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VwGH vom 25.01.2008, 2004/17/0110

VwGH vom 25.01.2008, 2004/17/0110

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde der A GesmbH in Wien, vertreten durch Mag. Lothar Schulmeister, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Geologengasse 4/7, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom , Zl. ABK - 389/03, betreffend Rückzahlung einer Gebrauchsabgabe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat der Stadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom wurde der beschwerdeführenden Partei die Bewilligung zur Errichtung eines multifunktionalen Zentrums mit 24 Kinosälen für rund 4.500 Personen, Unterhaltungsbetrieben, Gastronomielokalen und einem Fitnesscenter erteilt. Unter einem wurde der beschwerdeführenden Partei gemäß § 1 Abs. 1 Gebrauchsabgabegesetz 1966, LGBl. Nr. 20/1966 (in der Folge: Wr GebrauchsAbgG), die Gebrauchserlaubnis betreffend gewisser näher umschriebener Bauteile des neu zu errichtenden Gebäudes (Streckmetallfassade, Erker, Lichtreklame, Lichtgraben einschließlich Mauerwerk) erteilt und ihr hiefür eine einmalige Gebrauchsabgabe in der Höhe von S 99.064,-- sowie eine jährliche Gebrauchsabgabe in der Höhe von S 191.273,-- vorgeschrieben. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft und die Abgaben wurden von der beschwerdeführenden Partei entrichtet.

Mit Antrag vom begehrte die beschwerdeführende Partei (ohne sich auf eine bestimmte Rechtsgrundlage zu stützen) die "Refundierung" der für den Zeitraum zwischen "1998 und Oktober 2001" bezahlten Beträge, da das Gebäude erst am fertiggestellt worden sei und auch die Reklamen selbst erst im Laufe des Monats Oktober 2001 montiert worden seien.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde unter Spruchpunkt 1.) die Berufung gegen die Abweisung des Antrags gemäß § 15 Wr GebrauchsAbgG und unter Spruchpunkt 2.) die Berufung gegen die erstinstanzliche Erledigung des Antrags, soweit er als Nachsichtsantrag zu verstehen gewesen sei, gemäß § 182 WAO abgewiesen.

Dazu führte die belangte Behörde im Wesentlichen begründend aus, dass nach dem Wr GebrauchsAbgG die Gebrauchsabgabepflicht an die erteilte Gebrauchserlaubnis anknüpfe. Der Träger einer rechtswirksam erteilten Gebrauchserlaubnis sei bis zum Erlöschen der Gebrauchserlaubnis gemäß § 9 Abs. 1 Wr GebrauchsAbgG abgabepflichtig. Die Abgabenbehörden seien somit an rechtskräftig erteilte Gebrauchserlaubnisse gebunden und hätten keine Befugnis, die Erteilung derselben zu überprüfen. Wenn die beschwerdeführende Partei daher der Ansicht sei, dass die Gebrauchserlaubnis rechtswidrig erteilt worden sei, hätte sie rechtzeitig eine Berufung gegen die Erteilung der Gebrauchserlaubnis einbringen müssen. Die Einbringung eines solchen Rechtsmittels sei von der beschwerdeführenden Partei nicht behauptet worden. Der belangten Behörde sei es daher verwehrt, auf die Einwände der beschwerdeführenden Partei, die sich gegen die Erteilung der Gebrauchserlaubnis richten würden, einzugehen.

Bei der Frage des Entstehens und der Fälligkeit der Gebrauchsabgabe komme es nicht darauf an, ob von der Gebrauchserlaubnis tatsächlich Gebrauch gemacht worden sei. Entgegen der Ansicht der beschwerdeführenden Partei sei die Gegenleistung für die Gebrauchsabgabe nicht der tatsächliche Gebrauch von öffentlichem Gemeindegrund im Sinne von § 1 Abs. 1 Wr GebrauchsAbgG, sondern die erteilte Gebrauchserlaubnis. Eine solche liege jedoch unbestritten vor.

Gemäß § 4 Abs. 4 Wr GebrauchsAbgG könne jederzeit auf die erteilte Gebrauchserlaubnis verzichtet werden. Die beschwerdeführende Partei hätte in dem Zeitpunkt, in dem sie im Zuge der Bauarbeiten für das Hauptgebäude gemerkt habe, dass diese längere Zeit nicht in Anspruch genommen werden könne, auf die erteilte Gebrauchserlaubnis verzichten können. Eine solche Verzichtserklärung sei bei der belangten Behörde jedoch nicht eingelangt.

Da die Gebrauchserlaubnis somit im Zeitpunkt der Fälligkeit der im Spruch bezeichneten Jahresabgaben wirksam gewesen sei, seien diese Abgaben von der beschwerdeführenden Partei als Trägerin der Gebrauchserlaubnis gemäß § 9 Abs. 1 Wr GebrauchsAbgG zu entrichten gewesen. Für die Rückerstattung dieser auf Grund einer aufrechten Gebrauchserlaubnis geleisteten Abgabenerträge biete das Wr GebrauchsAbgG hingegen keine Rechtsgrundlage.

Unter Anführung einer eingehenden Begründung hielt die belangte Behörde weiters fest, dass eine Unbilligkeit der Abgabeneinhebung im Beschwerdefall weder in sachlicher noch in persönlicher Hinsicht gegeben sei.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der ihre Behandlung mit Beschluss vom , B 535/04-4, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG ablehnte und sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abtrat. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Verbindung der Erteilung der Baubewilligung mit der Gebrauchsbewilligung und in weiterer Folge die Anknüpfung des Wiener Landesgesetzgebers an den Zeitpunkt der Erteilung der Gebrauchsbewilligung als Beginn der Abgabepflicht äußerte der Verfassungsgerichtshof nicht.

In der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren über Aufforderung ergänzten Beschwerde, werden inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Vorschriften des Gesetzes über die Erteilung von Erlaubnissen zum Gebrauch von öffentlichem Gemeindegrund und die Einhebung einer Abgabe hiefür (Gebrauchsabgabegesetz 1966 - in der Folge Wr GebrauchsAbgG), LGBl. Nr. 20/1966 (§§ 1 und 9 in der Fassung LGBl. Nr. 13/1982, § 2 in der Fassung LGBl. Nr. 12/1998), lauteten:

"§ 1

Gebrauchserlaubnis

(1) Für den Gebrauch von öffentlichem Gemeindegrund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, samt den dazugehörigen Anlagen und Grünstreifen einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes ist vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken, wenn der Gebrauch über die widmungsmäßigen Zwecke dieser Fläche hinausgehen soll.

...

§ 2

Erteilung der Gebrauchserlaubnis

(1) Die Erteilung einer Gebrauchserlaubnis ist nur auf Antrag zulässig. Wenn für die Durchführung eines Vorhabens eine Gebrauchserlaubnis erforderlich ist, gilt als Antrag auf Erteilung der Gebrauchserlaubnis

1. das Ansuchen um Erteilung der baupolizeilichen oder straßenpolizeilichen Bewilligung,

2. die Einreichung nach § 70a der Bauordnung für Wien.

Ein Antrag auf Erteilung einer Gebrauchserlaubnis nach Tarifpost A 6 ist mindestens vier Wochen vor der beabsichtigten Gebrauchnahme einzubringen.

...

§ 9

Abgabepflicht, Anzeigepflicht und Haftung

(1) Der Träger einer Gebrauchserlaubnis für Gemeindegrund gemäß § 1, der Träger einer Erlaubnis zum Gebrauch von Bundesstraßengrund und derjenige, der Bundesstraßengrund auf eine im angeschlossenen Tarif angegebene Art gebraucht, für die nach der Straßenverkehrsordnung ausdrücklich keine Bewilligung erforderlich ist, haben eine Gebrauchsabgabe zu entrichten.

...

§ 15

Erstattung und Anrechnung

(1) Erlischt eine Gebrauchserlaubnis durch Widerruf des Magistrates wegen Bekanntwerden eines nachträglich entstandenen Versagungsgrundes nach § 2 Abs. 2 vor Ablauf des Abgabenjahres, so hat der Magistrat auf Antrag denjenigen Teil der für dieses Abgabenjahr entrichteten Jahresabgabe zu erstatten, welcher der auf Monate abgerundeten Zeitdauer entspricht, für die die Gebrauchserlaubnis infolge des Widerrufes erloschen ist. Ein solcher Antrag ist spätestens innerhalb eines Monats nach Rechtskraft des Widerrufsbescheides zu stellen. Das gleiche gilt sinngemäß bei einmaligen Abgaben für Erlaubnisse zum kürzeren, nur vorübergehenden Gebrauch.

(2) Erlischt eine Gebrauchserlaubnis nach § 4 Abs. 3 oder 4 und wird für die gleiche Gebrauchsart eine Gebrauchserlaubnis im gleichen Umfang einem anderen Erlaubnisträger erteilt, so kann auf Antrag dem neuen Erlaubnisträger auf die von ihm zu entrichtende Abgabe die von seinem Vorgänger bereits geleistete Abgabe voll oder teilweise angerechnet werden, wenn die Entrichtung des vollen Abgabenbetrages nach der Lage des Falles eine Härte bedeuten würde. Der Antrag ist innerhalb eines Monates nach Erteilung der neuen Gebrauchserlaubnis zu stellen.

(3) Die Abs. 1 und 2 gelten sinngemäß auch für den Träger einer Erlaubnis zum Gebrauch von Bundesstraßengrund."

Die Ausführungen der beschwerdeführenden Partei gehen zusammengefasst dahin, dass die Gebrauchserlaubnis vom rechtswidriger Weise erteilt worden sei und dass daher auch die gegenständlichen Abgaben im Zeitraum "1998 bis Oktober 2001" ohne Rechtsgrundlage entrichtet worden und daher zurückzuzahlen seien. Die Gebrauchserlaubnis hätte (erst mit Fertigstellung des Gebäudes) "befristet" erteilt werden müssen, da auch der Behörde bekannt gewesen sei, dass die in Rede stehenden Leuchtreklamen bzw. der Lichtgraben vor der Errichtung des Gebäudes nicht gebraucht werden hätten können. Die Abgabeverpflichtung knüpfe nicht an das Bestehen eines Bescheides an, sondern daran, dass die beschwerdeführende Partei während des maßgeblichen Zeitraums tatsächlich Trägerin einer Gebrauchserlaubnis gewesen sei. Dies sei nicht der Fall gewesen, da die Natur eines Rechts die Möglichkeit seiner Ausübung umfasse. Die beschwerdeführende Partei stützt sich dabei ausdrücklich nur auf die Bestimmungen des Wr GebrauchsAbgG.

Die von der beschwerdeführenden Partei angeführten Argumente gehen ins Leere. Sie übersieht, dass das Wr GebrauchsAbgG über die Fälle des oben wieder gegebenen § 15 Wr GebrauchsAbgG hinaus keine Vorschriften über eine Rückzahlung von Gebrauchsabgaben (etwa für den Zeitraum vor der Errichtung einer Anlage, für deren Gebrauch die Gebrauchserlaubnis erteilt wurde), enthält (auf Vorschriften der Wiener Landesabgabenordnung (WAO) beruft sich die Beschwerde nur im Zusammenhang mit einer Nachsicht gemäß § 182 Abs. 1 und 2 WAO).

Die Abgabepflicht gemäß § 9 Abs. 1 Wr GebrauchsAbgG knüpft entgegen den Beschwerdeausführungen an das Bestehen einer bescheidmäßig erteilten Gebrauchserlaubnis an (und nicht an eine "tatsächliche Ausnützung" der erteilten Bewilligung; vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/17/0482). Zutreffend hat die belangte Behörde festgestellt, dass die Abgabenpflicht nach dem Wr GebrauchsAbgG und die Höhe der Abgabe unabhängig davon bestehen, ob die Abgabepflichtigen von der ihnen erteilten Gebrauchserlaubnis Gebrauch gemacht haben oder nicht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 91/17/0192, und vom , Zl. 94/17/0482). Wäre die beschwerdeführende Partei der Meinung gewesen, dass der Bescheid über die Gebrauchserlaubnis über ihren Antrag hinaus gegangen sei, hätte sie den Bewilligungsbescheid bekämpfen müssen (vgl. auch in diesem Zusammenhang das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/17/0482). Im Beschwerdefall lagen zudem nicht nur der rechtskräftige Bescheid über die Erteilung der Gebrauchserlaubnis, sondern auch ein rechtskräftiger Bescheid über die Abgabenvorschreibung vor. Die beschwerdeführende Partei ließ somit nicht nur die Gebrauchserlaubnis unbekämpft (sodass die Abgabenvorschreibung nach dem Vorgesagten ohnedies rechtens erfolgen konnte), sondern hätte zudem ihre Rechtsauffassung, dass in ihrem Fall die Abgabenvorschreibung unzulässig sei, jedenfalls im Verfahren zur Vorschreibung der Abgabe vertreten können und die Abgabenvorschreibung bekämpfen können. Es ist - abgesehen davon, dass sich die beschwerdeführende Partei nicht darauf berufen hat - nicht möglich, in einem Rückzahlungsverfahren nach § 185 WAO die Rechtmäßigkeit der rechtskräftigen Abgabenvorschreibung zu hinterfragen (vgl. zuletzt das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/17/0203, mit weiteren Nachweisen).

Hinsichtlich der in der Beschwerde weiters geltend gemachten sachlichen Unbilligkeit der Abgabenerhebung, die zu einer Nachsichtgewährung führen hätte müssen, ist ebenfalls auf die zutreffenden Ausführungen der belangten Behörde zu verweisen. Eine "sachliche" Unbilligkeit ist anzunehmen, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes aus anderen als aus "persönlichen" Gründen ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt, sodass es zu einer anormalen Belastungswirkung und, verglichen mit ähnlichen Fällen, zu einem atypischen Vermögenseingriff kommt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/15/0259). Es ist weder eine anormale Belastungswirkung, verglichen mit ähnlichen Fällen, noch ein vom Gesetzgeber nicht beabsichtigtes Ergebnis erkennbar. Die in der Beschwerde als unbillig angesehenen Auswirkungen sind regelmäßig mit der Erteilung von Gebrauchserlaubnissen für erst zu errichtende Anlagen verbunden. Die in diesem Zusammenhang in der Beschwerde geltend gemachte außergewöhnliche Situation beim vorliegenden Bauvorhaben ist nicht ersichtlich. Allfällige verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Regelung sind beim Verfassungsgerichtshof nicht entstanden. Eine sachliche Unbilligkeit im Sinne von § 182 WAO, die nur im Falle von atypischen, vom Gesetzgeber nicht beabsichtigten Auswirkungen vorläge, ist im Beschwerdefall nicht gegeben.

Der maßgebliche Sachverhalt wurde nach dem Vorgesagten von der belangten Behörde ausreichend ermittelt. Die von der beschwerdeführenden Partei geltend gemachten Verfahrensmängel liegen nicht vor.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am