu kleiden, steuerlich unbeachtlich bleiben sollen. Dies gilt auch dann, wenn die Vereinbarungen einem Fremdvergleich standhalten. Entscheidend ist lediglich, dass der Steuerpflichtige einen Aufwand geltend machen möchte, der mit der Befriedigung seines Wohnbedürfnisses oder mit dem Wohnbedürfnis seiner Familienangehörigen in wirtschaftlichem Zusammenhang steht (vgl. etwa das Erkenntnis vom , 2003/13/0120, mwN).
Normen
RS 2
Aufwendungen verlieren den ihrer steuerlichen Berücksichtigung entgegenstehenden Charakter als Kosten der Lebensführung iSd § 20 EStG 1988 nicht deswegen, weil der Nutzung des Hauses (der Wohnung) zivilrechtlich ein Bestandrechtstitel zu Grunde gelegt wird (vgl. das Erkenntnis vom , 2001/15/0028, VwSlg 7977 F/2004). Diese Entscheidungen betrafen u.a. die Vermietung von im Eigentum eines Ehegatten stehenden Wohnungen an den anderen Ehegatten zur gemeinsamen Benützung als Ehewohnung (vgl. die Erkenntnisse vom , 91/15/0066. Im hier zu beurteilenden Fall erfolgte die Vermietung aber nicht unmittelbar an jene Person, die in dieser Wohnung sodann ihren Haushalt (§ 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988) führte. Die Vermietung erfolgte vielmehr an eine Kapitalgesellschaft, die diese Wohnung wiederum dem Geschäftsführer dieser Kapitalgesellschaft als Dienstwohnung zur Verfügung stellte. Diese Sachverhaltskonstellation ist mit den einer unmittelbaren Nutzungsüberlassung im Miteigentümer- oder Angehörigenverhältnis nicht vergleichbar. Derartige Konstellationen unterliegen damit auch nicht dem § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, sondern sind - auch nach der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs - allenfalls unter dem Gesichtspunkt eines Gestaltungsmissbrauchs (oder auch eines Scheingeschäfts) zu prüfen (vgl. die Erkenntnisse vom , 97/13/0175, und vom , 99/14/0013; zur Berücksichtigung von Missbrauch im Rahmen des Umsatzsteuerrechts vgl. etwa die Erkenntnisse vom , 2010/15/0010, VwSlg 8760 F/2012, und vom , 2009/15/0164, VwSlg 8803 F/2013).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, MMag. Maislinger und Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision des T in W, vertreten durch Dr. Georg Blumauer, LL.M., Rechtsanwalt in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 1A, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/7102457/2013, betreffend Umsatzsteuer 2010 und Jänner bis August 2011, zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Im Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom wurde festgehalten, der Revisionswerber sei Eigentümer von 1058/1907 Anteilen einer Liegenschaft in Wien. Das Haus sei 2010/2011 um ca. 3 Mio EUR umfangreich saniert worden. Ein Teil der Wohnungen werde frei vermietet, die Wohnung im Dachgeschoß sowie die Garage würden vom Revisionswerber selbst für Wohnzwecke genutzt. Der Revisionswerber habe die Dachgeschoßwohnung an die X GmbH seit vermietet; als Mietzweck werde im Mietvertrag angeführt, das Mietobjekt werde für Wohnzwecke eines Angestellten angemietet. Der Revisionswerber sei Geschäftsführer der X GmbH; im Anstellungsvertrag sei auch die Benutzung der Dienstwohnung geregelt. Die Wohnung sei bereits vor der Sanierung vom Revisionswerber benutzt worden; es könne davon ausgegangen werden, dass die Umbauarbeiten auf die Wohnbedürfnisse des Abgabepflichtigen abgestimmt worden seien. Bei den geltend gemachten Vorsteuerbeträgen aus der Wohnungssanierung handle es sich um Kosten privater Lebensführung.

2 Mit Bescheiden des Finanzamtes vom wurde die Umsatzsteuer für den Zeitraum 11-12/2010 sowie für 1-8/2011 festgesetzt. Begründend wurde auf die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung verwiesen.

3 Der Revisionswerber erhob gegen diese Bescheide Berufung. Er machte geltend, bis vor Beginn der Umbauarbeiten seien die Regelgeschoße - soweit sie im Eigentum des Revisionswerbers gestanden seien - an Dritte vermietet worden. Das Dachgeschoß sei vom Revisionswerber privat genutzt worden und sei in den Gewinnermittlungen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht enthalten gewesen. In den Jahren 2009 bis 2011 sei die Liegenschaft generalsaniert worden; die freien Wohnungen sowie die Wohnung des Revisionswerbers seien umgebaut worden. Des Weiteren sei eine angrenzende Liegenschaft, die sich zur Gänze im Eigentum des Revisionswerbers befinde, generalsaniert worden. Die gesamten Sanierungsmaßnahmen seien gemeinsam vergeben worden, da dadurch Preisvorteile hätten erzielt werden können. Um Abgrenzungsschwierigkeiten in der Einkünfteermittlung der Vermietungen zu vermeiden (insbesondere bei der Zuordnung der Baukosten), habe der Revisionswerber beschlossen, seine Wohnung an seinen Dienstgeber zu vermieten, der ihm diese als Sachbezug zur Verfügung stelle. Die Vermietung erfolge - wie auch vom Finanzamt angemerkt - zu einem fremdüblichen Entgelt. Der Mietzins werde vom Dienstgeber an den Revisionswerber bezahlt; dieser werde als Sachbezug beim Dienstverhältnis ohne Kürzung in Anrechnung gebracht. Auch die Gesamtentlohnung sei fremdüblich. Die Vermietung der Wohnung an den Dienstgeber stelle eine wirtschaftliche Betätigung dar.

4 Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer für das Jahr 2010 fest.

5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die (nunmehrigen) Beschwerden als unbegründet ab. Es sprach - ohne konkrete Begründung hiezu - aus, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof sei nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

6 Begründend führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, die Wohnung im Dachgeschoß werde unbestritten vom Revisionswerber zur Befriedigung seines privaten Wohnbedürfnisses genutzt. Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 seien die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge nicht abzugsfähig. Bei den Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Sanierung, der Erhaltung und der Nutzung dieser Wohnung stünden, handle es sich zweifelsohne um solche, die unmittelbar die private Lebensführung des Revisionswerbers beträfen. Diese Leistungen beträfen von vornherein nicht die Unternehmenssphäre. Der Vorsteuerabzug sei daher nicht möglich.

7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Revision. Das Finanzamt hat unter Hinweis auf die von ihm geteilten Ausführungen des Bundesfinanzgerichts erklärt, auf eine Revisionsbeantwortung zu verzichten.

8 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

9 Die Revision ist zulässig und begründet.

10 Gemäß § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 gelten Lieferungen, sonstige Leistungen oder Einfuhren nicht als für das Unternehmen ausgeführt, deren Entgelte überwiegend keine abzugsfähigen Ausgaben (Aufwendungen) im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 1 bis 5 EStG 1988 oder der §§ 8 Abs. 2 und 12 Abs. 1 Z 1 bis 5 KStG 1988 sind.

11 Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge nicht abgezogen werden.

12 Aufwendungen für die Wohnung sind als typische Haushaltsaufwendungen nicht abzugsfähig (vgl. z.B. Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 20 Tz 8).

13 Mit der Bestimmung des § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 hat der Gesetzgeber - nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - zwar zum Ausdruck gebracht, dass auch rechtliche Gestaltungen, die darauf abzielen, derartige Aufwendungen in das äußere Erscheinungsbild von "Einkünften" zu kleiden, steuerlich unbeachtlich bleiben sollen. Dies gilt auch dann, wenn die Vereinbarungen einem Fremdvergleich standhalten. Entscheidend ist lediglich, dass der Steuerpflichtige einen Aufwand geltend machen möchte, der mit der Befriedigung seines Wohnbedürfnisses oder mit dem Wohnbedürfnis seiner Familienangehörigen in wirtschaftlichem Zusammenhang steht (vgl. etwa das Erkenntnis vom , 2003/13/0120, mwN). Aufwendungen verlieren den ihrer steuerlichen Berücksichtigung entgegenstehenden Charakter als Kosten der Lebensführung iSd § 20 EStG 1988 nicht deswegen, weil der Nutzung des Hauses (der Wohnung) zivilrechtlich ein Bestandrechtstitel zu Grunde gelegt wird (vgl. das Erkenntnis vom , 2001/15/0028, VwSlg. 7977/F).

14 Diese Entscheidungen betrafen die Vermietung von im Eigentum eines Ehegatten stehenden Wohnungen an den anderen Ehegatten zur gemeinsamen Benützung als Ehewohnung (vgl. die Erkenntnisse vom , 91/15/0066, vom , 94/13/0106, und vom , 93/13/0299, VwSlg. 7337/F), die Vermietung von im Miteigentum von Ehegatten stehenden Wohnungen an einen der beiden Miteigentümer (Ehegatten) zur gemeinsamen Benützung als Ehewohnung (vgl. die Erkenntnisse vom , 93/13/0129, und vom , 2003/13/0120), die Vermietung an Unterhaltsberechtigte (vgl. das Erkenntnis vom , 98/15/0057, VwSlg. 7665/F), oder die Vermietung von Miteigentümern an einen der Miteigentümer zur Nutzung als Wohnung (vgl. die Erkenntnisse vom , 2001/15/0028, VwSlg. 7977/F, vom , 2006/15/0170, VwSlg. 8553/F, und vom , 2005/13/0057, VwSlg. 8560/F).

15 Im hier zu beurteilenden Fall erfolgte aber die Vermietung nicht unmittelbar an jene Person, die in dieser Wohnung sodann ihren Haushalt (§ 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988) führte. Die Vermietung erfolgte vielmehr an eine Kapitalgesellschaft, die diese Wohnung wiederum dem Geschäftsführer dieser Kapitalgesellschaft als Dienstwohnung zur Verfügung stellte.

16 Diese Sachverhaltskonstellation ist mit den oben geschilderten einer unmittelbaren Nutzungsüberlassung im Miteigentümer- oder Angehörigenverhältnis nicht vergleichbar. Derartige Konstellationen unterliegen damit auch nicht dem § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, sondern sind - auch nach der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs - allenfalls unter dem Gesichtspunkt eines Gestaltungsmissbrauchs (oder auch eines Scheingeschäfts) zu prüfen (vgl. die Erkenntnisse vom , 97/13/0175, und vom , 99/14/0013; zur Berücksichtigung von Missbrauch im Rahmen des Umsatzsteuerrechts vgl. etwa die Erkenntnisse vom , 2010/15/0010, VwSlg. 8760/F, und vom , 2009/15/0164, VwSlg. 8803/F).

17 Da das Bundesfinanzgericht von einer abweichenden Rechtsansicht ausging, war das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

18 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2017:RA2016130025.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
YAAAE-70393

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