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VwGH vom 11.11.2004, 2004/16/0162

VwGH vom 11.11.2004, 2004/16/0162

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde der M AG & Co KG in O, vertreten durch die Dorda Brugger Jordis Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Dr. Karl Lueger-Ring 10, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/1531-W/02, betreffend Börsenumsatzsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Die Beschwerdeführerin ist Gesamtrechtsnachfolgerin der M Z B AG (in der Folge "MZB").

Am schlossen die MZB und die M I S.A. (in der Folge "MISA") einen "Einbringungsvertrag", der auszugsweise lautet:

"§ 1

Einbringung

Die MISA bringt 701 Aktien der M E AG ... im Nominale von gesamt ATS 701.000,-- (in der Folge auch kurz 'die Aktien') mit einem Wert von ATS 178.751.176,-- als Sacheinlage in die MZB ein.

Die Übertragung der Aktien der M E AG erfolgt mit Wirkung zum Einbringungsstichtag gemäß § 3 dieses Vertrages.

Das Gewinnbezugsrecht aus den Aktien der M E AG für das laufende Geschäftsjahr steht der MZB zu.

Die MZB trägt sämtliche mit der Einbringung verbundenen Steuern, Gebühren und sonstigen Abgaben, insbesondere die Börsenumsatzsteuer.

§ 2

Gegenleistung

Gemäß § 19 Z 5 UmgrStG erfolgt die Übertragung der Aktien

ohne Gegenleistung, da die MISA indirekt zu 100 % an der MZB

beteiligt ist.

§ 3

Einbringungsstichtag

Die Einbringung der Aktien erfolgt mit Wirkung zum , 14.00 Uhr MEZ.

§ 4

Aufschiebende Wirkung

Der gegenständliche Vertrag ist dadurch aufschiebend bedingt, dass die MISA von der M I Inc. ..., Kanada, die Aktien erworben hat.

..."

Mit Bescheid vom schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien der MZB in Anwendung des § 22 Abs. 1 und § 34 Abs. 1 des Kapitalverkehrsteuergesetzes - KVG eine Börsenumsatzsteuer im Betrag von S 134.063,-- vor. Begründend führte die Erstbehörde aus, da sich die eingebrachten Aktien im Nominale von S 701.000,-- zum Zeitpunkt der Errichtung des Einbringungsvertrages weniger als zwei Jahre im Vermögen des Einbringenden befunden hätten, kämen die Befreiungsbestimmungen nach dem Umgründungssteuergesetz nicht zur Anwendung. Der gemeine Wert der eingebrachten Aktien betrage nach den Angaben der MZB S 178.751.176,--. Die Übertragung der gegenständlichen Aktien unterliege daher der Börsenumsatzsteuer.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte die MZB vor, die Übertragung der Aktien sei gemäß § 19 Abs. 2 Z. 5 Umgründungssteuergesetz ohne Gegenleistung erfolgt. Die Parteien hätten sohin eine ausdrückliche Vereinbarung über den Preis im Sinne des § 21 Z. 1 KVG getroffen (und diesen mit S 0,-- festgesetzt), weshalb § 21 Z. 2 und 3 KVG nicht zur Anwendung kämen. Weiters liege kein entgeltliches Anschaffungsgeschäft vor, sodass die Einbringung weder von § 18 Abs. 1 KVG noch von § 18 Abs. 2 Z. 1 KVG erfasst sei. Schließlich wäre, selbst wenn die vorliegende Einbringung ein entgeltliches Anschaffungsgeschäft wäre, die Börsenumsatzsteuer in der Höhe von S 0,-- vorzuschreiben gewesen, weil sie nach § 21 Z. 1 KVG regelmäßig vom vereinbarten Preis berechnet werde. Die Parteien hätten eine Vereinbarung über den Preis getroffen, wenngleich sie diesen mit S 0,-- festgesetzt hätten.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Nach Darstellung des Verfahrensganges und Wiedergabe der §§ 17 Abs. 1, 18 Abs. 1 und 2 Z. 1 und 21 Z. 1 und 3 KVG führte sie fallbezogen aus, im gegenständlichen Fall sei die Einbringung von Wertpapieren in eine Kapitalgesellschaft ohne Gewährung von Gesellschaftsrechten erfolgt. Dem Vermögensabgang bei der Einbringenden stehe aber auf Grund der mittelbaren Beteiligung an der aufnehmenden Gesellschaft eine entsprechende Erhöhung des Wertes von Gesellschaftsrechten gegenüber. Wenn die Beschwerdeführerin meine, es wären nur Einbringungen gegen Gesellschaftsrechte, nicht aber solche, welche lediglich eine Erhöhung des Wertes der Gesellschaftsrechte zur Folge hätten, von der Börsenumsatzsteuer erfasst, sei entgegen zu halten, dass der Bestimmung des § 18 Abs. 2 Z. 1 KVG eine solche Einschränkung nicht zu entnehmen sei. Auf Grund dieser Vorschrift unterlägen nicht nur entgeltliche Verträge der Börsenumsatzsteuer, sondern auch Geschäfte, die das Einbringen von Wertpapieren in eine Kapitalgesellschaft oder eine andere Personenvereinigung zum Gegenstand hätten. Zwar sei unter einer Einbringung in der Regel eine Übertragung von Wirtschaftsgütern in das Vermögen einer Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten zu verstehen, doch sei der Begriff steuer- und handelsrechtlich nicht ausschließlich auf Übertragungen gegen Gesellschaftsrechte beschränkt. Es fielen jedenfalls auch Sacheinlagen von mittelbaren oder unmittelbaren Gesellschaftern unter den Begriff der Einbringung, die eine Erhöhung des Wertes von Gesellschaftsrechten zur Folge hätten.

Nach auszugsweiser Zitierung aus dem Urteil des (deutschen) Bundesfinanzhofes vom , I R 397/83, führte die belangte Behörde weiter aus, in dem diesem Urteil zu Grunde liegenden Fall sei es um eine Verschmelzung gegangen, die der Bundesfinanzhof als gesellschaftsrechtlichen Vorgang erachtet habe. Dieser sei zwar in seiner wirtschaftlichen Wirkung tauschähnlich, unterscheide sich aber von dem zivilrechtlichen Tausch- und Erwerbsgeschäft gerade dadurch, dass es an einer vertraglichen Gegenleistung im zivilrechtlichen Sinne fehle. Der Bundesfinanzhof habe die Börsenumsatzsteuerpflicht eines solchen Geschäftes bejaht. Eine Sacheinlage ohne Vereinbarung der Gegenleistung, welcher aber eine Erhöhung des Wertes der Gesellschaftsrechte gegenüber stehe, sei ebenfalls ein solcher gesellschaftsrechtlicher Vorgang.

Zur Ansicht der Beschwerdeführerin, die Parteien hätten eine ausdrückliche Vereinbarung über den Preis im Sinn des § 21 Z. 1 KVG getroffen (und diesen mit Null festgesetzt), sei zu sagen, dass unter vereinbartem Preis im Sinne des § 21 Z. 1 KVG der Abtretungspreis zu verstehen sei, und daneben auch alle anderen Leistungen, die der Erwerber erbringen müsse, um den Geschäftsanteil zu erhalten. Sowohl aus der Anzeige (der MZB gegenüber der Erstbehörde) als auch aus dem Einbringungsvertrag gehe hervor, dass die Einbringung ohne Gegenleistung erfolgt sei. Von einem "vereinbarten Preis" könne daher nicht gesprochen werden. Da es an einer Preisvereinbarung fehle und auch kein Börsen- oder Marktpreis vorliege, sei gemäß § 21 Z. 3 KVG der erklärte Wert der Wertpapiere als Bemessungsgrundlage heranzuziehen. Dazu zitierte die belangte Behörde wiederum auszugsweise aus dem genannten Urteil des Bundesfinanzhofes vom zum "vereinbarten Preis" im Sinne des § 23 Nr. 1 des (deutschen) Kapitalverkehrsteuergesetzes 1972.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Unterbleiben der Vorschreibung von Börsenumsatzsteuer nach den §§ 17 ff KVG bei Nicht-Vorliegen eines nach diesen Bestimmungen zu besteuernden Sachverhaltes verletzt und beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall noch maßgeblichen Bestimmungen des III. Teiles des Kapitalverkehrsteuergesetzes (KVG) lauten:

"Teil III

Börsenumsatzsteuer

§ 17

Gegenstand der Steuer

(1) Der Börsenumsatzsteuer unterliegt der Abschluss von Anschaffungsgeschäften über Wertpapiere, wenn die Geschäfte im Inland oder unter Beteiligung wenigstens eines Inländers im Ausland abgeschlossen werden.

...

§ 18

Anschaffungsgeschäfte

(1) Anschaffungsgeschäfte sind entgeltliche Verträge, die auf den Erwerb des Eigentums an Wertpapieren gerichtet sind.

(2) Als Anschaffungsgeschäfte gelten auch

1. Geschäfte, die das Einbringen von Wertpapieren in eine Kapitalgesellschaft oder eine andere Personenvereinigung zum Gegenstand haben;

...

§ 21

Steuermaßstab

Die Steuer wird berechnet:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
regelmäßig
2.
von dem vereinbarten Preis. Kosten die durch den Abschluss des Geschäfts entstehen, und Stückzinsen, soweit sie bei Geschäften über Schuldverschreibungen besonders berechnet werden, sind dem Preis nicht hinzuzurechnen. Bei Stellgeschäften wird das Stellgeld dem Kaufpreis hinzugerechnet;
3.
wenn ein Preis nicht vereinbart ist:
4.
von dem mittleren Börsen- oder Marktpreis, der für das Wertpapier am Tag des Geschäftsabschlusses gilt;
5. wenn es sowohl an einer Preisvereinbarung als auch an einem Börsen- oder Marktpreis fehlt:
6. nach dem Wert des Wertpapiers;
..."
Gemäß § 38 Abs. 3a KVG, eingefügt durch das Steuerreformgesetz 2000, BGBl. I Nr. 106, treten mit Ablauf des Teil III (Börsenumsatzsteuer) sowie die Durchführungsbestimmungen zum Kapitalverkehrsteuergesetz vom , RMBl. S 839, außer Kraft. Diese Vorschriften sind letztmalig auf Anschaffungsgeschäfte anzuwenden, bei denen die Steuerschuld vor dem entsteht. Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, diese Zeitpunkte nach Maßgabe der Möglichkeiten zur Schaffung der technischen Rahmenbedingungen für die Einführung einer Spekulationsertragsteuer (§ 30 Abs. 8 des Einkommensteuergesetzes 1988) bis spätestens bzw. zu verschieben.
Gemäß § 2 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Verschiebung des Inkrafttretens der Spekulationsertragsteuer, über das Außerkrafttreten der Börsenumsatzsteuer und über das Investmentfondsgesetz, BGBl. II Nr. 79/2000, in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 324/2000, treten Teil III (Börsenumsatzsteuer) des Kapitalverkehrsteuergesetzes sowie die Durchführungsbestimmungen zum Kapitalverkehrsteuergesetz vom , RMBl. S 839, mit Ablauf des außer Kraft. Diese Vorschriften sind letztmalig auf Anschaffungsgeschäfte anzuwenden, bei denen die Steuerschuld vor dem entsteht.
Die Beschwerde vertritt offenbar in Anlehnung an Greindl , BUSt-Pflicht bei Schwesternspaltung ohne Anteilsgewährung?, ecolex 1999, S. 57 ff, primär die Ansicht, dass im Beschwerdefall kein entgeltliches Anschaffungsgeschäft im Sinn des § 18 Abs. 1 KVG vorliege, die Entgeltlichkeit des Rechtsgeschäfts jedoch ein zwingend erforderliches Tatbestandsmerkmal für das Vorliegen eines Anschaffungsgeschäftes im Sinn des § 18 Abs. 2 Z. 1 KVG sei. Subsidiär nimmt sie den Standpunkt ein, es liege eine Preisvereinbarung vor und der Preis sei mit S 0,-- vereinbart worden.
§ 18 Abs. 1 KVG definiert Anschaffungsgeschäfte als entgeltliche, auf den Erwerb des Eigentums an Wertpapieren gerichtete Verträge. Gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 bis 4 KVG "gelten" als Anschaffungsgeschäfte auch die dort näher bezeichneten Geschäfte. Damit hat der Gesetzgeber auch Geschäfte in den Anwendungsbereich der Börsenumsatzsteuer einbezogen, bei denen die Tatbestandsmerkmale des Abs. 1 leg. cit. nicht vorliegen.
Deshalb stellt auch die Einbringung von Wertpapieren im Sinne des § 18 Abs. 2 Z. 1 KVG ein Anschaffungsgeschäft dar, weil diese Bestimmung nicht bloß eine - wie die Beschwerde in Anlehnung an Greindl , aaO, meint - "Klarstellungsfunktion" erfüllt, sondern eine Erweiterung des Begriffes "Anschaffungsgeschäfte" über die Tatbestandsmerkmale des Abs. 1 hinaus vorgenommen hat.
Zum gleichen Ergebnis gelangt der (deutsche) Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom , I R 87/89, BStBl 1992 II S. 16 ff, in Ansehung des § 18 Abs. 2 Nr. 1 des deutschen Kapitalverkehrsteuergesetzes 1972, wonach Anschaffungsgeschäfte auch Geschäfte "sind", die das Einbringen von Wertpapieren ... zum Gegenstand haben. Selbst wenn der Gesetzgeber - so der Bundesfinanzhof - die Vorstellung gehabt haben sollte, nur entgeltliche Verträge unter § 18 Abs. 2 Nr. 1 KVStG 1934 zu fassen, so habe diese Absicht im Gesetzeswortlaut keinen Niederschlag gefunden.
Der Rechtsvorgang der Einbringung ist daher börsenumsatzsteuerrechtlich als Anschaffungsgeschäft zu behandeln, ohne dass nachzuprüfen ist, ob und inwieweit sämtliche Tatbestandsmerkmale eines Anschaffungsgeschäftes erfüllt sind (vgl. Kinnebrock/Meulenbergh , Kapitalverkehrsteuergesetz5, Rz 27 zu § 18 KVStG 1972).
Soweit sich die Beschwerde schließlich dazu veranlasst sieht, den - ihrer eigenen Ansicht widerstreitenden - Aussagen im Urteil des Bundesfinanzhofes vom , I R 397/83, entgegen zu treten, braucht hierauf in Anbetracht des bereits erzielten Auslegungsergebnisses zu § 18 Abs. 2 Z. 1 KVG nicht mehr eingegangen zu werden.
Subsidiär geht die Beschwerde schließlich vom Vorliegen einer "Preisvereinbarung" über S 0,-- aus. Damit entfernt sich die Beschwerde jedoch von dem von ihr nicht in Zweifel gezogenen Inhalt des Einbringungsvertrages, der in seinem § 2 davon spricht, dass gemäß § 19 Z. 5 Umgründungssteuergesetz - UmgrStG die Übertragung der Aktien "ohne Gegenleistung" erfolgt, worin der Verwaltungsgerichtshof keine "Preisvereinbarung" zu erkennen vermag. Die Rechtsrüge entbehrt daher insoweit ebenso einer gesetzmäßigen Ausführung wie in ihren weiteren - hypothetischen - Erwägungen betreffend eine Preisvereinbarung über S 1,--. In Ermangelung einer Preisvereinbarung im Sinne des § 21 Z. 3 KVG war daher bei der Berechnung der Börsenumsatzsteuer von dem in § 1 des Einbringungsvertrages genannten Wert der Aktien auszugehen.
Nach dem Gesagten war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am