Suchen Hilfe
VwGH vom 07.04.2011, 2009/22/0020

VwGH vom 07.04.2011, 2009/22/0020

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder und die Hofrätinnen Mag. Merl und Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde der N, vertreten durch DDr. Gebhard Klötzl, Rechtsanwalt in 1140 Wien, Leegasse 7/7, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom , Zl. 146.482/3-III/4/08, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin, einer türkischen Staatsangehörigen, auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zum Zweck der Familienzusammenführung mit ihrer die österreichische Staatsbürgerschaft besitzenden Tochter gemäß § 21 Abs. 1 und 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.

Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die Beschwerdeführerin mit einem vom bis gültigen Visum eingereist und in Österreich geblieben sei. Sie habe am den gegenständlichen Antrag gestellt.

Bei Erstanträgen sei § 21 Abs. 1 NAG zu beachten. Demnach seien Erstanträge vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen und es sei die Entscheidung im Ausland abzuwarten. Ein längerer unrechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet rechtfertige in jedem Fall die Annahme einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung. Gemäß § 74 NAG könne die Behörde von Amts wegen die Inlandsantragstellung auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zulassen, wenn die Voraussetzungen des § 72 NAG erfüllt würden. Die Beschwerdeführerin habe bekanntgegeben, dass ihre Tochter psychisch krank wäre und an Epilepsie leiden würde. Sie wäre nicht in der Lage, ihr Leben allein zu meistern. Dazu habe die Beschwerdeführerin einen ärztlichen Befund vom vorgelegt. Für den Unterhalt der Beschwerdeführerin würde die Enkelin aufkommen.

Es könne kein besonders berücksichtigungswürdiger humanitärer Aspekt festgestellt werden, weil es sich bei der Pflegebedürftigkeit der Tochter nicht um Lebensumstände handle, die für die Beschwerdeführerin selbst mit besonderen Gefährdungen bzw. Notlagen verbunden wären. Die nötige Pflege könne auch von der Enkelin übernommen werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:

Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass sie den Antrag nach ihrer Einreise gestellt hat und im Inland geblieben ist.

Das Recht, die Entscheidung über den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Inkrafttreten des NAG mit im Inland abzuwarten, kommt daher im vorliegenden Fall nur gemäß § 74 NAG (in der Stammfassung) in Betracht. Liegen die Voraussetzungen des § 72 NAG (ebenfalls in der Stammfassung) vor, ist ungeachtet des Wortlautes des Gesetzes ("kann") die in § 74 NAG ausnahmsweise vorgesehene Antragstellung im Inland einschließlich des Abwartens in Österreich zuzulassen, wobei die Zulassung im Rechtsweg erzwungen werden kann. § 72 NAG stellt auf mit besonderen Gefährdungen bzw. Notlagen verbundene Lebensumstände eines Fremden ab, die dazu Anlass geben, diesem aus humanitären Gründen eine Aufenthaltsbewilligung zukommen zu lassen. Weiters liegen besonders berücksichtigungswürdige Fälle im Sinn dieser Bestimmung dann vor, wenn - ausnahmsweise - ein aus Art. 8 EMRK direkt abzuleitender Anspruch (etwa auf Familiennachzug) besteht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2008/22/0265 bis 0267).

Hinsichtlich der Interessenabwägung kann sich der Gerichtshof der Ansicht der belangten Behörde nicht anschließen, dass die Pflegebedürftigkeit des zusammenführenden Angehörigen nicht zu berücksichtigen sei (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2009/22/0122, unter Hinweis auf Rspr. des EGMR).

In diesem Zusammenhang hat die belangte Behörde aber festgestellt, dass die nötige Pflege durch die Enkelin vorgenommen werden könne. Gegen diese Ansicht führt die Beschwerde nichts ins Treffen. Davon ausgehend und unter Berücksichtigung des zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides erst etwas mehr als zweijährigen inländischen Aufenthalts der Beschwerdeführerin und des Fehlens einer beruflichen Integration ist das behördliche Ergebnis nicht zu beanstanden, dass kein besonders berücksichtigungswürdiger humanitärer Grund im Sinn des § 72 NAG vorliege.

Daher durfte die belangte Behörde den gegenständlichen Antrag wegen des Fehlens der Voraussetzung des § 21 Abs. 1 NAG abweisen, weil die Beschwerdeführerin die Erledigung ihres - noch zulässigerweise im Inland gestellten - Antrages nach Inkrafttreten des NAG nicht im Ausland abgewartet hat.

Da dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit somit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
QAAAE-69905