VwGH vom 19.03.2015, 2012/06/0145
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und die Hofrätin Dr. Bayjones, den Hofrat Dr. Moritz, die Hofrätin Mag.a Merl und den Hofrat Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Lehner, über die Beschwerde des Ing. E R in W, vertreten durch Mag. Alexander Jelly, Rechtsanwalt in 9500 Villach, Postgasse 2, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom , Zl. 07-B-BRM-1394/1-2012, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. B GmbH in B, vertreten durch Mag. Hannes Gabriel, Rechtsanwalt in 9871 Seeboden, Hauptstraße 84; 2. Marktgemeinde B), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Kärnten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom beantragte die erstmitbeteiligte Partei beim Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde die Erteilung der Baubewilligung für die Neuerrichtung eines Biomasseheizwerkes auf einem näher genannten Grundstück in der mitbeteiligten Marktgemeinde.
Der Beschwerdeführer erhob bei der Bauverhandlung am als Nachbar Einwendungen gegen dieses Bauvorhaben.
Mit im Akt in Kopie befindlichem "Bescheid" der mitbeteiligten Marktgemeinde vom wurde der erstmitbeteiligten Partei die beantragte Baubewilligung "erteilt".
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung.
Mit Bescheid vom wies der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde diese Berufung als unbegründet ab.
Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Vorstellung wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und von Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, das Baugrundstück trage die Flächenwidmung "Grünland - Biomasseheizanlage". Ein Widerspruch des Bauvorhabens zur Flächenwidmung sei nicht ersichtlich. Ein Immissionsschutz sei mit dieser Widmung nicht verbunden. Auf Grund der Ermittlungsergebnisse sei eine örtlich unzumutbare Belästigung oder gar Gesundheitsgefährdung des Beschwerdeführers durch Luftschadstoffe und Lärm jedenfalls auszuschließen. In Bezug auf die Lawinengefährdung und die Lage des Vorhabens in der "Roten Zone" sei festzuhalten, dass diesbezüglich kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht bestehe. Unabhängig davon seien entsprechende Gutachten eingeholt und vom Amtssachverständigen vorgeschlagene Auflagen in den Baubewilligungsbescheid aufgenommen worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete, ebenso wie die erstmitbeteiligte Partei, eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Auf den vorliegenden, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.
§ 58 AVG, BGBl. Nr. 51/1991, lautet:
" Inhalt und Form der Bescheide
§ 58. (1) Jeder Bescheid ist ausdrücklich als solcher zu bezeichnen und hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung zu enthalten.
(2) Bescheide sind zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird.
(3) Im übrigen gilt auch für Bescheide § 18 Abs. 4."
§ 18 AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 5/2008, lautet
auszugsweise:
"...
(3) Schriftliche Erledigungen sind vom Genehmigungsberechtigten mit seiner Unterschrift zu genehmigen; wurde die Erledigung elektronisch erstellt, kann an die Stelle dieser Unterschrift ein Verfahren zum Nachweis der Identität (§ 2 Z 1 E-GovG) des Genehmigenden und der Authentizität (§ 2 Z 5 E-GovG) der Erledigung treten.
(4) Jede schriftliche Ausfertigung hat die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten müssen mit einer Amtssignatur (§ 19 E-GovG) versehen sein; Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke brauchen keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen. Sonstige Ausfertigungen haben die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten; an die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Ausfertigung mit der Erledigung übereinstimmt und die Erledigung gemäß Abs. 3 genehmigt worden ist. Das Nähere über die Beglaubigung wird durch Verordnung geregelt."
Das im Akt befindliche Schriftstück vom ist als "Bescheid" bezeichnet, enthält einen Spruch, eine Begründung und eine Rechtsmittelbelehrung.
Im Spruch wird ausgeführt, dass "Der Bürgermeister der Marktgemeinde B" der Bauwerberin die Baubewilligung erteilt.
Unterfertigt ist das Schriftstück "Für den Bürgermeister Mag. G I:" mit einer nach dieser Klausel folgenden unleserlichen Unterschrift mit der Beifügung "i.A.". Die Unterschrift ist jedenfalls nicht jene des Bürgermeisters Mag. G I, die sich am Sitzungsprotokoll der Gemeinderatssitzung vom im Akt findet. Eine Amtssignatur findet sich auf dem Schriftstück vom nicht. Auch ein Beglaubigungsvermerk ist nicht vorhanden.
Aus der im Akt befindlichen Kopie des Schreibens vom geht nun in keiner Weise hervor, dass es sich dabei um die Urschrift ("Konzept") der Erledigung handelt (für die eine leserliche Beifügung des Namens des Genehmigenden nicht erforderlich wäre - vgl. die Nachweise zur hg. Judikatur bei Hengstschläger/Leeb , AVG I, 2. Ausgabe, S. 241 f Rz 7 zu § 18 AVG). Das Schriftstück ist weder dermaßen bezeichnet noch sind darin konzeptive Bearbeitungen enthalten. Vor allem aber ist im Ergehungsvermerk (offenbar mit Leuchtstift) das "Bauamt" der mitbeteiligten Marktgemeinde (mit voller Adresse) hervorgehoben, was doch deutlich dafür spricht, dass es sich um eine Ausfertigung der Erledigung im Sinne des § 18 Abs. 4 AVG handelt und dass die anderen Adressaten des Ergehungsvermerkes ein ebensolches Schriftstück erhalten haben.
Es ist daher aber nach der Aktenlage keinesfalls auszuschließen, dass die gegenständliche Erledigung absolut nichtig ist, weil nicht im Sinne des § 18 Abs. 4 AVG erkennbar ist, wer der Genehmigende ist (vgl. die Nachweise zur hg. Judikatur bei Hengstschläger/Leeb , aaO, S. 250 Rz 19 zu § 18 AVG). Es kann auch nicht angenommen werden, dass angesichts des Umstandes, dass es nur einen Bürgermeister gibt, der Vorschrift des § 18 Abs. 4 AVG im vorliegenden Fall Rechnung getragen ist, denn dies wäre nur dann so, wenn der Bürgermeister die Ausfertigung persönlich unterfertigt hätte (vgl. auch dazu die Nachweise zur hg. Judikatur bei Hengstschläger/Leeb , aaO, S. 251 Rz 19). Es hilft auch nichts, wenn in der Fertigungsklausel der Titel und der Name des Bürgermeisters angegeben sind, da sich danach nur eine unleserliche Unterschrift mit der Beifügung "i.A."
findet, woraus eben ersichtlich ist, dass gerade der Bürgermeister nicht der genehmigende Organwalter war (vgl. auch dazu die Nachweise zur hg. Judikatur bei Hengstschläger/Leeb , aaO, S. 251 Rz 19).
Hingewiesen wird darauf, dass dem Erfordernis, dass die Identität des Genehmigenden jedenfalls erkennbar sein muss, auch nicht durch die Benennung von Organwaltern als Sachbearbeiter mit Telefon- und E-Mailadresse (hier des Sachbearbeiters Ing. M) am Beginn der Erledigung entsprochen wird (vgl. auch dazu die Nachweise zur hg. Judikatur bei Hengstschläger/Leeb , aaO, S. 251 Rz 19).
Sollte die Erledigung vom somit absolut nichtig und kein Bescheid sein, hätte der Gemeindevorstand diesen Umstand im Berufungsverfahren aufgreifen müssen, und er hätte die Berufung mangels Vorliegens eines tauglichen Anfechtungsgegenstandes zurückzuweisen gehabt (vgl. dazu Hengstschläger/Leeb , AVG III, S. 941 Rz 32 zu § 66 AVG).
Die belangte Behörde hätte nach der Aktenlage jedenfalls prüfen müssen, ob nicht mangels erstinstanzlicher Erledigung keine Zuständigkeit des Gemeindevorstandes bestand, in der Sache über die Begründetheit der Einwendungen des Beschwerdeführers und damit insoweit über die Rechtmäßigkeit oder Unrechtmäßigkeit der Baubewilligung abzusprechen (vgl. die bei Walter/Thienel , Verwaltungsverfahren I, S. 1261 unter E 93 zitierte hg. Judikatur). Das Vorenthalten einer Instanz in der Sache, wenn keine erstinstanzliche Baubewilligung vorhanden gewesen sein sollte, hätte den Beschwerdeführer jedenfalls in seinem Recht auf Einhaltung der gesetzlichen Zuständigkeiten verletzt (vgl. die bei Walter/Thienel , aaO, S. 1262 unter E 100 zitierte hg. Judikatur).
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben, wobei es sich erübrigt, auf das weitere Beschwerdevorbringen näher einzugehen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 79 Abs. 11 VwGG und § 3 der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF Nr. 8/2014 in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am