Suchen Hilfe
VwGH vom 10.05.2011, 2007/18/0408

VwGH vom 10.05.2011, 2007/18/0408

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und den Hofrat Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl sowie die Hofräte Mag. Haunold und Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde des AB in W, vertreten durch Dr. Rudolf Mayer, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Universitätsstraße 8/2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. E1/164.912/2007, betreffend Ausweisung gemäß § 53 FPG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) aus dem Bundesgebiet aus.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei am mit einem Aufenthaltstitel als Saisonarbeitskraft, der bis gültig gewesen sei, in das Bundesgebiet eingereist. Nach Ablauf dieser Aufenthaltsberechtigung sei er in Österreich geblieben. Am habe er eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet. Unter Berufung auf diese Ehe habe der Beschwerdeführer am einen "Verlängerungsantrag" eingebracht. Dieser Antrag sei abgewiesen worden; ebenso ein weiterer auf die Erteilung eines Aufenthaltstitels abzielender Antrag des Beschwerdeführers vom . Gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , womit ihm die Erteilung eines Aufenthaltstitels versagt worden sei, habe er Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben, der mit Beschluss vom aufschiebende Wirkung zuerkannt worden sei. Da es sich aber bei dem vom Beschwerdeführer gestellten Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels um einen Erstantrag, nicht aber um einen Verlängerungsantrag, gehandelt habe, habe der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom ihm keine Aufenthaltsberechtigung verschaffen können. Darüber hinaus sei darauf hinzuweisen, dass die Ehe des Beschwerdeführers mit Urteil des Bezirksgerichts Fünfhaus vom , welches am in Rechtskraft erwachsen sei, für nichtig erklärt worden sei. Das Ehenichtigkeitsurteil wirke ex tunc, sodass sich der Beschwerdeführer nicht mit Erfolg darauf berufen könne, ein Aufenthaltsrecht aus der Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin ableiten zu können.

Demnach ergebe sich, dass sich der Beschwerdeführer seit unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte. Die Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 FPG seien gegeben.

Zur Interessenabwägung nach § 66 FPG führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei ledig und habe keine Sorgepflichten. Es sei allerdings auf Grund seines fast siebenjährigen inländischen Aufenthalts mit der Ausweisung ein Eingriff in sein Privatleben verbunden. Ungeachtet dessen sei die Erlassung der Ausweisung zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, hier: zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens, als dringend geboten anzusehen. Der Beschwerdeführer habe nachhaltig gezeigt, dass er keine Bedenken habe, sich in beharrlicher Weise über die für ihn maßgeblichen fremdenpolizeilichen Vorschriften hinwegzusetzen. Er sei nach Ablauf der ihm erteilten Aufenthaltsberechtigung (gemeint: als Saisonarbeitskraft) unrechtmäßig im Bundesgebiet geblieben und habe hier eine österreichische Staatsbürgerin ausschließlich deshalb geheiratet, um sich dadurch fremdenrechtliche Vorteile zu verschaffen. Im Hinblick auf dieses Fehlverhalten und den Umstand, dass den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch den Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zukomme, erweise sich die Erlassung der Ausweisung auch nach § 66 FPG als zulässig.

Abschließend merkte die belangte Behörde noch an, dem Beschwerdeführer komme eine Rechtsstellung nach Art. 6 oder 7 ARB 1/80 nicht zu.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 53 Abs. 1 FPG können Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten.

Die Beschwerde bekämpft die Ansicht der belangten Behörde, er halte sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf, zum einen mit dem Argument, es komme ihm eine Rechtsstellung nach Art. 6 ARB 1/80 zu, zum anderen damit, dass er einen Verlängerungsantrag gestellt habe.

Hinsichtlich dieser Vorbringen ist der Beschwerdeführer auf das ihn betreffende Erkenntnis vom , Zlen. 2008/22/0064 und 2008/22/0081, zu verweisen, in dem sich der Verwaltungsgerichtshof in den die Versagung von Aufenthaltstiteln betreffenden Beschwerdeverfahren ausführlich mit diesen Fragen auseinandergesetzt hat. Vor dem Hintergrund der dortigen Entscheidungsgründe, auf die gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, ist den Behauptungen des Beschwerdeführers der Boden entzogen.

Ausgehend davon kann dann aber nicht gesagt werden, die das Aufenthaltstitelverfahren betreffende mit hg. Beschluss vom , Zl. AW 2006/18/0344, zuerkannte aufschiebende Wirkung wäre der Beurteilung, der Aufenthalt des Beschwerdeführers sei unrechtmäßig gewesen, entgegengestanden.

Hat der Verwaltungsgerichtshof einem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG stattgegeben, so bedeutet dies, dass der Eintritt der durch die Rechtsordnung an den - formell rechtskräftigen - Bescheid geknüpften Rechtswirkungen hinausgeschoben wird. In ständiger Judikatur vertritt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung, dass durch die aufschiebende Wirkung niemals mehr erreicht werden kann als durch die Beschwerde selbst. Dem Beschwerdeführer kann auf diese Weise - auch nicht nur vorläufig - keine bessere Rechtsposition eingeräumt werden als jene, die er vor Erlassung des angefochtenen Bescheides besessen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/21/0435, mwN).

Dies bedeutet, dass zwar durch den genannten Beschluss vom die Rechtswirkungen des dort angefochtenen Bescheides betreffend Versagung eines Aufenthaltstitels während des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof sistiert waren. Da aber - wie der Verwaltungsgerichtshof im oben genannten Erkenntnis vom ausführlich dargelegt hat - aus rechtlichen Gründen kein Verlängerungsantrag vorlag, bestand während des Verfahrens über den vom Beschwerdeführer gestellten Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels auch kein auf § 24 Abs. 2 letzter Satz Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (in der Stammfassung) gestütztes - bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Aufenthaltstitelverfahren währendes - Aufenthaltsrecht. Sohin konnte auch mit der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ein solches nicht während des Beschwerdeverfahrens (wieder) gegeben sein. Die Ansicht der belangten Behörde, der Beschwerdeführer halte sich im Entscheidungszeitpunkt unrechtmäßig im Bundesgebiet auf, ist daher auch aus diesem Blickwinkel nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Gegen die nach § 66 FPG vorgenommene Interessenabwägung bestehen ebenfalls keine Bedenken. Die in der Beschwerde geltend gemachten Umstände hat die belangte Behörde ausreichend berücksichtigt. Zutreffend wies sie allerdings darauf hin, dass der Beschwerdeführer durch sein Verhalten, nämlich nach Ablauf der ihm zuletzt erteilten Aufenthaltsberechtigung unrechtmäßig im Bundesgebiet zu verbleiben und zwecks Erlangung fremdenrechtlicher Vorteile und Zugang zum Arbeitsmarkt eine Aufenthaltsehe einzugehen, eine gravierende Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, dem ein besonders hoher Stellenwert beizumessen ist, hervorgerufen hat. Ausgehend davon, dass der Beschwerdeführer den Zugang zum Arbeitsmarkt nur durch das Eingehen einer Aufenthaltsehe erlangt hat, kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde davon ausgegangen ist, der derart vom Beschwerdeführer erlangten Integration sei bei der Interessenabwägung kein entscheidungswesentliches Gewicht dergestalt beizumessen, dass sie die Unzulässigkeit der Ausweisung zur Folge hätte. In Anbetracht der festgestellten Umstände ist es nicht zu beanstanden, dass die belangte Behörde den öffentlichen Interessen an der Beendigung des Aufenthalts des Beschwerdeführers den Vorrang gegenüber dessen privaten Interessen eingeräumt hat.

Da sohin die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
XAAAE-70324