VwGH vom 19.03.2015, 2012/06/0123

VwGH vom 19.03.2015, 2012/06/0123

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch sowie die Hofrätin Dr. Bayjones, den Hofrat Dr. Moritz, die Hofrätin Mag.a Merl und den Hofrat Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Lehner, über die Beschwerde 1. des Dr. C H in H, 2. des Dipl. Ing. F B, 3. der I W und 4. der G W, alle in S, alle Beschwerdeführer vertreten durch die Stock Fahrner Rechtsanwälte OG in 5700 Zell/See, Postplatz 3, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom , Zl. 205-07/275/5- 2010, betreffend Abänderung einer Bauplatzerklärung (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde S, vertreten durch Dr. Philipp Götzl, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Imbergstraße 19), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und der mitbeteiligten Stadtgemeinde Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Bezirkshauptmannschaft Z (BH) genehmigte mit Bescheid vom für das Grundstück Nr. 722, KG F., die Umwandlung in einen Bauplatz und die Aufteilung in sechs Bauparzellen. In Punkt 2. des Spruches dieses Bescheides wurde Folgendes bestimmt:

"Die Aufschließungsstraße ist in 5,0 m Breite als eigene Wegparzelle auszuscheiden, mit gutem Straßenmaterial auf Niveau zu bringen und kosten- und lastenfrei ins Eigentum der Gemeinde zu übertragen."

Die geforderte Aufschließungsstraße erhielt als neugebildetes Grundstück die Nr. 722/6 und ist in der EZ 62, KG F. eingetragen. Die Beschwerdeführer sind Miteigentümer dieses Grundstücks (der Erst- und der Zweitbeschwerdeführer jeweils zu einem Drittel, die Dritt- und Viertbeschwerdeführerin jeweils zu einem Sechstel). Die Übertragung ins Eigentum der Gemeinde laut Punkt 2. des obzitierten Bescheides ist bis dato nicht erfolgt.

Mit näher bezeichnetem Urteil des Bezirksgerichtes S vom wurde ausgesprochen, dass der Eigentümer der östlich an das Grundstück Nr. 722/6, EZ 62, KG F., angrenzenden Grundparzelle "nicht zur Dienstbarkeit des Geh- und Fahrtrechtes berechtigt ist und nicht berechtigt ist, das Eigentum (der Beschwerdeführer) zu stören, indem er den auf dem Grundstück 722/6, EZ 62, KG (F.), befindlichen Weg als Zugangs-

oder Zufahrtsweg für sein Grundstück ... nutzt".

Mit (gleichlautenden) Schreiben vom ersuchte der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde die Beschwerdeführer um Erfüllung der "noch offene(n) alte(n) Auflage aus dem Bauverfahren noch heuer". Daraufhin beantragten die Beschwerdeführer mit Eingabe vom die Abänderung des Bescheides der BH vom dahingehend, dass Punkt 2. des Spruches ersatzlos gestrichen werde. Zur Begründung führten sie aus, § 15 Abs. 5 Bebauungsgrundlagengesetz (BGG) normiere, dass die Gemeinde die Grundabtretung binnen Jahresfrist ab Eintritt der Rechtskraft der Bauplatzerklärung zu veranlassen habe. Da die Baubewilligung und die Bauplatzerklärung aus 1962 stammten, sei diese Jahresfrist längst abgelaufen; die Gemeinde sei nicht mehr berechtigt, eine Grundabtretung zu verlangen.

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde wies diesen Antrag mit Bescheid zum als unbegründet ab (zur Zuständigkeit der Baubehörden in der vorliegenden Angelegenheit siehe das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/06/0237, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird). Zur Begründung wurde ausgeführt, die Jahresfrist des § 15 Abs. 5 BGG sei erst mit der BGG-Novelle 2001 aufgenommen worden und deshalb für den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Überdies sei § 15 Abs. 5 leg. cit. als bloße Ordnungsvorschrift ohne weitere Sanktion zu verstehen. Der Bauplatzerklärungsbescheid sei ein Bescheid mit dinglicher Wirkung, was bedeute, dass nicht nur seine Rechte, sondern auch die Pflichten auf den jeweiligen späteren Eigentümer übergingen. Die Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer hätten sich zur Herstellung der Aufschließungsstraße laut Auflagenpunkt 2. des Bauplatzerklärungsbescheides verpflichtet. Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 23 Abs. 2 BGG sei eine an die Gemeinde abgetretene Grundfläche. Da jedoch nie eine Abtretung stattgefunden habe, könne diese auch nicht rückgängig gemacht werden.

Die Berufung der Beschwerdeführer wurde von der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Stadtgemeinde mit Bescheid vom abgewiesen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die dagegen eingebrachte Vorstellung als unbegründet ab. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des § 23 Abs. 2 BGG im Wesentlichen aus, es sei aufzuklären, ob die von der Auflage aus dem Bauplatzerklärungsbescheid getroffenen Flächen innerhalb von 40 Jahren dem zugedachten Zweck als Aufschließungsstraße im Sinn der genannten Bestimmung tatsächlich zugeführt worden seien. Nach Wiedergabe von Zeugenaussagen aus dem zivilgerichtlichen Verfahren vor dem Bezirksgericht S führte die belangte Behörde weiter aus, dass die dort genannten (von den Beschwerdeführern bzw. deren Rechtsvorgängern durchgeführten) Arbeiten eindeutig als "Anlage neuer öffentlicher Verkehrsflächen und der Ausbau als solcher" angesehen würden. Auf den maßgeblichen Flächen sei eine Straße errichtet worden. Diese diene der Aufschließung von Bauplätzen, nämlich mindestens jener der Beschwerdeführer. Die Errichtung sei zweifelsfrei innerhalb eines Zeitraumes von 40 Jahren erfolgt. Die Voraussetzungen für eine Rückübereignung im Sinne der § 23 Abs. 2 BGG seien nicht erfüllt. Aber selbst wenn man den gegenteiligen Standpunkt einnehme, dass ein Rückübereignungsanspruch entstehe, sobald eine Straße (über einen fraglichen Zeitraum) hin nicht mehr dem öffentlichen Verkehr diene, sei für die Beschwerdeführer nichts gewonnen. Die Straße sei im Sinne der Terminologie des BGG "dem öffentlichen Verkehr gewidmet" bzw. es sei die Auflage aus dem Bauplatzerklärungsbescheid genau darauf gerichtet gewesen. Außerdem sei die Straße in Würdigung des vom Bezirksgericht S im Urteil festgestellten Sachverhaltes und den Ausführungen im Berufungsbescheid in mehr als 20jähriger Übung allgemein und ungehindert auf Grund eines dringenden Verkehrsbedürfnisses genützt worden und erhalte auch daraus ihre Eigenschaft als dem öffentlichen Verkehr dienende Straße.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer zunächst eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der ihre Behandlung mit Beschluss vom , B 945/10-6, abgelehnt und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten hat.

In der vor dem Verwaltungsgerichtshof auftragsgemäß ergänzten Beschwerde erachten sich die Beschwerdeführer im Recht auf "Rückgängigmachung von Grundabtretungen" verletzt und machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift - ebenso wie die mitbeteiligte Stadtgemeinde - die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Auf den vorliegenden, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Salzburger Bebauungsgrundlagengesetzes - BGG, LGBl. Nr. 69/1968 in der Fassung LGBl. Nr. 8/2001, lauten wie folgt:

"Rückgängigmachung von Grundabtretungen und

sonstigen Leistungen der Grundeigentümer

§ 23.

(1) Erlischt die Eigenschaft einer Grundfläche als Bauplatz (§ 22), so sind die gemäß den Bestimmungen der §§ 15 bis 21 erfolgten Grundabtretungen und sonstigen Leistungen, soweit sie noch nicht ausgebaute Verkehrsflächen betreffen, auf Antrag des jeweiligen Grundeigentümers des erloschenen Bauplatzes an diesen rückgängig zu machen.

(2) Bleibt eine Bauplatzerklärung zwar wirksam, werden aber die nach den vorstehenden Bestimmungen an die Gemeinde abgetretenen Grundflächen innerhalb eines Zeitraumes von 40 Jahren, vom Beginn des der Rechtskraft folgenden Kalenderjahres gerechnet, nicht zum Zweck der Aufschließung von Bauplätzen für die Anlage neuer oder zu Verbreiterung bestehender öffentlicher Verkehrsflächen benötigt und als solche ausgebaut, ist die Grundabtretung auf Antrag und Kosten des jeweiligen Grundeigentümers des Bauplatzes mit der Wirkung rückgängig zu machen, daß die Grundfläche Bestandteil dieses Bauplatzes wird. Steht das Vorliegen dieser Voraussetzungen schon früher fest, hat die Rückgabe zu diesem Zeitpunkt zu erfolgen.

...

(4) Die Rückgängigmachungen und die Rückzahlungen gemäß Abs. 1 bis 3 sind durch Bescheid der Baubehörde zu verfügen.

Änderung eines Bauplatzes

§ 24

(1) Die Änderung der Fläche oder Gestalt eines Bauplatzes, insbesondere die Zusammenlegung mehrerer Bauplätze oder die Unterteilung eines Bauplatzes, bedarf der Genehmigung der Baubehörde.

...

(3) Auf die Genehmigung finden die Vorschriften über die Bauplatzerklärung sinngemäße Anwendung. ..."

Die Beschwerdeführer machen wie bereits im Verwaltungsverfahren im Wesentlichen eine unrichtige Anwendung des § 23 Abs. 2 BGG geltend.

Mit diesem Vorbringen gelingt es ihnen jedoch nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen:

Unstrittig ist, dass eine Übertragung der als eigenes Grundstück iS des § 5 Allgemeines Grundbuchsanlegungsgesetz gebildete Wegparzelle laut Punkt 2. des Spruches des Bescheides vom in das Eigentum der Gemeinde nicht stattgefunden hat, vielmehr die Beschwerdeführer (als Rechtsnachfolger der Adressaten des Bauplatzerklärungsbescheides) grundbücherliche Miteigentümer dieses Grundstückes sind. § 23 Abs. 2 BGG bildet somit keine taugliche Rechtsgrundlage für den Antrag der Beschwerdeführer.

Auch aus § 24 BGG ist für den Standpunkt der Beschwerdeführer nichts zu gewinnen, wird doch mit dem gegenständlichen Antrag, der sich nicht auf die von der Bauplatzerklärung erfasste Grundparzelle 722, KG F., bezieht, weder "die Änderung der Fläche oder Gestalt eines Bauplatzes, insbesondere die Zusammenlegung mehrerer Bauplätze oder die Unterteilung eines Bauplatzes" angestrebt.

Die Beschwerdeführer wurden daher durch den angefochtenen Bescheid in dem von ihnen geltend gemachten Recht nicht verletzt.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG weiter anzuwendenden §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008 (siehe § 3 Z. 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 idF BGBl. II Nr. 8/2014).

Wien, am