Suchen Hilfe
VwGH 26.04.2013, 2012/07/0015

VwGH 26.04.2013, 2012/07/0015

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
AVG §8;
WRG 1959 §102 Abs1 litd;
WRG 1959 §13 Abs3;
RS 1
Die Parteistellung der Gemeinde nach § 102 Abs 1 lit d iVm § 13 Abs 3 WRG ist eine beschränkte. Die Gemeinde kann nur solche Einwendungen vorbringen, die darauf abzielen, darzutun, dass durch das zur wasserrechtlichen Bewilligung beantragte Vorhaben in das der Gemeinde nach § 13 Abs 3 WRG bestehende Recht auf Aufrechterhaltung der Wasserversorgung für ihre Bewohner eingegriffen wird. Sonstige Einwendungen stehen ihr nicht zu.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 99/07/0072 E RS 2
Normen
WRG 1959 §102 Abs1 litd;
WRG 1959 §13 Abs3;
RS 2
Der Schutz für den Wasserbedarf der Gemeinden nach § 13 Abs 3 leg cit bezieht sich nicht bloß auf die Quantität, sondern auch auf die Qualität. (Eignung des Wassers, Hinweis auf E vom , 7374, VwSlg 2812/1904)
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 84/07/0165 E RS 1

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde der Marktgemeinde L, vertreten durch Dr. Branko Perc, Rechtsanwalt in 9150 Bleiburg, 10.-Oktober-Platz 13, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom , Zl. BMLFUW-UW./0387-I/6/2011, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: K-AG in S, vertreten durch Kaan Cronenberg & Partner Rechtsanwälte, in 8010 Graz, Kalchberggasse 1), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Gemeinde Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Hinsichtlich des Vorverfahrens wird auf das hg. Erkenntnis vom , 2008/07/0098, sowie auf den hg. Beschluss vom selben Tag, 2008/07/0097, verwiesen.

Die mitbeteiligte Partei stellte mit Schreiben vom an die belangte Behörde ein Ansuchen um Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung für die Erweiterung des bereits wasserrechtlich bewilligten und kollaudierten Speicherkraftwerkes K. Die bestehende Anlage sollte mit der Installation einer neuen Pumpe neben dem bestehenden Krafthaus in L zu einem Pumpspeicherwerk erweitert werden. Dabei sollten die Anlagen am Speicher S und diejenigen des Triebwasserweges gänzlich unverändert bleiben und zusätzlich D-Wasser in den Speicher verpumpt werden.

Gegen dieses Projekt erhob die beschwerdeführende Gemeinde sowohl bei der mündlichen Verhandlung am als auch mit Stellungnahmen vom 7. und Einwendungen. Darin wandte sie ein, es gebe derzeit eine Verbindung des Grundwasserkörpers, aus dem ihre Quellen gespeist würden, mit dem Speichersee; der Stausee und das Grundwasser hingen zusammen. Nun werde in den Stausee aber nicht nur D-Wasser sondern auch verschmutztes L-Wasser eingeleitet, weil die L vor der Wasserentnahmestelle in die D einmünde. Das Auffüllen mit Wasser aus der D gefährde daher den Trinkwasserhaushalt des gesamten L Leitungsnetzes sowie aller privater Wasserbezieher auf dem M- und L-Berg. Rund um den Speichersee liege ein Trinkwassereinzugsgebiet; für einen Eingriff in diesen Trinkwasserbereich gebe es keine Zustimmung der Gemeinde. Unter Hinweis auf Probleme der Beeinflussung des (ursprünglichen) Kraftwerksbaus und der K-Quellen (hier hatte die mitbeteiligte Partei Entschädigungsleistungen an die Gemeinde zu zahlen) forderte sie ein umfassendes Beweissicherungsprogramm für sämtliche Quellen im L Einzugsgebiet.

Dazu erstattete der von der mitbeteiligten Partei beigezogene Privatsachverständige Em. Prof. Dr. E.H. W eine Stellungnahme vom , in der er mehrfach auf eine von ihm verfasste, allerdings nicht im Akt erliegende Studie "Hydrologische Beurteilung einer Wassernutzung aus dem F-Druckstollen des K-Kraftwerkes K, ", verwies.

Diese Stellungnahme hat folgenden Wortlaut (Hervorhebungen im Original):

"Der Speicher S mit einem direkten Einzugsgebiet von 29'8 km2 wird von Quellen, Hangwässern, Bächen und über einen Stollen vom K-Bach gespeist. Im Westen bildet der Höhenzug vom W-Kogel zum H-Kogel eine hydrologische und geologische Barriere! Sämtliche Quellen und Bäche westlich dieses Höhenzuges fließen nicht in die Talfurche des F-Baches und besteht keine Verbindung zwischen dem Speichersee und den Quellvorkommen, welche über den Druckstollen F-Bach (siehe die drei Quellgruppen im E.H.W 2000) auftreten.

Aus morphologischen und hydrogeologischen Gründen kann eine Verbindung zwischen Speichersee und dem westlich gelegenen Grundwasserkörper nicht bestehen, daher ist eine Gefährdung von genutzten Wasservorkommen durch gepumptes D-Wasser aus dem Speicher auszuschließen.

Außerdem kann aus dem Triebwasserstollen wegen der völligen Abdichtung kein Wasser in das Gebirge eintreten und die natürlichen Bergwasserzüge beeinflussen!

Quellgruppe West:

1. Die K-Quellen (Nr. 1 - Nr. 7) wurden durch den Stollenbau sehr beeinflusst und fielen die Quellen Nr. 1 und Nr. 2 völlig aus. Der angezapfte Bergwasserspiegel hat sich durch die Abdichtungsmaßnahmen wieder eingestellt und die 5 Quellvorkommen zeigen eine ausgeglichene Gesamtschüttung (siehe Messdaten aus Seite 14 meines Berichtes 2000). Der Bergwasserspiegel liegt nunmehr mindestens 120 bis 150 m über dem Druckstollen und die Bergwässer treten wie ehedem in dem Niveau 1210 und 1180 m Sh wieder aus. Ein Ausfließen von Wässern aus dem Stollen in Richtung zu den Quellen ist physikalisch unmöglich, denn sie müssten vom Stollenniveau 990 m - 1000 m Sh rund 200 m hochsteigen !

Die Quellvorkommen 2.-6. liegen z.T. auf Höhe 1080 m bzw sind an steile Bachkerben gebunden, über und unter 1000 m Sh, und können höhe- und weitenmäßig durch theoretisch ausfließendes Stollenwasser nicht beeinflusst werden.

Quellgruppe Ost:

Sämtliche angeführten Wasservorkommen 7. bis 12. sind oberflächenbeeinflusste Quellen - zwischen 1100 m und 1200 m gelegen - meist Bachbegleitgrundwässer und Bäche (!) die genützt werden.

In der Beurteilung E.H. W 2000 werden die Messwerte der Schüttungen aufgezeigt und ist eine Beeinflussung durch den seinerzeitigen Stollenvortrieb nicht abzuleiten. Alle Vorkommen sind an Bäche und Hanggrundwässer gebunden und stehen im Gegensatz zum Berggrundwasserkörper der K-Quellen.

Quellgruppe Süd:

Beide Quellvorkommen 13. und 14. liegen talauswärts der Apparatekammer S und werden von seicht liegenden Hanggrundwässern dotiert. Eine mögliche Verbindung zu Stollen wässern ist auszuschließen.

Beurteilung:

Der Bergwasserkörper, welcher die Quellgruppe West über Marmoreinschaltungen und tektonischen Störungszonen dotiert, ist mit dem direkten Einzugsgebiet des Speichersees nicht verbunden.

Eine Gefährdung des Trinkwasserhaushaltes des so genannten L Wassernetzes durch Pumpwasser aus der D bzw. der L ist nicht gegeben, weil der Stollen rund 200 m tiefer liegt als die Wasseraustritte der K-Quellen, eine sichere Abdichtung des Stollens vorliegt und damit der Bergwasserspiegel konstant die vorgegebene Höhe einnimmt."

Die mitbeteiligte Partei erstattete mit Schreiben vom eine ausführliche Stellungnahme zu den bisher erstatteten Einwendungen anderer Verfahrensparteien und verwies darin in Bezug auf die Einwände der beschwerdeführenden Gemeinde auf die Stellungnahme des Privatsachverständigen.

Die beschwerdeführende Gemeinde hatte zuvor mit Schriftsatz vom ihre Einwendungen wiederholt, in denen sie neuerlich auf die Situierung ihres Trinkwassereinzugsgebiets im Projektsbereich und auf die Gefährdung ihrer Trinkwasserversorgung bzw der ihrer Einwohner verwies.

Mit Schriftsatz vom wiederholte sie ihre Einwendungen. Unter anderem erhob sie die Forderung, dass ein amtlicher Sachverständiger eine gesamtheitliche Beurteilung der Auswirkungen des Projektes durchführen müsse. Unter Hinweis auf Minderschüttungen der Quellen bei Bau des ursprünglichen Kraftwerks wurde neuerlich eine Beweissicherung verlangt und auf die Gefährdung der Sicherung der Trinkwasserversorgung verwiesen.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurde der mitbeteiligten Partei die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb des Projektes "Pumpe K" erteilt.

Dieser Bescheid wurde mit dem eingangs genannten hg. Erkenntnis vom aufgrund der Beschwerde einer anderen im Verwaltungsverfahren beteiligten Partei wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde der beschwerdeführenden Gemeinde wurde mit dem vorgenannten hg. Beschluss vom selben Tag als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom erteilte die belangte Behörde der mitbeteiligten Partei neuerlich die beantragte wasserrechtliche Bewilligung (Spruchpunkt I). Unter Spruchpunkt II wurde unter anderem dem Antrag der beschwerdeführenden Gemeinde, dem gegenständlichen Projekt die Bewilligung zu versagen, sowie ihren übrigen Einwendungen keine Folge gegeben.

In ihrer Begründung erklärte die belangte Behörde zunächst, dass die Begründung des Bescheides vom im Folgenden wiedergegeben und vollinhaltlich zum Inhalt der Begründung des nunmehrigen Bescheides erhoben werde. Die Begründung des Bescheides der belangten Behörde vom wurde daraufhin wörtlich wiedergegeben.

Hinsichtlich der Gefährdung des Trinkwasserhaushaltes des L Wassernetzes heißt es im angefochtenen Bescheid, das Verfahren habe ergeben, dass der Trinkwasserhaushalt in keiner Weise durch das Projekt beeinträchtigt werden könne; im Detail sei auf die Ausführungen zu den Einwendungen (auch) der beschwerdeführenden Gemeinde zu verweisen.

Zu den Einwendungen der beschwerdeführenden Gemeinde erklärte die belangte Behörde, dass (den) Gemeinden im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren, soweit es sich nicht um ein Verfahren nach § 111a Wasserrechtsgesetz 1959 (im Folgenden: WRG 1959) handle, die Parteistellung nur zur Wahrung der ihnen nach §§ 13 Abs. 3 und 31c Abs. 3 WRG 1959 zustehenden Ansprüche zukomme. Darüber hinausgehend habe den Anträgen bzw. Vorbringen der Gemeinde sohin schon formal kein Erfolg beschieden sein können.

Zu den Befürchtungen, dass der Grundwasserkörper mit dem Speichersee verbunden sei und das Auffüllen mit Wasser aus der D den Trinkwasserhaushalt des gesamten L Wassernetzes sowie der privaten Wasserbezieher auf dem M- und L-Berg gefährde, gab die belangte Behörde Teile des oben wiedergegebenen Gutachtens von em. Prof. Dr. W wieder. Daran anschließend heißt es:

"Das Gutachten des Privatsachverständigen Univ.-Prof. Dr. W ist auch für einen naturwissenschaftlichen Laien nachvollziehbar, sodass die gesonderte Befassung eines Amtsachverständigen nicht erforderlich war. Dieses Privatgutachten wurde den Verfahrensparteien in Wahrung des Parteiengehörs zur Stellungnahme übermittelt; den Ausführungen des Privatgutachtens wurde nicht entgegengetreten."

Den Einwendungen der beschwerdeführenden Gemeinde sei daher nicht zu folgen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die beschwerdeführende Gemeinde erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Versagung der wasserrechtlichen Bewilligung des Projektes "Pumpe K" sowie in ihrem Recht auf fehlerfreie Handhabung der Bestimmungen des WRG 1959 verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Die mitbeteiligte Partei erstattete ebenfalls eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Die mitbeteiligte Partei stellt die Zulässigkeit der Beschwerde in Frage und meint, die Beschwerdeführerin stelle die Gründe nicht dar, wonach sie Anspruch darauf gehabt hätte, dass der mitbeteiligten Partei die wasserrechtliche Bewilligung versagt werde. Die Beschwerdeführerin führe auch nicht an, welche Bestimmungen des WRG 1959 die belangte Behörde nicht fehlerfrei gehandhabt hätte und aus welchen Gründen dadurch in Rechte der Beschwerdeführerin eingegriffen worden wäre. Die Beschwerdeführerin habe daher die Rechte, in denen sie sich als verletzt erachte, nicht ausreichend bestimmt bezeichnet, sodass die Beschwerde zurückzuweisen sei.

Nach § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG hat eine Beschwerde die bestimmte Bezeichnung des Rechtes zu enthalten, in dem der Beschwerdeführer verletzt zu sein behauptet.

Diesem Erfordernis ist auch dann entsprochen, wenn der Inhalt der Beschwerde insgesamt (einschließlich der Sachverhaltsdarstellung) klar erkennen lässt, in welchem Recht sich der Beschwerdeführer verletzt erachtet. Dies gilt auch dann, wenn der Beschwerdeführer in der rechtlichen Qualifikation seiner Beschwer irrt (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , 94/07/0154).

Es bestehen im vorliegenden Fall keine Zweifel, dass die beschwerdeführende Gemeinde in ihrer Beschwerde diesen Anforderungen entsprochen hat. So hat sie zum einen als verletztes Recht das der Versagung der wasserrechtlichen Bewilligung zugunsten der mitbeteiligten Partei bezeichnet und in der Ausführung der Beschwerde dargelegt (vgl. dazu die folgende Zusammenfassung des Beschwerdevorbringens), dass gemeindeeigene Quellen durch das bewilligte Projekt gefährdet würden. Daraus ergibt sich ohne Zweifel, dass sie sich in ihrem Recht verletzt erachtet, dass der mitbeteiligten Partei keine wasserrechtliche Bewilligung erteilt wird, wenn dadurch die genannte Gefährdungssituation eintritt.

Von einer fehlerhaften Bezeichnung des Beschwerdepunktes kann daher keine Rede sein; die Beschwerde erweist sich somit als zulässig.

2. Die beschwerdeführende Gemeinde bemängelt eingangs, dass die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides "vollinhaltlich" auf die Begründung des Bescheides vom verwiesen habe. Dieser sei jedoch vom Verwaltungsgerichtshof aufgehoben worden und gehöre nicht mehr dem Rechtsbestand an, sodass der angefochtene Bescheid bereits aus diesem Grund aufzuheben sei.

Durch die wasserrechtliche Bewilligung komme es zu einer gänzlich anderen Verwendung der Kraftwerksanlage. Es wäre somit eine Bewilligungspflicht der gesamten Anlage gegeben. Es werde weiters durch Industrieabwässer verunreinigtes L-Wasser in den Speicher eingepumpt. Die belangte Behörde habe dazu ungeprüft Aussagen des Privatgutachters Prof. Dr. S übernommen, ohne fundierte Ermittlungsergebnisse von Amts wegen zu sammeln. Die Behörde nehme es zumindest billigend in Kauf, dass allein aufgrund rein privatwirtschaftlicher Interessen der mitbeteiligten Partei gestautes und jederzeit zur Verfügung stehendes hochqualitatives Gebirgswasser verschlechtert werde, was u.a. § 30a WRG 1959 widerspreche. Durch diese Vorgehensweise seien maßgebliche Verfahrensmängel gegeben.

Darüber hinaus verweist die beschwerdeführende Gemeinde auf die Begründung des Bescheides vom , mit dem die ursprüngliche wasserrechtliche Bewilligung der vorliegenden Anlage erteilt worden sei. Dieser sei zu entnehmen, dass die Bewilligung nur deshalb erfolgt sei, weil auf die (nunmehr mit dem angefochtenen Bescheid bewilligte) Pumpspeicherung verzichtet worden sei; es sei eine Beeinträchtigung der Wasserqualität befürchtet worden. Dazu fehlten im vorliegenden Verfahren jegliche nachvollziehbare Feststellungen bzw. Ermittlungsergebnisse. Auch mit diesem Einwand sei kein Amtssachverständiger befasst worden.

Ebenso bringt die beschwerdeführende Gemeinde vor, dass durch das Einpumpen von D-Wasser in den Speicher S die gemeindeeigenen Quellen, die für die öffentliche Wasserversorgungsanlage herangezogen würden, betroffen seien. Das Auffüllen des Speichersees S mit D-Wasser gefährde den Trinkwasserhaushalt des gesamten L Wassernetzes, weil der Grundwasserkörper mit dem Speichersee verbunden sei. Die belangte Behörde habe diese Einwendungen nicht, wie es ihre Pflicht gewesen wäre, einer amtswegigen Überprüfung unterzogen, sondern einfach die Ausführungen des Privatsachverständigen Prof. Dr. W übernommen. Die mitbeteiligte Partei habe aber selbst, gestützt auf eine Studie von Prof. Dr. W vom , in ihrer Stellungnahme vom zum Einwand der Beschwerdeführerin vorgebracht, dass die Quellen der Beschwerdeführerin in einem Höhenhorizont knapp unter, meist jedoch über dem Stauziel des Speichers S lägen. Damit im Widerspruch stehe die nunmehrige Feststellung des Privatgutachters Prof. Dr. W, wonach zwischen den gemeindeeigenen Quellen und dem Speichersee überhaupt keine Verbindung bestehe, somit aufgrund des Niveauunterschiedes überhaupt keine Gefährdung gegeben sei. Allein aufgrund dieser unterschiedlichen Beurteilung hätte die belangte Behörde die entsprechenden Überprüfungen selbst durchführen und sich dazu eines Amtssachverständigen bedienen müssen.

Schließlich bringt die beschwerdeführende Gemeinde vor, dass ein öffentliches Interesse für die Bewilligung der Anlage nicht gegeben sei und durch das Einpumpen von qualitativ geringwertigem Wasser der D in den Speicher S gegen das Reinhaltegebot des § 30 Abs. 1 WRG 1959 verstoßen worden sei. Die belangte Behörde habe insbesondere § 105 Abs. 1 lit. e und lit. m leg. cit. nicht entsprechend berücksichtigt, weil sie ansonsten die Bewilligung hätte versagen müssen.

3. Voranzustellen ist, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zwar auf die Begründung ihres vom Verwaltungsgerichtshof aufgehobenen Bescheides vom verwies, dessen Begründung in weiterer Folge aber in umfassender Weise wörtlich wiedergab und somit zum Inhalt ihres eigenen Bescheides machte.

Die erstgenannte Rüge der Beschwerdeführerin geht daher bereits aus diesem Grunde fehl.

3.1. Die wesentlichen Bestimmungen des WRG 1959 lauten:

"§ 12. (1) ….

(2) Als bestehende Rechte im Sinne des Abs. 1 sind rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum anzusehen.

(3) …

Maß und Art der Wasserbenutzung.

§ 13. (1) ….

(3) Das Maß und die Art der Wasserbenutzung dürfen keinesfalls so weit gehen, daß Gemeinden, Ortschaften oder einzelnen Ansiedlungen das für die Abwendung von Feuersgefahren, für sonstige öffentliche Zwecke oder für Zwecke des Haus- und Wirtschaftsbedarfes ihrer Bewohner erforderliche Wasser entzogen wird.

(4) ….

Sonstige Vorsorge gegen Wassergefährdung

§ 31c. (1) Unbeschadet der Bestimmungen der §§ 9, 32, 34 und 38 bedarf die Gewinnung von Sand und Kies der wasserrechtlichen Bewilligung, wenn sie mit besonderen Vorrichtungen erfolgt.

(2) Bei Vorhaben nach Abs. 1, die nach den gewerberechtlichen Vorschriften genehmigungspflichtig sind oder die dem Mineralrohstoffgesetz unterliegen, entfällt die Bewilligungspflicht, wenn das Vorhaben außerhalb wasserrechtlich besonders geschützter Gebiete geplant ist.

(3) In den Fällen des Abs. 1 und 2 hat die jeweils zuständige Behörde insbesondere die zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung (§ 30) notwendigen und nach dem Stand der Technik möglichen Vorkehrungen zu treffen, die nach Beendigung der Entnahme zu treffenden Maßnahmen aufzutragen sowie darauf zu achten, daß Gemeinden in der Versorgung ihrer Bewohner mit Trinkwasser nicht beeinträchtigt werden. Die Bewilligung kann auch zeitlich befristet erteilt werden.

(4) …

Parteien und Beteiligte.

§ 102. (1) Parteien sind:

a)

d)

Gemeinden im Verfahren nach § 111a, sonst nur zur Wahrung des ihnen nach § 13 Abs. 3 und § 31c Abs. 3 zustehenden Anspruches;

e) …"

Gemäß § 111a Abs. 1 WRG 1959 ist bei Vorhaben, die zufolge ihrer Größenordnung nicht von vornherein in allen Einzelheiten überschaubar sind, das Verfahren auf Antrag vorerst auf die Beurteilung der grundsätzlichen Zulässigkeit des Vorhabens zu beschränken.

Ein Verfahren nach § 111 a Abs. 1 WRG 1959 liegt unstrittig nicht vor; ebenso dient das von der mitbeteiligten Partei beantragte Projekt nicht der Gewinnung von Sand und Kies im Sinne des § 31c WRG 1959.

Darüber hinaus ist dem Vorbringen der beschwerdeführenden Gemeinde auch nicht zu entnehmen, dass sie im vorliegenden Verfahren ein eigenes Recht im Sinne des § 12 Abs. 2 leg. cit. geltend macht.

3.2. Die beschwerdeführende Gemeinde nimmt am Verfahren daher als Partei im Sinne des § 102 Abs. 1 WRG 1959 zur Wahrung des ihr nach § 13 Abs. 3 leg. cit. zustehenden Anspruches teil.

Die Parteistellung der Gemeinde nach § 102 Abs. 1 lit. d iVm § 13 Abs. 3 WRG 1959 ist eine beschränkte. Die Gemeinde kann nur solche Einwendungen vorbringen, die darauf abzielen, darzutun, dass durch das zur wasserrechtlichen Bewilligung beantragte Vorhaben in das der Gemeinde nach § 13 Abs. 3 leg. cit. zustehende Recht auf Aufrechterhaltung der Wasserversorgung für ihre Bewohner eingegriffen wird. Sonstige Einwendungen stehen ihr nicht zu (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom , 2004/07/0182).

Der Schutz für den Wasserbedarf der Gemeinden nach § 13 Abs. 3 WRG 1959 bezieht sich nicht bloß auf die Quantität, sondern auch auf die Qualität (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 92/07/0159, und vom , 98/07/0119).

Für das Vorbringen in der Beschwerde bedeutet dies, dass allein der Einwand der befürchteten Verunreinigung der gemeindeeigenen Quellen durch das Einpumpen von verunreinigten Gewässern in den Speichersee S wegen des von der Gemeinde angenommenen Zusammenhangs mit den Quellen der Gemeinde eine im Sinne des § 13 Abs. 3 WRG 1959 geeignete Einwendung darstellt, da damit die Beeinträchtigung der Qualität des (Trink-)Wassers der Gemeindebewohner behauptet wird.

Allen übrigen Argumenten und Einwänden in der Beschwerde fehlt die Darstellung eines Zusammenhangs mit dem Anspruch der Gemeinde auf Versorgung mit Wasser nach § 13 Abs. 3 WRG 1959. Aus diesem Grund war darauf nicht näher einzugehen.

3.3. Mit dem Vorbringen, die belangte Behörde sei ohne eigene sachverständige Prüfung und trotz bestehender Einwände der Beschwerdeführerin den Angaben des Privatsachverständigen gefolgt, zeigt die Beschwerdeführerin erfolgreich einen wesentlichen Verfahrensmangel auf.

Werden nicht nach Maßgabe des § 52 AVG Amtssachverständige oder von der Behörde bestellte nicht-amtliche Sachverständige herangezogen, sondern Gutachten anderer Sachverständiger ("Privatgutachten") von einer Partei vorgelegt, so sind diese einer Überprüfung durch Sachverständige im Sinne des § 52 AVG zu unterziehen, wobei gegebenenfalls dann aber nicht noch ein (zusätzliches) Gutachten eines Sachverständigen im Sinne des § 52 AVG notwendig ist (siehe dazu unter vielen die hg. Erkenntnisse vom , 2005/06/0147, mwN, vom , 2006/06/0237, vom , 2007/06/0337, vom , 2009/06/0015, und vom , 2012/06/0046).

Die belangte Behörde begegnete der Forderung der beschwerdeführenden Partei nach einer Prüfung durch einen Amtssachverständigen mit dem Hinweis darauf, dass das Gutachten des Privatsachverständigen auch für einen naturwissenschaftlichen Laien nachvollziehbar sei, sodass die gesonderte Befassung eines Amtssachverständigen nicht erforderlich gewesen wäre.

In diesem Zusammenhang ist der belangten Behörde zwar zuzugestehen, dass es Schlussfolgerungen in Gutachten von Privatsachverständigen geben kann, die keiner weiteren Überprüfung durch einen Amtssachverständigen bedürfen, weil sie für jeden Laien nachvollziehbar sind. Das mag auf die Schlussfolgerung des hier tätigen Privatsachverständigen, wonach Wasser nicht bergauf fließe (und daher keine Beeinflussung der höher gelegenen Quellhorizonte erfolgen könne), in ihrer Allgemeinheit zutreffen; allerdings setzt diese Schlussfolgerung die vom Privatsachverständigen festgestellten Höhenlagen des Stollens bzw des Stauziels des Speichersees zum einen und die der Quellhorizonte zum anderen voraus. Gerade diese fachlichen Annahmen erscheinen aber nicht für jeden Laien nachvollziehbar; hier hätte es einer Überprüfung durch einen Amtssachverständigen bedurft.

Dies wäre auch die Gelegenheit gewesen, den von der Gemeinde dargestellten möglichen Widerspruch in Bezug auf die Lage der Quellen, dem Stauziel des Speichers und der dennoch verneinten Einflussmöglichkeit aufzuklären. Schließlich ist auch nicht klar, ob das Gutachten des Privatsachverständigen, das wiederholt auf eine Studie dieses Sachverständigen vom über die vorort gegebenen hydrogeologischen Verhältnisse verweist, der Behörde überhaupt vorlag; den vorgelegten Aktenunterlagen war es jedenfalls nicht zu entnehmen.

Vor dem Hintergrund der zitierten Rechtsprechung hätte sich die belangte Behörde daher angesichts des gegen das Privatgutachten gerichteten und bereits dessen Grundannahmen als unrichtig behauptenden Vorbringens der beschwerdeführenden Gemeinde nicht allein auf das Argument stützen dürfen, die Gemeinde sei dem Privatgutachten nicht auf derselben fachlichen Ebene entgegengetreten (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom , 2012/07/0007).

3.4. Ergänzend wird bemerkt, dass Gegenstand des Ermittlungsverfahrens zwar unter anderem auch die Frage der Qualität des Wassers des Speichersees nach Einleitung des D-Wassers in diesen war. Dass Thema der in diesem Zusammenhang vorgelegten Gutachten des gewässerbiologischen Amtssachverständigen bzw der Privatsachverständigen auch die Frage der Auswirkungen der Wasserqualität des Speichersees auf die Trinkwasserhorizonte der Gemeindequellen gewesen wäre, ist aber nicht erkennbar; es kann daher auch nicht davon ausgegangen werden, dass selbst bei unterstellter Beeinflussung der Quellhorizonte durch den Speichersee die von der Gemeinde befürchtete qualitative Verschlechterung auf fachkundiger Ebene ausgeschlossen worden wäre.

4. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

5. Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet auf §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
AVG §8;
WRG 1959 §102 Abs1 litd;
WRG 1959 §13 Abs3;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2013:2012070015.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
NAAAE-70323