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VwGH vom 11.05.2010, 2009/22/0035

VwGH vom 11.05.2010, 2009/22/0035

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde der S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 316.848/2-III/4/07, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin, einer serbischen Staatsangehörigen, auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" gemäß § 21 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.

Begründend führte die belangte Behörde - soweit hier wesentlich - aus, die Beschwerdeführerin, die seit durchgehend mit Hauptwohnsitz in Wien gemeldet sei, habe am in Wien den österreichischen Staatsbürger P geheiratet. Weder sie noch ihr Ehemann hätten Kinder.

Der hier gegenständliche Erstantrag sei am bei der erstinstanzlichen Behörde eingebracht worden. Es sei § 21 Abs. 1 NAG, wonach Erstanträge vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen seien sowie die Entscheidung im Ausland abzuwarten sei, zu beachten.

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, sie sei im Zeitpunkt der Antragstellung im Ausland aufhältig gewesen, sei nicht als glaubwürdig einzustufen. Zwar sei am und am für die Beschwerdeführerin in Serbien ein Reisepass ausgestellt worden. Auch habe sie von der österreichischen Botschaft Belgrad ein vom bis gültiges Visum C erhalten. Jedoch habe die Beschwerdeführerin nie Ausreisedaten bekannt gegeben; auch anhand der vorgelegten Reisepässe seien Ausreisen nicht ersichtlich. In der Berufung habe die Beschwerdeführerin zudem angeführt, nach dem ihr zuletzt erteilten Visum C in Österreich geblieben zu sein.

Der Antragsbewilligung stehe demnach § 21 Abs. 1 NAG entgegen. Die Ausnahmebestimmung des § 21 Abs. 2 (Z 1) NAG sei nicht anwendbar, weil sich die Beschwerdeführerin im Entscheidungszeitpunkt nicht rechtmäßig in Österreich aufhalte.

Bei der Prüfung nach § 74 NAG, ob die Inlandsantragstellung von Amts wegen zuzulassen wäre, sei berücksichtigt worden, dass sich die Beschwerdeführerin seit mindestens drei Jahren in Österreich aufhalte und einen österreichischen Staatsbürger geheiratet habe. Darin könnten aber keine humanitären Gründe im Sinn des § 72 NAG gesehen werden, wobei zu berücksichtigen sei, dass der Aufenthalt der Beschwerdeführerin nach Ablauf ihres für drei Monate erteilten Visums unrechtmäßig gewesen sei. Darüber hinaus habe sich die Beschwerdeführerin zwischenzeitig auch zur Beschaffung eines Reisepasses nach Serbien begeben.

Da kein besonders berücksichtigungswürdiger Fall vorliege, sei die Inlandsantragstellung auch nicht von Amts wegen zuzulassen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Zunächst ist festzuhalten, dass sich die Beurteilung des gegenständlichen Falles im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nach der Rechtslage des NAG in der Fassung des BGBl. I Nr. 99/2006 richtet.

Die Beschwerdeführerin wendet sich zunächst gegen die Annahme der belangten Behörde, sie sei im Zeitpunkt der Antragstellung sowie im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides im Inland aufhältig gewesen. Dazu wird vorgebracht, dass die Beweiswürdigung der belangten Behörde deswegen unschlüssig sei, weil sie sich allein auf Eintragungen im Zentralen Melderegister gestützt hätte. Eine solche Eintragung sei aber lediglich ein Indiz, niemals aber schlüssiger Beweis für den tatsächlichen Aufenthalt einer Person.

Dem ist entgegenzuhalten, dass es zwar zutrifft, dass die belangte Behörde bei ihren beweiswürdigenden Überlegungen auch die im Zentralen Melderegister verzeichneten Meldungen herangezogen hat. Jedoch kann dem angefochtenen Bescheid entnommen werden, dass diese Daten nicht allein ausschlaggebend für die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen waren. Insbesondere wird von der belangten Behörde auf die Ausführungen der Beschwerdeführerin in der Berufung verwiesen. In nicht unschlüssiger Weise führt die belangte Behörde aus, dass sich daraus ergebe, dass die Beschwerdeführerin im Bundesgebiet aufhältig sei; hat sie doch in der Berufung selbst angegeben, nach Ablauf der Gültigkeit ihres Visums im Bundesgebiet geblieben zu sein, um die Ehegemeinschaft mit ihrem die österreichische Staatsbürgerschaft besitzenden Ehemann fortzusetzen. Demgegenüber sind den vorgelegten Verwaltungsakten Hinweise für eine nach Berufungserhebung erfolgte Ausreise der Beschwerdeführerin nicht zu entnehmen. Darüber hinaus ist aber auch - bezogen auf den Zeitpunkt der Antragstellung - auf die Angaben der Beschwerdeführerin im Antrag hinzuweisen, worin sie in der Rubrik "D. Derzeitiger Wohnsitz (Land, Postleitzahl, Ort, Straße, Haus-, Stiege-, und Türnummer)" eine näher bezeichnete Adresse in 1110 Wien angab. Die Beweiswürdigung der belangten Behörde begegnet sohin im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden (eingeschränkten) Prüfungsbefugnis jedenfalls bezogen auf die hier jeweils maßgeblichen Zeitpunkte der Antragstellung und der Entscheidung durch die belangte Behörde keinen Bedenken.

Im Lichte des Gesagten ist daher die Ansicht der belangten Behörde, der Erteilung des begehrten Aufenthaltstitels stehe die Missachtung des in § 21 Abs. 1 NAG verankerten Grundsatzes der Auslandsantragstellung entgegen, nicht zu beanstanden, zumal auch nicht ersichtlich ist, dass der Ausnahmetatbestand des - hier allenfalls in Betracht zu ziehenden - § 21 Abs. 2 Z 1 NAG erfüllt wäre. Derartiges wurde von der Beschwerdeführerin zudem auch nicht behauptet.

Fallbezogen kommt somit die Erteilung des begehrten Aufenthaltstitels trotz der im Inland erfolgten Antragstellung nur im Wege des § 74 NAG, wonach die Behörde von Amts wegen die Inlandsantragstellung zulassen kann, wenn die Voraussetzungen des § 72 NAG erfüllt werden, in Betracht.

Liegen die Voraussetzungen des § 72 NAG vor, so ist ungeachtet des Wortlautes des Gesetzes ("kann") die in § 74 NAG ausnahmsweise vorgesehene Antragstellung im Inland zuzulassen, wobei diese Zulassung im Rechtsweg erzwungen werden kann. § 72 NAG stellt auf mit besonderen Gefährdungen bzw. Notlagen verbundene Lebensumstände eines Fremden ab, die dazu Anlass geben, diesem aus humanitären Gründen eine Aufenthaltsbewilligung zukommen zu lassen. Weiters liegen besonders berücksichtigungswürdige Fälle im Sinn dieser Bestimmung dann vor, wenn - ausnahmsweise - ein aus Art. 8 EMRK direkt abzuleitender Anspruch besteht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2008/22/0412, mwN).

Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ist die im angefochtenen Bescheid vertretene Auffassung, es lägen fallbezogen keine besonders berücksichtigungswürdigen Gründe vor, nicht zu beanstanden. Der bisherige (mit geringen Unterbrechungen) etwa dreieinhalbjährige Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet stellt keinen ausreichenden derartigen Grund dar, zumal sie sich - mit Ausnahme für den Zeitraum etwa eines Monats, in der die Beschwerdeführerin über ein Visum C verfügte - stets unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt und ihr Aufenthaltsstatus nahezu während ihres ganzen Aufenthalts als unsicher anzusehen war. Somit kommt auch der mit einem österreichischen Staatsbürger geschlossenen Ehe fallbezogen mit Blick auf die kurze Dauer des Aufenthalts der Beschwerdeführerin kein ausschlaggebendes Gewicht zu. Weitere Anhaltspunkte, die für eine besonders starke Integration der Beschwerdeführerin sprechen würden, sind nicht vorhanden (vgl. zu einer ähnlichen Konstellation das bereits erwähnte Erkenntnis 2008/22/0412).

Soweit die Beschwerdeführerin das Vorliegen von Verfahrensfehlern behauptet, kann dies schon deswegen nicht zum Erfolg führen, weil sie nicht darlegt, welche Feststellungen die belangte Behörde im Falle der Vermeidung der behaupteten Verfahrensfehler hätte treffen können und weshalb diese zu einem anderen Ergebnis hätten führen können.

Da die belangte Behörde somit zutreffend das Vorliegen eines besonders berücksichtigungswürdigen Falles verneint und die Inlandsantragstellung zu Recht nicht zugelassen hat, kann die Ansicht der belangten Behörde, der Antragsbewilligung stehe § 21 Abs. 1 NAG entgegen, nicht als rechtswidrig angesehen werden.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
JAAAE-69955