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VwGH vom 23.02.2012, 2009/22/0142

VwGH vom 23.02.2012, 2009/22/0142

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober und den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des S, vertreten durch Dr. Michael Drexler, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Hörlgasse 4/5, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom , Zl. 153.179/2-III/4/09, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines indischen Staatsangehörigen, auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" zwecks Familienzusammenführung mit seiner die österreichische Staatsbürgerschaft besitzenden Ehefrau gemäß § 11 Abs. 2 Z 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.

Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer bei seiner Antragstellung über die österreichische Botschaft in New Delhi zum Nachweis eines gesicherten Einkommens seiner Ehefrau eine von EW ausgestellte Einkommensbestätigung vom vorgelegt habe. EW sei als Inhaber des gleichnamigen "Zeitschriftenhandels" im April 2006 verstorben und es sei mit seinem Tod "die Firma geschlossen" worden. Es stehe somit eindeutig fest, dass die nach dem Tod des Firmeninhabers ausgestellte Einkommensbestätigung als falsches Beweismittel in einem verwaltungsbehördlichen Verfahren zu werten sei. Der Beschwerdeführer habe unter Verwendung einer falschen Einkommensbestätigung versucht, eine Niederlassungsbewilligung erteilt zu bekommen. Somit würde sein Aufenthalt im Bundesgebiet zu einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung führen.

In der Berufung habe der Beschwerdeführer angegeben, dass nicht ihn, sondern seine Ehefrau das Verschulden an der inkriminierten Handlung treffe. Dazu werde festgestellt, dass alle notwendigen Unterlagen "dem Antrag über die Botschaft angeschlossen" gewesen seien und der Beschwerdeführer somit zum Zeitpunkt der Antragstellung von der besagten Einkommensbestätigung Bescheid gewusst habe, weil er diese bei der Botschaft vorgelegt habe. Außerdem könne davon ausgegangen werden, dass seine Ehefrau etwaige für das Verfahren wichtige Schritte in seinem Interesse vorher mit ihm abgesprochen habe.

In der Folge nahm die belangte Behörde eine Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK zu Lasten des Beschwerdeführers vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:

Der belangten Behörde ist Recht zu geben, dass den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Normen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung - und damit eines von Art. 8 Abs. 2 EMRK erfassten Interesses - ein hoher Stellenwert zukommt. Es ist der belangten Behörde daher auch darin beizupflichten, dass die Vorlage falscher Urkunden durch einen Antragsteller mit dem Ziel der Erlangung eines Aufenthaltstitels eine schwere Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesen, insbesondere an einer geregelten Zuwanderung, darstellt. Bei der Auslegung des unbestimmten Gesetzesbegriffes "sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde" in § 11 Abs. 4 Z 1 NAG ist aber eine das Gesamtverhalten eines Fremden berücksichtigende Prognosebeurteilung geboten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2009/22/0239).

Nun geht die belangte Behörde zutreffend davon aus, dass das Verhalten des Beschwerdeführers selbst maßgeblich ist. Ein dem Beschwerdeführer zurechenbares Fehlverhalten leitet sie daraus ab, dass er selbst die falsche Einkommensbestätigung vorgelegt habe und davon ausgegangen werden könne, dass dies in Absprache mit seiner Ehefrau erfolgt sei.

Diese Argumente reichen jedoch nicht aus, um den von der belangten Behörde gezogenen Schluss auf ein die öffentliche Ordnung gefährdendes Verhalten des Beschwerdeführers zu tragen. Auch wenn er die falsche Einkommensbestätigung bei der Antragstellung vorgelegt hat, ist daraus noch nicht abzuleiten, dass ihm der Inhalt dieser in deutscher Sprache ausgestellten Bestätigung auch bewusst war, zumal der Schluss naheliegt, dass seine Ehefrau diese Urkunde besorgt hat. Die weitere Vermutung der belangten Behörde, dass die Ehepartner in gemeinsamer Absicht eine falsche Einkommensbestätigung vorgelegt haben, ist zwar keinesfalls von der Hand zu weisen. Der belangten Behörde ist jedoch ein Verfahrensmangel derart vorzuwerfen, dass sie sich mit dieser Vermutung begnügt und keine weiteren Ermittlungen vorgenommen hat. In der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid hat der Beschwerdeführer ausdrücklich vorgebracht, er habe sich darauf verlassen können, dass die von seiner Ehefrau beigeschafften Urkunden ihre Richtigkeit hätten. Zu dieser Frage hat die belangte Behörde kein Ermittlungsverfahren durchgeführt. Damit hat sie den angefochtenen Bescheid mit einem relevanten Verfahrensmangel belastet.

Aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Umsatzsteuer im Pauschalbetrag bereits enthalten ist.

Wien, am

Fundstelle(n):
OAAAE-70272