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VwGH vom 17.12.2014, 2012/06/0130

VwGH vom 17.12.2014, 2012/06/0130

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch sowie die Hofrätin Dr. Bayjones, den Hofrat Dr. Moritz, die Hofrätin Mag.a Merl und den Hofrat Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Lehner, über die Beschwerde der A GmbH in Villach, vertreten durch Reif und Partner Rechtsanwälte OG Kanzlei Villach in 9500 Villach, Peraustraße 9, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom , Zl. 07-B-BRM-1353/1-2012, betreffend Vorschreibung von Barauslagen (mitbeteiligte Partei: Stadt B), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Kärnten hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadt der Beschwerdeführerin auf Grund ihres Ansuchens mit Eingaben vom , und die baupolizeiliche Bewilligung für die Errichtung einer Wohnanlage mit 12 Wohneinheiten, 14 oberirdischen PKW-Stellplätzen und Nebeneinrichtungen auf einem näher angeführten Grundstück.

Die Abwicklung dieses Verfahrens war im Großverfahren erfolgt. Das Edikt war im "Amtsblatt zur Wiener Zeitung" sowie im redaktionellen Teil zweier Tageszeitungen verlautbart worden (§ 44a Abs. 3 AVG), wobei die Behörde für die Einschaltung in den Tageszeitungen - unstrittig - eine Werbeagentur beauftragt hatte.

Mit Bescheid vom trug der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadt der Beschwerdeführerin auf, für die Veröffentlichung des Ediktes in den näher genannten Tageszeitungen einen Betrag von insgesamt EUR 11.558,40 binnen zwei Wochen zu entrichten (§ 76 iVm §§ 44a, 44b AVG).

In ihrer Berufung vom wandte sich die Beschwerdeführerin (zusammengefasst) gegen die Beiziehung einer Werbeagentur, weil dadurch höhere Kosten entstanden seien. Den Parteien des Verwaltungsverfahrens dürften jedoch keine unnötigen Kosten aufgebürdet werden. Im Übrigen verstoße auch die Gestaltung des Edikts (Schriftgröße, Zeilenabstand etc.) gegen die Grundsätze der Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit.

Mit Bescheid des Stadtsenates der mitbeteiligten Stadt vom wurde der Spruch des Bescheides des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadt dahingehend abgeändert, dass nach den Worten "binnen zwei Wochen" die Worte "ab Rechtskraft des Bescheides" eingefügt wurden. Im Übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Behörde habe sich eines privaten Unternehmens zur Verlautbarung des Ediktes bedient, weil die Kosten für den Fall einer einschaltgerechten Aufbereitung des Ediktes durch die mitbeteiligte Stadt selbst, die weder in personeller noch materieller Hinsicht über entsprechende dafür erforderliche Ressourcen verfüge, in erstmaliger Bearbeitung ungleich höher einzuschätzen wären als jene eines darauf spezialisierten Privatunternehmens. Hinzu komme, dass dessen mögliche Konditionen der mitbeteiligten Stadt als häufiger Auftraggeber gegenüber zusätzlich kostensenkend wirkten.

Betreffend die kritisierte Größe des Schriftbildes und des Zeilenabstandes der Einschaltung sei darauf hinzuweisen, dass hiebei lediglich die für alle Schriftstücke allgemein zu beachtenden Vorgaben eines einheitlichen städtischen Corporate-Design eingehalten und von dieser "Norm" - wie Recherchen bei den Redaktionen beider Tageszeitungen ergeben hätten - nicht durch "anormale Größen" abgewichen worden sei.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin die Vorstellung vom , die mit dem angefochtenen Bescheid vom als unbegründet abgewiesen wurde.

Begründend legte die belangte Behörde im Wesentlichen dar, die Begründungspflicht und das Streben nach möglichster Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (Verwaltungsökonomie) stünden im österreichischen Verwaltungsrecht nebeneinander, keines dürfe dem anderen untergeordnet werden (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/17/0174). Gerade diese Gesamtheit der Grundsätze habe die Baubehörde im gegenständlichen Verfahren geleitet; die Berufungsbehörde habe auch umfassend und nachvollziehbar begründet, dass "aufgrund der mangelnden personellen Ressourcen, der rascheren und zweckmäßigeren Abwicklung durch das private Unternehmen, sowohl das Baubewilligungsverfahren als auch das Verfahren zur Kostentragung insgesamt im Lichte der verfahrensökonomischen Grundsätze abgewickelt" worden seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Die mitbeteiligte Stadt hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Auf den vorliegenden, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

Im Beschwerdefall ist folgende Rechtslage im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides des Stadtsenates der mitbeteiligten Stadt von Bedeutung:

Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) idF

BGBl. I Nr. 111/2010:

"Großverfahren

§ 44a. (1) Sind an einer Verwaltungssache oder an verbundenen Verwaltungssachen voraussichtlich insgesamt mehr als 100 Personen beteiligt, so kann die Behörde den Antrag oder die Anträge durch Edikt kundmachen.

(2) Das Edikt hat zu enthalten:

1. den Gegenstand des Antrages und eine Beschreibung des Vorhabens;

2. eine Frist von mindestens sechs Wochen, innerhalb derer bei der Behörde schriftlich Einwendungen erhoben werden können;


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3.
den Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 44b;
4.
den Hinweis, daß die Kundmachungen und Zustellungen im Verfahren durch Edikt vorgenommen werden können.

(3) Das Edikt ist im redaktionellen Teil zweier im Bundesland weitverbreiteter Tageszeitungen und im 'Amtsblatt zur Wiener Zeitung' zu verlautbaren. Ist in den Verwaltungsvorschriften für die Kundmachung der mündlichen Verhandlung eine besondere Form vorgesehen, so ist der Inhalt des Edikts darüber hinaus in dieser Form kundzumachen; im übrigen kann die Behörde jede geeignete Form der Kundmachung wählen. Die Kundmachung im Internet unter der Adresse der Behörde gilt als geeignet. In der Zeit vom 15. Juli bis 25. August und vom 24. Dezember bis 6. Jänner ist die Kundmachung durch Edikt nicht zulässig.

...

§ 44g. Die Kosten der Verlautbarung des Edikts im 'Amtsblatt zur Wiener Zeitung' sind von Amts wegen zu tragen.

...

§ 76. (1) Erwachsen der Behörde bei einer Amtshandlung Barauslagen, so hat dafür, sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese Auslagen von Amts wegen zu tragen sind, die Partei aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat. Als Barauslagen gelten auch die Gebühren, die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehen. Kosten, die der Behörde aus ihrer Verpflichtung nach § 17a erwachsen, sowie die einem Gehörlosendolmetscher zustehenden Gebühren gelten nicht als Barauslagen. Im Falle des § 52 Abs. 3 hat die Partei für die Gebühren, die den nichtamtlichen Sachverständigen zustehen, nur soweit aufzukommen, als sie den von ihr bestimmten Betrag nicht überschreiten.

..."

Die Beschwerdeführerin wiederholt im Wesentlichen ihr bereits im Verwaltungsverfahren erstattetes Vorbringen, dass entgegen den Grundsätzen der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit die Baubehörde für die Veröffentlichung der Edikte eine Werbeagentur beauftragt habe, deren Tätigkeit nicht unentgeltlich erfolgt sei, wodurch für die Beschwerdeführerin Mehrkosten angefallen seien. Das Recht, den Gang des Ermittlungsverfahrens zu bestimmen, bedeute nicht, dass die Behörde den Parteien des Verwaltungsverfahrens unnötige Kosten aufbürden dürfe (wird näher ausgeführt).

Die belangte Behörde habe überhaupt keine ermittelnde Tätigkeit durchgeführt, warum die mitbeteiligte Stadt weder in personeller noch materieller Hinsicht über entsprechende Ressourcen verfüge, eine einschaltgerechte Aufbereitung des Ediktes durchzuführen. Es sei auch nicht ermittelt worden, wie hoch die durch die Beauftragung der Werbeagentur entstandenen Mehrkosten seien.

Wenn im § 44g AVG nur für die Kosten der Verlautbarung des Edikts im "Amtsblatt zur Wiener Zeitung" angeordnet ist, dass diese von Amts wegen zu tragen sind, dann ist daraus im Umkehrschluss zu folgern, dass die Kosten der Verlautbarung im redaktionellen Teil zweier im Bundesland weit verbreiteter Tageszeitungen (gemäß § 44a Abs. 3 AVG) zu den Barauslagen der Behörde zählen, die gemäß § 76 Abs. 1 erster Satz leg. cit. die Partei zu tragen hat, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/07/0050, mwN).

Die Vorschreibung der Entrichtung der Kosten für die Verlautbarung des Edikts in zwei Tageszeitungen ist demnach (dem Grunde nach) zu Recht erfolgt.

Was die Höhe der vorgeschriebenen Ediktskosten betrifft, ist zunächst festzuhalten, dass der Partei nur die Kosten für notwendige Verfahrenshandlungen auferlegt werden dürfen; die Partei kann im Verfahren gemäß § 76 AVG geltend machen, dass die bescheidmäßig von der Behörde bestimmten Kosten nicht bzw. nicht in der festgesetzten Höhe "zustehen" (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 76 Rz 3, 8 und 9).

Die belangte Behörde hat sich der Argumentation der Baubehörden angeschlossen, dass die Kosten der einschaltgerechten Aufbereitung des Edikts durch die mitbeteiligte Stadt mangels entsprechender personeller und materieller Ressourcen "ungleich höher" einzuschätzen wären als die eines darauf spezialisierten Privatunternehmens. Dies kann nur so verstanden werden, dass durch die Einschaltung der Werbeagentur die Einschaltungen im Ergebnis "billiger" gewesen seien, als wenn dies die Baubehörde selbst veranlasst hätte. Eine (zahlenmäßig) nachvollziehbare Begründung hiefür ist weder dem angefochtenen Bescheid noch den Bescheiden der Baubehörden zu entnehmen, weshalb sich der angefochtene Bescheid insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof entzieht.

Abgesehen davon erachtet der Verwaltungsgerichtshof die Beauftragung eines privaten Unternehmens für die Aufbereitung einer amtlichen Verlautbarung (Kundmachung, Edikt) im Beschwerdefall nicht als mit den Grundsätzen der möglichsten Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis vereinbar: Der Verlautbarung des Edikts (zu dessen Mindestinhalt siehe § 44a AVG) im "Amtsblatt zur Wiener Zeitung" kommt besondere rechtliche Bedeutung zu. Nur das im "Amtsblatt zur Wiener Zeitung" Verlautbarte, das wortgleich auch im redaktionellen Teil zweier "weitverbreiteter Tageszeitungen" zu erscheinen hat, kann rechtliche Wirkung entfalten (vgl. Hengstschläger/Leeb , aaO, § 44a Rz 15 Rz). Nach der Aktenlage wurde die Verlautbarung im "Amtsblatt zur Wiener Zeitung" von der Baubehörde (direkt) veranlasst, Korrekturen und letztlich die Freigabe für die Einschaltung wurden im E-Mail Verkehr veranlasst. Dass diese Vorgangsweise bei der Kundmachung der wortgleichen Edikte in den Tageszeitungen nicht möglich, vielmehr eine "einschaltgerechte" Aufbereitung des Edikts geboten gewesen wäre, ist nicht zu ersehen.

Da die belangte Behörde dies verkannte, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG weiter anzuwendenden §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008 (siehe § 3 Z. 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 idF BGBl. II Nr. 8/2014).

Wien, am