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VwGH vom 11.11.2004, 2004/16/0179

VwGH vom 11.11.2004, 2004/16/0179

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde der G AG in L, vertreten durch die KPMG Alpen-Treuhand GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 4020 Linz, Kudlichstraße 41-43, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom , Zl. RV/0398-L/04, betreffend Festsetzung von Säumniszuschlägen in einer Angelegenheit der Einfuhrumsatzsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom schrieb das Finanzamt Linz der Beschwerdeführerin gemäß § 217 Abs. 1 und 2 BAO Säumniszuschläge für eine nicht am Fälligkeitstag entrichtete Einfuhrumsatzsteuer mit EUR 30.995,87 vor.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, dass die Einfuhrumsatzsteuer am überwiesen worden sei.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt Linz die Berufung als unbegründet ab. In der Begründung dieses Bescheides führte das Finanzamt aus, die Verbuchung der Einfuhrumsatzsteuer für Oktober 2003 sei auf den Abgabenkonten am erfolgt. Am 15. dieses Monates, also am sei die Fälligkeit dieser Einfuhrumsatzsteuer gegeben gewesen. Bei der Festsetzung der Einfuhrumsatzsteuer für Oktober 2003 sei jedoch eine Zahlungsfrist bis vergeben worden. Eine Entrichtung dieser Einfuhrumsatzsteuer bis spätestens wäre somit ohne Säumnisfolgen geblieben. Der ausstehende Betrag der Einfuhrumsatzsteuer für Oktober 2003 in der Höhe von EUR 1,549.793,74 sei am dem PSK-Konto des Finanzamtes Linz gutgeschrieben worden. Unter Berücksichtigung der dreitägigen Respirofrist gemäß § 211 Abs. 3 BAO ergebe sich als Entrichtungstag der . Die Einfuhrumsatzsteuer für Oktober 2003 sei somit verspätet entrichtet worden. Für diese verspätete Entrichtung sei der Säumniszuschlag in der Höhe von 2 % des nicht rechtzeitig entrichteten Abgabenbetrages festzusetzen gewesen. Die Ausnahmebestimmung des § 217 Abs. 5 BAO (ausnahmsweise Säumnis) habe nicht zur Anwendung gelangen können, weil diese Regelung bereits zur Fälligkeit am in Anspruch genommen worden sei.

Die Beschwerdeführerin stellte den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Die Bestimmung des § 26 Abs. 5 lit. a UStG sei sowohl nach der Wortals auch der grammatikalischen Interpretation so auszulegen, dass sich das "folgt" auf den Kalendermonat beziehe und nicht auf den "15. Tag". Zum einen würde der Bezug auf den "15. Tag" der Rechtssicherheit widersprechen, weil eine Verbuchung z.B. am 14. Dezember eine Fälligkeit zum 15. Dezember nach sich ziehen könnte. Dies auch dann, wenn noch keine Buchungsmitteilung zum 15. Dezember vorliege. Hätte der Gesetzgeber dies gewollt, hätte er ausdrücklich darauf hingewiesen. In sämtlichen steuerlichen Fristen sei der nächst- oder zweitfolgende Kalendermonat als Fälligkeitstermin vorgesehen. Im Beschwerdefall sei die Verbuchung auf dem Abgabenkonto am erfolgt und die Einfuhrumsatzsteuer für Oktober 2003 sei daher am und nicht am fällig geworden. Am sei die Gutschrift auf dem Abgabenkonto erfolgt. Unter Berücksichtigung des § 211 Abs. 2 BAO habe die Verspätung der Zahlung ohne Rechtsfolgen zu bleiben.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gegen den Säumniszuschlagsbescheid betreffend Einfuhrumsatzsteuer Oktober 2003 als unbegründet ab. § 26 Abs. 5 lit. a UStG sei so auszulegen, dass sich das Wort "folgt" tatsächlich auf den "15. Tag" und nicht auf den Kalendermonat beziehe. Die genannte Bestimmung sei "unglücklich" formuliert, weil der reine Gesetzestext auch eine Auslegung im Sinne der Beschwerdeführerin nicht ausschließe und der wahre Wille des Gesetzgebers nur mühsam anhand der historischen Entwicklung der Gesetzwerdung, den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage sowie einer Literaturansicht erschlossen werden könne. Im allgemeinen Teil der Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (238 der Beilagen XXII. GP) mit der Neufassung des § 26 Abs. 5 lit. a UStG werde Folgendes ausgeführt:

"In manchen Fällen erfolgt die buchmäßige Erfassung der Einfuhrumsatzsteuer erst eine gewisse Zeit nach der Entstehung der Steuerschuld und es kann dazu kommen, dass die Erfassung auf dem Abgabenkonto nicht rechtzeitig bis zum 15. des zweitfolgenden Monates nach dem Enstehen der Einfuhrumsatzsteuerschuld erfolgt. Es wird daher hinsichtlich der Fälligkeit auf die Erfassung auf dem Abgabenkonto abgestellt."

In den genannten Erläuternden Bemerkungen werde zu § 26 Abs. 5 lit. a und § 20 Abs. 2 Z 2 UStG festgehalten:

"Die Änderungen in Bezug auf die Fälligkeit und korrespondierend auf die Wirksamkeit des Vorsteuerabzuges in den Fällen des § 26 Abs. 3 Z 2 ("EUSt neu") erfolgt deshalb, weil in manchen Fällen die buchmäßige Erfassung der Einfuhrumsatzsteuer erst eine gewisse Zeit nach der Entstehung der Steuerschuld erfolgt (z.B. Hausbeschau, Ergebnis einer tarifarischen Untersuchung ist noch abzuwarten). Es ist daher praktikabler, wenn bezüglich der Fälligkeit und der Wirksamkeit des Vorsteuerabzuges auf die Erfassung auf dem Abgabenkonto abgestellt wird."

Kolacny, Steuer und Wirtschaftskartei 32/2003, S. 763, vertrete zu der neu gefassten Bestimmung des § 26 Abs. 5 lit. a UStG die Auffassung:

"Ist die Einfuhrumsatzsteuer nicht am 15. Tag des oben genannten Monates verbucht, verschiebt sich die Fälligkeit jeweils in jenen Kalendermonat, in dem die Verbuchung bis zum 15. Tag des Monates erfolgt ist."

Ein Abgabepflichtiger, der bis zum 15. eines Monates noch keine Buchungsmitteilung erhalten habe, in der die Verbuchung der Einfuhrumsatzsteuer für das zweitvorangegangene Monat ausgewiesen werde, und der sicher gehen möchte, dass tatsächlich auch keine derartige Buchung (etwa am 14. des Monates) erfolgt sei, werde sich über den aktuellen Stand des Abgabenkontos erkundigen müssen, sei es durch Abfrage mittels Finanz-Online oder durch Rückfrage bei der Finanzkasse. In der Praxis werde dies jedoch nur in Ausnahmefällen notwendig werden. Dem Abgabenkonto der Beschwerdeführerin sei zu entnehmen, dass bisher die Einfuhrumsatzsteuer jeweils geraume Zeit vor dem 15. des zweitfolgenden Monats gebucht worden sei. Die Einfuhrumsatzsteuer für Oktober 2003 sei im Beschwerdefall am fällig gewesen. Die am Abgabenkonto bzw. auf der Buchungsmitteilung ausgewiesene Zahlungsfrist bis sei auf eine fehlerhafte Programmierung der EDV zurückzuführen. Auch unter Berücksichtigung der Zahlungsfrist erweise sich die am wirksame Überweisung zur Abdeckung der restlichen Einfuhrumsatzsteuer für Oktober 2003 als verspätet. Auf die insofern getroffenen Ausführungen des Finanzamtes in der Berufungsvorentscheidung werde verwiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Nichtfestsetzung des Säumniszuschlages betreffend Einfuhrumsatzsteuer für Oktober 2003 verletzt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 26 Abs. 5 lit. a UStG wird die Einfuhrumsatzsteuer am

15. des Kalendermonates, der dem Tag der Verbuchung auf dem Abgabenkonto folgt, frühestens am 15. Tag des auf den Voranmeldungszeitraum, in dem die Einfuhrumsatzsteuerschuld entsteht, zweitfolgenden Kalendermonates fällig.

Diese Bestimmung ist gemäß BGBl. I Nr. 134/2003 auf Einfuhren anzuwenden, für die die Einfuhrumsatzsteuerschuld nach dem entstanden ist.

Die Einfuhrumsatzsteuer wird frühestens am 15. Tag des auf den Voranmeldungszeitraum, in dem die Einfuhrumsatzsteuerschuld entsteht, zweitfolgenden Kalendermonat fällig. Die buchmäßige Erfassung der Einfuhrumsatzsteuer nach den Bestimmungen des Zollrechts kann unter bestimmten Voraussetzungen längere Zeit in Anspruch nehmen und deswegen erst nach einem längeren Zeitabschnitt nach Entstehen der Steuerschuld vorgenommen werden. In diesem Fall wird die Einfuhrumsatzsteuer am 15. des Kalendermonates, der dem Tag der Verbuchung auf dem Abgabenkonto folgt, fällig.

Die Formulierung dieser Bestimmung lässt grammatikalisch sowohl die Interpretation der belangten Behörde als auch der Beschwerdeführerin zu. Der Nebensatz: "der dem Tage der Verbuchung auf dem Abgabenkonto folgt", kann sich auf den 15. (des Kalendermonates) beziehen aber auch auf den Kalendermonat, was jeweils zu den dargestellten unterschiedlichen Ergebnissen führt.

Die - im angefochtenen Bescheid bereits wiedergegebenen - Gesetzesmaterialien bringen insofern keine Klärung zu den aufgeworfenen Fragen. In der Literatur (Kolacny, SWK 32/2003, S 763) wird die Auffassung vertreten, der die belangte Behörde gefolgt ist.

Die Auffassung der belangten Behörde führt, wie sie selbst einräumt, dazu, dass Buchungen am Abgabenkonto am 14. des Monats zur Fälligkeit am 15. desselben Monats führen und der Abgabepflichtige, der bis dahin keine Buchungsmitteilung erhalten hat, verhalten wäre, sich jeweils vor dem 15. jeden Kalendermonats - gegebenenfalls fernmündlich - zu vergewissern, ob nach dem aktuellen Stand des Abgabenkontos eine Verbuchung der Einfuhrumsatzsteuer ausgewiesen ist, damit er nicht in Säumnis gerät.

Die so ausgelegte Bestimmung des § 26 Abs. 5 lit. a UStG kann somit dazu führen, dass eine Verbuchung am Abgabenkonto schon am nächsten Tag die Fälligkeit auslöst, wogegen der Abgabepflichtige von der Verbuchung und der damit gegebenen Fälligkeit selbst am Fälligkeitstag noch nicht informiert ist. Damit würden allerdings die Abgabepflichtigen zwangsläufig in Säumnissituationen gedrängt.

Der Gesetzgeber hat bei der Einfuhrumsatzsteuer für die Fälligkeit nach dem Entstehen der Steuerschuld den Abgabepflichtigen eine Zeitspanne von eineinhalb bis zweieinhalb Monaten eingeräumt. Es sind keine Gründe ersichtlich - und auch in der genannten Literaturstelle werden keine solchen Argumente angeführt -, wonach im Fall der von der Abgabenbehörde verursachten verzögerten Verbuchung der Einfuhrumsatzsteuer am Abgabenkonto entgegen der sonst bei der Einfuhrumsatzsteuer gegebenen längeren Fälligkeitsfrist gleichsam überfallsartig die Fälligkeit im Extremfall innerhalb eines Tages gegeben sein soll. Eine so ausgelegte Bestimmung hätte einen dem Abgabepflichtigen nicht zumutbaren Überraschungseffekt, der unsachlich wäre.

Aus diesen Erwägungen ist - auch unter Berücksichtigung einer aus dem Gebot der Sachlichkeit orientierten verfassungskonformen Auslegung der in Rede stehenden Bestimmung - der Interpretation der Beschwerdeführerin zu folgen. Danach kann das Wort "folgt" unter Berücksichtigung einer nach der Wortinterpretation zwei Möglichkeiten offen lassenden Bestimmung sich nur auf den "Kalendermonat" beziehen, sodass eine Verbuchung am Abgabenkonto in einem Monat zu einer Fälligkeit am 15. des Folgemonats führt. Damit ist ein Zeitraum zwischen Verbuchung am Abgabenkonto und der Fälligkeit von eineinhalb bis einem halben Monat gegeben. Diese Zeitspanne bewegt sich innerhalb der sonst normierten Fälligkeitsfristen.

Davon ausgehend war die Fälligkeit der am am Abgabenkonto verbuchten Einfuhrumsatzsteuer am eingetreten und wäre spätestens bis dahin zu entrichten gewesen.

Erfolgt in den Fällen des § 211 Abs. 1 lit. c BAO die Auszahlung der Überweisung durch das Abgabepostamt oder in den Fällen des § 211 Abs. 1 lit. d BAO die Gutschrift auf dem Postscheckkonto unter dem sonstigen Konto der empfangsberechtigten Kasse zwar verspätet aber noch innerhalb von drei Tagen nach Ablauf der zur Entrichtung einer Abgabe zustehenden Frist, so hat gemäß § 211 Abs. 2 BAO die Verspätung ohne Rechtsfolgen zu bleiben; in den Lauf der dreitägigen Frist sind Samstage, Sonntage, gesetzliche Feiertage, der Karfreitag und der 24. Dezember nicht einzurechnen.

Gemäß § 211 Abs. 1 lit. c BAO gelten Abgaben bei Einzahlung durch Postanweisung entrichtet, (Z 1) wenn der eingezahlte Betrag der empfangsberechtigten Kasse bar ausgezahlt wird, am Tag der Auszahlung, und (Z 2) wenn der eingezahlte Betrag auf das Postscheckkonto der empfangsberechtigten Kasse überwiesen wird, am Tag der Überweisung durch das Abgabepostamt.

Gemäß § 211 Abs. 1 lit. d BAO gelten Abgaben bei Überweisung auf das Postscheckkonto oder ein sonstiges Konto der empfangsberechtigten Kasse am Tag der Gutschrift als entrichtet.

Nach den Feststellungen des angefochtenen Bescheides wurde die "restliche Einfuhrumsatzsteuer" durch eine am wirksame "Überweisung" abgedeckt.

Der 17. bzw. waren ein Samstag bzw. Sonntag. Demnach erfolgte ausgehend vom die Entrichtung zwar nicht am Fälligkeitstag, die verspätete Entrichtung hatte jedoch nach § 211 Abs. 2 BAO ohne Rechtsfolgen zu bleiben, weil Samstage und Sonntage nicht in den Lauf der dreitägigen Frist einzurechnen waren, am Freitag () die Frist noch nicht abgelaufen war und die Zahlung der ausstehenden Einfuhrumsatzsteuer am nächst möglichen Tag, nämlich Montag, dem erfolgt ist.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am