VwGH vom 31.05.2017, Ra 2016/13/0013
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, MMag. Maislinger und Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision des Finanzamtes Gänserndorf Mistelbach in 2230 Gänserndorf, Rathausplatz 9, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , Zl. RV/7105096/2014, betreffend Einkommensteuer 2013 (mitbeteiligte Partei: A in S), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
1 Die Mitbeteiligte erhielt im Streitjahr 2013 von der Pensionsversicherungsanstalt eine Rückzahlung in den Jahren 1997 bis 2003 geleisteter und jeweils als Sonderausgaben abgesetzter Beiträge für den Nachkauf von Schulzeiten. Ein kleiner Teil davon wurde gemäß § 70b Abs. 3 ASVG aufgewertet. Streitpunkt des Revisionsverfahrens ist die Frage, ob § 25 Abs. 1 Z 3 lit. e EStG 1988 auch die Aufwertungsbeträge erfasst.
2 In ihrer Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2013, mit dem die Rückzahlungen unter Einschluss der Aufwertungsbeträge gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 lit. e EStG 1988 als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit besteuert wurden, machte die Mitbeteiligte geltend, ihre dadurch eintretende steuerliche Belastung sei höher als die seinerzeitige Entlastung durch die Geltendmachung der Sonderausgaben. Sie verwies dazu auf ihren nun deutlich höheren Einkommensteuersatz.
3 Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab, wozu in einem Aktenvermerk auf das Protokoll eines "Meetings" verwiesen wurde, in dem vorgeschlagen worden war, für die Aufwertungsbeträge "die zu Verzugszinsen aufgestellten Grundsätze analog heranzuziehen". In der Begründung der Beschwerdevorentscheidung wurde nur dargelegt, Aufwertungsbeträge, die im Zusammenhang mit Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit ausbezahlt würden, zählten "ebenso zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit".
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde insoweit statt, als es die Rückzahlungen nur in der Höhe berücksichtigte, in der Sonderausgaben geltend gemacht worden waren. Es verneinte die Vergleichbarkeit der Aufwertungsbeträge mit Verzugszinsen und stellte fest, als Einkünfte aus Kapitalvermögen seien sie auf Grund ihrer geringen Höhe mit Rücksicht auf den Veranlagungsfreibetrag gemäß § 41 Abs. 3 EStG 1988 nicht zu besteuern.
5 Eine Revision erklärte das Bundesfinanzgericht wegen der eindeutigen gesetzlichen Regelung für nicht zulässig.
6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision des Finanzamtes, die zur Zulässigkeit auf das Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Behandlung der Aufwertungsbeträge verweist.
7 In den Revisionsgründen wird dazu folgender Standpunkt vertreten:
"Im vorliegenden Fall steht außer Streit, dass die seinerzeit bezahlten Beiträge im vollen Ausmaß das steuerpflichtige Einkommen vermindert haben. Es erscheint dem beschwerdeführenden (gemeint: revisionswerbenden) Finanzamt auch naheliegend, dass der Gesetzgeber mit der Bedingung - ‚Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit liegen nur insoweit vor, als die Beiträge als Sonderausgaben gemäß § 18 das Einkommen vermindert haben' - eine verfassungskonforme Regelung schaffen wollte, dass steuerlich nicht abgesetzte Beträge bei späterer Rückzahlung auch nicht steuerpflichtig sein sollten. Eine Auslegung dieser Bestimmung dahingehend, dass erst in Zukunft anfallende und zu erstattende Aufwertungsbeträge bewirkten, von einer nicht vollen Absetzung der seinerzeit bezahlten Beträge zu sprechen, wird als denkunmöglich eingestuft."
8 Von Verzugszinsen und einer analogen Heranziehung der dazu "aufgestellten Grundsätze" (gemeint: Rz 669b der Lohnsteuerrichtlinien 2002) ist in den Revisionsgründen nicht die Rede. Zu den Ausführungen des Bundesfinanzgerichtes über Kapitaleinkünfte wird ausgeführt:
"Selbst wenn der Aufwertungsbetrag als eine Art ‚Verzinsung' angesehen wird, steht er nach Ansicht des beschwerdeführenden (gemeint: revisionswerbenden) Finanzamtes jedenfalls in einem derart engen Zusammenhang mit den seinerzeit einbezahlten Beiträgen, dass er steuerlich deren Schicksal teilt und insgesamt von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 lit. e EStG 1988 auszugehen ist."
9 Schließlich wird auch noch dargelegt, "bei einem Pensionsbezug" lägen ohne Rücksicht darauf, inwieweit er auf eigener Beitragsleistung, auf Aufwertungsbeträgen oder auf staatlichen Zuschüssen beruhe, insgesamt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit vor. Mit der Rückzahlung der aufgewerteten Beiträge seien gemäß § 70b Abs. 3 ASVG "alle Ansprüche und Berechtigungen, die auf der Beitragsentrichtung beruhen", erloschen. Demnach könne der Aufwertungsbetrag "durchaus als ‚Vorwegbezug' dafür gesehen werden, dass es zukünftig keine entsprechende Pensionsleistung geben wird und der Aufwertungsbetrag deshalb den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zuzuordnen ist".
10 Die Mitbeteiligte hat (unvertreten) eine Revisionsbeantwortung erstattet.
11 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
12 Die Revision erscheint aus dem in ihr angeführten Grund als zulässig, sie ist aber nicht begründet.
13 Die auszulegende Bestimmung des § 25 Abs. 1 Z 3 lit. e EStG 1988 wurde vom Gesetzgeber mit dem Budgetbegleitgesetz 2009, BGBl. I Nr. 52, eingeführt, bevor der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 2007/15/0155, VwSlg 8652/F, für einen vor ihrem Anwendungsbereich gelegenen Zeitraum aussprach, Rückzahlungen der vorliegenden Art seien als rückwirkende Ereignisse im Sinne des § 295a BAO in dem Jahr zu berücksichtigen, in dem die Beiträge als Sonderausgaben geltend gemacht worden waren.
14 In den Erläuterungen der Regierungsvorlage, 113 BlgNR
24. GP 5 und 66, wurde ausgeführt, die unbeschränkt abzugsfähigen Beiträge könnten im Fall der Rückzahlung "derzeit nicht gesichert erfasst werden, wodurch es zu einer ungerechtfertigten Begünstigung in diesen Fällen kommen kann". Es gebe für diese Fälle "derzeit keinen Besteuerungstatbestand". Zur "Schließung der Besteuerungslücke" sollten die Rückzahlungen "insoweit als Einkünfte zu erfassen sein, als sie das Einkommen des Jahres der Beitragsleistung vermindert haben".
15 Die aus diesen Erwägungen eingeführte Bestimmung lautet:
"§ 25. (1) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) sind:
1. a) Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis. (...)
(...)
3. a) Pensionen aus der gesetzlichen Sozialversicherung. (...)
(...)
e) Rückzahlungen von Beiträgen für freiwillige
Weiterversicherungen einschließlich des Nachkaufs von Versicherungszeiten in der gesetzlichen Pensionsversicherung und vergleichbarer Beiträge an Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit liegen nur insoweit vor, als die Beiträge als Sonderausgaben gemäß § 18 das Einkommen vermindert haben."
16 In dem schon erwähnten Erkenntnis vom sprach der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit dieser im entschiedenen Fall noch nicht anzuwendenden Regelung von "negativen Sonderausgaben" in Form einer einnahmenseitigen Erfassung im Jahr der Erstattung.
17 Ausgehend von der Rechtslage, wie sie ohne die neu eingeführte Bestimmung bestünde, und von den Gründen, aus denen sie eingeführt wurde, kann kein Zweifel daran bestehen, dass ihr zweiter Satz wörtlich zu verstehen ist und die Einkommensverminderung im "Jahr der Beitragsleistung" (hier: die Summe dieser Einkommensverminderungen) eine Obergrenze für die "negativen Sonderausgaben" im Jahr der Rückzahlung bildet. Dem ist nur in Bezug auf das letzte der oben wiedergegebenen Argumente in der Revision noch hinzuzufügen, dass der Aufwertungsbetrag anders, als das Finanzamt hier vielleicht zum Ausdruck bringen will, auch kein "Vorwegbezug" einer "Pension" ist.
18 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Wien, am