Suchen Hilfe
VwGH vom 20.06.2013, 2012/06/0155

VwGH vom 20.06.2013, 2012/06/0155

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch sowie die Hofrätin Dr. Bayjones, den Hofrat Dr. Moritz, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des F, vertreten durch die Rechtsanwälte Mandl GmbH in 6800 Feldkirch, Churerstraße 3/II, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom , Zl. BHBR-I-3300.00-2011/0017, betreffend eine Bauangelegenheit (weitere Partei: Vorarlberger Landesregierung; mitbeteiligte Partei: Gemeinde M), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Vorarlberg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1. Mit Ansuchen vom beantragte der Beschwerdeführer beim Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde die Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung eines zweigeschoßigen Gebäudes, bestehend aus einem Wohnteil mit angegliedertem Landwirtschaftstrakt (dieser wird in den vorgelegten Plänen als "landwirtschaftlicher Einstellplatz", im weiteren Verfahren als "landwirtschaftliche Maschinenunterstellräume" oder "Remise" bezeichnet; nach den Bauplänen liegt ein einheitliches Gebäude vor (insbesondere durch die Erschließung und das Dach) und kein baulich teilbares Einzelvorhaben), auf seinen im gültigen Flächenwidmungsplan als Freifläche-Landwirtschaft ausgewiesenen Grundstücken Nr. 925/6 und 925/4, KG M.

Er brachte vor, an diesem Standort habe sich früher ein Landwirtschaftsgebäude befunden, das im Jahr 1992 durch einen Brand zerstört worden sei. Ein Wiederaufbau des Brandobjektes habe nicht innerhalb des gemäß § 58 Abs. 3 Raumplanungsgesetz - RPG zulässigen Zeitraumes von sieben Jahren stattgefunden.

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde versagte mit Bescheid vom die beantragte Baubewilligung. In der Begründung setzte er sich mit den eingeholten Gutachten des landwirtschaftlichen Sachverständigen R. vom und sowie den vom Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom bzw. vorgelegten Privatgutachten des DI K. auseinander und vertrat (zusammengefasst) die Ansicht, dass das Bauvorhaben als "nicht notwendig im Sinne der Vorgaben des Raumplanungsgesetzes" erachtet werde und somit den bau- und raumplanungsrechtlichen Vorschriften nicht entspreche.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung, die die Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom abwies.

Der dagegen erhobenen Vorstellung vom gab die belangte Behörde mit Bescheid vom Folge, hob den Bescheid der Gemeindevertretung auf und verwies die Sache zur neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Gemeinde zurück. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, die Baubehörde habe das Parteiengehör nicht ausreichend gewahrt und es sei insbesondere die Begründung hinsichtlich der widerstreitenden Gutachten mangelhaft.

In weiterer Folge bestellte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom DI H. als nichtamtliche landwirtschaftliche Sachverständige zur Erstattung eines Gutachtens, "ob es sich bei den geplanten Baumaßnahmen um notwendige Gebäude/Anlagen gemäß § 18 Abs. 3 Vorarlberger Raumplanungsgesetz handelt und das vorgesehene Projekt aus landwirtschaftlicher Sicht sinnvoll erscheint. Dabei sollen die bereits vorhandenen Gutachten evaluiert und bewertet werden. Insbesondere die Differenzen hinsichtlich der Ausgangszahlen für die Wirtschaftlichkeitsberechnung sollen beseitigt werden. Für die Behörde soll nachvollziehbar sein, welches der Gutachten aus welchen Gründen schlüssig ist und für eine abschließende Entscheidungsfindung herangezogen werden kann."

In ihrem Gutachten vom führte die Sachverständige DI H. aus, der Beschwerdeführer führe seinen landwirtschaftlichen Betrieb gewinnorientiert und bewirtschafte ihn ordentlich. Die Investition in eine Remise und die Vergrößerung der Schafherde samt Adaption des Stalles mache landwirtschaftlich Sinn. Dass die Remise in der Nähe des Stalles stehen solle, sei auch außer Frage zu stellen. Wörtlich heißt es:

"( Der Beschwerdeführer ) möchte sich ein Ausgedinge schaffen, das er später seinem Sohn weitergibt, der die Landwirtschaft übernehmen soll. Dass es für den Bewirtschafter der Landwirtschaft einen enormen Vorteil darstellt, wenn er vor Ort wohnt, ist auch außer Streit zu stellen. Vom Tierschutzgesetz ausgehend reicht es, wenn einmal am Tag eine fachkundige Person kontrolliert. Ob diese vor Ort lebt oder zum Stall pendelt ist aus der Sicht des Tierschutzes nicht relevant. Wirtschaftlich gesehen sollte die Distanz in diesem vorliegenden Fall nicht höher sein als jetzt (5 km), da ansonsten die Fahrtkosten den Gewinn der Mutterschafhaltung gegen Null bringen." Die Remise sei ein notwendiges Gebäude iSd § 18 Abs. 3 RPG, denn es sei aus landwirtschaftlicher Sicht sinnvoll, den Betrieb des Beschwerdeführers zu vergrößern. Dass der Beschwerdeführer im Zuge dieser Vergrößerung Wohnraum für sich schaffen wolle, sei nachvollziehbar. Dass die Finanzierung des Wohnhauses aus der Nebenerwerbslandwirtschaft kommen solle, sei verglichen mit der Praxis der Nebenerwerbslandwirtschaft ungewöhnlich. Betriebswirtschaftlich gesehen mache die Nähe des Wohnhauses zum Stall Sinn. Aus Sicht der Mindestanforderungen des Tierschutzes müsse die Betreuungsperson nicht unmittelbar neben dem Stall wohnen.

Mit Schreiben vom übermittelte der Bürgermeister dem Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs einen Auszug aus der Gemeindevertretungssitzung vom mit der Möglichkeit zur Stellungnahme. Darin wird (u.a.) ausgeführt, im Zuge des Ermittlungsverfahrens sei erhoben worden, dass der Beschwerdeführer bereits Eigentümer mehrerer Objekte in unmittelbarer Nähe des bestehenden Stallgebäudes sei, in denen die Möglichkeit der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken bestehe (Objekt S. Weg 18 mit zwei Wohnungen für die Vermietung an ständig wechselnde Feriengäste, Objekt S. Weg 16 mit zwei Wohnungen für die Vermietung an ständig wechselnde Feriengäste und einer Betreiber-/Dauerwohnung, Objekt S. Weg 15 - Jugendgästehaus mit 35 Betten). Das beantragte Wohnhaus werde zwar als nachvollziehbarer Wunsch erachtet und die Nähe eines Wohnhauses zum Stall als sinnvoll angesehen, für die Schafhaltung sei es jedoch nicht notwendig.

In seiner Stellungnahme vom äußerte sich der Beschwerdeführer ablehnend und verwies auf seine Mitteilung vom . Darin hatte er zu diesen in seinem Eigentum stehenden Gebäuden vorgebracht, sie könnten "schon von der Bewilligungssituation her" nicht als landwirtschaftliche Haupt- oder Nebengebäude verwendet werden. Sein derzeitiger Wohnraum sei eine notdürftige Zwischenunterkunft, in der er sich ohne rechtmäßigen Titel aufhalte. Er verfüge über keine rechtlich gesicherte Wohnsituation, schon gar nicht im Nahebereich zum landwirtschaftlichen Betrieb. Auch wenn es sich nur um einen Kleinbetrieb handle, müsse doch bei immerhin 70 Schafen ständig eine "Betreuungstätigkeit und dergleichen mehr" durchgeführt werden, was es notwendig mache, dass unmittelbar am landwirtschaftlichen Betrieb Wohnung genommen werde.

Mit Bescheid der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde dem Beschwerdeführer die Baubewilligung erneut versagt. Zusammengefasst vertrat die Berufungsbehörde (mit näherer Begründung) die Ansicht, die Errichtung eines Wohngebäudes sei nicht notwendig, hingegen werde die Schaffung der Remise als notwendig angesehen.

Der Beschwerdeführer erhob Vorstellung. Die belangte Behörde ergänzte das Ermittlungsverfahren durch Einholung einer weiteren gutachterlichen Stellungnahme der DI H.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid vom wies die belangte Behörde die Vorstellung ab. In ihrer Begründung legte sie zunächst den Verfahrensgang samt dem wesentlichen Inhalt der Schriftsätze und Gutachten dar und führte sodann im Wesentlichen aus, (gemeint:) der landwirtschaftliche Amtssachverständige habe in den drei Gutachten vom , und eindeutig und ausführlichst festgehalten, dass das vorliegende Projekt den Bestimmungen des § 18 Abs. 3 RPG nicht entspreche bzw. mit den Intentionen des § 18 Abs. 3 leg. cit. nicht vereinbar sei. Diesen Gutachten sei der Beschwerdeführer durch zwei Privatgutachten entgegengetreten. Darin komme der Sachverständige DI K. zum Ergebnis, dass die landwirtschaftliche Tätigkeit sowohl eine Erweiterung des Stallgebäudes als auch die Schaffung von Maschinenunterstellräumen und einer Wohnmöglichkeit am Betriebsstandort S. Alpe - vor allem während der Zeit der Stallhaltung - mittelfristig notwendig mache bzw. es sich beim Bauvorhaben um eine bodenabhängige, ökonomisch sinnvolle landwirtschaftliche Nutzung im Sinne des § 18 Abs. 3 RPG handle. Die im Zuge des zweiten Berufungsverfahrens beigezogene nicht amtliche Sachverständige DI H. komme in ihrem Gutachten zum Schluss, dass die Nähe des Wohnhauses zum Stall betriebswirtschaftlich gesehen Sinn mache, aus Sicht der Mindestanforderungen des Tierschutzes müsse die Betreuungsperson jedoch nicht unmittelbar neben dem Stall wohnen. Auf die konkrete Nachfrage der belangten Behörde hinsichtlich der landwirtschaftlichen Notwendigkeit für Wohnraum in gegenständlichem Betrieb (Schafhaltung mit 50 Mutterschafen auf ca. 15 ha Grünland mit Lammfleischverkauf) habe die Sachverständige DI H. geantwortet, dass eine tägliche Kontrolle der Mutterschafe aus Sicht des Tierschutzes notwendig sei. Weiters solle der Mutterschafhalter nicht weiter als 5 km entfernt wohnen, damit es wirtschaftlich noch Sinn mache, die Tiere zu halten. Daraus ergebe sich, dass ein Wohnraum für den Mutterschafhalter bzw. Bewirtschafter der landwirtschaftlichen Flächen in der Nähe (weniger als 5 km Entfernung) notwendig sei. Festzuhalten sei, dass sich DI H. mit den zwei privaten Gutachten von DI K. auseinandergesetzt habe. Sowohl das Gutachten als auch die Ergänzung von Dipl. Ing. H seien vom Beschwerdeführer als richtig bezeichnet bzw. zustimmend zur Kenntnis genommen worden.

Es lasse sich somit zweifelsfrei zusammenfassen, dass es sowohl nach den dreifachen und eindeutigen Gutachten des landwirtschaftlichen Amtssachverständigen als auch nach den zweifachen und vom Beschwerdeführer akzeptierten Ausführungen der nicht amtlichen Sachverständigen DI H. nicht notwendig sei, zwingend und sofort auf dem vom gegenständlichen Bauvorhaben betroffenen Grundstück Wohnraum zu schaffen. Es könne festgestellt werden, dass der Privatgutachter DI K. selbst in seinem zweiten Gegengutachten lediglich eine "Sinnhaftigkeit", nicht aber eine "Notwendigkeit" von Wohnraum festgestellt habe. Da der vorliegende Bauantrag als Einheit zu sehen und es nicht zulässig sei, diesen behördlich zu trennen, sei auf eine etwaige Notwendigkeit des Wirtschaftsgebäudes nicht weiter einzugehen.

Aus der aktuellen Flächenwidmung ergebe sich, dass die Baugrundstücke Nr. 925/6 und 925/4, KG M, als Freifläche Landwirtschaft gewidmet seien. Ob Bescheide existierten, die dem Beschwerdeführer eine Nutzung bestehender Gebäude als Ferienwohnungen erlaubten, könne daher unberücksichtigt bleiben, weil es somit im Belieben des Beschwerdeführers liege, diese Gebäude künftig für den mit diesem Bauvorhaben geplanten Wirtschafts- und Wohnbedarf zu nutzen. Etwaige Bescheide, die dem Beschwerdeführer Rechte einräumten, müssten von diesem jedoch nicht verpflichtend ausgeübt werden. Sollte daher - entgegen der vorstehenden Argumentation - dennoch eine (landwirtschaftliche) Notwendigkeit des gegenständlichen Bauvorhabens erblickt werden, so wäre es dem Beschwerdeführer jedenfalls möglich, diesen Bedarf mit den bestehenden Gebäuden zu decken.

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und - wie die mitbeteiligte Gemeinde - in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

4. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

4.1. Folgende Bestimmungen des Vorarlberger Baugesetzes, LGBl. Nr. 52/2001 (BauG) in der Fassung LGBl. Nr. 34/2008, sind maßgebend:

"§ 2

Begriffe

(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist

(…)

f) Bauwerk: eine Anlage, zu deren fachgerechter Herstellung bautechnische

Kenntnisse erforderlich sind und die mit dem Boden in Verbindung steht;

(…)

i) Gebäude: ein überdachtes Bauwerk, das von Menschen betreten werden

kann und mindestens einen Raum allseits oder überwiegend

umschließt;

...

§ 18

Bewilligungspflichtige Bauvorhaben

(1) Einer Baubewilligung bedürfen

a) die Errichtung oder wesentliche Änderung von Gebäuden; ...

...

§ 28

Baubewilligung

(…)

(2) Die Baubewilligung ist zu erteilen, wenn das Bauvorhaben nach Art, Lage, Umfang, Form und Verwendung den bau- und raumplanungsrechtlichen Vorschriften entspricht und auch sonst öffentliche Interessen, besonders solche der Sicherheit, der Gesundheit, des Verkehrs, des Denkmalschutzes, der Energieeinsparung und des haushälterischen Umgangs mit Grund und Boden (§ 2 Abs. 3 lit. a Raumplanungsgesetz), nicht entgegenstehen.

(3) Die Baubewilligung ist zu versagen, wenn die in Abs. 2 für einen Bewilligung genannten Voraussetzungen nicht gegeben sind und auch durch Befristungen, Auflagen oder Bedingungen gemäß § 29 nicht erfüllt werden können.

(…)"

Die maßgebenden Bestimmungen des Vorarlberger

Raumplanungsgesetzes, LGBl. Nr. 39/1996 (RPG) in der Fassung

LGBl. Nr. 35/2008, lauten:

"§ 2

Raumplanungsziele

(…)

(3) Bei der Planung sind insbesondere folgende weitere Ziele zu beachten:

a) Mit Grund und Boden ist haushälterisch umzugehen, insbesondere sind Bauflächen bodensparend zu nutzen.

(…)

§ 18

Freiflächen

(…)

(3) In Landwirtschaftsgebieten ist die Errichtung von Gebäuden und Anlagen zulässig, soweit dies für die bodenabhängige land- und forstwirtschaftliche Nutzung einschließlich der dazu gehörenden erforderlichen Wohnräume und Wohngebäude und für Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft sowie die häusliche Nebenbeschäftigung notwendig ist.

(…)"

4.2. In der Beschwerde wird im Wesentlichen ausgeführt, das Gutachten und das Ergänzungsgutachten der DI H. vom und bestätigten nicht nur, dass notwendige Baumaßnahmen vorlägen, sondern auch, dass bei Berechnung der Wirtschaftlichkeit des landwirtschaftlichen Betriebes die Finanzierungskosten des Wohnhauses bei der Nebenerwerbslandwirtschaft außer Betracht zu bleiben hätten. Alleine dadurch seien die beiden relevanten Fragen, nämlich die Notwendigkeit der Gebäude und die Auskömmlichkeit bzw. Gewinnorientierung des Nebenerwerbslandwirtschaftsbetriebes, hinreichend geklärt. Mit Schreiben vom habe die Sachverständige DI H. weitere drei Fragen beantwortet, wobei konkret nicht nach der Sinnhaftigkeit, sondern nach der Notwendigkeit, insbesondere für den Wohnraum im Landwirtschaftsgebiet, gefragt worden sei. Sie habe ausgeführt, "..., dass ein Wohnraum für den Mutterschafhalter bzw. Bewirtschafter der landwirtschaftlichen Flächen in der Nähe des Stalles notwendig ist".

Die belangte Behörde argumentiere weiters damit, dass auch der vom Beschwerdeführer beauftragte Sachverständige DI K. in seinem zweiten "Gegengutachten" lediglich eine "Sinnhaftigkeit", nicht aber eine "Notwendigkeit" von Wohnraum festgestellt habe. Diese Behauptung sei unrichtig, weil dieser in seiner Stellungnahme zum landwirtschaftlichen Gutachten vom ausgeführt habe (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof): "Es wird nochmals darauf hingewiesen, dass der Sohn ( des Beschwerdeführers ), Herr C B, beabsichtige, den landwirtschaftlichen Betrieb seines Vaters zu übernehmen und dadurch der landwirtschaftliche Betrieb für eine weitere Generation gesichert ist, was noch einmal die Notwendigkeit der Errichtung eines Wohnhauses in der Nähe der landwirtschaftlichen Betriebsstätte unterstreicht".

Schon in der ursprünglichen Stellungnahme des Sachverständigen DI K. vom gelange dieser zu dem Ergebnis (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof): "Beim Betrieb ( des Beschwerdeführers ) handelt es sich aufgrund der Betriebsgröße, der landwirtschaftlichen Tierhaltung um eine bodenabhängige landwirtschaftliche Nutzung im Sinne des § 18 Abs. 3 des Raumplanungsgesetzes. Diese landwirtschaftliche Tätigkeit macht es notwendig, dass einerseits das bestehende Stallgebäude auf eine Stallgrundfläche von ca. 150 m2 erweitert wird, dass Maschinenunterstellräume im Ausmaß von ca. 140 m2 und eine Wohnmöglichkeit am Betriebsstandort S.Alpe geschaffen werden."

4.3. Dazu ist Folgendes auszuführen:

Es ist ein erklärtes Ziel der Raumplanung, mit Grund und Boden haushälterisch umzugehen (vgl. § 2 Abs. 3 lit. a RPG). Gemäß § 18 Abs. 3 RPG ist die Errichtung von Gebäuden und Anlagen in Landwirtschaftsgebieten nur zulässig, soweit dies für die bodenabhängige land- und forstwirtschaftliche Nutzung einschließlich der dazu gehörenden erforderlichen Wohnräume und Wohngebäude notwendig ist. Bei dem gegenständlichen Bauvorhaben handelt es sich nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 lit. i BauG jedenfalls um ein Gebäude. Die Berufungsbehörde hat zwar die "Schaffung einer Remise" als notwendig im Sinne des § 18 Abs. 3 RPG angesehen, infolge der mangelnden Notwendigkeit des Wohngebäudes im Sinne dieser Bestimmung dem als Einheit zu sehenden Bauansuchen jedoch die Bewilligung versagt.

Während die Berufungsbehörde die Ansicht vertrat, es sei zwar die Schaffung der Remise notwendig, hingegen nicht die Errichtung eines Wohngebäudes, liegt dem angefochtenen Bescheid die Auffassung zu Grunde, es sei nicht notwendig "zwingend und sofort auf dem vom gegenständlichen Bauvorhaben betroffenen Grundstück Wohnraum zu schaffen", sodass schon aus diesem Grund das Projekt gemäß § 18 Abs. 3 RPG nicht genehmigungsfähig sei. Auf eine etwaige Notwendigkeit des Wirtschaftsgebäudes sei daher nicht weiter einzugehen. Diese Ansicht der belangten Behörde gründet auf ein von ihr durch eigene Ermittlungen ergänztes und durch eine eigene Würdigung der Beweise abgeschlossenes Verfahren (vgl. zu den Aufgaben und Befugnissen der Aufsichtsbehörde sowie zum Verhältnis zwischen gemeindebehördlichen Verfahren und Vorstellungsverfahren ausführlich das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/05/0231, mwN):

Die Vorstellungsbehörde holte mit Schreiben vom an die mitbeteiligte Gemeinde eine ergänzende Stellungnahme der nichtamtlichen Sachverständigen DI H. (zur Befugnis der Vorstellungsbehörde, ein Ermittlungsverfahren durchzuführen, siehe gleichfalls das vorzitierte Erkenntnis vom ) zu folgenden Fragen ein:

"1. Besteht (auf Grundlage des vom ( Beschwerdeführer) gestellten Antrags) die landwirtschaftliche Notwendigkeit für Wohnraum in diesem Betrieb mit der BNR 4042379 (Schafhaltung mit 50 Mutterschafen auf ca 15 ha Grünland mit Lammfleischverkauf)?

2. Falls Wohnraum für diese Landwirtschaft erforderlich ist, in welchem Ausmaß?

3. Besteht weiters die landwirtschaftliche Notwendigkeit für das beantragte Wirtschaftsgebäude?"

Des Weiteren wurde in diesem Schreiben ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Sachverständige bei der Frage 1. und

2. weder auf bereits vorhandene Gebäude noch auf alternative Wohnmöglichkeiten einzugehen habe. Es gelte lediglich zu beantworten, ob Wohnraum für die Führung dieser Landwirtschaft erforderlich sei oder nicht. Dabei stelle sich nicht die Frage nach der Sinnhaftigkeit von Wohnraum, sondern ausschließlich nach dessen Erforderlichkeit. Die übrigen Fragen im Zusammenhang mit § 18 Abs. 3 RPG seien juristischer Natur und deshalb nicht von einer Sachverständigen zu beantworten.

Die Sachverständige Dipl. Ing. H. beantwortete in ihrer Stellungnahme vom diese Fragen dahingehend, dass (Frage 1) ein Wohnraum für den Mutterschafhalter bzw. Bewirtschafter der landwirtschaftlichen Flächen in der Nähe (weniger als 5 km) des Stalles notwendig sei, weiters (Frage 2) für den Bewirtschafter dieser Landwirtschaft ein Wohnraum notwendig sei (wie viel Wohnraum erforderlich sei, hänge von seiner persönlichen Situation ab) und (Frage 3), dass das Wirtschaftsgebäude notwendig sei, wenn die Mutterschafherde vergrößert werde, wie es im Gutachten beschrieben werde.

Vor diesem Hintergrund finden die Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid weder zur Notwendigkeit des Wirtschaftsgebäudes noch zu jener des Wohngebäudes Bestätigung in dem von ihr zitierten Gutachten der Sachverständigen Dipl. Ing. H, zumal nicht einmal das in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/06/0083, mwN) bei Nebenerwerbslandwirtschaften geforderte Betriebskonzept vorliegt. Indem die belangte Behörde erkennbar die Ansicht vertrat, die Erforderlichkeit der Wohnräume und Wohngebäude in § 18 Abs. 3 RPG

sei als Notwendigkeit, "zwingend und sofort ... Wohnraum zu

schaffen" zu sehen, hat sie im Übrigen den Prüfungsmaßstab verkannt.

4.4. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

4.5. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Umsatzsteuer in den Pauschalbeträgen der genannten Verordnung bereits berücksichtigt ist.

Wien, am

Fundstelle(n):
OAAAE-70058