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VwGH vom 13.10.2011, 2009/22/0141

VwGH vom 13.10.2011, 2009/22/0141

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder sowie die Hofrätinnen Mag. Merl und Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des S B in Wien, vertreten durch Mag. Clemens Richter, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Esteplatz 4, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom , Zl. 318.300/2-III/4/08, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines serbischen Staatsangehörigen, vom auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" zum Zweck der Familiengemeinschaft mit seiner serbischen Ehefrau gemäß § 21 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.

Dies begründete sie im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer am über Ungarn kommend mit einem Visum in das österreichische Bundesgebiet eingereist sei und am einen Asylantrag gestellt habe, der erstinstanzlich "negativ entschieden" worden sei. Die dagegen eingebrachte Berufung habe der Beschwerdeführer zurückgezogen, nachdem er am eine serbische Staatsbürgerin geheiratet habe. Seine Ehefrau verfüge seit über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EG". Am sei der gemeinsame Sohn in Wien zur Welt gekommen; dieser verfüge über eine "Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt", gültig bis .

Seit seiner Einreise im Jahr 2004 habe sich der Beschwerdeführer durchgehend im Bundesgebiet aufgehalten. Gemäß § 21 Abs. 1 NAG hätte er seinen Antrag jedoch bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einbringen und die Entscheidung darüber im Ausland abwarten müssen. Diese Bestimmung stehe daher der Bewilligung des gegenständlichen Antrages entgegen.

Ein längerer unrechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet rechtfertige in jedem Fall die Annahme einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung.

Der Antrag des Beschwerdeführers habe keine Behauptung humanitärer Gründe enthalten. In seiner Berufung habe er geltend gemacht, dass die Inlandsantragstellung aus humanitären Gründen für zulässig erklärt werden müsse. Er lebe mit seiner Familie in Österreich und habe keinerlei Beziehungen mehr zu seiner Heimat. Daher sei von Amts wegen eine Prüfung im Sinn des § 72 NAG durchgeführt worden.

Unter Hinweis auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte führte die belangte Behörde u.a. aus, dass einer Ausländerfamilie nicht das unbedingte Recht auf ein gemeinsames Familienleben in einem Vertragsstaat zustehe und auch Art. 8 EMRK keine generelle Verpflichtung eines Vertragsstaates umfasse, die Wahl des Familienwohnsitzes durch die Familienmitglieder anzuerkennen und die Zusammenführung einer Familie auf seinem Gebiet zu erlauben. Daher stelle das gemeinsame Familienleben des Beschwerdeführers mit seiner serbischen Ehefrau und seinem Kind keinen besonders berücksichtigungswürdigen humanitären Grund dar, um einer Inlandsantragstellung zuzustimmen. Ihm könne der Zuzug nach Österreich unter Einhaltung der üblichen gesetzlichen Bestimmungen zugemutet werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen hat:

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass sein Asylantrag rechtskräftig abgewiesen wurde und er nicht zum Aufenthalt in Österreich berechtigt ist. Er wendet sich auch nicht gegen die behördliche Annahme, dass es sich bei dem gegenständlichen Antrag um einen Erstantrag im Sinn des § 21 Abs. 1 NAG handelt und er diesen - entgegen dieser Bestimmung - im Inland gestellt und die Entscheidung darüber nicht im Ausland abgewartet hat.

Im Hinblick auf die Voraussetzungen des § 72 iVm § 74 NAG (jeweils in der Stammfassung), wonach ausnahmsweise - etwa im Fall eines aus Art. 8 EMRK direkt abzuleitenden Anspruches auf Familiennachzug - eine Inlandsantragstellung zuzulassen ist (vgl. des Näheren etwa das hg. Erkenntnis vom , 2008/22/0265, mwN), verweist die Beschwerde auf den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet seit April 2004, sein Familienleben mit seiner Ehefrau und dem gemeinsamen Sohn, den Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EG" seiner Ehefrau sowie die "Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt" seines Sohnes und betont seinen Anspruch aus Art. 8 EMRK auf Achtung des Privat- und Familienlebens. Diese Umstände hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid bereits ausreichend berücksichtigt.

Der Beschwerdeführer hatte in der Berufung ausreichend Gelegenheit, allenfalls vorliegende humanitäre Gründe vorzubringen. Darin hat er jedoch nur auf seinen Aufenthalt seit dem Jahr 2004 und das Zusammenleben mit seiner Familie in Österreich, wo er seinen Lebensmittelpunkt habe, sowie das Fehlen von Beziehungen zu seiner Heimat hingewiesen. Umstände, die nun in der Beschwerde vorgebracht werden, wie beispielsweise die pflegebedürftige Großmutter seiner Ehefrau sowie seine Betreuungspflichten hinsichtlich der Kinder (des gemeinsamen Sohnes und der beiden Töchter seiner Ehefrau), wurden während des Verwaltungsverfahrens nicht geltend gemacht. Bei dem diesbezüglichen Beschwerdevorbringen handelt es sich daher um im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof unzulässige Neuerungen (§ 41 Abs. 1 VwGG). Insofern geht auch die Rüge, die belangte Behörde habe dazu keine Feststellungen getroffen, ins Leere.

Aus den Verwaltungsakten geht auch nicht hervor, dass der Beschwerdeführer in den österreichischen Arbeitsmarkt integriert sei. Dies wird in der Beschwerde bestätigt. Aus der Dauer des Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet von etwas mehr als vier Jahren und dem gemeinsamen Haushalt mit seiner serbischen Ehefrau und seinem Kind ist jedoch nicht zu entnehmen, dass ein besonderer Ausnahmefall vorliegen würde, der eine Familienzusammenführung zur Abwendung eines unzulässigen Eingriffs in ein durch Art. 8 EMRK geschütztes Recht auf Familienleben erfordere, und dass der Beschwerdeführer in seinen durch Art. 8 EMRK gewährleisteten Rechten verletzt würde, wenn er die Entscheidung über einen gemäß § 21 Abs. 1 NAG grundsätzlich im Ausland zu stellenden Antrag auf Familienzusammenführung im Ausland abwarten müsste (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom ). Dabei war auch zu beachten, dass der Beschwerdeführer sein Familienleben zu einem Zeitpunkt begründet hat, als er sich seines unsicheren Aufenthaltes im Bundesgebiet bewusst sein musste und nicht darauf vertrauen durfte, auf Dauer ein Familienleben in Österreich führen zu können.

Da die behauptete Rechtsverletzung somit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
DAAAE-70267