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VwGH vom 14.06.2007, 2007/18/0209

VwGH vom 14.06.2007, 2007/18/0209

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde der L L in W, geboren 1970, vertreten durch Mag. Robert Igali-Igalffy, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 34, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 316.241/2-III/4/06, betreffend Versagung einer Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 2 Abs. 1 Z. 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes -

NAG, BGBl. I Nr. 100/2005, abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin habe am den österreichischen Staatsbürger Peter N. geheiratet. Dieser sei am verstorben. Ihr Antrag sei nach den mit in Kraft getretenen Bestimmungen des NAG zu beurteilen. Seit dem Tod ihres Ehemannes könne sie "die Vergünstigungen des § 47 iVm § 49 FrG 1997 nicht in Anspruch nehmen" und wäre verpflichtet gewesen, die Entscheidung über den Antrag im Ausland abzuwarten. Auch nach der neuen Rechtslage könne sie kein Aufenthaltsrecht vom Zusammenführenden ableiten. Da sie noch nie über einen Sichtvermerk, eine Aufenthaltsbewilligung oder eine Niederlassungsbewilligung für die Republik Österreich verfügt habe, sei ihr Antrag als Erstantrag im Sinn des § 21 Abs. 1 NAG zu werten. Es müsse nicht darauf eingegangen werden, ob sie nach dem mit außer Kraft getretenen Fremdengesetz 1997 in Anbetracht ihrer (damaligen) Ehe mit einem österreichischen Staatsbürger den Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung habe im Inland stellen dürfen. Bei Erstanträgen seien § 47 Abs. 1 und 2 sowie § 2 Abs. 1 Z. 9 NAG zu beachten. Die Beschwerdeführerin sei nach dem Tod ihres österreichischen Ehemannes keine Familienangehörige iSd § 2 Abs. 1 Z. 9 NAG iVm § 47 Abs. 2 NAG. Ihr Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels sei daher abzuweisen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Die Beschwerdeführerin bringt vor, ihr Aufenthaltsrecht als Angehörige eines Österreichers habe bereits auf Grund der Angehörigeneigenschaft bestanden. Eine Niederlassungsbewilligung würde das Aufenthaltsrecht nur bestätigen. Da nicht nur die Eheschließung, sondern auch die Antragstellung im Jahr 2005 erfolgt sei, bedeute die negative Entscheidung über den Antrag "de facto ein Aberkennen des bereits bestehenden Aufenthaltsrechtes". Ihr im Jahr 2005 erworbenes Aufenthaltsrecht sei auch nach dem Tod ihres Ehemannes bestehen geblieben. Daran könne das mit in Kraft getretene NAG nichts ändern. Als Familienangehörige eines Österreichers habe sie innerhalb der ersten fünf Jahre ihres Aufenthaltes gemäß § 47 Abs. 5 NAG ein vom Österreicher abgeleitetes Aufenthaltsrecht. Hätte die Behörde in angemessener Frist über den Antrag entschieden, so wäre ihr Aufenthaltsrecht bestätigt worden. Sollte § 81 NAG in bestehende geschützte Rechtspositionen eingreifen, so wäre diese Bestimmung verfassungswidrig.

1.2. Gemäß § 81 Abs. 1 NAG sind Verfahren auf Erteilung von Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen, die bei In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes (gemäß § 82 Abs. 1 leg. cit. mit ) anhängig sind, nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu Ende zu führen. Das Fremdengesetz 1997 (FrG) ist mit Ablauf des außer Kraft getreten (Art. 5 des Fremdenrechtspaketes 2005, BGBl. I Nr. 100). Dem NAG ist keine Reglung zu entnehmen, der zufolge auf vor dessen In-Kraft-Treten verwirklichte Sachverhalte etwa die Bestimmungen des § 14 Abs. 2 Fremdengesetz 1997, des § 10 Abs. 4 Fremdengesetz 1997 oder des § 19 Abs. 2 Z. 6 Fremdengesetz 1997 anzuwenden wären. Die Behörde hat daher in einem solchen Fall das Recht auf Inlandsantragstellung nicht nach dem Fremdengesetz 1997, sondern nach dem NAG zu beurteilen. Selbst wenn die Behörde positiv hätte entscheiden können, so lange das Fremdengesetz 1997 noch in Geltung gestanden ist, könnte dies für einen Entscheidungszeitpunkt nach dem nicht die Anwendbarkeit der Bestimmung des Fremdengesetz 1997 bewirken (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2006/18/0282, und vom , Zl. 2007/18/0036). Die Behörde hatte daher den vorliegenden, am gestellten Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung nach dem NAG zu beurteilen.

1.3. Der Beschwerdeführerin kam lediglich in der Zeit von der Eheschließung () bis zum In-Kraft-Treten des NAG mit Niederlassungsfreiheit zu, wobei sie jedoch der Sichtvermerkspflicht unterlag. Ab dem In-Kraft-Treten des NAG mit wäre ihr nur dann von Gesetzes wegen ein an keine weiteren Voraussetzungen geknüpftes Niederlassungsrecht zugekommen, wenn sie ihren das Freizügigkeitsrecht in Anspruch nehmenden Ehemann begleitet hätte oder ihm nachgezogen wäre (§ 57 iVm § 54 Abs. 1 und § 52 Z. 1 NAG). Die Beschwerdeführerin hat derartiges nicht behauptet und es liegen auch sonst keine Anhaltspunkte dafür vor. Daher finden die Bestimmungen über das gemeinschaftsrechtliche Niederlassungsrecht nach dem 4. Hauptstück des NAG auf sie keine Anwendung (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/18/0414).

Im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerdeführerin kam ihr auch nach der früher in Geltung gestandenen Rechtslage nicht bereits aufgrund ihrer Eigenschaft als Angehörige eines Österreichers ein Aufenthaltsrecht zu, denn sie bedurfte für die Rechtsmäßigkeit ihrer Niederlassung einer Niederlassungsbewilligung (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/18/0302). Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis war nach dem Fremdengesetz 1997 für jene Drittstaatsangehörigen nicht als rechtsbegründende Handlung zu betrachten (und somit nur deklaratorisch), deren Aufenthaltsrecht sich unmittelbar aus Art. 4 der Richtlinie 68/360 und Art. 4 der Richtlinie 73/148 ergeben hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/21/0120). Die Beschwerdeführerin ist hingegen (auch) im Zeitraum bis zum gemäß § 49 Abs. 1 iVm § 47 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 der Sichtvermerkspflicht (Erfordernis eines Einreise- oder Aufenthaltstitels nach § 5 Abs. 2 iVm § 30 Abs. 2 Fremdengesetz 1997) unterlegen. Eine gemeinschaftsrechtliche Niederlassungsberechtigung, die auf Grund des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts die Sichtvermerkspflicht ausgeschlossen hätte, kam ihr in Ermangelung eines Freizügigkeitssachverhalts (siehe Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 iVm Art. 1, Art. 3 Abs. 2 und Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 68/360/EWG sowie Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 64/221/EWG) im genannten Zeitraum ebensowenig zu wie ab dem (siehe oben). Da ihr bisher kein Aufenthaltstitel erteilt wurde, kam ihr auch vor dem kein Aufenthaltsrecht zu. Von daher geht ihr Vorbringen, § 81 NAG würde in verfassungswidriger Weise in ihr Aufenthaltsrecht eingreifen, ins Leere. Im Hinblick darauf sieht sich der Verwaltungsgerichtshof nicht veranlasst, der Beschwerdeanregung folgend, hinsichtlich § 81 NAG einen Gesetzesprüfungsantrag beim Verfassungsgerichtshof zu stellen.

1.4. Eine Niederlassungsbewilligung darf der Beschwerdeführerin gemäß § 47 Abs. 1 und 2 iVm § 2 Abs. 1 Z. 9 NAG nur erteilt werden, wenn sie zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Niederlassungsbewilligung am Familienangehörige eines Zusammenführenden im Sinn der genannten Bestimmungen gewesen wäre. Seit dem Tod ihres österreichischen Ehemannes am ist dies aber nicht mehr der Fall.

1.5. Gemäß § 47 Abs. 5 NAG kann in den Fällen des § 27 Abs. 3 NAG, wenn die Voraussetzungen des ersten Teiles des NAG erfüllt sind, Drittstaatsangehörigen, die einen Aufenthaltstitel "Familienangehöriger" hatten, eine "Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt" erteilt werden. Diese Bestimmung ist jedoch auf den Fall der Beschwerdeführerin nicht anwendbar, weil sie nicht über den genannten Aufenthaltstitel verfügt hatte.

2.1. Die Beschwerdeführerin macht ferner geltend, dass die belangte Behörde nicht "allein von sich aus das Vorliegen der maßgeblichen Tatbestandsmomente für die Annahme eines besonders berücksichtigungswürdigen Falles aus humanitären Gründen gemäß § 72 NAG 2005" geprüft habe. Zu einer solchen Prüfung wäre sie verpflichtet gewesen, weil gemäß § 74 NAG eine Inlandsantragstellung in Betracht komme, wenn sie von Amts wegen zugelassen werde.

2.2. Diesem Vorbringen kommt schon deshalb keine Berechtigung zu, weil der vorliegende Antrag von der belangten Behörde nicht wegen unzulässiger Inlandsantragstellung gemäß § 21 Abs. 1 NAG abgewiesen worden ist. Die Beschwerdeführerin behauptet nicht, einen (gesonderten) Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung aus humanitären Gründen gestellt zu haben.

3. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

4. Angesichts dieser Erledigung der Beschwerde erübrigt sich auch eine Entscheidung über den Antrag, ihr aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am