VwGH vom 16.11.2004, 2004/17/0065

VwGH vom 16.11.2004, 2004/17/0065

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde der M G in W, vertreten durch Dr. Peter Lechenauer und Dr. Margrit Swozil, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hubert-Sattler-Gasse 10, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom , Zl. 21101-27319/1-2003, betreffend Vorschreibung einer besonderen Ortstaxe für die Jahre 1995 bis 2001, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Der Magistrat der Stadt Salzburg richtete ein mit datiertes Schreiben an die Beschwerdeführerin. In diesem wurde die Ansicht vertreten, nach Auswertung der angegebenen Daten und Überprüfung des Sachverhaltes (die Beschwerdeführerin hatte über Aufforderung einen Erhebungsbogen ausgefüllt) sei "festgestellt" worden, dass die "Wohnung" der Beschwerdeführerin nach den Bestimmungen des Salzburger Ortstaxengesetzes 1992, LGBl. Nr. 62 in der geltenden Fassung (im Folgenden: Sbg OrtstaxenG), als Ferienwohnung einzustufen sei. Die Liegenschaft der Beschwerdeführerin sei leer stehend. Eine Hauptwohnsitzmeldung liege nicht vor, Mietverträge seien nicht vorgewiesen worden. Entscheidend für das Vorliegen einer Ferienwohnung sei, dass die Wohnung nicht dem dauernden Wohnbedarf diene (also nicht den Mittelpunkt der Lebensbeziehungen bilde). Auch eine leer stehende Wohnung diene - so die Abgabenbehörde erster Instanz - nicht dem dauernden Wohnbedarf und könne einer Besteuerung unterzogen werden, wobei der bauliche Zustand ("Renovierung") keinerlei Auswirkungen habe.

Die Beschwerdeführerin erwiderte hierauf mit Schreiben vom , dass es sich bei dem gegenständlichen Objekt um ein kleines Einfamilienhaus handle, welches die Beschwerdeführerin nach ihrer im Oktober 1994 verstorbenen Mutter geerbt habe. Die Beschwerdeführerin habe sich - so das Schreiben weiter - nicht entschieden, "was letztlich mit dem Einfamilienhaus geschehen" solle. Da das Objekt ziemlich baufällig gewesen sei, sei "die erste Überlegung" gewesen, das Haus zu verkaufen oder abzureißen. Im Jahr 2000 habe die Beschwerdeführerin einen Teil des Grundstückes, auf dem sich das Einfamilienhaus befindet, ihrer Tochter schenkungsweise übergeben. Diese habe in der Folge mit dem Bau eines Wohnhauses begonnen, wobei das bestehende alte Einfamilienhaus durch "die schweren Baufahrzeuge sehr beeinträchtigt" worden sei und zur Zwischenlagerung von einzelnen Baumaterialien gedient habe. Eine Vermietung des bestehenden kleinen Einfamilienhauses sei bis zum heutigen Tage nicht erfolgt. Die Beschwerdeführerin trage sich auch mit dem Gedanken, das Objekt nach entsprechender Renovierung selbst zu beziehen. Eine Vermietung würde nicht nur für den Fall einer Veräußerung einen massiven Wertverlust, sondern auch eine Verhinderung der erwähnten Verwertungsmöglichkeiten bedeuten. Eine Ferienwohnung liege - wie die Beschwerdeführerin zusammenfassend ausführte - nicht vor.

1.2. Mit dem erstinstanzlichen Abgabenbescheid vom (in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom ) schrieb der Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg der Beschwerdeführerin die besondere Ortstaxe - aufgeschlüsselt nach Jahren - für die gegenständliche "Wohnung/Liegenschaft" im Gemeindegebiet der Stadt Salzburg vor.

Die Behörde verwies zunächst auf die ihrer Ansicht nach heranzuziehenden Bestimmungen und auf die sich daraus ergebende Höhe der Abgabe. Sie führte weiter in ihrem Bescheid begründend aus, Erhebungen hätten ergeben, dass die Beschwerdeführerin ihren Hauptwohnsitz in der Gemeinde Wals habe und somit ihr dauernder Wohnbedarf in dieser Gemeinde gelegen sei. Die abgabengegenständliche "Wohnung/Liegenschaft in Salzburg" habe im Erhebungszeitraum nicht als Hauptwohnsitz gedient und sei daher auf Grund dieser Nutzung als ortstaxenpflichtige Ferienwohnung zu qualifizieren.

1.3. In ihrer dagegen erhobenen Berufung wandte sich die Beschwerdeführerin gegen die Annahme, es liege eine ortstaxenpflichtige Ferienwohnung vor. Sie verwies auf ihr Vorbringen in der schriftlichen Stellungnahme vom und wiederholte dieses teilweise.

Nach erhaltener Berufungsvorentscheidung stellte die Beschwerdeführerin einen Vorlageantrag.

1.4. Mit ihrem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die Salzburger Landesregierung die Berufung als unbegründet ab.

Sie führte begründend aus, die Beschwerdeführerin bringe vor, das Objekt sei ein kleines Einfamilienhaus, welches der Mutter der Beschwerdeführerin bis zu ihrem Tod im Oktober 1994 als Wohnsitz gedient habe; die Abwicklung des Verlassenschaftsverfahrens habe mehrere Monate in Anspruch genommen. Es liege - so die belangte Behörde in der Wiedergabe des Vorbringens der Beschwerdeführerin weiter - auf der Hand, dass die Beschwerdeführerin in den folgenden Monaten, die sich weit in das Jahr 1995 erstreckt hätten, damit befasst gewesen sei, das "Häuschen" zu säubern und zu reparieren. Es könne nicht ernsthaft erwartet werden, dass diese unmittelbar nach dem Tod ihrer Mutter das Objekt sofort an Mieter weitergebe, nur um der Vorschreibung der besonderen Ortstaxe zu entgehen. Wie bereits in der Stellungnahme vom näher ausgeführt, habe zunächst die Absicht bestanden, das gegenständliche Haus zu verkaufen. Es habe auch Bemühungen in dieser Richtung gegeben, doch sei die Absicht bis auf weiteres wieder fallen gelassen worden, weil einerseits die Tochter Interesse an dem Objekt gehabt habe und letztlich auch Vorsorge für die Enkelkinder getroffen habe werden müssen. Eine Vermietung hätte darüber hinaus wesentliche Nachteile mit sich gebracht, weil dazu vorher Reparatur- und Instandsetzungsarbeiten durchzuführen gewesen wären und die Begründung eines Mietverhältnisses auch Mieterschutz begründet zur Folge hätte, der einer allfälligen späteren Verwertung im Weg gestanden wäre. Weiters führe die Beschwerdeführerin aus, sie trage sich mit dem Gedanken, das gegenständliche Haus selbst zu beziehen, weil für sie wegen des zunehmenden Alters und der damit verbundenen Pflegebedürftigkeit ein Wohnsitz in der Stadt zweckmäßiger sei, zumal ihre Tochter "unmittelbar angrenzend wohnhaft" sei. Das gegenständliche Objekt sei nach den Ausführungen der Beschwerdeführerin keine Ferienwohnung im Sinne des Ortstaxengesetzes, weil es in der Zeit seit dem Tod der Mutter nicht dem Aufenthalt an Wochenenden, während des Urlaubes oder der Ferien und dergleichen gedient habe.

Die belangte Behörde führte in der Begründung ihres vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides nicht aus, dass sie dieses - von ihr wiedergegebene - Vorbringen der Beschwerdeführerin für unrichtig erachte. Nach Wiedergabe der als maßgebend erachteten Rechtsvorschriften und unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/17/0352, führte sie vielmehr weiters aus, die Beschwerdeführerin habe mit Schreiben vom angegeben, dass sie das Haus im Oktober 1994 geerbt habe. Sie habe "im letzten Sommer zwei Wochen, unbezahlt, eine englische Freundin ihrer Kinder zu Gast gehabt". Damit stehe die zumindest einmalige Benützung im Beschwerdefall außer Streit. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/17/0351) genüge bereits eine Nächtigung während der Bemessungsperiode, um von einer Benützung zum Wohnen oder Schlafen und damit von einer Wohnung im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 des Sbg OrtstaxenG sprechen zu können.

Entscheidend für das Vorliegen einer Ferienwohnung sei, dass die Wohnung nicht dem dauernden Wohnbedarf diene (also nicht den Mittepunkt der Lebensbeziehungen bilde) und nicht, ob auch zusätzlich einer der im § 2 Abs. 3 Z 3 leg. cit. ausdrücklich genannten aber nur beispielhaft aufgezählten Gründe des Aufenthaltes gegeben sei.

1.5. Die Beschwerdeführerin bekämpft diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und (erkennbar) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

1.6. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Nach § 1 des Gesetzes vom über die Erhebung von Ortstaxen im Land Salzburg (Ortstaxengesetz 1992), LGBl. Nr. 62, sind die Gemeinden des Landes Salzburg ermächtigt, durch Beschluss der Gemeindevertretung (in der Stadt Salzburg des Gemeinderates) eine allgemeine Ortstaxe als ausschließliche Gemeindeabgabe nach den Bestimmungen dieses Gesetzes auszuschreiben (Abs. 1).

Das Land erhebt nach § 1 Abs. 2 Sbg OrtstaxenG eine besondere Ortstaxe als eine gemeinschaftliche Landesabgabe gemäß § 6 Abs. 1 Z 4 lit. a F-VG 1948. Der Ertrag aus der besonderen Ortstaxe fließt je zur Hälfte dem Land und der Gemeinde zu.

Gemäß § 2 Abs. 1 Sbg OrtstaxenG wird die allgemeine Ortstaxe für Nächtigungen in solchen Wohnungen im Gemeindegebiet eingehoben, die nicht dem dauernden Wohnbedarf dienen. Der allgemeinen Ortstaxe unterliegen daher insbesondere alle Nächtigungen in Räumen, die der Beherbergung von Gästen im Rahmen des Gastgewerbes oder der Privatzimmervermietung dienen, sowie in Wohnwagen, Mobilheimen oder Zelten.

Die besondere Ortstaxe, um die es im Beschwerdefall geht, wird gemäß § 2 Abs. 2 leg. cit. für Ferienwohnungen einschließlich dauernd überlassener Ferienwohnungen und für dauernd abgestellte Wohnwagen eingehoben.

Nach § 2 Abs. 3 Z 1 Sbg OrtstaxenG gilt als Wohnung ein Raum, der zum Wohnen oder Schlafen benützt wird, oder eine baulich in sich abgeschlossene Gruppe von solchen Räumen. Eine Ferienwohnung ist nach der Begriffsdefinition des § 2 Abs. 3 Z 3 leg. cit. eine Wohnung, die nicht dem dauernden Wohnbedarf, sondern nur dem Aufenthalt an Wochenenden, während des Urlaubes oder der Ferien u. dgl. dient. Nicht darunter fallen Wohnungen, die im Rahmen von gewerblichen Fremdenverkehrsbetrieben oder von sonst land- und forstwirtschaftlichen Betrieben für solche Aufenthalte angeboten werden.

2.2. Im Beschwerdefall ist allein strittig, ob das Haus der Beschwerdeführerin in Salzburg eine Ferienwohnung im Sinne der soeben zitierten Definition ist oder nicht.

Die Beschwerdeführerin führt hiezu vor dem Verwaltungsgerichtshof im Einklang mit ihrem Vorbringen vor den Abgabenbehörden aus, dass das gegenständliche Haus nicht bewohnt wurde und auch bis zum Abschluss der Reparaturarbeiten "bis weit in die Bemessungsperiode des Jahres 1995 hinein" überhaupt nicht bewohnbar war. Das Haus sei leer gestanden, mit Ausnahme des Sommers 1999; in diesem habe die Beschwerdeführerin die Benutzung für zwei Wochen unentgeltlich einer englischen Freundin ihrer Kinder überlassen. Ansonsten sei eine Benützung des Objektes nicht erfolgt.

Die belangte Behörde hat hiezu im bekämpften Bescheid die Ansicht vertreten, dass grundsätzlich jede Wohnung, die nicht im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 3 Sbg OrtstaxenG dem dauernden Wohnbedarf diene, als eine Ferienwohnung einzustufen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag diese Rechtsansicht nicht zu teilen. Wie er bereits im Erkenntnis vom , Zl. 2002/17/0351, mit näherer Begründung, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, dargelegt hat, ist entscheidend, dass auch eine Ferienwohnung die gesetzlichen Merkmale einer Wohnung erfüllt und somit der betreffende Raum oder die betreffende baulich in sich abgeschlossene Gruppe von Räumlichkeiten zum Wohnen oder Schlafen benützt wird. Gerade dies aber hat die Beschwerdeführerin vor den Abgabenbehörden - von diesen unwidersprochen - bestritten.

Soweit sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/17/0352, beruft, ist festzuhalten, dass in dem dort entschiedenen Fall das Vorliegen einer "Wohnung" im Sinne der Definition des § 2 Abs. 3 Z 1 Sbg OrtstaxenG nicht strittig war; es ging dort um die Frage der Nutzung der Wohnung ausschließlich zu beruflichen Zwecken.

2.3. Die belangte Behörde hat sich im angefochtenen Bescheid weiters auf die Feststellung gestützt, wonach das gegenständliche Haus im Sommer 1999 für zwei Wochen von einer englischen Freundin der Kinder der Beschwerdeführerin bewohnt worden sei.

Abgesehen davon, dass eine derartige Benutzung allenfalls die gegenständliche Abgabe für den Zeitraum 1999 rechtfertigen könnte - ist doch gemäß § 4 Abs. 3 erster Satz Sbg OrtstaxenG die besondere Ortstaxe als jährlicher Pauschbetrag zu entrichten -, hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem bereits erwähnten Erkenntnis vom , Zl. 2002/17/0351, auch noch darauf verwiesen, dass zwar bereits eine Nächtigung während der Bemessungsperiode genügen kann, um von einer Benutzung zum Wohnen oder Schlafen und damit von einer "Wohnung" im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 Sbg OrtstaxenG sprechen zu können. Er hat aber auch in diesem Zusammenhang auf die entsprechende Benutzbarkeit und Minimalausstattung der Räumlichkeiten verwiesen.

2.4. Die belangte Behörde hat sich - ausgehend von ihrer vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht, wonach eine Ferienwohnung auch dann vorliege, wenn diese als Wohnung überhaupt nicht benutzt werde - nicht mit der Frage des Vorliegens einer "Wohnung" im Sinne der Definition des § 2 Abs. 3 Z 1 Sbg OrtstaxenG auseinander gesetzt und insofern im Abgabenverfahren maßgebliche Feststellungen (auch hinsichtlich des Jahres 1999) noch nicht getroffen. Sie belastete dadurch den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

2.6. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am