VwGH vom 20.09.2017, Ra 2016/11/0172
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision der Dr. M E in G, vertreten durch Dr. Peter Schaden und Mag. Werner Thurner, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Sporgasse 2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom , Zl. LVwG 61.26-835/2016-8, betreffend Sonderklassegebühren (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:
Bürgermeister der Landeshauptstadt Graz; mitbeteiligte Partei:
S Krankenanstaltengesellschaft m.b.H. in G, vertreten durch Niernberger Kleewein Rechtsanwälte, 8010 Graz, Elisabethstraße 50c), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Steiermark hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Rechnung vom schrieb die mitbeteiligte Partei der Revisionswerberin Gebühren für Leistungen aus der Sonderklasse im Rahmen ihres stationären Aufenthalts im Landeskrankenhaus Universitätsklinikum Graz vom 16. bis in der Höhe von EUR 1.602,25 vor.
2 Die Revisionswerberin erhob gegen die Gebührenrechnung einen begründeten Einspruch, der mit Bescheid der belangten Behörde vom als unbegründet abgewiesen wurde.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die gegen den behördlichen Bescheid erhobene Beschwerde als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer ordentlichen Revision unzulässig sei.
4 Seiner Entscheidung legte es folgenden Sachverhalt zu Grunde:
5 Die Revisionswerberin sei am an der Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Landeskrankenhaus Universitätsklinikum Graz, dessen Rechtsträger die mitbeteiligte Partei sei, stationär aufgenommen und am wieder entlassen worden. Bei ihrer Aufnahme am um ca. 01:06 Uhr habe die Revisionswerberin den Wunsch geäußert, in die Sonderklasse aufgenommen zu werden. Aus diesem Grund sei sie in einem Zweibettzimmer untergebracht worden und ihr eine Sonderklasse-Verpflichtungserklärung sowie ein Informations-/Tarifblatt zur Sonderklasse-Verpflichtungserklärung ausgehändigt worden. Die diensthabende Schwester M R habe die Revisionswerberin über die Kosten aufgeklärt, und es sei sodann die Sonderklasse-Verpflichtungserklärung um ca. 01:10 Uhr ausgedruckt worden, die von der Revisionswerberin unterzeichnet worden sei. Die Revisionswerberin habe mit ihrer Unterschrift bestätigt, dass sie über die Verrechnung der Kosten aufgeklärt worden sei und das Informationsblatt über die möglichen Kosten für die Unterbringung/Verpflegung und die medizinischen Leistungen erhalten habe.
Die diensthabende Schwester habe per E-mail vom die Gesprächszusammenfassung vom , in der unter anderem ausgeführt worden sei, dass die Revisionswerberin die Aufnahme in die Sonderklasse gewünscht habe, bestätigt. Die Revisionswerberin sei seit Angestellte der Medizinischen Universität Graz und habe an der Kinderklinik bis zu ihrer Karenzierung mit gearbeitet.
6 In seiner Beweiswürdigung führte das Verwaltungsgericht unter anderem aus, es sei unbestritten geblieben, dass die Revisionswerberin die Sonderklasse-Verpflichtungserklärung unterfertigt habe. Die Revisionswerberin habe auch selbst angegeben, dass die Aufnahme in die Sonderklasse auf ihren Wunsch erfolgt sei, was von der aufnehmenden Schwester M R im E-mail betreffend die Gesprächszusammenfassung bestätigt worden sei.
7 Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte das Verwaltungsgericht fallbezogen im Wesentlichen aus, die Revisionswerberin habe durch das eigenhändige Unterschreiben der Verpflichtungserklärung ("damit") ausdrücklich erklärt, dass sie freiwillig die Aufnahme in die Sonderklasse (Zweibettzimmer) wünsche und die Kosten für die Unterbringung/Verpflegung und die medizinischen Leistungen (Pflege- und Sondergebühren) von Beginn an zur Gänze tragen werde. Sie sei auch in geeigneter Form aufgeklärt worden, was sich ebenfalls aus der unterzeichneten Verpflichtungserklärung (Punkt 7) ergebe, und sie habe nie bestritten, tatsächlich Leistungen aus der Sonderklasse konsumiert zu haben. Damit sei der Anspruch der Mitbeteiligten auf Sonderklassegebühren entstanden. Entsprechend der allgemein geltenden Vertrauenstheorie, wonach eine Erklärung so gelte, wie sie ein redlicher Erklärungsempfänger verstehen dürfe, komme es nämlich auf den Willen des Erklärenden nicht an.
8 Auch das Vorbringen der Revisionswerberin, sie habe bei der Aufnahme unter starken Schmerzen auf Grund der bevorstehenden Geburt gelitten und sich die Sonderklasse-Verpflichtungserklärung nicht durchgelesen, sei nicht zielführend: Den Mangel an Geschäftsfähigkeit habe sie nicht explizit vorgebracht, es sei aber auch "nicht davon auszugehen, dass Frauen im Allgemeinen vor einer Geburt keine rechtswirksamen Unterschriften leisten können". Zudem habe die Revisionswerberin die Sonderklasse-Leistungen noch bis weiter bezogen, aber nicht behauptet, ihre Zustimmung zur Inanspruchnahme von Sonderklasse-Leistungen nach der Geburt zurückgezogen oder bestritten zu haben. Als Bedienstete der Medizinischen Universität Graz hätte ihr der Unterschied zwischen der Allgemeinen Gebührenklasse und der Sonderklasse jedenfalls geläufig sein müssen. Bei Unklarheiten über einen eventuellen Anspruch auf Sonderklasse hätte sie sich bereits vorab informieren können. Die Sonderklasse-Gebühren seien somit rechtmäßig vorgeschrieben worden.
9 Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung habe (gemeint wohl) gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG trotz eines entsprechenden Antrags der Revisionswerberin abgesehen werden können, weil der entscheidungsrelevante Sachverhalt auf Grund der Aktenlage festgestellt habe werden können und weder die Einvernahme der diensthabenden Krankenschwester noch der Revisionswerberin zu einem anderen Sachverhalt geführt hätte, sodass nur rechtliche Fragen zu klären gewesen seien.
10 Da keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beantworten gewesen sei, sei die Erhebung einer ordentlichen Revision unzulässig.
11 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vom Verwaltungsgericht unter Anschluss der Akten vorgelegte außerordentliche Revision.
12 Die Mitbeteiligte hat eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag auf Zurück-, in eventu auf Abweisung erstattet.
13 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
14 Die Revision begründet ihre Zulässigkeit unter anderem damit, das Verwaltungsgericht habe gegen die Grundsätze der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme und der Unzulässigkeit einer antizipierenden Beweiswürdigung verstoßen, indem es unterlassen habe, die Revisionswerberin selbst und die bei der Aufnahme anwesende Krankenschwester M R zum relevanten Sachverhalt zu befragen.
15 Die Revision ist im Hinblick auf dieses Vorbringen
zulässig und auch begründet.
16 Die maßgebenden Bestimmungen des Stmk.
Krankenanstaltengesetzes 2012 - StKAG, LGBl. Nr. 111/2012 idF
LGBl. Nr. 51/2016, lauten wie folgt:
"§ 66
Gebührenklassen
(1) In öffentlichen Krankenanstalten kann neben der allgemeinen Gebührenklasse nach Maßgabe der Bestimmungen des § 51 Abs. 1 Z. 7 mit Bewilligung der Landesregierung eine Sonderklasse errichtet werden, wenn die Einrichtungen der Krankenanstalt die Errichtung einer solchen Sonderklasse ermöglichen und eine zureichende Zahl an Betten der allgemeinen Gebührenklasse für anstaltsbedürftige Personen, insbesondere für unabweisbare Kranke, vorhanden ist....
...
(3) In die Sonderklasse sind anstaltsbedürftige Personen über eigenes Verlangen aufzunehmen. Diese Aufnahme kann von der Beibringung einer schriftlichen Verpflichtungserklärung über die Tragung der Pflege- und Sondergebühren sowie vom Erlag einer entsprechenden Vorauszahlung oder von der Beibringung einer verbindlichen Kostenübernahmserklärung seitens eines mit der öffentlichen Krankenanstalt direkt verrechnenden Kostenträgers (Privatversicherung, Zuschusskasse u. a.) abhängig gemacht werden.
(4) Über die sich aus der Aufnahme in die Sonderklasse ergebenden Verpflichtungen ist die anstaltsbedürftige Person bzw. ihre gesetzliche Vertreterin/ihr gesetzlicher Vertreter vorher in geeigneter Weise aufzuklären.
...
§ 85
Gebührenrechnung
(1) Soweit LKF-Gebühren, Pflegegebühren, Kostenbeiträge, Sondergebühren und Sonderaufwendungen nicht im Vorhinein entrichtet wurden, sind sie mit dem letzten Tag eines jeden Pflegemonats beziehungsweise mit dem Tag der Entlassung aus der Anstaltspflege abzurechnen und ohne Verzug zur Zahlung vorzuschreiben.
(2) Zur Einbringung fälliger LKF-Gebühren, Pflegegebühren, Kostenbeiträge, Sondergebühren und Sonderaufwendungen ist der Verpflichteten/dem Verpflichteten eine Gebührenrechnung zuzustellen; diese hat zu enthalten:
...
(3) Gegen die Gebührenrechnung kann die/der Verpflichtete binnen zwei Wochen nach Zustellung schriftlich bei der Stelle einen begründeten Einspruch erheben, welche die Gebührenrechnung ausgestellt hat. Wird innerhalb dieser Frist kein begründeter Einspruch erhoben, so gilt die in der Gebührenrechnung ausgewiesene Zahlungsverpflichtung als endgültig. Ansuchen um Gewährung eines Zahlungsaufschubes oder von Teilzahlung gelten nicht als Einspruch. Falls dem Einspruch vom Rechtsträger der Krankenanstalt nicht voll Rechnung getragen wird, ist er vom Rechtsträger der nach dem Sitz der öffentlichen Krankenanstalt zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde vorzulegen. Diese hat darüber mit Bescheid zu entscheiden."
17 Gemäß § 66 Abs. 3 erster Satz StKAG hat die Aufnahme in die Sonderklasse über eigenes Verlangen des aufzunehmenden Patienten (gegebenenfalls: seines gesetzlichen Vertreters) zu erfolgen, gemäß § 66 Abs. 4 StKAG ist über die sich daraus ergebenden Verpflichtungen (zur Zahlung von Sonder- und Pflegegebühren nach §§ 73ff StKAG) vorher in geeigneter Weise aufzuklären.
18 Erfolgt die Aufnahme in die Sonderklasse ohne Verlangen des Patienten bzw. des gesetzlichen Vertreters oder wird die vorherige Aufklärung über die aus der Aufnahme resultierenden Verpflichtungen unterlassen, so kann dies der rechtmäßigen Vorschreibung von Sonderklassegebühren entgegenstehen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2003/11/0267 (zum OÖ KAG), vom , Zl. 2011/11/0163 (zum KALG), vom , Zl. Ro 2014/11/0032 (zum Vbg. SpG), und vom , Zl. Ra 2016/11/0064 (zum StKAG)).
19 Im Revisionsfall hat die Revisionswerberin - entgegen der Wiedergabe durch das Verwaltungsgericht - nicht bloß "im Wesentlichen geltend (gemacht), dass sie über die Kostentragungspflicht nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden wäre". Sie hat vielmehr - unter Hinweis auf das von ihr erstellte, bereits im behördlichen Verfahren vorgelegte Gedächtnisprotokoll - auch vorgebracht, nicht sie selbst habe die Aufnahme in die Sonderklasse verlangt. Dazu sei es vielmehr derart gekommen, dass die diensthabende Schwester, nachdem sie in Erfahrung gebracht habe, die Revisionswerberin sei Bedienstete der Medizinischen Universität, arbeite in der Kinderklinik und verfüge über keine Zusatzversicherung, erklärt habe, sie werde "schauen, ob sie ein Zweibettzimmer zur Verfügung hätte".
20 Im Gedächtnisprotokoll der Revisionswerberin wird dazu uA Folgendes ausgeführt:
"Nach kurzer Zeit kam sie erneut aus dem Aufnahmezimmer zurück und verkündete, dass sie ein Zweibettzimmer für mich
gefunden hat. ... Von Seiten der Schwester wurden mir in diesem
Moment noch rasch 'Aufnahmezettel' in die Hand gedrückt. Lesen könne ich diese später, wurde mir ihrerseits versichert. Sie sagte, dass es sich um Standardaufnahmedokumente handelt. Aus diesem Grund bin ich von einem standardmäßigen Behandlungsvertrag ausgegangen und konnte mir die Dokumente, aufgrund meiner Schmerzen und starker Übelkeit nicht durchlesen, sondern wurde nur aufgefordert, diese zu unterschreiben. Dem kam ich umgehend nach. Ich habe, dahingehend die Dokumente ohne ihren Inhalt zu kennen,
unterschrieben. ... Zudem habe ich zu keinem weiteren Zeitpunkt
diese Unterlagen zur Durchsicht vorgelegt bekommen. Ich bin nicht darauf hingewiesen worden, dass ich als Klassepatient aufgenommen wurde. Seitens der aufnehmenden Krankenschwester oder des Pflegepersonals bzw. Hebamme wurde zu keinem Zeitpunkt die Sonderklasse erwähnt noch auf eventuell anfallende Kosten hingewiesen."
21 Demgegenüber heißt es in einer im Akt befindlichen, von Mitarbeitern der Mitbeteiligten auf Basis einer Befragung der aufnehmenden Schwester erstellten Gesprächszusammenfassung vom (ua):
"Die Aufnahme von Sonderklasse-Patientinnen an der
Gebärambulanz ... erfolgt standardmäßig nach folgendem Procedere:
Wünscht - wie in diesem Fall - die Patientin die Aufnahme in die Sonderklasse, wird im Rahmen der Aufnahme die Verpflichtungserklärung als Vertragsbasis für die Sonderklasse zur Unterschrift vorgelegt und über mögliche Zusatzkosten informiert.
Die stationäre Aufnahme der Patientin erfolgte um 01:06 Uhr und der Ausdruck der Verpflichtungserklärung ist um 01:10 Uhr im System protokolliert.
Die Sonderklasseverpflichtungserklärung wurde von Ihnen (gemeint: der aufnehmenden Schwester MR) an die Patientin ausgehändigt und die Aufklärung über die Zusatzkosten erfolgte gemäß dem standardisierten Prozess an der Gebärambulanz, welcher den unternehmensweiten Vorgaben entspricht.
Die Sonderklasse-Verpflichtungserklärung wurde im Rahmen der Aufnahme (der Revisionswerberin) unterzeichnet und von Ihnen gegengezeichnet."
22 Seitens M R erfolgte mit E-mail vom eine Bestätigung des Inhalts dieser Zusammenfassung.
23 Eine Einvernahme der Revisionswerberin ist ebenso wie die der aufnehmenden Schwester weder im behördlichen noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erfolgt.
24 Vor diesem Hintergrund ist es nicht nachvollziehbar, vielmehr aktenwidrig, wenn das Verwaltungsgericht im Rahmen der Beweiswürdigung ausführt: "Wie die (Revisionswerberin) selbst angegeben hat, erfolgte die Aufnahme in die Sonderklasse über
ihren Wunsch und wird dies von der aufnehmenden Schwester ... im
Mail betreffend der Gesprächszusammenfassung mit Datum 06.11. bzw. 09.11. bestätigt."
25 Da der Sachverhalt somit entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts in wesentlichen Punkten ungeklärt geblieben ist, hätte dieses nicht von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung absehen dürfen, vielmehr hätte es mittels Einvernahme der Revisionswerberin als auch der aufnehmenden Krankenschwester M R auf die Feststellung der für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der verfahrensgegenständlichen Sonderklassegebührenvorschreibung notwendigen Tatbestandselemente hinwirken müssen.
26 Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung durfte das Verwaltungsgericht nämlich auch nicht etwa deshalb absehen, weil die Revisionswerberin (unstrittig) die im Akt liegende "Sonderklasse-Verpflichtungserklärung" unterfertigt hat. Diese lautet auszugsweise:
"1. a)* Ich erkläre ausdrücklich, dass ich freiwillig die Aufnahme in die Sonderklasse (Zweitbettzimmer) oder Sonderklasse - Tagesklinik wünsche.
...
2. Die Kosten für die Unterbringung/Verpflegung und die medizinischen Leistungen (Pflege- und Sondergebühren) sind - von Beginn an - von mir selbst zur Gänze zu bezahlen, soweit kein Leistungsanspruch aus der angeführten privaten Krankenversicherung besteht (z.B. bei Ablehnung wegen Vorvertraglichkeit, Unterversicherung, Taggeldversicherung etc.)
In diesem Fall habe ich binnen 5 Tagen eine entsprechende Vorauszahlung zu leisten.
...
7. Ich erkläre, über die Verrechnung der Kosten ausdrücklich aufgeklärt worden zu sein. Ein Informationsblatt über die möglichen Kosten für die Unterbringung/Verpflegung und die medizinischen Leistungen habe ich erhalten.
Datum: "
27 Vor dem Hintergrund der von der Revisionswerberin geltend gemachten Begleitumstände der Aufnahme (im Wesentlichen: kein Hinweis auf die Sonderklasse durch die aufnehmende Schwester; bei den unterfertigten Papieren handle es sich bloß um "Standardaufnahmedokumente") kann bei Zutreffen der Behauptungen der Revisionswerberin die Unterfertigung der Sonderklasse-Verpflichtungserklärung im vorliegenden Fall - anders als in dem dem vom Verwaltungsgericht angesprochenen hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/11/0087, zu Grunde liegenden Beschwerdefall - nicht den vom StKAG gestellten Anforderungen nach § 66 Abs. 3 und 4 entsprechen:
28 Zwar macht derjenige, der eine Urkunde unterfertigt, den durch seine Unterschrift gedeckten Teil zum Inhalt seiner Erklärung, auch wenn er ihm unbekannt ist oder er ihn nicht verstanden hat. Dies schließt aber eine Anfechtung wegen Irrtums keineswegs aus. Auch bei ungelesenem Unterfertigen einer Urkunde ist es für die Geltung als Willenserklärung notwendig, dass der die Erklärung Abgebende Rechtsfolgen herbeiführen will. Ist das erkennbar nicht der Fall, kann keine wirksame Willenserklärung angenommen werden (vgl. RIS-Justiz RS0014753, insbesondere das , mwN).
29 Im Revisionsfall hat die Revisionswerberin zwar die "Sonderklasse-Verpflichtungserklärung", deren wesentlicher Inhalt oben (vgl. Rz 26) wiedergegeben wurde, unterfertigt, was - auch wenn sie vorher nicht gelesen worden wäre - regelmäßig den vom StKAG gestellten Anforderungen an ein (für die Zulässigkeit der Vorschreibung von Sonderklassegebühren essentielles) Verlangen des Patienten, in die Sonderklasse aufgenommen zu werden, genügt.
30 Die Revisionswerberin hat im verwaltungsgerichtlichen (wie schon im behördlichen) Verfahren betreffend die Gebührenrechnung der Mitbeteiligten aber der Sache nach vorgebracht, von der aufnehmenden Schwester in Irrtum über den Inhalt ihrer (durch Unterfertigen des genannten Dokuments abgegebenen) Erklärung geführt worden zu sein: Diese habe, ohne dass die Revisionswerberin den Wunsch nach Aufnahme in der Sonderklasse geäußert habe, von sich aus erklärt, nach einem Zweibettzimmer für sie suchen zu wollen. Nachdem ein solches gefunden worden sei, habe sie ihr beim Aushändigen der "Sonderklasse-Verpflichtungserklärung" erklärt, es handle sich dabei um "Standardaufnahmedokumente"; sie sei nicht darauf hingewiesen worden, dass sie als "Klassepatientin" aufgenommen werde, worauf sie das Dokument unterschrieben habe, ohne es zu lesen. Es sei zu keinem Zeitpunkt die Sonderklasse erwähnt oder auf eventuell anfallende Kosten hingewiesen worden.
31 Der entscheidende Sachverhalt ist somit entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht geklärt, vielmehr kommt dem Vorbringen der Revisionswerberin zu der von der aufnehmenden Schwester abgegebenen Erklärung über den Inhalt der zu unterschreibenden Papiere entscheidende Bedeutung zu. Träfen diese Behauptungen sowie die Behauptung der Revisionswerberin, die Unterschrift im Vertrauen auf diese Erklärung der aufnehmenden Schwester ohne vorheriges Durchlesen geleistet zu haben, zu, wäre der von der Revisionswerberin durch die Unterfertigung der "Sonderklasse-Verpflichtungserklärung" abgegebenen Erklärung im Sinne der §§ 870, 871 ABGB rechtliche Wirksamkeit nicht zugekommen, weil die Revisionswerberin einem von der "Gegenseite" hervorgerufenen Irrtum über den Inhalt der von ihr abgegebenen Erklärung unterlegen wäre. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass "weder eine Einvernahme der diensthabenden Krankenschwester ... noch der (Revisionswerberin) zu einem anderen Sachverhalt führen würde", weil der entscheidungsrelevante Sachverhalt aufgrund der Aktenlage festgestellt habe werden können, geradezu ein klassisches Beispiel einer unzulässigen vorgreifenden Beweiswürdigung, rechtfertigt die Unterlassung der Einvernahme der beiden und die Abstandnahme von einer mündlichen Verhandlung daher nicht.
32 Indem das Verwaltungsgericht dies unterließ, hat es sein Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, weshalb dieses gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit b und c VwGG aufzuheben war.
33 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung.
Wien, am