VwGH vom 12.12.2013, 2012/06/0184
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, die Hofrätin Dr. Bayjones, den Hofrat Dr. Moritz, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde der S F in L, vertreten durch die Rechtsanwälte Konrad Schröttner OG in 8010 Graz, Am Eisernen Tor 2/II, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. ABT13-12.10-L390/2012-27, betreffend Nutzungsänderung nach dem Steiermärkischen Baugesetz (mitbeteiligte Parteien: 1. K GmbH in L, vertreten durch Dr. Johannes Dörner und Dr. Alexander Singer, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Brockmanngasse 91/I; 2. Marktgemeinde L, vertreten durch die Hohenberg Strauss Buchbauer Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Hartenaugasse 6), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit rechtskräftigem Bescheid des Bürgermeisters der zweitmitbeteiligten Marktgemeinde vom wurde der erstmitbeteiligten Partei (Bauwerberin) die Baubewilligung für die Errichtung eines Neubaues mit Beherbergungsbetrieb (11 Zimmer und 9 Suiten), Restaurant und Cafe, Mietflächen für Büros, Dienstleistungs- und Lebensmittelmarkt, sowie ein offenes Parkdeck mit 80 Stellplätzen und einem Parkplatz mit 30 Stellplätzen, diverse Geländeveränderungen und Einfriedung (Osten), auf näher bezeichneten im Bauland-Kerngebiet liegenden Grundstücken erteilt. Dieser Baubewilligung lag u.a. auch ein "Einreichplan Außenanlagen LAH09" zugrunde. Demnach war Bestandteil der Baubewilligung auch ein "befestigter Fahrstreifen für Revision".
Mit Eingabe vom suchte die Erstmitbeteiligte (Bauwerberin) um Nutzungsänderung dieser an der westlichen und nördlichen Seite des sogenannten "Unimarktes" in der H-straße 23 der zweitmitbeteiligten Marktgemeinde gelegenen Straße von "Straße für Revisionsarbeiten" auf "Straße für Revisionsarbeiten und als Zufahrt für Lieferanten und Entsorgungsdienste" an.
Die Baubehörde erster Instanz holte dazu die Stellungnahme des schalltechnischen Amtssachverständigen Ing. L. vom ein, in der dieser zusammenfassend zu dem Ergebnis kam, dass die Planungsrichtwerte des zu bebauenden Grundstückes eingehalten würden; es komme bei der nächstgelegenen Nachbarschaft zu keiner Veränderung der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse und der Grenzwert für Schallpegelspitzen gemäß TA-Lärm werde eingehalten; es komme aber zu einer Überschreitung des Grenzwertes für Schallpegelspitzen an den Grundgrenzen des zu bebauenden Grundstückes; dies werde ausschließlich durch die Nutzung des Zulieferbereiches hervorgerufen; durch eine entsprechende Abschirmung könne diese Grenzwertüberschreitung hintangehalten werden; zu ergänzen sei, dass die Schallpegelspitzen aus dem Bereich der Anlieferung den Grenzwert auch im Bereich der Wohnung oberhalb der Zulieferflächen überschritten. Der Amtssachverständige schlug die Vorschreibung einer näher ausgeführten Auflage vor, wonach die Zufahrt für Lieferanten zu überdachen sei; durch diese Maßnahme sei eine Verbesserung von mindestens 10 dB zu erwarten, sodass der Grenzwert für Schallpegelspitzen eingehalten werden könne. Der Stellungnahme des schalltechnischen Amtssachverständigen liegt ein Geräuschmessbericht betreffend Messungen des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung am 21. Jänner und am bei, wobei einzelne Schallpegelspitzen gemessen wurden.
Mit Eingabe vom teilte die Bauwerberin der Baubehörde projektergänzend mit, dass die an der nördlichen Außenseite gelegenen Räumlichkeiten der Wohnungen Top 30 und Top 31 des Objektes H-straße 25 (dabei handelt es sich nicht um das Objekt der Beschwerdeführerin) ausschließlich für Aufenthaltszwecke verwendet würden und eine Nutzung dieser Räumlichkeiten für Schlafzwecke ausdrücklich ausgeschlossen sei.
Zu dieser Projektsänderung führte der schalltechnische Amtssachverständige in seiner Stellungnahme vom aus, die Planungsrichtwerte gemäß ÖNORM S 5021 würden eingehalten, daher sei davon auszugehen, dass zufriedenstellende Wohn- und Arbeitsbedingungen gegeben seien. Der Grenzwert für Schallpegelspitzen werde auch bei geöffneten Fenstern eingehalten; eine allfällige Störung des gesunden Schlafes sei nicht zu beurteilen, weil die betroffenen Räumlichkeiten auf Grund privatrechtlicher Vereinbarungen nicht für Schlafzwecke genutzt würden. Eine Überschreitung der Grenzwerte für Schallpegelspitzen gemäß TA-Lärm sei nicht gegeben. Auf Grund der Messergebnisse betreffend die Nachbarschaft im ersten Obergeschoss des Objektes "Unimarkt" erscheine die vorgeschlagene Auflage (Überdachung der Lieferantenzufahrt) nicht mehr notwendig. Dies werde damit begründet, dass die Auflage auf Grund von Berechnungsergebnissen vorgeschlagen worden sei, die messtechnischen Erhebungen hätten aber gezeigt, dass die aufgetretenen Schallpegelspitzen die anzustrebenden Grenzwerte nicht überschritten.
Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin des nordöstlich an das geplante Vorhaben angrenzenden Grundstücks. Während der mündlichen Verhandlung am wandte sie sich im Wesentlichen wegen unzumutbarer Lärmbelästigung gegen das Vorhaben.
Daraufhin gab die Bauwerberin während der mündlichen Verhandlung folgende weiteren Projektsänderungen bekannt:
"Die Nutzung dieser Zufahrt soll nur mehr im Bereich bis zum Ende der Schleppkurve im Norden bis ein Meter vor Ende der bereits errichteten Lärmschutzwand (parallel zur östlichen Hauswand des Objektes H(…)straße 23) erfolgen.
Der Fahrstreifen wird über eine Länge von ca. 8,5m genutzt. Die gesamte parallel zur Ostfassade des Objektes H(…)straße 23 verlaufenden Lärmschutzwand wird auf die gesamte Länge von ca. 9,70 m auf eine Höhe von mindestens 1,90m errichtet. Sohin wird der abgetreppte Teil zur Gänze überbaut. Des Weiteren wird am Ende des genutzten Fahrstreifens eine geeignete Absperrung (zB. Kette, Poller etc.) montiert."
Der schalltechnische Amtssachverständige ergänzte sodann sein Gutachten noch während der mündlichen Verhandlung dahingehend, dass auf Grund der Projektsänderung eine freie Schallausbreitung in Richtung der Grundgrenze der Beschwerdeführerin nicht mehr möglich sei. Die Lärmschutzwand könne nunmehr den Ausbreitungsweg der Schallimmissionen, hervorgerufen durch den LKW Verkehr, wirksam unterbrechen. Laut ISO9613 ergebe sich für die vom Ausbreitungsweg abgewandte Auspufföffnung eine Verminderung von mindestens 10 dB. Die Lärmschutzwand bewirke eine Mindestabnahme in der Größenordnung ihres bewerteten Schalldämmmaßes von mindestens 20 dB, somit betrügen die auftretenden Schallpegelspitzen an der Grundgrenze der Beschwerdeführerin bis 70 dB und seien nicht geeignet, den anzustrebenden Grenzwert nach TA-Lärm von 70 dB zu überschreiten.
Der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin legte sodann den Schallmessbericht 8/11 der A GmbH vom vor und beantragte die Einholung eines humanmedizinischen Gutachtens.
Zum Schallmessbericht der A GmbH führte der Amtssachverständige aus, es sei nicht nachvollziehbar, welche Schallereignisse den Schallspitzen zuzuordnen seien, weil der Verfasser des Berichtes nicht während der gesamten Messzeit anwesend gewesen sei. Der überwiegende Teil der aufgetretenen Schallspitzen übersteige den Grenzwert von 70 dB nicht. Bei anderen Ereignissen, wie beispielsweise Schallpegelspitzen durch Kühlaggregate und Rückfahrwarner, handle es sich um einen nicht konsensgemäßen Betrieb. Durch die Vorlage des Messberichtes der A GmbH könne nicht bewiesen werden, dass die ÖNORM S 5004 bei den Messungen des Amtssachverständigen nicht eingehalten worden sei, es könne allenfalls der Beweis gelingen, dass unterschiedliche Messergebnisse erzielt worden seien.
Die Baubehörde erster Instanz holte sodann das medizinisches Gutachten der Sachverständigen Dr. K. vom ein, in dem diese zusammenfassend zum Ergebnis kam, dass Gesundheitsgefährdungen für den Tagzeitraum von 6:00 bis 22:00 Uhr mit Sicherheit auszuschließen seien.
Mit Bescheid vom erteilte der Bürgermeister der zweitmitbeteiligten Marktgemeinde der Bauwerberin die beantragte Nutzungsänderung nach Maßgabe der Planbeilagen samt Anlagenbeschreibung und nach Maßgabe unter anderem folgender Projektmodifizierung:
"2. Die gesamte parallel zur Ostfassade des Objektes H(…)straße 23 verlaufende Lärmschutzwand wird auf die gesamte Länge von ca. 9,70 m auf eine Höhe von mindestens 1,90 m errichtet. Sohin wird der abgetreppte Teil bis zur geraden Verlängerung der Oberkante der Lärmschutzwand erhöht."
Zu den Einwendungen der Beschwerdeführerin führte die erstinstanzliche Baubehörde aus, es werde festgehalten, dass die Messung der A GmbH nicht als nachvollziehbar verifiziert worden sei; eine konkrete Zuordnung der Messergebnisse zu tatsächlichen und rechtlich relevanten Vorkommnissen erscheine nicht möglich. Das Gutachten des Amtssachverständigen sei schlüssig, mit den logischen Denkgesetzen im Einklang stehend und damit nachvollziehbar.
In ihrer Berufung vom rügte die Beschwerdeführerin - soweit für das verwaltungsgerichtliche Verfahren von Relevanz - die mangelnde Nachvollziehbarkeit des Gutachtens des Amtssachverständigen, und begründete dies mit den Messergebnissen der A GmbH. Der Vorwurf, diese Messungen könnten nicht einzelnen Schallereignissen zugeordnet werden, gehe ins Leere, weil dem Bericht Fotos mit genauer Zeitangabe angeschlossen seien, die mit den aufgenommenen Schallpegelspitzen korrelierten. Die Pegelspitzen seien im Bereich der Ladezone wesentlich höher als die vom Amtssachverständigen angenommen maximalen 70 dB. Darüber hinaus sei gegen den Bürgermeister der zweitmitbeteiligten Gemeinde, den Bauamtsleiter und den Amtssachverständigen wegen des Verdachtes des Amtsmissbrauches und der vorsätzlichen Falscherstellung eines Gutachtens Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft erstattet worden. Diese Personen seien daher befangen, und das gegenständliche Verfahren sei gemäß § 38 AVG bis zum Abschluss des Strafverfahrens zu unterbrechen.
Mit Bescheid vom gab der Gemeinderat der zweitmitbeteiligten Marktgemeinde der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. Begründend führte er aus, ein Unterbrechungsgrund liege nicht vor, weil die geltend gemachte Strafanzeige keine Vorfrage darstelle. Maßgeblich für die Beurteilung des Schalls seien nicht die Emissionen in der Ladezone, sondern die Immissionswerte an der Grundgrenze der Beschwerdeführerin.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom Vorstellung mit der Begründung, der Messbericht der A GmbH belege, dass das Gutachten des Amtssachverständigen falsch sei. Tatsächlich änderten sich die örtlichen Verhältnisse durch die Ladetätigkeit wesentlich, nämlich im Umfang von 43,3 dB auf 57 dB. Der Befangenheitseinwand werde sowohl gegen die Baubehörde erster Instanz als auch gegen die Berufungsbehörde erhoben.
Mit dem angefochtenen Bescheid (vom ) wies die belangte Behörde die Vorstellung der Beschwerdeführerin mangels Verletzung von Rechten als unbegründet ab. Begründend führte sie dazu - soweit für das Beschwerdeverfahren relevant - aus, der Umstand, dass gegen den Bürgermeister und den Gemeindesekretär der zweitmitbeteiligten Marktgemeinde Anzeige bei der Staatsanwaltschaft wegen Amtsmissbrauchs und gegen den Amtssachverständigen Anzeige infolge des Verdachtes der schalltechnischen Falschbegutachtung eingebracht worden sei, stelle keinen Grund für eine Aussetzung des Verfahrens gemäß § 38 AVG dar. Im Fall einer tatsächlichen strafrechtlichen Verurteilung eines im Ermittlungsverfahren tätigen Behördenorgans stehe die Möglichkeit eines Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens im Sinn des § 69 Abs. 1 Z 1 AVG zur Verfügung. Das lärmtechnische Gutachten stelle auch keine präjudizielle Rechtsfrage im Sinn des § 38 AVG dar.
Zum Bereich Schall führte die belangte Behörde aus, unter Zugrundelegung des Gemeindeaktes könne festgestellt werden, dass das schalltechnische Gutachten sowie die Ergänzungen dazu von einem tauglichen Sachverständigen erstellt worden seien. Die Prüfung habe keine Zweifel an der Schlüssigkeit und Vollständigkeit des Gutachtens ergeben. Ein von einem tauglichen Sachverständigen erstelltes, mit der Erfahrung des Lebens und den Denkgesetzen nicht im Widerspruch stehendes Gutachten könne in seiner Beweiskraft nur durch ein gleichwertiges Gutachten bekämpft werden. Einem schlüssigen Sachverständigengutachten könne mit bloßen Behauptungen ohne Argumentation auf gleicher Ebene in tauglicher Art und Weise nicht entgegengetreten werden. Die Beschwerdeführerin habe nur einen Geräuschmessbericht der A GmbH mit allgemeinen Ausführungen vorgelegt, der keinesfalls ein Gutachten einer dazu befugten Person darstelle. Damit sei dem schalltechnischen Gutachten nicht auf gleicher Ebene entgegengetreten worden. Die Berufungsbehörde habe folgerichtig festgestellt, dass kein Zweifel an der Schlüssigkeit des dem Verfahren zugrunde liegenden Sachverständigengutachtens bestehe, und habe die vorgebrachten schalltechnischen Einwände ausreichend gewürdigt.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift - ebenso wie die Mitbeteiligten - die Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im vorliegenden Fall ist das Stmk. BauG in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 13/2011 anzuwenden. Gemäß dessen § 26 Abs. 1 kann der Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv-öffentlichrechtliche Einwendungen). Das sind Bestimmgunen über
"1. die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan und einem Bebauungsplan, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;
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2. | die Abstände (§ 13); |
3. | den Schallschutz (§ 77 Abs. 1); |
4. | die brandschutztechnische Ausführung der Außenwände von Bauwerken an der Nachbargrenze (§ 52 Abs. 2); |
5. | die Vermeidung einer sonstigen Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung (§ 57 Abs. 2, § 58, § 60 Abs. 1, § 66 zweiter Satz und § 88); |
6. | die Baueinstellung und die Beseitigung (§ 41 Abs. 6)." |
Gemäß § 77 Abs. 1 Stmk. BauG muss ein Bauwerk derart geplant und ausgeführt werden, dass gesunde, normal empfindende Benutzer oder Nachbarn dieses Bauwerkes nicht durch bei bestimmungsgemäßer Verwendung auftretenden Schall und Erschütterungen in ihrer Gesundheit gefährdet oder unzumutbar belästigt werden. Dabei sind der Verwendungszweck sowie die Lage des Bauwerkes und seiner Räume zu berücksichtigen. | |
§ 60 AVG sieht vor, dass in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgeblichen Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen sind. | |
Die Beschwerde rügt zunächst, die belangte Behörde habe die Frage der Befangenheit unrichtig beurteilt. Ein anhängiges Verfahren vor der Staatsanwaltschaft führe zwangsläufig zur Befangenheit der Baubehörde, auch wenn in weiterer Folge das Strafverfahren eingestellt worden sei. | |
Dem ist entgegenzuhalten, dass die Erstattung einer Strafanzeige eine Befangenheit eines Behördenorganes noch nicht zu begründen vermag (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/12/0167). | |
Berechtigt ist hingegen das Beschwerdevorbringen, dass zwischen dem Gutachten des Amtssachverständigten und dem vorgelegten Geräuschmessbericht der A GmbH erhebliche Widersprüche bestehen, die eine wesentliche Mangelhaftigkeit des baubehördlichen Ermittlungsverfahrens bewirken. | |
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am gab die Bauwerberin eine Projektsänderung bekannt, wonach die gesamte parallel zur Ostfassade des Objektes H-straße 23 verlaufende Lärmschutzwand auf der gesamten Länge von 9,70 m auf eine Höhe von 1,90 m errichtet und sohin der abgetreppte Teil zur Gänze überbaut werde. Auf Grund dieser Projektsänderung, nämlich der gänzlichen Überbauung des abgetreppten Teiles, änderte der schalltechnische Amtssachverständige sein Gutachten dahingehend, dass die auftretenden Schallpegelspitzen an der Grundgrenze zur Beschwerdeführerin nicht geeignet seien, den anzustrebenden Grenzwert nach der TA-Lärm von 70 dB zu überschreiten. | |
Im erstinstanzlichen Bescheid vom wurde die Projektmodifikation jedoch nicht in der Form übernommen, dass der gesamte abgetreppte Teil überbaut werde, sondern nur, dass "der abgetreppte Teil bis zur geraden Verlängerung der Oberkante der Lärmschutzwand erhöht" werde. Eine Überbauung des abgetreppten Teiles ist in diesem Bescheid nicht vorgesehen. Auch der Berufungs- und der Vorstellungsbescheid enthalten diesbezüglich keine Änderungen. Es ist somit für den Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollziehbar, ob die vom schalltechnischen Amtssachverständigen während der mündlichen Verhandlung zur Projektsänderung, dass der abgetreppte Teil zur Gänze überbaut werde, ergänzte gutachterliche Äußerung auch auf jenen Fall zutrifft, der Gegenstand der behördlichen Genehmigung ist, nämlich eine Erhöhung der Lärmschutzwand im Bereich des abgetreppten Teiles, jedoch ohne Überbauung. Bereits aus diesem Grund können die gutachterlichen Äußerungen des schalltechnischen Amtssachverständigen nicht als schlüssig beurteilt werden. | |
Darüber hinaus haben Einwendungen gegen die Schlüssigkeit eines Gutachtens einschließlich der Behauptung, die Befundaufnahme sei unzureichend bzw. der Sachverständige gehe von unrichtigen Voraussetzungen aus, ebenso wie Einwendungen gegen die Vollständigkeit des Gutachtens auch dann Gewicht, wenn sie nicht auf gleicher fachlicher Ebene angesiedelt sind, also insbesondere auch ohne Gegengutachten (vgl. dazu die bei | Hengstschläger/Leeb , AVG, Rz 64 zu § 52 zitierte hg. Judikatur). |
Der Messbericht der A GmbH vom - auch wenn es sich dabei nicht um ein Gutachten im Sinn des § 52 AVG handelt - |
sowie das Vorbringen der Beschwerdeführerin während des Verwaltungsverfahrens sind jedenfalls geeignet, die Schlüssigkeit der Äußerungen des Amtssachverständigen in Zweifel zu ziehen. Der Amtssachverständige führte in der mündlichen Verhandlung selbst aus, der Messbericht der A GmbH könne allenfalls beweisen, dass unterschiedliche Messergebnisse erzielt worden seien. Eine Klärung dieser allenfalls bestehenden Unterschiede erfolgte jedoch nicht. Dass die im Messbericht der A GmbH aufgezeigten Schallpegelspitzen den Schallereignissen nicht zuzuordnen seien, ist angesichts der diesem Bericht beiliegenden Fotos von LKW mit genauen Zeitangaben, die mit den gemessenen Pegelspitzen übereinstimmen, nicht nachvollziehbar.
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Bereits in den Einwendungen, in der Berufung und auch in der Vorstellung wies die Beschwerdeführerin auf die aus ihrer Sicht bestehenden Widersprüche beispielsweise zwischen den Schallmessungen der Behörde am 21. Jänner und am und den Äußerungen des Amtssachverständigen hin. Bei den Schallmessungen der Behörde am Balkon ihres Wohnhauses - so die Beschwerdeführerin - seien in einer Entfernung von etwa 25 m zum Emissionsort Pegelspitzen bis zu 64 dB gemessen worden; wenn der Amtssachverständige dazu ausführe, dass der Grenzwert von 70 dB (an der Grundstücksgrenze) nicht überschritten werde, stehe dies in krassem Widerspruch zu den wichtigsten Untersuchungen und Studien für derartige Vorgänge (Hinweis auf die Messwerte im "Technischen Bericht zur Untersuchung der Geräuschemissionen durch Lastkraftwagen auf Betriebsgeländen von Frachtzentren, Auslieferungslagern, Speditionen und Verbrauchermärkten sowie weiterer typischer Geräusche insbesondere von Verbrauchermärkten" des Hessischen Landesamtes für Umwelt und Geologie aus dem Jahr 2005). Zwar sind - worauf die Berufungsbehörde zutreffend hinweist - nicht die Emissionen in der Ladezone, sondern die Immissionswerte an der Grundgrenze der Beschwerdeführerin zu beurteilen. Dennoch ist nicht ohne weiteres nachvollziehbar, dass - wie die Beschwerdeführerin bereits in ihren Einwendungen unter Bezugnahme auf die oben erwähnte Studie des hessischen Landamtes für Umwelt und Geologie ausführte - Ereignisse wie beispielsweise das Zuschlagen von Türen (108 dB laut Angaben in der Ladelärmstudie), das beschleunigte Vorbeifahren (106 dB laut Forum Schall) oder das Anlassen des LKW-Motors (100 dB laut Ladelärmstudie und Forum Schall) - trotz des vom Amtssachverständigen angenommenen Schalldämmmaßes der Lärmschutzwand von mindestens 20 dB und einer Verringerung der Immissionen an der vom Auspuff abgewandten Seite um weitere 10 dB - |
an der laut Planunterlagen in unmittelbarer Nähe befindlichen Grundgrenze der Beschwerdeführerin jedenfalls keine Schallimmissionen von mehr als 70 dB verursachen können.
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Darüber hinaus besteht das ursprüngliche "Gutachten" des Amtssachverständigen vom lediglich aus einer Zusammenfassung, dass die Planungsrichtwerte eingehalten würden, es bei den nächstgelegenen Nachbarn zu keinen Veränderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse komme und die Grenzwerte der Schallpegelspitzen gemäß TA-Lärm eingehalten würden; der Grenzwert für Schallpegelspitzen werde durch die Nutzung des Zulieferbereiches an der Grundgrenze jedoch überschritten, weshalb die Vorschreibung einer Auflage (Überdachung) vorgeschlagen werde. Messdaten, Angaben von Grenz- bzw. Richtwerten, Berechnungsmethoden oder eine konkrete Darstellung der örtlichen Verhältnisse mit und ohne Verwirklichung des gegenständlichen Vorhabens enthält dieses "Gutachten" nicht. Auch die ergänzenden Ausführungen des Amtssachverständigen während der mündlichen Verhandlung ändern daran nichts. Diese sind jedenfalls nicht geeignet, die Ausführungen der Beschwerdeführerin während des Verwaltungsverfahrens, wonach eigene Messungen im August/September 2011 belegten, dass durch den Betrieb in der Zufahrtsstraße und der Ladezone der durchschnittliche energieäquivalente Dauerschallpegel einer Tagesstunde von 43 dB (aufgerundet) ohne Ladetätigkeit um bis zu 14 dB in einer Stunde mit Ladetätigkeit angehoben werde und es daher sehr wohl zu einer Veränderung der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse komme, zu entkräften. |
Mit diesen Vorbringen hätten sich die Baubehörden fachlich auseinandersetzen müssen, weil es sich dabei nicht um bloße Behauptungen, sondern vielmehr um eine Argumentation auf fachlicher Ebene - wenn auch nicht in Form eines Gutachtens - handelt. |
Dadurch, dass die Baubehörden die unvollständigen Äußerungen des Amtssachverständigen ihrer Entscheidung zugrunde legten, wurden sie ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes nicht gerecht. Da die belangte Behörde dies nicht aufgriff, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Dieser war daher bereits aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben. Auf das übrige Beschwerdevorbringen war dabei nicht mehr einzugehen. |
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. |
Wien, am |