VwGH 14.05.2014, 2012/06/0232
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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RS 1 | Das Vorbringen des Nachbarn, hinsichtlich des Schallschutzes werde auf die einschlägigen Normen verwiesen, stellt keine Einwendung im Rechtssinn dar. Auch mit dem "Einspruch" gegen die Fenster im Obergeschoß des Stöcklgebäudes wird kein subjektiv-öffentliches Recht gemäß § 25 Abs. 3 lit d Tir BauO 2001 geltend gemacht, weil daraus nicht erkennbar ist, die Verletzung welchen Rechtes damit behauptet werden soll. |
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RS 2 | Auf Grund des bestehenden Eintragungsgrundsatzes verschafft ein Schenkungsvertrag noch kein Eigentum; dazu ist vielmehr die Verbücherung des Vertrages erforderlich (Hinweis E vom , 2010/06/0063). |
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RS 3 | Eine "Generaleinwendung", wie sie der Beschwerde scheinbar vorschwebt, mit der "alle möglichen nachbarrechtlichen Einwendungen" abgedeckt werden, ist in der Tir BauO 2001 nicht vorgesehen. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und die Hofrätin Dr. Bayjones, den Hofrat Dr. Moritz, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde 1. der M O in S, 2. der W S in
H sowie 3. des G S in H, alle vertreten durch Dr. Johannes Margreiter, Rechtsanwalt in 6060 Hall in Tirol, Pfarrplatz 1, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , Zl. RoBau-8-1/779/1-2012, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien:
1. M GmbH, vertreten durch Dipl.-Ing. Mag. Fedor Celigoj, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Templstraße 6; 2. Stadtgemeinde H), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und der erstmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schriftsatz vom (eingelangt bei der Baubehörde erster Instanz am ) beantragte die erstmitbeteiligte Partei (im Folgenden: Bauwerberin) unter Beilage von Planunterlagen (datiert vom ) die Erteilung einer Baubewilligung für die Sanierung des Erdgeschosses, den Dachgeschossausbau sowie die Sanierung der Veranda (im Folgenden: Stöcklgebäude) betreffend ein Bestandsgebäude auf dem Grundstück Nr. .63 in der zweitmitbeteiligten Stadtgemeinde.
Die beschwerdeführenden Parteien haben Miteigentum an dem westlich unmittelbar an das Baugrundstück angrenzenden Grundstück. In der mündlichen Verhandlung erhob die Erstbeschwerdeführerin folgende Einwendungen:
"Es wird vorgebracht, dass an der gemeinsamen GG die Häuser, K(…)straße 20 und 22, eine durchgehende Feuermauer (vom EG bis DG) auszubilden ist (OIB).
Es wird urgiert, dass die Baumaßnahmen durch einen befugten Statiker zu begleiten sind.
Gemäß Bauaufnahmen der Uni-Ibk, 1975-April, ist ersichtlich, dass innerhalb der in den DKM ersichtlichen GG eine Mauer in einer Höhe von ca. 1 m besteht (auf Gst Nr. .63).
Die gemeinsame Dachrinne an der Südseite darf keine nachteilige Veränderung erfahren.
Hinsichtlich Schallschutz wird auf die einschlägigen Normen verwiesen.
Weiters wird die Anordnung von Fenstern im 1. OG des Stöcklgebäudes beeinsprucht, da im Altbestand keine vorhanden sind.
Ergänzend wird mitgeteilt, dass im Hauptgebäude (Keller) Setzungen nicht auszuschließen sind."
Die Zweitbeschwerdeführerin erhob folgende Einwendungen:
"Es wird vorgebracht, dass die Nutzung einer Teilfläche im Hof seit Generationen stattfindet und verweist auf einen Schenkungsvertrag. Im Übrigen schließt sich (die Zweitbeschwerdeführerin) an die Ausführungen der (Erstbeschwerdeführerin) an."
Der Drittbeschwerdeführer schloss sich den Stellungnahmen der Erst- und Zweitbeschwerdeführerinnen an und brachte ergänzend vor, laut Schenkungsvertrag gehe eine Gartenfläche in sein und das Eigentum der Zweitbeschwerdeführerin über.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der zweitmitbeteiligten Stadtgemeinde vom wurde der Bauwerberin die Genehmigung für den "Umbau des bestehenden Haupthauses, Ausbau des Dachgeschosses sowie Abbruch und Neubau des nördlichen Anbaus (Atelier) beim Bestandsobjekt" unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Die Einwendungen der beschwerdeführenden Parteien wurden teilweise als unbegründet abgewiesen und teilweise als unzulässig zurückgewiesen. Hinsichtlich des behaupteten Überganges einer Teilfläche des Hofes in das Eigentum der zweit- und drittbeschwerdeführenden Parteien wurden diese auf den ordentlichen Rechtsweg verwiesen.
Die beschwerdeführenden Parteien beriefen und brachten darin unter anderem vor, die in der digitalen Katastralmappe dargestellte Grundstücksgrenze sei weniger als 2 m - nämlich 1,20 m - von der westlichen Außenwand des nördlichen Zubaus zum Bestandsobjekt entfernt, weshalb gemäß Punkt 4.1. OIB Richtlinie 2 die Außenwand als brandabschnittsbildende Wand auszubilden sei.
Die Berufungsbehörde holte im Rahmen eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens die Vermessungspläne von Dipl.-Ing. E vom (Lageplan Situation) und vom (Fassadenhöhen) ein. Dazu räumte die Berufungsbehörde mit Schriftsatz vom Parteiengehör ein.
In ihrer Stellungnahme vom führten die beschwerdeführenden Parteien aus, aus der Höhenaufnahme ergebe sich eine Höhe des Stöcklgebäudes an der Westseite von 5,28 m. Diese Höhe sei mit der im Einreichprojekt geplanten Höhe der westlichen Außenwand zu vergleichen. Die Wandhöhe dürfe nicht vergrößert werden (§ 9 Abs. 6 TBO 2001).
Darauf beauftragte die Berufungsbehörde die Bauwerberin, die Planbeilagen hinsichtlich der Absoluthöhen zu ergänzen, sodass die westseitig geplante Wandhöhe mit der westseitig gegebenen Bestandshöhe vergleichbar sei.
Mit Schriftsatz vom gab die belangte Behörde den beschwerdeführenden Parteien neuerlich Gelegenheit zur Stellungnahme und führte dabei aus, aus den vorgelegten Plänen vom ergebe sich, dass sich die Oberkante der westseitigen Wand auf 5,94 m befinde, was einer Absoluthöhe von 583,64 m entspreche. Die bestehende Oberkante des Daches werde laut Planbeilage von Dipl.-Ing. E mit einer Absoluthöhe von 583,46 m angegeben. Daraus ergebe sich, dass eine Überschreitung der Bestandshöhe nicht vorliege.
Dazu brachten die beschwerdeführenden Parteien in ihrer Stellungnahme vom vor, die Planunterlagen entsprächen nicht den Vorgaben des § 1 Abs. 1 der Planunterlagenverordnung 1998; es könne nicht beurteilt werden, ob sich die Höhenverhältnisse in einem anderen Bereich der Schnittführung nicht gänzlich anders darstellten, weil keine Ansichtspläne vorlägen; dem vorgelegten Schnitt sei der Verlauf des anschließenden Geländes vor und nach der Bauführung nicht zu entnehmen, sodass eine endgültige Aussage über die zulässige Bauhöhe nicht möglich sei.
Mit Bescheid vom wies der Stadtrat der zweitmitbeteiligten Stadtgemeinde die Berufung der beschwerdeführenden Parteien als unbegründet ab. Hinsichtlich der geplanten Höhe des Stöcklgebäudes verwies die Berufungsbehörde auf die Ermittlungsergebnisse und führte weiter aus, aus den Einreichunterlagen sei eindeutig ersichtlich, dass das bestehende Urgelände nicht verändert werde. Es werde festgestellt, dass die westliche Außenwand des Stöcklgebäudes einen Abstand von mehr als 2 m zur Grundstücksgrenze der beschwerdeführenden Parteien (Gst. Nr. .62) aufweise. Der in der Berufung angeführte Abstand von 1,20 m beziehe sich nicht auf das Grundstück Nr. .62, sondern auf Nr. 24; dieses stehe im Eigentum der Bauwerberin, weshalb die beschwerdeführenden Parteien diesbezüglich keine Verletzung ihrer Nachbarrechte einwenden könnten.
Ihre dagegen erhobene Vorstellung vom begründeten die beschwerdeführenden Parteien im Wesentlichen damit, dass die Baubehörden die Frage, ob die Mindestabstände eingehalten würden, durch entsprechende Ermittlungen zu klären hätten. Der eingeholte Lageplan des Vermessungsbüros Dipl.-Ing. E sei jedoch nicht geeignet, eine Klärung des Verlaufes der maßgeblichen Grundgrenzen herbeizuführen, weil er keine Legende beinhalte und auch keine Abstandsmaße eingetragen seien, sodass die von der Berufungsbehörde angenommenen Grenzabstände nicht nachvollziehbar seien. Vielmehr ergebe sich aus dem Lageplan von Dipl.-Ing. E vom , dass zur westlichen Außenwand des projektierten Gebäudes ein Abstand von weniger als 2 m gegeben sei. Darüber hinaus stelle die in der digitalen Katastralmappe dargestellte östliche (gemeint wohl: westliche) Grenze nicht die zivilrechtliche Eigentumsgrenze dar. Diesbezüglich hätten die beschwerdeführenden Parteien subjektiv-öffentliche Nachbarrechte gemäß § 6 TBO eingewendet. Zur Beurteilung der Gebäudehöhe sei es auch erforderlich, den Verlauf des anschließenden Geländes vor und nach der Bauführung darzustellen.
Mit dem angefochtenen Bescheid (vom ) wies die belangte Behörde die Vorstellung der beschwerdeführenden Parteien als unbegründet ab. In ihrer Begründung wies sie darauf hin, dass die beschwerdeführenden Parteien in der Vorstellung entgegen ihrem bisherigen Vorbringen nur noch Einwendungen betreffend brandschutzrechtliche Belange in Hinblick auf das nördlich zu errichtende Stöcklgebäude und damit zusammenhängend Einwendungen in Hinblick auf eine gebotene Ermittlung des maßgeblichen Grenzabstandes in diesem Bereich zur Beurteilung der notwendigen brandschutztechnischen Ausführung der westseitigen Außenwand des Stöcklgebäudes sowie Vorhalte zur Höhenermittlung desselben geltend gemacht hätten. Zu der geplanten Verwendungszweckänderung des Stöcklgebäudes und der damit vorgesehenen Fensteröffnung und der Zulässigkeit allfälliger Immissionsauswirkungen seien in der Vorstellung keine Vorhalte mehr vorgebracht worden. Darüber hinaus seien bezüglich der Brandschutzmaßnahmen an der zwischen den Gebäuden Nr. 20 und 22 bestehenden Feuermauer keine Einwendungen mehr erhoben worden. Über die in der Vorstellung behaupteten Rechtsverletzungen hinaus sei der belangten Behörde auf Grund ihrer eingeschränkten Prüfungsbefugnis eine Prüfung verwehrt gewesen.
Der Umfang der an sich beachtlichen Nachbarrechte sei durch das Vorbringen in der mündlichen Verhandlung am abgesteckt worden. Hinsichtlich des Brandschutzes hätten die beschwerdeführenden Parteien die Ausbildung einer durchgehenden Feuermauer an den Häusern K-Gasse 20 und 22 vom Erdgeschoss bis zum Dachgeschoss gefordert. Daher dürfe das diesbezügliche Vorbringen in der Vorstellung von der belangten Behörde auch nur in diesem Umfang aufgegriffen werden. Fragen des Brandschutzes in Hinblick auf das neu zu errichtende Stöcklgebäude im Norden seien von den beschwerdeführenden Parteien erstmals im Rahmen ihrer Berufung geltend gemacht worden. Diesbezüglich sei jedoch Präklusion eingetreten. Mit den Einwendungen, die in der digitalen Katastralmappe im nördlichen Bereich des Grundstückes Nr. .62 dargestellte östliche (gemeint wohl: westliche) Grenze stelle nicht die zivilrechtliche Eigentumsgrenze dar, sei lediglich ein Recht auf Nutzung einer Teilfläche dieses Grundstückes als Garten auf Grund eines privatrechtlichen Titels ins Treffen geführt worden, nicht jedoch ein Vorbringen auf Prüfung der Abstandsvorschriften. Hinsichtlich allenfalls erforderlicher brandschutztechnischer Maßnahmen gegenüber der Grundstücksgrenze zum Grundstück Nr. 24 sei den beschwerdeführenden Parteien kein nachbarrechtliches Mitspracherecht eingeräumt, weil sie ein solches nur im Verhältnis zum eigenen Grundstück geltend machen könnten; das Grundstück Nr. 24 stehe jedoch nicht in ihrem Eigentum. Soweit sich die beschwerdeführenden Parteien auf Belange der Höhenermittlung des wieder aufzubauenden Stöcklgebäudes bezögen, seien auch diese Einwendungen erstmals in der Berufung erhoben worden und somit präkludiert.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift - ebenso wie die Bauwerberin - die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zunächst wird festgehalten, dass auf den vorliegenden, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden sind.
Auf das gegenständliche Beschwerdeverfahren sind folgende Regelungen der Tiroler Bauordnung 2001 - TBO 2001, LGBl. Nr. 94/2001, in der Fassung LGBl. Nr. 40/2009 anzuwenden:
"§ 6
Abstände baulicher Anlagen
von den übrigen Grundstücksgrenzen
und von anderen baulichen Anlagen
(1) Sofern nicht aufgrund der in einem Bebauungsplan festgelegten geschlossenen oder besonderen Bauweise oder aufgrund von darin festgelegten Baugrenzlinien zusammenzubauen bzw. ein anderer Abstand einzuhalten ist, muss jeder Punkt auf der Außenhaut von baulichen Anlagen gegenüber den Grenzen des Bauplatzes zu den angrenzenden Grundstücken mindestens einen horizontalen Abstand aufweisen, der
a) ...
(9) Erfüllt ein nach früheren baurechtlichen Vorschriften rechtmäßig bestehendes Gebäude die Voraussetzungen nach den Abs. 1 bis 4 und 6 nicht, so sind ein Umbau, ein geringfügiger Zubau oder eine sonstige Änderung dieses Gebäudes, eine Änderung seines Verwendungszweckes oder sein Wiederaufbau im Falle des Abbruches oder der sonstigen Zerstörung auch dann zulässig, wenn
a) von diesen Voraussetzungen nicht weiter als bisher abgewichen wird,
den Erfordernissen des Brandschutzes entsprochen wird und
bei einer Änderung des Verwendungszweckes weiters keine zusätzlichen nachteiligen Auswirkungen auf die angrenzenden Grundstücke, insbesondere durch Lärm, zu erwarten sind.
An jener Seite des Gebäudes, an der die Mindestabstände unterschritten werden, darf die Wandhöhe gegenüber dem bestehenden Gebäude nicht vergrößert werden. Dieser Absatz gilt sinngemäß für die Änderung und die Wiedererrichtung sonstiger baulicher Anlagen.
(10) ...
§ 25
Parteien
(1) Parteien im Bauverfahren sind der Bauwerber und die Nachbarn.
(2) Nachbarn sind die Eigentümer der Grundstücke, die unmittelbar an den Bauplatz angrenzen oder deren Grenzen zumindest in einem Punkt innerhalb eines Abstandes von 15 m zu einem Punkt der Bauplatzgrenze liegen. Nachbarn sind weiters jene Personen, denen an einem solchen Grundstück ein Baurecht zukommt.
(3) Nachbarn, deren Grundstücke unmittelbar an den Bauplatz angrenzen oder deren Grenzen zumindest in einem Punkt innerhalb eines Abstandes von 5 m zu einem Punkt der Bauplatzgrenze liegen, sind berechtigt, die Nichteinhaltung folgender bau- und raumordnungsrechtlicher Vorschriften geltend zu machen, soweit diese auch ihrem Schutz dienen:
a) der Festlegungen des Flächenwidmungsplanes, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;
der Bestimmungen über den Brandschutz;
der Festlegungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der Baufluchtlinien, der Baugrenzlinien, der Bauweise und der Bauhöhe;
der Abstandsbestimmungen des § 6;
...
(4) Die übrigen Nachbarn sind berechtigt, die Nichteinhaltung der im Abs. 3 lit. a und b genannten Vorschriften geltend zu machen, soweit diese auch ihrem Schutz dienen.
(5) ..."
Gemäß Richtlinie 2 Brandschutz des Österreichischen Institutes für Bautechnik (OIB-Richtlinie 2) sind zur Grundstücks- bzw. Bauplatzgrenze gerichtete Außenwände als brandabschnittsbildende Wände gemäß Tabelle 1b auszubilden, sofern ihr Abstand weniger als 2 m beträgt.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahrens in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 10317/A, und viele andere). Das gilt weiterhin auch für den Nachbarn, der im Sinn des § 42 AVG in der Fassung seit der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 die Parteistellung behalten hat.
Die Beschwerde rügt zunächst, die Bauwerberin habe nur um die Bewilligung für Sanierungsarbeiten im Erdgeschoss, den Ausbau des Dachgeschosses sowie die Sanierung der Veranda am Bestandsgebäude angesucht, ohne diesem Bauansuchen Planunterlagen anzuschließen; diese seien erst am bei der Baubehörde eingelangt. Von einem Abbruch und Wiederaufbau des Stöcklgebäudes mit Änderung des Verwendungszweckes sei in dem Ansuchen keine Rede gewesen. In der Kundmachung zur Bauverhandlung sei zwar ausgeführt worden, dass der "Abbruch und Neubau des nördlichen Anbaus (Atelier) beabsichtigt" sei, die Planunterlagen seien jedoch erst am bei der Behörde eingelangt. Die beschwerdeführenden Parteien seien daher von keiner auf § 6 Abs. 9 TBO 2001 gestützten Einwendung präkludiert. Die belangte Behörde habe auch keine Feststellungen getroffen, ob und inwieweit das Bestandsgebäude von den Voraussetzungen gemäß § 6 Abs. 1 bis 4 und 6 TBO 2001 abweiche, um beurteilen zu können, ob durch die beabsichtigten Baumaßnahmen die Voraussetzungen des § 6 Abs. 9 TBO 2001 eingehalten würden. Auch der bisherige Verwendungszweck sei nicht festgestellt worden. Diesbezüglich hätten die beschwerdeführenden Parteien in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich Einwendungen betreffend die Schallschutzproblematik sowie die geplante Errichtung eines Fensters im ersten Obergeschoss des Stöcklgebäudes vorgebracht. Die belangte Behörde habe jedoch keine Ermittlungen durchgeführt, was als Verletzung von Verfahrensvorschriften gerügt werde.
Den vorgelegten Verwaltungsakten zufolge langten sowohl das Baugesuch (vom ) als auch die Planunterlagen (datiert mit ) jeweils am bei der Baubehörde erster Instanz ein. Es trifft somit nicht zu, dass zum Zeitpunkt der Antragstellung und der Kundmachung der Bauverhandlung keine Planunterlagen vorgelegen wären. Aus diesen Planunterlagen ist ersichtlich, welche Baumaßnahmen im Hinblick auf das Stöcklgebäude geplant sind und dass dieser Bereich künftig für Wohnzwecke genutzt werden soll. Aus den Verwaltungsakten geht nicht hervor, dass das Bauvorhaben während des Verfahrens geändert worden wäre. Mit den im September 2011 nach Aufforderung der Berufungsbehörde von der Bauwerberin vorgelegten Planunterlagen wurden lediglich die Absoluthöhen des Stöcklgebäudes ergänzt.
Wenn die beschwerdeführenden Parteien mit ihrem Hinweis auf den Inhalt des Bauansuchens und die angeblich erst zu einem späteren Zeitpunkt vorgelegten Pläne zum Ausdruck bringen wollen, sie hätten nicht einschätzen können, ob und inwieweit ihre Interessen von den Baumaßnahmen am Stöcklgebäude betroffen sein können, ist ihnen einerseits zu entgegnen, dass der "geplante Abbruch und Neubau der nordseitigen Veranda" in der Kundmachung zur mündlichen Bauverhandlung ausdrücklich angeführt war; zum anderen erhoben die beschwerdeführenden Parteien Einwendungen betreffend die Anordnung von Fenstern im ersten Obergeschoss des Stöcklgebäudes. Der Umfang der geplanten Bauarbeiten am Stöcklgebäude war den beschwerdeführenden Parteien somit bekannt; sie hätten daher in der mündlichen Verhandlung die Verletzung ihre subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte durch die Neuerrichtung des Stöcklgebäudes geltend machen müssen.
In der mündlichen Verhandlung wurden jedoch weder die Nachbarabstände gemäß § 6 BauG, die Höhe des neu zu errichtenden Stöcklgebäudes noch die Verwendungsänderung thematisiert. Das Vorbringen, hinsichtlich des Schallschutzes werde auf die einschlägigen Normen verwiesen, stellt keine Einwendung im Rechtssinn dar (vgl. die bei Schwaighofer, Tiroler Baurecht, Rz 7 f zu § 25 TBO 2001 zitierte hg. Judikatur). Auch mit dem "Einspruch" gegen die Fenster im Obergeschoß des Stöcklgebäudes wird kein subjektiv-öffentliches Recht gemäß § 25 Abs. 3 lit d TBO 2001 geltend gemacht, weil daraus nicht erkennbar ist, die Verletzung welchen Rechtes damit behauptet werden soll (vgl. die bei Hengstschläger-Leeb, AVG, Rz 33 zu § 42 AVG zitierte hg. Judikatur, sowie die Ausführungen bei Ph. Pallitsch, Die Präklusion im Verwaltungsverfahren, S. 49 f). Im Übrigen ergibt sich aus den Verwaltungsakten, dass die geplante Neuerrichtung des Stöcklgebäudes sowohl hinsichtlich seiner Länge, Breite als auch Höhe exakt dem Altbestand entspricht; die Beschwerde zeigt nicht auf, inwiefern die Baubehörden in Hinblick auf § 6 Abs. 9 TBO 2001 durch Feststellungen über die konkreten Abweichungen des Altbestandes von den Vorgaben des § 6 Abs. 1 bis 4 und 6 leg. cit. zu einem anderen Bescheid hätten kommen können.
Die Beschwerde bringt weiter vor, die beschwerdeführenden Parteien hätten mit ihren Einwendungen betreffend den Schenkungsvertrag und die seit Generationen stattfindende Nutzung der an einer westlich des Stöcklgebäudes gelegenen Teilfläche des Baugrundstückes nicht nur ein Nutzungsrecht an dieser Fläche beansprucht, sondern "alle möglichen nachbarrechtlichen Einwendungen ausschöpfen und insbesondere die Einhaltung der brandschutztechnischen Erfordernisse" einfordern wollen. Die Grundgrenze sei insoweit maßgeblich, als gemäß Punkt 4.1. OIB Richtlinie 2 Außenwände als brandabschnittsbildende Wände auszubilden seien, sofern ihr Abstand nicht mehr als 2 m zur Grundstücks- bzw. Bauplatzgrenze betrage. Auch bei Zugrundelegung des in der digitalen Katastralmappe dargestellten Grenzverlaufes betrage der Abstand der westseitigen Außenmauer des Stöcklgebäudes zur Grundgrenze nicht mehr als 2 m.
Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass auf Grund des bestehenden Eintragungsgrundsatzes ein Schenkungsvertrag noch kein Eigentum verschafft; dazu ist vielmehr die Verbücherung des Vertrages erforderlich (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/06/0063). Darüber hinaus ging die belangte Behörde zutreffend davon aus, dass sich die Einwendungen der beschwerdeführenden Parteien, von der gemeinsamen Grundgrenze der Häuser K-Gasse 20 und 22 sei eine durchgehende Feuermauer (vom Erdgeschoss bis Dachgeschoss) auszubilden, nur auf das Hauptgebäude, das unmittelbar an das Wohnhaus der beschwerdeführenden Parteien angebaut ist und tatsächlich aus einem Erdgeschoss, zwei Obergeschossen und einem Dachgeschoss besteht, beziehen kann, nicht jedoch auf das Stöcklgebäude, weil dieses nicht unmittelbar an der Grundgrenze errichtet wird und darüber hinaus nur aus einem Erdgeschoss und einem Obergeschoss, nicht jedoch aus einem Dachgeschoss besteht. Eine "Generaleinwendung", wie sie der Beschwerde scheinbar vorschwebt, mit der "alle möglichen nachbarrechtlichen Einwendungen" abgedeckt werden, ist in der TBO 2001 nicht vorgesehen (vgl. die Ausführungen bei Schwaighofer, a.a.O., Rz 6 ff zu § 25 TBO 2001). Daraus folgt, dass die beschwerdeführenden Parteien hinsichtlich einer möglichen Verletzung ihrer Rechte im Hinblick auf die Erfordernisse des Brandschutzes bezogen auf das Stöcklgebäude präkludiert sind. Im Übrigen traten sie den mit den Planunterlagen im Einklang stehenden Feststellungen im Berufungsbescheid, wonach der westliche Abstand des Stöcklgebäudes zur Grenze des Grundstückes der beschwerdeführenden Parteien mehr als 2 m betrage und sie hinsichtlich des geringeren Abstandes zum Grundstück Nr. 24, das im Eigentum der Bauwerberin stehe, keine Verletzung ihrer Nachbarrechte geltend machen könnten, nicht entgegen. Auch aus diesem Grund geht das Beschwerdevorbringen betreffend die Forderung der Ausbildung der westlichen Außenwand des Stöcklgebäudes als Brandschutzmauer ins Leere.
Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 79 Abs. 11 VwGG und § 3 der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF Nr. 8/2014 iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am
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Schlagworte | Rechtsgrundsätze Allgemein Anwendbarkeit zivilrechtlicher Bestimmungen Verträge und Vereinbarungen im öffentlichen Recht VwRallg6/1 Bauverfahren (siehe auch Behörden Vorstellung Nachbarrecht Diverses) Parteien BauRallg11/1 Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte begründen BauRallg5/1/9 Baurecht Nachbar |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2014:2012060232.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
XAAAE-70269