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VwGH vom 27.09.2010, 2009/22/0023

VwGH vom 27.09.2010, 2009/22/0023

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

2008/22/0417 E

2008/22/0495 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl sowie die Hofräte Dr. Robl, Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des B, vertreten durch Dr. Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schwedenplatz 2/74, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 148.289/6-III/4/07, betreffend Daueraufenthaltskarte, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies der Bundesminister für Inneres (die belangte Behörde) einen am gestellten Antrag des Beschwerdeführers, eines indischen Staatsangehörigen, auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung für: Familienangehöriger" gemäß § 21 Abs. 4 iVm § 11 Abs. 1 Z. 5 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG ab.

Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung - soweit hier relevant - die Feststellungen zugrunde, dass der Beschwerdeführer erstmals am illegal in das Bundesgebiet eingereist sei und am einen Asylantrag gestellt habe, der am in zweiter Instanz rechtskräftig abgewiesen worden sei. Ein vom Beschwerdeführer erstmals am gestellter Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung sei mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien (der Behörde erster Instanz) vom gemäß § 1 Abs. 2 Z. 1 NAG zurückgewiesen worden.

Am habe der Beschwerdeführer in Wien seine nunmehrige Ehefrau, eine österreichische Staatsbürgerin, geheiratet. Mit einem vom 26. März bis gültigen Visum D sei der Beschwerdeführer (wiederum) in das österreichische Bundesgebiet eingereist und habe den gegenständlichen Antrag vom persönlich bei der Behörde erster Instanz gestellt.

Nach Ablauf der Gültigkeitsdauer des ihm erteilten Visums mit sei der Beschwerdeführer nicht aus dem Bundesgebiet ausgereist; er halte sich vielmehr "bis dato" durchgehend im Bundesgebiet auf. Seit sei er durchgehend mit Hauptwohnsitz an einer Adresse in Wien 14 gemeldet.

In rechtlicher Hinsicht vertrat die belangte Behörde die Auffassung, dass der zwingende Versagungsgrund des § 11 Abs. 1 Z. 5 NAG einer Bewilligung des vorliegenden Antrags entgegenstehe:

Zwar beziehe sich dieser Versagungsgrund auf die Überschreitung der Dauer eines erlaubten sichtvermerksfreien Aufenthalts in Österreich, nach den Intentionen des Gesetzgebers müsse er allerdings umso mehr auch "für einen erst mit Sichtvermerk genehmigten Aufenthalt gelten".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen hat:

Die Beschwerde bringt (unter anderem) vor, dass der Beschwerdeführer als Ehemann einer freizügigkeitsberechtigten Österreicherin bereits in seiner Berufung gegen den Bescheid erster Instanz ausdrücklich die Ausstellung einer Daueraufenthaltskarte beantragt habe, und führt dazu aus, die österreichische Ehefrau des Beschwerdeführers betreibe in Wien 8 ein Groß- bzw. Einzelhandelsunternehmen für aus Indien importierte Mode und Schmuck, mit dem sie laufend auf Messen unter anderem in Deutschland präsent sei, wobei sie unter anderem zu einer Vielzahl von Vertriebspartnern im gesamten EWR-Raum Geschäftsbeziehungen unterhalte.

Bereits dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg.

Tatsächlich hat der Beschwerdeführer in seiner Berufung gegen den Bescheid erster Instanz, der den am gestellten Antrag als auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" (§ 47 Abs. 2 NAG) gerichtet gewertet hatte, ausdrücklich die Ausstellung einer Daueraufenthaltskarte gemäß § 54 NAG beantragt und darauf verwiesen, dass seine österreichische Ehefrau seit 2006 durch den Verkauf von Waren auf Messen in Deutschland Dienstleistungen erbringe.

Die belangte Behörde ließ die damit durch den Beschwerdeführer selbst erfolgte Richtigstellung seines Antrags und das dazu erstattete ergänzende Vorbringen völlig außer Acht, indem sie den jedenfalls seit der Berufung eindeutig auf die Ausstellung einer Dokumentation eines Aufenthaltsrechtes nach §§ 54, 57 NAG (in der damals maßgeblichen Stammfassung) gerichteten Antrag als auf Erteilung eines (konstitutiv wirkenden) Aufenthaltstitels gewertet hat.

Schon damit hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2010/22/0004, mwN).

Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass der von der Behörde herangezogene Versagungsgrund des § 11 Abs. 1 Z. 5 NAG (in der hier maßgeblichen Stammfassung) nach der hg. Rechtsprechung einen sichtvermerksfreien Aufenthalt des Antragstellers und die Überschreitung der Dauer des so erlaubten Aufenthalts voraussetzt und somit - entgegen der im angefochtenen Bescheid vertretenen Auffassung - nicht Fälle umfasst, in denen ein Fremder mit Sichtvermerk eingereist ist und die Dauer des durch Sichtvermerk erlaubten Aufenthalts überschreitet (vgl. etwa das Erkenntnis vom , 2008/22/0238).

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 und 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Ein Ersatz von Verhandlungsaufwand im Sinn des § 48 Abs. 2 Z. 4 VwGG kommt mangels Verrichtung einer Verhandlung nicht in Betracht.

Wien, am

Fundstelle(n):
KAAAE-69920