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VwGH vom 17.03.2005, 2004/16/0188

VwGH vom 17.03.2005, 2004/16/0188

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde des S in S, vertreten durch Dr. Leonhard Ogris, Rechtsanwalt in 8530 Deutschlandsberg, Grazer Straße 21, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. FA7A-483- 725/04-1, betreffend Getränkeabgabe (mitbeteiligte Partei: S, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten hat der Beschwerdeführer bei der mitbeteiligten Gemeinde mittels Formblatt die Getränke- und Speiseeisabgabeerklärung für das Kalenderjahr 1999 datiert mit (eingelangt bei der mitbeteiligten Gemeinde am ) eingereicht, in der er auch die Gegenverrechnung bzw. die Rückzahlung des Guthabens beantragte. Diese eingereichte Erklärung war nicht vollständig ausgefüllt.

In einem Aktenvermerk vom wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer für das Jahr 1999 das Entgelt für die alkoholischen Getränke, die Schlüsselzahlen, die Bemessungsgrundlage, den Hebesatz und die rechnerische Abgabe fernmündlich bekannt gegeben hat. Ausdrücklich wurde dabei betont, dass es sich um keine Erklärung, sondern lediglich um eine Mitteilung gehandelt habe.

Mit Bescheid vom setzte die mitbeteiligte Gemeinde "nach dem Getränke- u. Speiseeisabgabegesetz 1993, LGBl. Nr. 19/1994, (die) zu entrichtende Getränkeabgabe auf alkoholische Getränke ... gemäß § 153 Abs. 2 erster Satz der Steiermärkischen Landesabgabenordnung (LAO) 1963 i.d.g.F. für das Jahr 1999 mit EUR 6.842,--" fest. Der Antrag in der Getränke- u. Speiseeisabgabeerklärung für das Kalenderjahr 1999 auf Gegenverrechnung des sich ergebenden Guthabens in Höhe von EUR 4.705,06 mit künftigen Abgabenverbindlichkeiten bzw. auf Rückzahlung desselben an den Abgabepflichtigen werde mangels eines bestehenden Guthabens zufolge der getroffenen Abgabenfestsetzung als unbegründet abgewiesen.

In der Begründung dieses Bescheides heißt es, der Beschwerdeführer habe für das Jahr 1999 im Zuge der Jahreserklärung für die Getränke- u. Speiseeisabgabe im Rahmen der Selbstbemessung keine Getränkeabgabe auf alkoholische Getränke erklärt sowie einen Gegenverrechnungs- bzw. Rückzahlungsantrag für ein vermeintliches Guthaben eingebracht. Im Zuge eines Telefonats am habe der Beschwerdeführer mitgeteilt, die Getränkeabgabe auf alkoholische Getränke habe für den gegenständlichen Zeitraum lt. seinen Unterlagen EUR 6.842,-- betragen. Bei dieser Aussage habe es sich jedoch um keine Erklärung, sondern lediglich um eine Mitteilung an die Behörde gehandelt. Auf Grund dessen sei die Getränkeabgabe auf alkoholische Getränke für das Jahr 1999 mit Bescheid festzusetzen gewesen. Der Gegenverrechnungs- bzw. Rückzahlungsantrag sei deshalb als unbegründet abzuweisen gewesen, weil kein Guthaben, sondern vielmehr ein Rückstand bestanden habe.

In der als Einspruch bezeichneten Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, wie schon im Frühjahr 2000 mit dem Bürgermeister persönlich besprochen worden sei, sei die Einhebung bzw. die Vorschreibung der Getränkesteuer gemeinschaftsrechtswidrig und es seien deshalb auch für 1999 keine Angaben betreffend Getränkesteuer auf alkoholische Getränke gemacht worden. Der Beschwerdeführer habe keinen Antrag auf Rückzahlung der Getränkesteuer gestellt. Das Guthaben, welches nie ausbezahlt worden sei, habe der Beschwerdeführer immer gegenverrechnet. Da er von einem Organ der Gemeinde immer wieder gebeten worden sei, Angaben über die verkauften alkoholischen Getränke zu machen, habe er eine "Zahl" mitgeteilt, damit er von der Gemeinde wegen der rechtswidrigen Steuereintreibung in Ruhe gelassen werde.

Mit dem vom Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde unterfertigten Bescheid vom wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde die Berufung als unbegründet ab (ein Gemeinderatsbeschluss ist den vorgelegten Verwaltungsakten nicht angeschlossen). In der Begründung dieses Bescheides wird ausgeführt, weil die Jahreserklärung allein schon aus zeitlichen Gründen nicht die erforderliche Qualifikation einer bis zum , 24.00 Uhr, erhobenen Klage oder eines Rechtsbehelfes erfülle, könne sich der Beschwerdeführer nicht auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom , Rs C-437/97, berufen. Die vor Ergehen des EuGH-Urteils maßgeblichen Gesetze und Verordnungen seien daher von den Gemeindeabgabenbehörden anzuwenden gewesen. Daher sei die Getränkeabgabe auf alkoholische Getränke auf Grund der unrichtigen Selbstbemessung durch die Abgabenbehörde I. Instanz festzusetzen gewesen. Der Rückzahlungsantrag sei mangels eines bestehenden Guthabens abzuweisen und allfällig noch nicht entrichtete Abgabenforderungen seien nachzufordern gewesen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung brachte der Beschwerdeführer vor, die von ihm anlässlich des Telefonats genannte Summe basiere nur auf einer Schätzung, bei der die Vorjahreswerte als Vergleich herangezogen worden seien. Die Abgabenbehörde hätte diese ungefähre Schätzung nicht ohne Weiteres hinnehmen dürfen, sondern wäre verpflichtet gewesen, die Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Abgabe zu ermitteln. Die von der Gemeinde angedrohte Schätzung durch die Behörde wäre nur dann möglich gewesen, wenn bei Ausschöpfung sämtlicher Mittel die Höhe der Abgabe nicht zu ermitteln gewesen wäre. Als Beweis wurde die Parteieinnahme beantragt.

Abgabenbescheide I. und II. Instanz hätten im Spruch die Höhe und Art der Abgabe, den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit und die Grundlagen der Abgabenfestsetzung zu enthalten. Die Behörde II. Instanz unterlasse es, im angefochtenen Bescheid festzustellen, wie sich der angebliche Rückstand der Getränke- und Speiseeisabgabe 1999 in Höhe von EUR 2.136,90 errechne und wie sich rechnerisch erklären lasse, dass kein Guthaben vorliege. In der Begründung des Bescheides werde auch aktenwidrig festgestellt, dass zum Zeitpunkt der bescheidmäßigen Abgabenfestsetzung Abgaben in höherem Ausmaß nicht entrichtet gewesen seien. Weiters habe es die Abgabenbehörde unterlassen, festzustellen, dass dem Beschwerdeführer vom Bürgermeister zugesichert worden sei, dass seine Getränkeabgabeschuld mit anderen gegenüber der Gemeinde zu entrichtenden Zahlungen gegenverrechnet werden könne. Der Einschreiter habe nicht nur auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen den Anspruch auf Rückzahlung der bereits geleisteten Getränkeabgabe. Abgesehen davon, dass der festgestellte Sachverhalt mangelhaft geblieben sei, habe die Abgabenbehörde zu Unrecht den Rückzahlungsantrag des Einschreiters als unbegründet abgewiesen und sie sei dabei einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung unterlegen. Überdies sei die Abgabenschuld wirtschaftlich vom Beschwerdeführer getragen worden, weil diese seinen persönlichen Gewinn verringert habe. Die Abgabenbehörde hätte die Getränkeabgabe nicht mehr festsetzen dürfen, der Rückzahlung der zu Unrecht bezahlten Abgaben wäre stattzugeben gewesen, um auch der "Bestimmung des Artikel 7 B-VG" zu entsprechen.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Vorstellung keine Folge; dies im Wesentlichen mit der Begründung, im Beschwerdefall sei entscheidend, ob mit der eingereichten Erklärung die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Abgabe für alkoholische Getränke rechtzeitig, nämlich vor dem , geltend gemacht worden sei. Da im Beschwerdefall die Jahreserklärung der Getränkeabgabe für das Jahr 1999 unbestrittenermaßen erst nach dem genannten Zeitpunkt bei der Abgabenbehörde eingebracht worden sei, ergebe sich, dass die nicht rechtzeitige Erhebung des Antrages des Beschwerdeführers einer Beurteilung als Rechtsbehelf im Sinne des Punktes 3. des Tenors des Urteils der Europäischen Gemeinschaften vom , Rs C- 437/97, entgegenstehe. Da der Beschwerdeführer somit nicht rechtzeitig den Rechtsbehelf im Sinne des zitierten Urteils erhoben habe, sei auf sein weiteres inhaltliches Vorbringen in der Vorstellung nicht näher einzugehen. Aus diesem Grunde habe keine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers durch den Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde festgestellt werden können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und in eventu Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Nach dem bestimmt bezeichneten Beschwerdepunkt erachtet sich der Beschwerdeführer in seinen Rechten dadurch beschwert, dass der angefochtene Bescheid "nicht gemäß § 58 Abs. 2 AVG begründet wurde und ... somit nicht überprüfbar ist".

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Spruchteil 3. des Urteils vom hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in der Rechtssache C- 437/97, Slg. 2000, I-1157, erkannt, dass Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren der Beibehaltung einer auf alkoholische Getränke erhobenen Steuer wie der im Ausgangsverfahren streitigen Getränkesteuer entgegensteht. Spruchteil 3. dieses Urteils lautet:

"3. Niemand kann sich auf Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 92/12 berufen, um Ansprüche betreffend Abgaben wie die Steuer auf alkoholische Getränke, die vor Erlass dieses Urteils entrichtet wurden oder fällig geworden sind, geltend zu machen, es sei denn, er hätte vor diesem Zeitpunkt Klage erhoben oder einen entsprechenden Rechtsbehelf eingelegt."

Da die in Rede stehende Getränkesteuererklärung für das Jahr 1999 erst nach dem Zeitpunkt des Erlasses des Urteils vom eingebracht worden ist, kann sich der Beschwerdeführer im Sinne des zitierten Spruchteils nicht auf

Artikel 3 Absatz 2 der bezeichneten Richtlinie berufen.

Wenn der Beschwerdeführer sich nicht auf Artikel 3 Absatz 2 der bezeichneten Richtlinie berufen kann, bedeutet dies, dass er trotz Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Getränkeabgabe wegen Unterlassung der Erhebung eines Rechtsbehelfes vor dem diese Getränkeabgabe dennoch zu entrichten hat. Die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Getränkeabgabe kann in einem solchen Fall nicht wirksam geltend gemacht werden.

Der Beschwerdeführer hat keinen Rechtsbehelf vor dem eingebracht. Er wurde daher in seinen Rechten nicht verletzt, wenn die belangte Behörde die Ansicht vertritt, er könne sich auf die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Abgabe nicht berufen.

Der Beschwerdeführer hat allerdings neben der Behauptung der Gemeinschaftsrechtswidrigkeit im verwaltungsbehördlichen Verfahren auch weitere Gründe für die Rechtswidrigkeit des Abgabenbescheides vorgebracht, die nicht unmittelbar im Zusammenhang mit der Gemeinschaftsrechtsfrage stehen.

Wenn die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die Ansicht vertritt, weil der Beschwerdeführer nicht rechtzeitig einen Rechtsbehelf im Sinne des zitierten EuGH-Urteils erhoben habe, sei auf sein weiteres inhaltliches Vorbringen in der Vorstellung nicht näher einzugehen, dann verkannte sie die Rechtslage, weil sich die "Rechtzeitigkeit" der Einbringung eines Rechtsbehelfes nur auf die Frage der wirksamen Geltendmachung der Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Getränkeabgabe bezog, nicht aber auch auf die übrigen in der Vorstellung behaupteten Rechtswidrigkeiten des Bescheides der Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Abgabenbescheide haben gemäß § 150 Abs. 2 Steiermärkische LAO im Spruch die Art und Höhe der Abgaben, den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit und die Grundlagen der Abgabenfestsetzung (Bemessungsgrundlagen) zu enthalten. Führen Abgabenbescheide zu keiner Nachforderung, so ist eine Angabe über die Fälligkeit der festgesetzten Abgabenschuldigkeiten entbehrlich. Ist die Fälligkeit einer Abgabenschuld bereits vor deren Festsetzung eingetreten, so erübrigt sich, wenn auf diesen Umstand hingewiesen wird, eine nähere Angabe über den Zeitpunkt der Fälligkeit der festgesetzten Abgabenschuldigkeit.

Aus dem Spruch eines Abgabenbescheides müssen somit im Sinne des § 150 Abs. 2 Steiermärkische LAO neben den Angaben über Art und Höhe der Abgaben selbst die Größen erkennbar sein, aus denen diese Abgaben unmittelbar abgeleitet werden. In der angeführten Bestimmung wird dabei die Bemessungsgrundlage als unabdingbarer Spruchbestandteil normiert (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/16/0243).

Diesen Anforderungen genügt weder der Bescheid I. noch der Bescheid II. Instanz; fehlen doch Angaben über den Zeitpunkt der Fälligkeit und die Bemessungsgrundlagen. Dies wird in der Vorstellung ausdrücklich gerügt. Aus diesem Grund erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weil die belangte Behörde es unterlassen hat, diese Rechtswidrigkeit zum Anlass der Aufhebung des Abgabenbescheides der Abgabenbehörde zweiter Instanz zu nehmen.

Weiters liegt ein Begründungsmangel des Berufungsbescheides vor, weil die Abgabenbehörde II. Instanz nicht auf alle in der Berufung vorgebrachten Argumente eingegangen ist. Dies hätte die Vorstellungsbehörde aufzugreifen und überdies auch auf das gesamte Vorstellungsvorbringen und den dort gestellten Beweisantrag einzugehen gehabt. Dies wurde rechtswidrigerweise unterlassen.

Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am