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VwGH vom 24.04.2012, 2009/22/0193

VwGH vom 24.04.2012, 2009/22/0193

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober und den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde der M, vertreten durch Dr. Franz-Christian Sladek, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Neustiftgasse 3, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom , Zl. 152.607/2-III/4/08, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den am bei der Österreichischen Botschaft New Delhi eingebrachten Antrag der Beschwerdeführerin, einer Staatsangehörigen von Bangladesch, gemäß § 2 Abs. 1 Z 9 iVm § 47 Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.

In der Begründung verwies die belangte Behörde darauf, dass die Beschwerdeführerin einen Aufenthaltstitel mit dem Zweck "Familienangehöriger" beantragt habe. Allerdings sei ihr Ehemann am verstorben und es habe deswegen die erstinstanzliche Behörde den Antrag abgewiesen. Mit Aufforderung vom sei der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht worden, dass ihr seinerzeit beantragter Aufenthaltszweck nunmehr verfehlt sei und es sei ihr Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. In ihrer Stellungnahme habe die Beschwerdeführerin angegeben, dass ihre beiden Söhne in Österreich lebten und zur unbefristeten Niederlassung berechtigt wären. Ihre beiden Brüder sowie ihr Schwager wären ebenfalls österreichische Staatsangehörige. Sie würde die Ausstellung einer Niederlassungsbewilligung als Angehörige eines Österreichers beantragen.

Die Beschwerdeführerin - so die weitere Bescheidbegründung - habe allerdings keine geeigneten Dokumente vorgelegt und auch nicht angegeben, von welcher Person sie den Aufenthaltstitel ableiten möchte. Es sei nicht ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin, wie in § 47 Abs. 3 Z 3 NAG gefordert, bereits im Herkunftsstaat vom Zusammenführenden Unterhalt bezogen habe (lit. a) oder dass mit dem Zusammenführenden bereits im Herkunftsstaat eine häusliche Gemeinschaft bestanden habe und Unterhalt bezogen worden sei (lit. b). Sie habe in der Berufung lediglich zwei Bestätigungen über eine Auslandsüberweisung durch die beiden Söhne vorgelegt. Weiters hätte der Zusammenführende jedenfalls auch eine Haftungserklärung abzugeben. Die beiden Söhne hätten jedoch jeweils bloß eine Verpflichtungserklärung vorgelegt. Da die Beschwerdeführerin trotz Aufforderung keine Angaben gemacht habe, von welcher Person ihr Aufenthaltstitel abgeleitet werden solle, könne ihrem Antrag nicht entsprochen werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß dem Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides im Februar 2009 ist im Beschwerdefall die Rechtslage des NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008 maßgeblich.

Zunächst ist der belangten Behörde Recht zu geben, dass nach dem Tod des österreichischen Ehemannes der Beschwerdeführerin ein Aufenthaltstitel als Familienangehörige nach § 47 Abs. 1 und Abs. 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 9 NAG nicht erteilt werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2007/18/0209).

Die belangte Behörde kam ihrer Anleitungspflicht lediglich in der Weise nach, dass sie mit Schreiben vom Gelegenheit einräumte, "zum angeführten Sachverhalt binnen einer Frist von zwei Wochen Stellung zu nehmen", nachdem sie unter Hinweis auf den Tod des Ehemannes der Beschwerdeführerin bekannt gab, dass "der seinerzeit beantragte Zweck Ihres Aufenthaltes nunmehr verfehlt ist" und der Beschwerdeführerin "der begehrte Aufenthaltstitel" nicht mehr ausgestellt werden könne.

In der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid hatte die Beschwerdeführerin vorgebracht, ihre beiden Söhne seien in Österreich dauerhaft und unbeschränkt zur Niederlassung berechtigt. Solange ihr Ehemann noch am Leben gewesen sei, habe vorwiegend er die Beschwerdeführerin mit Unterhaltsmitteln versorgt und so ihre Existenz gesichert. "Seit er verstorben ist, haben das meine beiden Söhne und meine beiden Brüder übernommen. Abgesehen von meinen beiden Söhnen leben nämlich auch meine beiden Brüder M M und A S sowie mein Schwager A K U hier in Österreich, sie sind alle österreichische Staatsbürger." Ihre in Österreich lebenden Verwandten kämen für die Betriebskosten auf und die Beschwerdeführerin sei nicht in der Lage, ihre Existenz selbständig zu sichern.

In der Beschwerde wird richtiggestellt, dass nicht ihre Söhne österreichische Staatsbürger seien, wohl aber ihre Brüder und ihr Schwager.

In der Stellungnahme vom brachte die Beschwerdeführerin vor, dass sie die Ausstellung einer Niederlassungsbewilligung als Angehörige eines Österreichers beantrage. Sollte die Behörde weitere Dokumente benötigen, ersuche die Beschwerdeführerin um eine dementsprechende Aufforderung.

Durch diese Stellungnahme ist klargestellt, dass die Beschwerdeführerin weiterhin ein von einem österreichischen Staatsbürger abgeleitetes Aufenthaltsrecht nach § 47 NAG begehrt. Da ihre (lebenden) Angehörigen keine Familienangehörigen im Sinn der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 Z 9 NAG sind, kommt nur eine Niederlassungsbewilligung nach § 47 Abs. 3 Z 3 NAG in Frage. Als Zusammenführender kommt fallbezogen ein "sonstiger Angehöriger" der Beschwerdeführerin in Betracht, von dem sie bereits im Herkunftsstaat Unterhalt bezogen hat (§ 47 Abs. 3 Z 3 lit. a leg. cit.). In diesem Sinn hat die Beschwerdeführerin in der Berufung eindeutig vorgebracht, dass auch ihre Brüder nach dem Tod des Ehemannes die Existenzsicherung übernommen hätten. Die Beschwerdeführerin lebe in Bangladesch und ihre Verwandten würden auch in Österreich für den Unterhalt aufkommen.

Aus diesem Vorbringen ist zweifelsfrei erkennbar, dass die Beschwerdeführerin als sonstige Angehörige eines österreichischen Staatsbürgers eine Niederlassungsbewilligung nach § 47 Abs. 3 NAG anstrebte.

Das hat zur Folge, dass die belangte Behörde ihrer Anleitungspflicht nur unzureichend nachgekommen ist. Sie hätte die Beschwerdeführerin zur Bekanntgabe auffordern müssen, welchem die österreichische Staatsbürgerschaft besitzenden Angehörigen die Funktion als Zusammenführenden zukommen soll und sie hätte weiters die Beschwerdeführerin zur Vorlage einer Haftungserklärung - die gemäß § 7 Abs. 1 Z 7 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung dem Antrag anzuschließen ist - auffordern müssen. Dem gegenüber hat sie - wie zitiert - bloß darauf verwiesen, dass der seinerzeit beantragte Zweck des Aufenthaltes nunmehr verfehlt sei und zum angeführten Sachverhalt Stellung genommen werden könne.

Dadurch hat sie den angefochtenen Bescheid mit einem relevanten Verfahrensmangel belastet, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung beruht - im angesprochenen Ausmaß - auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
NAAAE-70388