VwGH vom 23.02.2012, 2009/22/0144
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Dr. Mauer-Kober und den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde der N, vertreten durch Dr. Herbert Eisserer, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Alser Straße 34/40, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom , Zl. 153.170.2-III/4/09, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin, eine ägyptische Staatsangehörige, beantragte am persönlich in Wien die Erteilung eines Aufenthaltstitels als Familienangehörige eines Österreichers. Diesen Antrag wies der Landeshauptmann von Wien mit Bescheid vom gemäß § 13 Abs. 3 AVG iVm § 19 Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) mit der Begründung zurück, dass dem Antrag bestimmte Urkunden nicht beigelegt gewesen seien.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom gab die belangte Behörde der gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung nicht Folge und führte zur Begründung im Wesentlichen aus:
Der Beschwerdeführerin seien drei Verbesserungsaufträge gemäß § 13 Abs. 3 AVG erteilt worden.
Verlangt worden seien
"- Persönliche Vorsprache von Ihnen und Ihrem Gatten mit aktuellem Reisepass
-Geburtsurkunde von Ihnen
-Nettoeinkommensnachweis der letzten 3 Monate Ihres Gatten
(Gehaltszettel brutto + netto, AMS-Bescheid, etc.)
- Aktueller Versicherungsdatenauszug der Gebietskrankenkasse Ihres Gatten
-Aktueller Meldezettel Ihres Gatten
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- | Aktueller Nachweis eines Rechtsanspruches auf eine ortsübliche Unterkunft im Original (Hauptmietvertrag, Untermietvertrag mit Genehmigung der Hausverwaltung, Eigentumsnachweis, bestandsrechtlicher Vorvertrag). |
- | Falls vorhanden: Führungszeugnis aus dem Herkunftsland im Original mit beglaubigter Übersetzung (nicht älter als 90 Tage)". |
Im Verbesserungsauftrag sei auf die Säumnisfolgen hingewiesen worden. Den Verbesserungsaufträgen sei in keinem Punkt entsprochen worden. Dadurch sei eine geschäftsmäßige Behandlung des Antrages nicht möglich gewesen. |
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:
Gemäß § 19 Abs. 3 NAG in der Stammfassung (BGBl. I Nr. 100/2005) ist der Bundesminister für Inneres ermächtigt, durch Verordnung festzulegen, welche Urkunden und Nachweise für den jeweiligen Aufenthaltszweck (Abs. 2) dem Antrag jedenfalls anzuschließen sind.
Von der mit § 19 Abs. 3 NAG eingeräumten Verordnungsermächtigung wurde in den §§ 6 bis 9 Niederlassungsgesetz-Durchführungsverordnung (NAG-DV), BGBl. II Nr. 451/2005 idF BGBl. II Nr. 8/2007, Gebrauch gemacht. So fordert § 7 Abs. 1 Z 1 NAG-DV die Vorlage einer Kopie des gültigen Reisedokumentes gemäß § 2 Abs. 1 Z 2 und 3 NAG. Der belangten Behörde ist darin beizupflichten, dass das Fehlen dieser Urkunde regelmäßig einen Mangel nach § 13 Abs. 3 AVG begründet (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2010/22/0146). Aus dem Verwaltungsakt ist jedoch ersichtlich, dass anlässlich der Antragstellung Fotokopien des Reisepasses angefertigt wurden. Somit ist die Beschwerdeführerin diesem Erfordernis ohnedies nachgekommen. Sofern sich die Aufforderung "Persönliche Vorsprache von Ihnen und Ihrem Gatten mit aktuellem Reisepass" auf den Reisepass des Ehemannes der Beschwerdeführerin bezieht, fehlt für eine derartige Aufforderung eine gesetzliche Grundlage.
Soweit im angefochtenen Bescheid auf eine fehlende Geburtsurkunde abgestellt wird, ist der belangten Behörde entgegenzuhalten, dass ein beglaubigter Auszug aus dem Geburtsregister - vorgelegt anlässlich einer früheren Antragstellung - im Verwaltungsakt erliegt.
Die übrigen Teile des Verbesserungsauftrages sind nicht durch § 19 Abs. 3 NAG iVm §§ 6 bis 9 NAG-DV gedeckt.
Beim Erfordernis des § 7 Abs. 1 Z 7 NAG-DV ("Nachweis des gesicherten Lebensunterhaltes") handelt es sich um die Postulierung einer Mitwirkungspflicht im Ermittlungsverfahren, wonach ein Fremder initiativ nachzuweisen hat, dass der Unterhalt für die beabsichtigte Dauer des Aufenthalts gesichert erscheint; es liegt aber kein "Mangel" im Sinn des § 13 Abs. 3 AVG vor (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2008/21/0302). Nichts anderes gilt für die materielle Voraussetzung zur Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 11 Abs. 2 Z 2 NAG, wonach ein Rechtsanspruch auf eine ortsübliche Unterkunft nachzuweisen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2010/22/0055 bis 0059).
Für das Verlangen auf Vorlage eines Versicherungsdatenauszuges des Ehemannes und seines Meldezettels fehlt jede gesetzliche Grundlage.
Letztlich kann die Nichtvorlage eines Nachweises "falls vorhanden" nicht zur Zurückweisung führen.
Da somit zum einen die Antragszurückweisung nicht durch § 19 Abs. 3 NAG iVm § 7 Abs. 1 NAG-DV gedeckt ist und zum anderen erforderliche Urkunden ohnedies im Akt erliegen, hat die belangte Behörde zu Unrecht die Zurückweisung des Antrages bestätigt.
Demnach war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am