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VwGH 26.06.2012, 2012/07/0007

VwGH 26.06.2012, 2012/07/0007

Entscheidungsart: Erkenntnis

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer, Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde des Mag. HP in F, vertreten durch Dr. Josef Flaschberger, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Priesterhausgasse 1/II, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom , Zl. 15-KW- 33/2000 (002/2011), betreffend wasserpolizeilicher Auftrag (mitbeteiligte Partei: GG in F, vertreten durch Dr. Arnold Köchl, Mag. Christian Köchl, Rechtsanwälte in 9500 Villach, 10. Oktober Straße 17), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom wurde den Rechtsvorgängern des Beschwerdeführers die wasserrechtliche Bewilligung zur Wiedererrichtung eines Ausleitungsbauwerkes am G-Bach in Form einer Wehranlage in Betonbauweise auf dem Grst. Nr. 634/1 KG F erteilt. Das Ausleitungsbauwerk ist Bestandteil zweier Wasserkraftanlagen am K-Bach, die unter der Postzahl 1635 und der Postzahl 1697 im Wasserbuch des Bezirkes V eingetragen sind. Wasserberechtigter und Betreiber der Anlagen ist der Beschwerdeführer.

Den Feststellungen im genannten Bescheid vom zufolge schließt an die Wehranlage am G-Bach ein Überleitungsgerinne in den K-Bach an. Der G-Bach mündet ca. nach 1 km in den W-Bach, an dem unter anderem die mitbeteiligte Partei ein Ausleitungsbauwerk als Bestandteil eines Wasserbenutzungsrechtes im Ausmaß von 50 l/s betreibt.

In den der wasserrechtlichen Bewilligung vom zugrunde liegenden Projektunterlagen wurden nach den insoweit unbestrittenen Feststellungen des vorliegend angefochtenen Bescheides die Höhenlager der Wehrkrone gegenüber dem waagrechten Einlaufboden mit 6 cm und dem Durchflussquerschnitt der Ausleitungsöffnung mit 140 cm x 10 cm festgelegt. Die Länge bzw. Breite der Wehrschwelle beträgt nach den planlichen Unterlagen 310 cm. Die Fließrichtung des Betriebswassers zur Wehranlage erfolgt in einem Winkel von 45 Grad .

Unter Spruchpunkt II. des erwähnten Bescheides vom wurde der Antrag der Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers auf Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung zur Abänderung des Ausleitungsbauwerkes am G-Bach durch Erhöhung der Wehrkrone durch eine angebrachte Eisenschiene in der Höhe von 5 cm abgewiesen. Darüber hinaus wurde ihnen unter Spruchpunkt III. der wasserpolizeiliche Auftrag erteilt, die im Bereich des Überlaufes des gegenständlichen Ausleitungsbauwerkes zur Erhöhung der Wehrkrone angebrachte Eisenschiene in der Höhe von 5 cm zu beseitigen.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft V (im Folgenden: BH) vom wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 50 Abs. 1, 138 Abs. 1 lit. a Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) verpflichtet, "den konsensgemäßen Zustand des bestehenden Ausleitungsbauwerkes am G-Bach/K-Bach durch nachstehend angeführte Maßnahmen wiederherzustellen:

1. Die Wehrschwellenoberkante des Ausleitungsbauwerkes, welche derzeit eine durchschnittliche Höhe von 7,1 cm, gemessen von der Unterkante der Ausleitungsöffnung in den K-Bach aufweist, ist durchgehend auf die bescheidgemäße Höhe von maximal 6 cm abzusenken.

2. Die Wehrschwelle ist bautechnisch so auszuführen bzw. herzustellen, dass durch Nässe oder Temperaturschwankungen höhenmäßig keine Veränderungen eintreten können und dauerhaft keinerlei mit einfachen Mitteln durchführbare Manipulationsmöglichkeiten gegeben sind.

3. Die Ausleitungsöffnung in den K-Bach, derzeit 140 cm breit und orographisch links 11 cm, orographisch rechts 12 cm hoch, ist auf den bescheidgemäßen Durchflussquerschnitt von 140 x 10 cm herzustellen.

4. Die natürliche Zuströmrichtung des Betriebswassers zur Wehrschwelle darf durch den im rechten Uferbereich eingebauten Holzbalken nicht verändert werden.

5. Die vorangeführten Maßnahmen zur Wiederherstellung des konsensgemäßen Zustandes des Ausleitungsbauwerkes sind unverzüglich, das heißt innerhalb von 10 Tagen nach Bescheidzustellung, durchzuführen.

Der Vollzug ist der Wasserrechtsbehörde schriftlich bekanntzugeben."

Begründend führte die BH aus, auf Grund einer Beschwerde der mitbeteiligten Partei, wonach durch Änderungen am Ausleitungsbauwerk für die Wasserkraftanlagen des Beschwerdeführers eine Beeinträchtigung ihres Wasserrechtes eingetreten sei, habe die Wasserrechtsbehörde am einen Ortsaugenschein zur Feststellung des Sachverhaltes durchgeführt, bei dem eine vermessungstechnische Aufnahme des Ausleitungsbauwerkes durch ein befugtes Unternehmen vereinbart worden sei.

Am habe Herr Dipl. Ing. O., staatlich befugter und beeideter Ingenieurkonsulent für Kulturtechnik und Wasserwirtschaft, der Behörde im Auftrag der mitbeteiligten Partei eine mittels Nivellement durchgeführte Aufnahme der bestehenden Höhenverhältnisse der Wehrschwelle und der Ausleitungsöffnung zum K-Bach übermittelt. Aus dieser gehe im Wesentlichen hervor, dass die Oberkante der Wehrschwelle im G-Bach durchschnittlich eine Höhe von 7,1 cm, gemessen von der Unterkante der Ausleitungsöffnung, aufweise. Die Ausleitungsöffnung selbst habe derzeit einen Durchflussquerschnitt von 140 x 11 cm (orographisch links) bzw. 140 x 12 cm (orographisch rechts). Nach dem zusammenfassenden Gutachten entspreche die Bauwerksgeometrie hinsichtlich der Aufteilung des Wasserabflusses zwischen G-Bach und K-Bach derzeit nicht dem wasserrechtlichen Konsens, wodurch sich im Normalbetrieb in der Ausleitungsstrecke des G-Baches ein Wasserverlust für den Unterlieger von 11 bis 13 l/s ergebe. In weiterer Folge habe die mitbeteiligte Partei am einen schriftlichen Antrag auf Herstellung des konsensmäßigen Zustandes des Ausleitungsbauwerkes eingebracht.

In rechtlicher Hinsicht hielt die BH fest, dem Bescheid vom seien planliche Unterlagen zugrunde gelegen, die die Höhenlage der Wehrschwelle und die Ausleitungsöffnung in den K-Bach genau festlegten. Auf Grund der vermessungstechnischen Aufnahme des Ausleitungsbauwerkes durch einen befugten Ziviltechniker und des dazu erstellten, mit datierten Gutachtens gehe die Wasserrechtsbehörde davon aus, dass an der bewilligten Anlage zwischenzeitlich bautechnische Maßnahmen durchgeführt worden seien, die als konsensüberschreitende Veränderungen und somit als eigenmächtige Neuerung im Sinn des § 138 WRG 1959 anzusehen seien. Die Antragslegitimation der mitbeteiligten Partei als Betroffener gemäß § 138 Abs. 6 WRG 1959 sei durch die rechtmäßig ausgeübte Wassernutzung am W-Bach gegeben.

In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer zu den einzelnen Punkten des wasserpolizeilichen Auftrages, wobei mit dem "S.-Plan" die dem Bescheid vom zugrunde liegenden Projektunterlagen angesprochen sind, Folgendes vor:

"zu Punkt 1:

Laut meinen genauen Abmessungen ist die Wehrschwellenoberkante des Ausleitungsbauwerkes am G-Bach 6 cm, gemessen von der Unterkante. Ich bezweifle die Angaben von Herrn DI O. (7,1 cm) und werde meinen staatlich befugten und beeideten Zivilingeneur Herrn DI B. beauftragen diese Werte zu überprüfen.

zu Punkt 2:

Unbestritten ist, dass ich auf meinem Teilungsbauwerk das Material der Wehrschwelle selbst bestimmen darf. Die Wehrschwelle war immer ein Lärchenbrett. Lärchenholz ist lange haltbar und bei Wasserkraftanlagen oft eingesetzt. Auch beim 'S.-Plan' gibt es diesbezüglich keine spezielle Materialangabe.

zu Punkt 3:

Die Ausleitungsöffnung in den K-Bach wurde von mir seit der Übernahme des Teilungsbauwerkes im Jahr 1998 nie verändert und wird ebenfalls von meinem Zivilingenieur überprüft.

zu Punkt 4:

Die Länge der gebauten Wehrschwelle beträgt 4 m. Laut 'S.- Plan' sollte die Länge 3,10 m betragen. Um eine Verkürzung der Wehrschwelle um 90 cm durchzuführen, gab es mit Herrn Mag. Z. zwei Besprechungen. Man einigte sich auf die Variante, dass rechtsufrig ein Holzbalken eingebaut wird, um das richtige Maß (Wehrschwellenlänge 3,10 m) herzustellen. Das war die einzige, mit der Wasserrechtsbehörde abgestimmte, bautechnische Veränderung. Eine bauliche Veränderung, die auf Basis des genehmigten 'S.- Planes' durchgeführt wurde, kann zudem nicht als konsensüberschreitende Maßnahme angesehen werden. Um die natürliche Zustromrichtung des Betriebswassers zur Wehrschwelle nicht zu verändern, schlage ich vor, die Verkürzung der Wehrschwelle von 4 m auf 3,10 m auf den linken Uferbereich zu verlegen."

Mit dem angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten (belangte Behörde) vom wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der BH vom als unbegründet abgewiesen. In ihren Erwägungen hielt die belangte Behörde zunächst unter Verweis auf den Bescheid vom fest, dass zweifelsfrei der zu erhaltende konsensgemäße Zustand feststehe. Außer Zweifel stehe auch die Tatsache, dass durch die Änderungen an der Wehranlage die mitbeteiligte Partei als Wasserbenutzungsberechtigte in ihren Rechten verletzt werde.

Es handle sich im gegenständlichen Fall nicht um Instandhaltungsmaßnahmen nach § 50 WRG 1959, zumal an der bewilligten Anlage seit der wasserrechtlichen Bewilligung vom zwischenzeitlich bautechnische Maßnahmen durchgeführt worden seien, die als konsensüberschreitende Veränderungen und somit als eigenmächtige Neuerung im Sinne des § 138 WRG 1959 anzusehen seien.

Aus dem Gutachten des staatlich befugten und beeideten Ziviltechnikers Dipl. Ing. O. vom gehe eindeutig hervor, dass die Bauwerksgeometrie bezüglich der Aufteilung des Wasserabflusses zwischen G-Bach und K-Bach nicht dem wasserrechtlichen Konsens entspreche. Laut dem Gutachten weiche der vorgefundene Zustand unter anderem in folgenden Punkten von der wasserrechtlich bewilligten Bauwerksgeometrie ab:

"1. Die Höhendifferenz zwischen Wehrschwelle und Sohle - Ausleitungsöffnung ist um rund 11 mm größer als wasserrechtlich bewilligt. Damit ist der abflusswirksame Querschnitt der Ausleitungsöffnung vor Überlauf über die Wehrschwelle um 154 cm2 größer.

Dies bedeutet, dass statt rund 35 l/s (bei 0,6 cm Wassertiefe) rund 46 l/s (bei 7,1 cm Wassertiefe) in den K-Bach abfließen, bevor Wasser über die Wehrschwelle in den G-Bach fließt (Näherungsberechnung nach Manning-Strickler). Bei 10,0 cm bzw. 11,1 cm Wassertiefe beträgt der Abfluss in den K-Bach 75 l/s bzw. 88 l/s, die konsenslose Differenz also rund 13 l/s.

2. Die Ausleitungsöffnung in den K-Bach ist um durchschnittlich 15 mm höher als wasserrechtlich bewilligt. Die Öffnung hat eine Querschnittsfläche von 1610 cm2, bewilligt werden 140 cm2.

Dies hat zur Folge, dass bei größerer Wasserführung (Wasserspiegel an der Ausleitungsöffnung > 10 cm) zusätzlich Wasser in den K-Bach abgegeben wird. Bei einer Wasserspiegelhöhe von 12 cm an der Ausleitungsöffnung ist die Austrittsöffnung eingestaut. Bei Hochwasser wird das Ausleitungsbauwerk in Richtung K-Bach überströmt.

3. Die Zuströmrichtung zur Wehrschwelle wird durch den am rechten Ufer eingebauten Holzbalken in Richtung Ausleitungsöffnung K-Bach verändert."

Diesem fachlich fundierten Gutachten - so die belangte Behörde weiter - sei der Beschwerdeführer nicht auf derselben fachlichen Ebene entgegengetreten. In der Berufung werde lediglich vorgebracht, dass die Angaben von Dipl. Ing. O. (7,1 cm sowie Angaben zur Ausleitungsöffnung in den K-Bach) angezweifelt würden. Ein in Aussicht gestelltes Gegengutachten sei nicht vorgelegt worden. Ein mit den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen nicht im Widerspruch stehendes Gutachten eines staatlich beeideten Ziviltechnikers könne aber in seiner Beweiskraft nur durch ein gleichwertiges Gutachten, somit auf gleicher fachlicher Ebene (durch Einholung eines Gutachtens eines Privatsachverständigen) bekämpft werden.

Hinsichtlich des Vorschlages des Beschwerdeführers, die gebaute Wehrschwelle von derzeit 4 m auf eine Länge von 3,10 m laut wasserrechtlicher Bewilligung vom rückzubauen, führte die belangte Behörde abschließend aus, dass nach dem durchgeführten Ermittlungsverfahren der BH diese Veränderung in Absprache mit der Wasserrechtsbehörde erfolgt und ein Rückbau auf 3,10 m aus der Sicht der Wildbach- und Lawinenverbauung nicht möglich sei. Die vorgeschriebene Maßnahme unter Punkt 4. des wasserpolizeilichen Auftrages der BH spreche ohnehin nur davon, den im rechten Uferbereich eingebauten Holzbalken nicht zu verändern. Eine Veränderung bzw. Verkürzung auf die genehmigten 3,10 m werde nicht gefordert.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte den Verwaltungsakt vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Die mitbeteiligte Partei trat der Beschwerde ebenfalls in einer Gegenschrift entgegen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 idF BGBl. I Nr. 155/1999 ist unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen.

Als eigenmächtige Neuerung ist die Errichtung von Anlagen oder die Setzung von Maßnahmen zu verstehen, für die eine wasserrechtliche Bewilligung einzuholen gewesen wäre, eine solche aber nicht erwirkt wurde. Hiebei kann es sich um völlig konsenslose aber auch um konsensüberschreitende Veränderungen handeln (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/07/0054, mwN).

Gemäß § 138 Abs. 6 WRG 1959 sind als Betroffene im Sinne des Abs. 1 die Inhaber bestehender Rechte (§ 12 Abs. 2), die Fischereiberechtigten sowie die Einforstungsberechtigten anzusehen.

In der Beschwerde wird vorgebracht, das durchgeführte Verwaltungsverfahren sei mangelhaft geblieben, weil die belangte Behörde das im angefochtenen Bescheid erwähnte, von der mitbeteiligten Partei stammende Privatgutachten ihrer Entscheidung nicht zugrunde legen hätte dürfen. Die belangte Behörde hätte vielmehr einen unabhängigen Gutachter beauftragen bzw. einen Amtssachverständigen des Amtes der Kärntner Landesregierung beiziehen müssen. Das Privatgutachten berücksichtige in keiner Weise, dass der Beschwerdeführer seit der Umsetzung der wasserrechtlichen Bewilligung vom durch seine Rechtsvorgänger keine bautechnischen Maßnahmen gesetzt habe, die eine konsensüberschreitende Veränderung, wie sie von der Behörde festgestellt worden sei, rechtfertigen würden. Abgesehen von dem bereits von der belangten Behörde festgestellten Rückbau der Wehrschwelle von 4 m auf 3,10 m (unter Konsensherbeiführung) habe der Beschwerdeführer keine sonstigen abändernden Baumaßnahmen gesetzt. Hätte die belangte Behörde einen Amtssachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt, wäre sie daher zur Kenntnis gelangt, dass der Beschwerdeführer in diesem Sinn keine eigenmächtige Neuerung vorgenommen habe.

Dieses Vorbringen erweist sich im Ergebnis als berechtigt.

Wird die Aufnahme eines Beweises durch Sachverständige notwendig, so sind gemäß § 52 Abs. 1 AVG die der Behörde beigegebenen oder zur Verfügung stehenden amtlichen Sachverständigen (Amtssachverständige) beizuziehen. Wenn Amtssachverständige nicht zur Verfügung stehen oder es mit Rücksicht auf die Besonderheit des Falles geboten ist, kann die Behörde gemäß § 52 Abs. 2 AVG aber ausnahmsweise andere geeignete Personen als Sachverständige (nichtamtliche Sachverständige) heranziehen. Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, so kann die Behörde gemäß § 52 Abs. 3 AVG dennoch nichtamtliche Sachverständige heranziehen, wenn davon eine wesentliche Beschleunigung des Verfahrens zu erwarten ist. Die Heranziehung ist jedoch nur zulässig, wenn sie von demjenigen, über dessen Ansuchen das Verfahren eingeleitet wurde, angeregt wird und die daraus entstehenden Kosten einen von dieser Partei bestimmten Betrag voraussichtlich nicht überschreiten.

Werden nicht nach Maßgabe des § 52 AVG Amtssachverständige oder von der Behörde bestellte sonstige Sachverständige herangezogen, sondern andere Sachverständige (Privatgutachter), deren Aussagen von einer Partei des Verfahrens vorgelegt wurden, so sind diese nach hg. Judikatur einer Überprüfung durch Sachverständige iSd § 52 AVG zu unterziehen; gegebenenfalls ist dann aber nicht noch ein (zusätzliches) Gutachten eines Sachverständigen iSd § 52 AVG notwendig (vgl. etwa die Erkenntnisse vom , Zl. 2002/05/0751, vom , Zl. 2006/06/0237, vom , Zl. 2009/06/0015, und vom , Zl. 2009/10/0141, jeweils mwN).

Die belangte Behörde stützte ihre Beurteilung, dass die derzeitige Bauwerksgeometrie der Anlagen des Beschwerdeführers nicht dem wasserrechtlichen Konsens entspreche bzw. bautechnische Maßnahmen durchgeführt worden seien, die als eigenmächtige Neuerung im Sinn des § 138 WRG anzusehen seien, auf das von der mitbeteiligten Partei in Auftrag gegebene und vorgelegte Gutachten des Ziviltechnikers Dipl. Ing. O. vom . Dieses Gutachten liegt - ebenso wie der Antrag der mitbeteiligten Partei auf Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages sowie allfällige Unterlagen über den von der BH durchgeführten Ortsaugenschein - in dem dem Verwaltungsgerichtshof von der belangten Behörde übermittelten Verwaltungsakt nicht auf. Wenngleich im angefochtenen Bescheid ausgeführt wurde, dass anlässlich des am durchgeführten Ortsaugenscheines eine vermessungstechnische Aufnahme des Ausleitungsbauwerkes durch ein befugtes Unternehmen "vereinbart" worden sei, besteht angesichts der weiteren Ausführungen der belangten Behörde kein Zweifel daran, dass das Gutachten des Ingenieurkonsulenten Dipl. Ing. O. "im Auftrag (der mitbeteiligten Partei)" erstellt wurde und als "Privatgutachten" im Sinn der zitierten Judikatur zu qualifizieren ist.

Der Beschwerdeführer hatte in seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid die dem Privatgutachten und in weiterer Folge dem erteilten wasserpolizeilichen Auftrag zugrunde liegenden Abmessungen bzw. Angaben des Privatsachverständigen im Zusammenhang mit der Wehrschwellenoberkante des Ausleitungsbauwerkes und der Ausleitungsöffnung in den K-Bach (Punkte 1. und 3. des wasserpolizeilichen Auftrages) angezweifelt und im Zusammenhang mit dem ersten Punkt auch auf von ihm selbst durchgeführte "genaue Abmessungen" verwiesen. Zwar hat der Beschwerdeführer in weiterer Folge keine Unterlagen über die von ihm angekündigte Überprüfung durch "seinen" staatlich befugten und beeideten Zivilingenieur vorgelegt. Vor dem Hintergrund der zitierten Judikatur hätte sich die belangte Behörde aber angesichts des gegen das Privatgutachten gerichteten und bereits dessen Grundlagen als unrichtig behauptenden Vorbringens des Beschwerdeführers nicht allein auf das Argument stützen dürfen, der Beschwerdeführer sei dem Privatgutachten nicht auf derselben fachlichen Ebene entgegengetreten. Eine Überprüfung des vorgelegten Privatgutachtens und der diesem zugrunde liegenden, von Dipl. Ing. O. vorgenommenen, vom Beschwerdeführer jedoch als unrichtig bemängelten Abmessungen durch einen (Amts)sachverständigen iSd § 52 AVG ist unterblieben. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid aber auch nicht näher begründet, weshalb sie von der Richtigkeit der dem Privatgutachten zugrunde liegenden Abmessungen ausgegangen ist. Sie hat dadurch den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.

Vor diesem Hintergrund ist auf das weitere Beschwerdevorbringen, der Beschwerdeführer habe selbst keine eigenmächtige Neuerung vorgenommen (vgl. dazu gegebenenfalls aber auch die zur "Zustandsstörerhaftung" in Bumberger/Hinterwirth, WRG (2008) E 87 ff. zitierte Judikatur), ein wasserpolizeilicher Auftrag sei allein schon wegen einer mehr als drei Jahre dauernden Freiheitsersitzung unzulässig (vgl. dazu aber etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/07/0085), und es stehe nach dem durchgeführten Verfahren auch nicht fest, dass das der mitbeteiligten Partei (als "Betroffener" im Sinn des § 138 Abs. 6 WRG 1959) bescheidgemäß eingeräumte Wasserbenutzungsrecht von 50 l/s beeinträchtigt sei, nicht näher einzugehen.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §52 Abs1;
AVG §52 Abs2;
AVG §52 Abs3;
AVG §52;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
WRG 1959 §138 Abs1 lita idF 1999/I/155;
WRG 1959 §138 Abs6;
WRG 1959 §50 Abs1;
Schlagworte
Begründung Begründungsmangel
Besondere Rechtsgebiete
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2012:2012070007.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
FAAAE-70304