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VwGH vom 18.12.2006, 2004/16/0279

VwGH vom 18.12.2006, 2004/16/0279

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde der P Gesellschaft mbH in E, vertreten durch Doralt Seist Csoklich, Rechtsanwalts-Partnerschaft in 1090 Wien, Währinger Straße 2-4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates (Zollsenat 2) vom , GZ. ZRV/0002-Z2L/02, betreffend Nacherhebung von Eingangsabgaben, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist ein Unternehmen, welches im verfahrensrelevanten Zeitraum in Tschechien Spezialoberbekleidung aus zum Teil von ihr beigestellten Materialien anfertigen ließ.

Zu diesem Zweck beantragte das Speditionsunternehmen S & Co GmbH im Auftrag der Beschwerdeführerin am beim Hauptzollamt Innsbruck die Bewilligung des Verfahrens der passiven Veredelung (Standardtausch). Unter Punkt 3. lit. a dieses Antrages (handelsübliche oder technische Bezeichnung) wurden "Gewebe, div. Zuschnitte und Zubehör laut Liste" angeführt. Die genannte Liste enthielt jedoch nur "Zuschnitte der diversen Stoffe" und verschiedenes Zubehör (zB Reißverschlüsse Metall, Etiketten) einschließlich der Angaben über die Einreihung in die Kombinierte Nomenklatur, die voraussichtliche Menge und den voraussichtlichen Wert der Waren).

Mit Bescheid des Hauptzollamtes Innsbruck vom wurde der Beschwerdeführerin die Durchführung der passiven Veredelung bis bewilligt. Im Spruch des Bescheides wurde unter Punkt 3. ("Zur Veredelung bestimmte Waren") im Wesentlichen die dem Antrag beigelegte Liste wiedergegeben. Unter Punkt 6. wurde als Art der Veredelung "Herstellung von Bekleidung" angeführt. Unter Punkt 10. wurde als Überwachungszollstelle das Hauptzollamt Innsbruck und als Zollstelle für die Überführung in das Verfahren bzw. für die Erledigung des Verfahrens jeweils das Zollamt Kufstein bestimmt.

Ab führte die Beschwerdeführerin aus Kostengründen gemeinsam mit den Zuschnitten und dem Zubehör auch Gewebe als Meterware nach Tschechien aus und machte dabei von der genannten Bewilligung Gebrauch. In der Folge wurden immer häufiger ausschließlich Gewebe als Meterware statt der Zuschnitte ausgeführt.

Am stellte die S & Co GmbH neuerlich im Auftrag der Beschwerdeführerin einen im Wesentlichen gleichlautenden Antrag auf Bewilligung des passiven Veredelungsverkehrs.

Mit Bescheid vom , welcher mit der ersten Ausübungsbewilligung im Wesentlichen übereinstimmte, bewilligte das Hauptzollamt Innsbruck der Beschwerdeführerin bis zum die Durchführung der passiven Veredelung.

Kurz nach Erhalt dieser Bewilligung wurde Hubert B, der Leiter der Zollabteilung der S & Co GmbH, anlässlich einer Abfertigung von Organen des Zollamtes Kufstein darauf aufmerksam gemacht, dass Gewebe als Meterware nicht im Spruch der Ausübungsbewilligung enthalten sei. Hubert B setzte sich daraufhin mit der für die Erteilung der Bewilligung zuständigen Stelle beim Hauptzollamt Innsbruck telefonisch in Verbindung, um zu klären, ob die vorhandene Bewilligung auch für Gewebe gelten würde. Als Folge dieser telefonischen Auskunft teilte Hubert B dem Abfertigungsbeamten des Zollamtes Kufstein mit, dass nach Meinung der für die Bewilligungserteilung zuständigen Stelle, Abfertigungen für Gewebe auf Basis der bestehenden Bewilligung weiter durchgeführt werden könnten. Darauf hin wurden in insgesamt 96 Fällen aus dem Titel der vorhandenen Bewilligung Gewebe als Meterware im Verfahren der passiven Veredelung zur vorübergehenden Ausfuhr aus dem Zollgebiet abgefertigt und die Veredelungserzeugnisse im Rahmen der Abfertigung in den zollrechtlich freien Verkehr abgabenbegünstigt in das Zollgebiet eingeführt.

Am wurde anlässlich einer Hausbeschau durch die Zollbehörde festgestellt, dass die in Rede stehende Bewilligung Gewebe als Meterware nicht enthalte. Noch am selben Tag stellte die S & Co GmbH im Auftrag der Beschwerdeführerin einen Antrag auf entsprechende Erweiterung der Bewilligung. Diesem Antrag wurde mit Bescheid des Hauptzollamtes Innsbruck vom stattgegeben.

Mit Bescheid des Hauptzollamtes Innsbruck vom wurde der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass für sie gemäß Art. 201 Abs. 1 lit. a und Abs. 3 sowie Art. 220 Abs. 1 ZK iVm § 2 Abs. 1 ZollR-DG eine Eingangsabgabenschuld in der Höhe von S 18,812.580,-- (Zoll: S 2,960.271,--, Einfuhrumsatzsteuer: S 15,852.309,--) entstanden sei, wovon jedoch nur ein Betrag in Höhe von S 5,815.850,-- (Zoll: S 1,453.228,--, Einfuhrumsatzsteuer: S 4,362.630,--) buchmäßig erfasst worden sei und daher der Differenzbetrag von S 12,996.722,-- weiterhin gesetzlich geschuldet werde und gemäß Art. 220 Abs. 1 ZK nachzuerheben sei. Als Folge dieser Abgabenerhebung sei überdies gemäß § 108 Abs. 1 ZollR-DG eine Abgabenerhöhung von S 982.676,-- zu entrichten. Nach § 72a ZollR-DG habe jedoch die nachträgliche buchmäßige Erfassung der Einfuhrumsatzsteuer zu unterbleiben, weswegen nur der verbleibende Differenzbetrag an Zoll von S 1,507.043,-- und die Abgabenerhöhung im Betrage von S 982.676,-- gemäß Art. 220 Abs. 1 ZK nachträglich buchmäßig zu erfassen und gemäß Art. 221 Abs. 1 ZK mitzuteilen sei. Begründend wurde angeführt, dass die Beschwerdeführerin im Zeitraum vom bis das Verfahren der passiven Veredelung für Gewebe in Anspruch genommen hätte, ohne dass eine entsprechende Bewilligung vorgelegen wäre, und in der Folge die Veredelungserzeugnisse zu Unrecht abgabenbegünstigt in den zollrechtlich freien Verkehr überführt worden seien. Zusätzlich sei in zehn Fällen anlässlich der Wiedereinfuhr nach der passiven Veredelung der Wert der ausgeführten Vormaterialien unrichtig erklärt worden und in drei Fällen anlässlich der Wiedereinfuhr nach der passiven Veredelung auf Grund einer Verwechslung unrichtige Ausfuhranmeldungen der passiven Veredelung zu Grunde gelegt worden.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, es liege für Gewebe eine ordnungsgemäße Bewilligung zur passiven Veredelung vor. Andernfalls wäre auch im Sinne des Art. 150 ZK von einer Nachforderung der Einfuhrabgaben Abstand zu nehmen gewesen, weil sich die behaupteten Verfehlungen auf das Verfahren der passiven Veredelung nicht wirklich ausgewirkt hätten. Wenn überhaupt, so wäre im Beschwerdefall wegen des Fehlens der Bewilligung zur Durchführung der passiven Veredelung für Gewebe die Zollschuld gemäß Art. 204 Abs. 1 lit. b ZK entstanden, wobei der Heilungstatbestand des Art. 859 ZK-DVO zur Anwendung hätte kommen müssen, weil die fehlende Bewilligung sich nicht wirklich auf die ordnungsgemäße Abwicklung des Verfahrens ausgewirkt hätte und darüber hinaus der Beschwerdeführerin kein Entziehen der Waren aus der zollamtlichen Überwachung vorzuwerfen sei. Weder sie noch die S & Co GmbH hätten bis vor der Zollbetriebsprüfung Bedenken dahingehend gehabt, dass die Bewilligung auch für Gewebe gelten würde. Die S & Co GmbH habe sich diesbezüglich auch bei Mitarbeitern des HZA Innsbruck erkundigt und die Auskunft erhalten, die in Rede stehende Bewilligung sei ausreichend.

Die Beschwerdeführerin legte der Berufung ein Gedächtnisprotokoll des Hubert B bei, in welchem dieser angab, anlässlich einer Abfertigung sei vom Amtsvorstand des Zollamtes Kufstein, Reg. Rat W, bemerkt worden, dass die erteilte "Ausübungsbewilligung nicht mehr voll entsprach". Hubert B habe sich an den Sachbearbeiter ADir E der zuständigen Stelle in der FLD gewandt, der ihm bestätigt habe, dass es seines Erachtens nicht notwendig sei, die Ausübungsbewilligung zu ändern, da sich an der Art der Abfertigung nichts ändern würde, sich aber für die Beschwerdeführerin dadurch eine Verdopplung der anfallenden Eingangsabgaben ergeben würde.

Das Zollamt Kufstein bestätigte in einer "Stellungnahme zu den Abfertigungsvorgängen" vom im Wesentlichen das Gesprächsprotokoll des Hubert B. Ergänzend wurde ausgeführt, dass alle Anmeldungen zur Abfertigung zur passiven Veredelung im Original an das HZA Innsbruck übermittelt worden seien. Hätte das HZA Innsbruck eine andere Rechtsmeinung vertreten als ADir E gegenüber dem Manfred B, wäre diese "Unrichtigkeit" vom HZA Innsbruck bereits zum Zeitpunkt der ersten Abfertigung von Geweben als Meterware beanstandet worden.

In seiner Stellungnahme vom führte ADir E vom HZA Innsbruck aus, die im Gedächtnisprotokoll festgehaltenen Zusagen seien von ihm nie gemacht worden. Die "Veredelungsscheine" seien von der zuständigen Sachbearbeiterin, die keine Zollausbildung besitze und die fehlerhaften Anmeldungen nicht erkannt habe, in Evidenz genommen und abgelegt worden. Es seien weder seitens des HZA Innsbruck noch seitens des Zollamtes Kufstein Unregelmäßigkeiten festgestellt worden. Erst nach einer Hausbeschau sei man auf die Fehler aufmerksam gemacht worden.

In der Berufungsvorentscheidung wurde die Bemessungsgrundlage für die Abgabenerhöhung um die Einfuhrumsatzsteuer vermindert und die Abgabenerhöhung mit einem Betrag von EUR 6.805,-- (S 93.640,--) festgesetzt. Im Übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, im Beschwerdefall sei kein den gesetzlichen Erfordernissen entsprechender Antrag zur Überführung von Gewebe als Meterware in das Verfahren der passiven Veredelung gestellt worden, weil die für diese Ware zwingend erforderlichen Angaben betreffend die Einreihung in die Kombinierte Nomenklatur, den voraussichtlichen Wert und die voraussichtliche Menge fehlten. Sowohl im ersten als auch im zweiten Bewilligungsbescheid seien im Spruch unter Punkt 3. ("zur Veredelung bestimmte Waren") lediglich "Zuschnitte diverser Stoffe und Zubehör laut Liste" nicht aber Gewebe angeführt. Demnach liege für Gewebe keine Bewilligung zur passiven Veredelung vor. Bei der Ausfuhr anderer als in der Bewilligung zugelassener Vorprodukte scheide eine Heilung nach § 150 Abs. 2 ZK aus. Komme es deswegen nicht zu einer Verzollung nach den Grundsätzen der passiven Veredelung, könne auch die Zollschuld anlässlich der Überführung der Veredelungserzeugnisse in den zollrechtlich freien Verkehr nicht reduziert entstehen. Da für die Inanspruchnahme des Zollverfahrens der Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr keine eigene Bewilligung erforderlich sei, könne dabei die Zollschuld nicht nach Art. 204 Abs. 1 lit. b ZK entstehen.

Es werde davon ausgegangen, dass Hubert B tatsächlich ein Telefonat mit der Zollbehörde geführt habe, wobei die Antwort der Zollbehörde so verstanden worden sei, dass die Bewilligung auch für Gewebe gelten würde, weil anlässlich der Rückbringung der Veredelungserzeugnisse die für die Abgabenfestsetzung in korrekter Höhe erforderlichen Unterlagen ordnungsgemäß beigebracht würden, die Abgaben daher in richtiger Höhe festgesetzt werden könnten und der Zollbehörde daher kein Schaden entstehen würde. Die Zollbehörde müsse gegen sich gelten lassen, dass sie zwar festgestellt habe, dass Gewebe in dieser Bewilligung nicht enthalten gewesen sei, sie aber - anstatt die Klärung der Zulässigkeit dieser Bewilligung selbst herbeizuführen - die Wiedergabe des Telefonates als ausreichend erachtet habe, um die bisherige Abfertigungspraxis fortzusetzen. Damit sei sie einem Rechtsirrtum unterlegen. Allerdings habe die Beschwerdeführerin als erfahrene Beteiligte zu gelten, bei welcher zumindest Kenntnis der das Verfahren der passiven Veredelung betreffenden weniger komplexen Rechtsvorschriften vorausgesetzt werden müsse. Sie hätte wissen müssen, dass für Gewebe kein den gesetzlichen Anforderungen entsprechender Antrag gestellt worden sei und diese Waren daher auch nicht in der Bewilligung angeführt worden seien. Eine telefonische Auskunft der zuständigen Behörde, welche in aller Regel unverbindlich sei, hätte nicht zur Beseitigung aller Zweifel führen dürfen. Es sei von ihr auch kein Versuch zur Einholung weiterer Informationen unternommen worden. Das gelte auch für die S & Co GmbH. Ihr sei als einer mit Zollabfertigungen befassten Spedition eine erhöhte Kenntnis des Zollrechts zu unterstellen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich unter anderem in ihrem Recht auf Nichtvorschreibung des Zolles gemäß der Art. 150 ZK, Art. 204 ZK iVm Art. 859 ZK-DVO und Art. 220 Abs. 2 ZK sowie auf Nichtvorschreibung der Abgabenerhöhung mangels zulässiger nachträglicher buchmäßiger Erfassung verletzt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die Beschwerdeführerin replizierte auf diese Gegenschrift und erstattete in weiterer Folge auch eine ergänzende Stellungnahme.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Artikel 145 Absatz 1 ZK bestimmt, dass im passiven Veredelungsverkehr Gemeinschaftswaren zur Durchführung von Veredelungsvorgängen vorübergehend aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft ausgeführt und die aus diesen Veredelungsvorgängen entstandenen Erzeugnisse unter vollständiger oder teilweiser Befreiung von den Einfuhrabgaben in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt werden können.

Unstrittig ist, dass die Beschwerdeführerin ab Gewebe als Meterware nach Tschechien ausgeführt hat, damit dieses dort zu Kleidungsstücken verarbeitet und als solche ins Zollgebiet eingeführt werde. Strittig ist zunächst, ob dieses Gewebe als Meterware (und nicht bloß diverse Zuschnitte und Zubehör) von den beiden Bewilligungen des passiven Veredelungsverkehrs erfasst gewesen ist.

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, aus der Angabe "Gewebe, diverse Zuschnitte und Zubehör laut Liste" in ihren Anträgen folge bereits, dass der Beisatz "laut Liste" sich nicht auf das Gewebe, sondern nur auf das Zubehör beziehen könne, geht schon deswegen ins Leere, weil es im Beschwerdefall nicht auf den Wortlaut des Antrages, sondern nur auf jenen der Bewilligungen ankommt. In diesen sind ausschließlich "Zuschnitte der diversen Stoffen" angeführt. Auch das erstmalige Vorbringen, dass "Gewebe als Meterware" "naturgemäß" nicht in den produzierten Originalgrößen, sondern "selbstverständlich" als "Meterware zugeschnitten" transportiert werde, vermag der Beschwerde schon wegen des Verstoßes gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren herrschende Neuerungsverbot nicht zum Erfolg zu verhelfen. Abgesehen davon wäre auch die Sinnhaftigkeit des behaupteten Vorgehens nicht erkennbar. Für die Bedeutung einer Aussage eines Bescheides ist maßgebend, wie der Inhalt objektiv zu verstehen ist , und nicht, wie ihn die Behörde verstanden wissen wollte oder wie ihn der Empfänger verstand (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/15/0243).

Dass die Bediensteten des Zollamtes Kufstein den Bewilligungsbescheiden regelmäßig denselben Inhalt wie die Beschwerdeführerin beigemessen haben, vermag an der am Wortlaut orientierten Beurteilung, dass diese Bewilligung Gewebe als Meterware nicht umfasst, nichts zu ändern.

Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, es sei jedenfalls eine Heilung nach Art. 150 Abs. 2 ZK erfolgt.

Nach Artikel 150 Abs. 2 ZK wird die vollständige oder teilweise Befreiung von den Einfuhrabgaben nicht gewährt, wenn eine der Bedingungen oder Verpflichtungen in Verbindung mit dem Verfahren der passiven Veredelung nicht erfüllt ist, sofern nicht festgestellt wird, dass die Versäumnisse ohne wirkliche Folgen für das reibungslose Funktionieren dieses Verfahrens geblieben sind.

Die wirksame Überführung der Vorerzeugnisse in das Verfahren der passiven Veredlung ist eine unverzichtbare Voraussetzung für die Anwendung dieser Bestimmung. Werden andere Waren als die in der Bewilligung zugelassenen exportiert, scheidet eine Heilung aus. Die zu Unrecht erfolgte Annahme der Zollanmeldung zur passiven Veredelung durch die Zollstellen schafft auch keinen Vertrauenstatbestand und führt vor allem nicht zur Erweiterung der Bewilligung (vgl. Witte, Zollkodex4, Rz 17 zu Art. 150). Entscheidend ist allein, ob die Waren der vorübergehenden Ausfuhr Gegenstand der Bewilligung sind. Dafür ist die Warenbezeichnung ausschlaggebend (vgl. Witte, Zollkodex4, Rz 18a zu Art. 150). Anders als in dem dem , zugrunde liegenden Sachverhalt, handelt es sich im Beschwerdefall auch nicht um ein bloßes Vergreifen in der Tarifposition.

Die belangte Behörde geht von der Entstehung der Zollschuld nach Art. 201 Abs. 1 lit. a ZK aus.

Nach Art. 201 Abs. 1 lit. a ZK entsteht die Zollschuld, wenn eine einfuhrabgabenpflichtige Ware in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt wird. Die Beschwerdeführerin vertritt hingegen die Auffassung, dass - wegen des Fehlens einer Bewilligung zur Durchführung der passiven Veredelung - die Entstehung der Zollschuld ausschließlich auf Art. 204 Abs. 1 lit. b ZK begründet werden könne.

Nach Art. 204 Abs. 1 lit. b ZK entsteht eine Zollschuld, wenn eine der Voraussetzungen für die Überführung einer Ware in das betreffende Verfahren nicht erfüllt wird, es sei denn, dass sich diese Verfehlungen nachweislich auf die ordnungsgemäße Abwicklung des betreffenden Zollverfahrens nicht wirklich ausgewirkt haben.

Die belangte Behörde geht zu Recht davon aus, dass im Beschwerdefall nicht die vorübergehende Ausfuhr der zu veredelnden Waren, sondern die Überführung der veredelten Waren in den zollrechtlich freien Verkehr die Entstehung der Zollschuld bewirkt hat. Diese Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr ist nicht Teil des Verfahrens der passiven Veredelung (vgl. beispielsweise Art. 4 Z 16 ZK, welcher als Zollverfahren in seinem lit. a die Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr und in lit. g die passive Veredelung nennt).

Die Beschwerdeführerin wendet sich weiters gegen die nachträgliche buchmäßige Erfassung des Abgabenbetrages mit dem Vorbringen, die zeitgerechte Erfassung sei gemäß Art. 220 Abs. 2 lit. b ZK aufgrund eines Irrtums der Zollbehörden, den sie nicht habe erkennen können, unterblieben. Sie habe überdies gutgläubig gehandelt und alle geltenden Vorschriften über die Zollschuld eingehalten.

Ob und unter welchen Voraussetzungen die Nacherhebung von Zoll aus Gründen des Vertrauensschutzes ausscheidet, ist in Artikel 220 ZK abschließend geregelt. Diese gemeinschaftsrechtliche Vorschrift hat Vorrang vor dem nationalrechtlichen Grundsatz von Treu und Glauben. Nach dieser Bestimmung, die in ihren Grundzügen auf die Grundsätze von Treu und Glauben zurückgeht, können die zuständigen Behörden von einer Nacherhebung von Einfuhrabgaben absehen, deren Nichterhebung auf einen Irrtum der zuständigen Behörden zurückzuführen ist, sofern dieser Irrtum vom Abgabenschuldner nicht erkannt werden konnte und letzterer gutgläubig gehandelt und alle geltenden Bestimmungen betreffend die Zollerklärung beachtet hat. Diese drei Voraussetzungen müssen nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH kumulativ erfüllt sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/16/0448, mwN).

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid die Anwendbarkeit der Vertrauensschutzregelung des Art. 220 ZK im Wesentlichen mit dem Fehlen der Gutgläubigkeit der Beschwerdeführerin bzw. ihrer Vertreterin S & Co GmbH verneint, weil diese den Irrtum der Zollbehörde hätten erkennen können.

Bei der Frage, ob die Beschwerdeführerin den Irrtum der Zollbehörde hätte erkennen können, sind alle Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung insbesondere der Art des Irrtums, der Berufserfahrung des betroffenen Wirtschaftsteilnehmers und der Sorgfalt, mit der er gehandelt hat, zu beurteilen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/16/0590, mwN).

Die belangte Behörde vertritt die Auffassung, die Beschwerdeführerin habe als Inhaberin einer Bewilligung zur Durchführung eines Verfahrens mit wirtschaftlicher Bedeutung als erfahrene Beteiligte zu gelten, bei welcher zumindest die Kenntnis der das Verfahren der passiven Veredelung betreffenden weniger komplexen Rechtsvorschriften, etwa jene, dass im Antrag zur Veredelungsbewilligung die genaue Bezeichnung der zur Veredelung bestimmten Waren anzuführen seien, vorausgesetzt werden müsse. Dem tritt die Beschwerdeführerin nicht entgegen. Sie bestreitet auch nicht die behördliche Feststellung, dass ihre Vertreterin, die S & Co GmbH, als eine mit Zollabfertigungen befasste Spedition über eine erhöhte Kenntnis des Zollrechts verfüge. Auch die Feststellung, dass die S & Co GmbH mit Ausnahme der Einholung einer unverbindlichen telefonischen Auskunft keinerlei Schritte zur Klärung der in Rede stehenden Rechtslage unternommen habe, wird nicht bestritten. Das Beschwerdevorbringen, wonach die Zollbehörden (während eines Zeitraumes von fast zwei Jahren) das Vorgehen der Beschwerdeführerin unbeanstandet gelassen hätten, ist hingegen nicht geeignet, die Gutgläubigkeit der Beschwerdeführerin darzutun. Grundsätzlich kann nämlich nicht davon ausgegangen werden, dass ein Importeur keine weitergehende Kenntnisse als die zuständigen Zollbehörden haben könne, weil andernfalls eine Nacherhebung grundsätzlich unmöglich wäre (vgl. Witte, Zollkodex4, Rz 29 zu Art. 220). Die Abfertigungspraxis der Zollbehörden ist vielmehr bei der Beurteilung der Voraussetzung, ob überhaupt von einem Irrtum der Zollbehörden ausgegangen werden kann, von Bedeutung (vgl. dazu Witte, Zollkodex4, Rz 15 zu Art. 220).

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am