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VwGH vom 17.03.2016, Ra 2016/11/0014

VwGH vom 17.03.2016, Ra 2016/11/0014

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Gruber, über die Revision des Mag. R Z in Wien, vertreten durch Mag. Nikolaus Weiser, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Hamerlingplatz 7/14, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom , Zl. VGW-102/069/6182/2015-16, betreffend Maßnahmenbeschwerde nach dem Unterbringungsgesetz (belangte Behörde: Landespolizeidirektion Wien, 1010 Wien, Schottenring 7-9), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die Maßnahmenbeschwerde des Revisionswerbers vom gemäß § 28 Abs. 6 VwGVG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Weiters wurde der Revisionswerber zum Aufwandersatz gegenüber der belangten Behörde verpflichtet (Spruchpunkt II.) und ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei (Spruchpunkt III.).

1.2. Begründend wurde ausgeführt, der Revisionswerber habe mit Maßnahmenbeschwerde vom beantragt, die Verbringung seiner Person in die psychiatrische Abteilung des Sozialmedizinischen Zentrums Baumgartner Höhe, die am gegen seinen Willen und ohne Bescheinigung gemäß § 8 Unterbringungsgesetz (UbG) sowie ohne Vorliegen von Gefahr im Verzug iSd § 9 Abs. 2 UbG erfolgt sei, als rechtswidrig zu erkennen.

1.3. Das Verwaltungsgericht traf dazu im Wesentlichen folgende Feststellungen:

Der Revisionswerber sei am erstmals in der psychiatrischen Abteilung des erwähnten Krankenhauses nach dem Unterbringungsgesetz (UbG) untergebracht worden, man habe bei ihm eine paranoide Schizophrenie mit einhergehender Selbst- und Fremdgefährdung diagnostiziert. Am sei der Revisionswerber, nachdem er aus dem Krankenhaus entwichen sei, als vermisst gemeldet worden.

Mit Beschluss vom habe das Bezirksgericht Fünfhaus als zuständiges Unterbringungsgericht die Unterbringung des Revisionswerbers für unzulässig erklärt (nach dem aktenkundigen Beschluss wurde die Unterbringung außerdem "sogleich aufgehoben", weil gegen den Beschluss von der anwesenden Abteilungsleiterstellvertreterin des Spitals Dr. A. kein Rekurs erhoben wurde; vgl. § 20 Abs. 2 UbG).

Das Unterbringungsgericht habe die belangte Behörde von diesem Beschluss nicht informiert. Die belangte Behörde sei jedoch noch am von der Spitalsärztin Dr. A. über die Unzulässigerklärung der Unterbringung informiert worden, sowie darüber, dass die "Entweichungsmeldung aufrecht bleibe", weil der Revisionswerber als selbst- und fremdgefährdend einzustufen sei. Die belangte Behörde habe darüber einen Vermerk angefertigt, dass der Revisionswerber entsprechend der telefonischen Mitteilung Dris. A. nicht mehr nach dem UbG untergebracht sei, dass jedoch auf eine "Wiedereinbringung" Wert gelegt werde.

Am habe sich der Revisionswerber in der Anwaltskanzlei seiner Sachwalterin aufgehalten. Zu diesem Zeitpunkt sei es ihm sehr schlecht gegangen, er habe Wahnvorstellungen gehabt (so habe er etwa geglaubt, dass ihm eine Person auf einem Bild den Arm abschneiden wolle) und habe dort andere besachwaltete Personen aufhetzen wollen. Dabei sei es beinahe zu einem Raufhandel gekommen, sodass die Polizei verständigt worden sei.

Beim Eintreffen der Polizei um ca. 14.26 Uhr sei der Revisionswerber gerade im Begriff gewesen, die Anwaltskanzlei zu verlassen. Er sei zu diesem Zeitpunkt "gelassen, ruhig, aber auch auffällig und verwirrt" gewesen und habe keinen vernünftigen Satz formulieren können. Der Revisionswerber sei freiwillig, ohne dass Zwang habe angewendet werden müssen, in die Polizeiinspektion mitgekommen, wo er "laut, aber nicht aggressiv" gewesen sei.

Eine EKIS-Abfrage der Polizisten habe ergeben, dass der Revisionswerber nach dem UbG untergebracht und seit dem abgängig gemeldet gewesen sei. Nach einer Rücksprache mit dem Spital, das auf eine "formlose Wiedereinbringung" des Revisionswerbers durch den Rettungsdienst Wert gelegt habe, sei der Revisionswerber vom Samariterbund in Begleitung von Polizisten in das Spital überstellt worden. Während der Fahrt in das Spital habe der Revisionswerber (er sei angeschnallt, aber nicht gesichert gewesen) zu schreien begonnen und habe immer wieder beruhigt werden müssen. Im Spital sei er aggressiver, drohend, personenverkennend und akut psychotisch geworden, was eine akute medikamentöse Behandlung erforderlich gemacht habe.

Abschließend stellte das Verwaltungsgericht fest, dass der Revisionswerber am zu keinem Zeitpunkt von einem Amts- oder Polizeiarzt untersucht worden sei. Normalerweise benötige es 2-3 Stunden, bis ein Amts- oder Polizeiarzt verfügbar sei, wobei die Beiziehung eines solchen für den Revisionswerber eine zusätzliche Stresssituation bedeutet hätte.

1.4. In der rechtlichen Beurteilung gelangte das Verwaltungsgericht (nach Wiedergabe der maßgebenden Rechtsvorschriften, insbesondere der §§ 8 und 9 UbG) zunächst zur Rechtsansicht, gegenständlich fehle es an einem Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, denn es sei "unstrittig, dass der (Revisionswerber) den Polizisten freiwillig, ohne weiteres Zutun der Polizisten, gefolgt ist." Die Beschwerde behaupte auch kein konkretes Verhalten, das als Befehl oder Zwang gewertet werden könne.

Da eine ärztliche Bescheinigung iSd § 8 UbG gegenständlich gefehlt habe, sei maßgebende Beurteilungsgrundlage der § 9 UbG. "Doch würde auch eine Beurteilung nach § 8 UbG" nichts am gegenständlichen Fehlen eines mit Maßnahmenbeschwerde bekämpfbaren Aktes ändern, so das Verwaltungsgericht weiter, denn "die Einwilligung gilt nämlich nur als Indiz für eine fehlende Normativität des Vorgehens von Organen". Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts sei es "daher nicht zu ergründen, ob der (Revisionswerber) wegen seiner geistigen Verwirrung ‚ohne seinen Willen' im Sinne von § 8 UbG in das Spital gebracht wurde."

Selbst wenn man jedoch vom Vorliegen eines Aktes unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt ausginge, so wäre die Verbringung des Revisionswerbers in die Anstalt nach Ansicht des Verwaltungsgerichts wegen des Vorliegens von Gefahr im Verzug gemäß § 9 Abs. 2 UbG rechtmäßig:

Gefahr im Verzug habe sich einerseits durch das Verhalten des Revisionswerbers "in der Rechtsanwaltskanzlei", in welcher er andere Personen aufgehetzt habe und es beinahe zu einem Raufhandel gekommen wäre, ergeben. Auch wenn sich der Revisionswerber danach wieder beruhigt habe, habe er sich andererseits, wie sein Geschreie gezeigt habe, in einem erregten Gemütszustand befunden, der sich "jederzeit wieder verschlimmern und in augenblickliche Aggressivität umschlagen konnte". Auch der Umstand, dass der Arzt im Spital die akute medikamentöse Behandlung des Erregungszustandes des Revisionswerbers für erforderlich erachtet habe, zeige, dass ein erfahrungsgemäß 2-3 stündiges Zuwarten auf einen Amts- oder Polizeiarzt angesichts des dem Revisionswerber allseits attestierten Selbst- und Gefährdungspotenzials keinesfalls zumutbar gewesen sei, weil dadurch eine zusätzliche unnötige Stresssituation für den Revisionswerber geschaffen worden wäre.

2. Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, zu welcher die belangte Behörde eine Revisionsbeantwortung erstattet hat.

3. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

3.1. Die Revision weist bezüglich ihrer Zulässigkeit darauf hin, gegenständlich liege eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, weil das angefochtene Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insoweit abweiche, als das Vorliegen eines Aktes unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt verneint werde, ohne dass die dafür erforderlichen Feststellungen getroffen worden seien (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/11/0162). Außerdem habe das Verwaltungsgericht die Frage, ob Gefahr im Verzug vorgelegen sei, nicht aus der Sicht der einschreitenden Beamten beurteilt (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/11/0070).

3.2. Die Revision ist aus den soeben genannten Gründen zulässig, sie ist auch begründet.

3.3. Das Unterbringungsgesetz - UbG, BGBl. Nr. 155/1990 in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 18/2010, lautet auszugsweise:

"Geltungsbereich

§ 2. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten für Krankenanstalten und Abteilungen für Psychiatrie (im Folgenden psychiatrische Abteilung), in denen Personen in einem geschlossenen Bereich angehalten oder sonst Beschränkungen ihrer Bewegungsfreiheit unterworfen werden (im folgenden Unterbringung).

Voraussetzungen der Unterbringung

§ 3. In einer psychiatrischen Abteilung darf nur untergebracht werden, wer

1. an einer psychischen Krankheit leidet und im Zusammenhang damit sein Leben oder seine Gesundheit oder das Leben oder die Gesundheit anderer ernstlich und erheblich gefährdet und

2. nicht in anderer Weise, insbesondere außerhalb einer psychiatrischen Abteilung, ausreichend ärztlich behandelt oder betreut werden kann.

...

Unterbringung ohne Verlangen

§ 8. Eine Person darf gegen oder ohne ihren Willen nur dann in eine psychiatrische Abteilung gebracht werden, wenn ein im öffentlichen Sanitätsdienst stehender Arzt oder ein Polizeiarzt sie untersucht und bescheinigt, daß die Voraussetzungen der Unterbringung vorliegen. In der Bescheinigung sind im einzelnen die Gründe anzuführen, aus denen der Arzt die Voraussetzungen der Unterbringung für gegeben erachtet.

§ 9. (1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind berechtigt und verpflichtet, eine Person, bei der sie aus besonderen Gründen die Voraussetzungen der Unterbringung für gegeben erachten, zur Untersuchung zum Arzt (§ 8) zu bringen oder diesen beizuziehen. Bescheinigt der Arzt das Vorliegen der Voraussetzungen der Unterbringung, so haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes die betroffene Person in eine psychiatrische Abteilung zu bringen oder dies zu veranlassen. Wird eine solche Bescheinigung nicht ausgestellt, so darf die betroffene Person nicht länger angehalten werden.

(2) Bei Gefahr im Verzug können die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes die betroffene Person auch ohne Untersuchung und Bescheinigung in eine psychiatrische Abteilung bringen.

(3) Der Arzt und die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben unter möglichster Schonung der betroffenen Person vorzugehen und die notwendigen Vorkehrungen zur Abwehr von Gefahren zu treffen. Sie haben, soweit das möglich ist, mit psychiatrischen Einrichtungen außerhalb einer psychiatrischen Abteilung zusammenzuarbeiten und erforderlichenfalls den örtlichen Rettungsdienst beizuziehen.

...

Zuständigkeit des Gerichtes und Verfahren

§ 12. (1) Zur Besorgung der nach diesem Bundesgesetz dem Gericht übertragenen Aufgaben ist das Bezirksgericht zuständig, in dessen Sprengel die psychiatrische Abteilung liegt. ...

(2) Das Gericht entscheidet im Verfahren außer Streitsachen.

...

Anhörung des Kranken

§ 19. (1) Das Gericht hat sich binnen vier Tagen ab Kenntnis von der Unterbringung einen persönlichen Eindruck vom Kranken in der psychiatrischen Abteilung zu verschaffen. Es hat ihn über Grund und Zweck des Verfahrens zu unterrichten und hiezu zu hören. ...

...

§ 20. (1) Gelangt das Gericht bei der Anhörung zum Ergebnis, daß die Voraussetzungen der Unterbringung vorliegen, so hat es diese vorläufig bis zur Entscheidung nach § 26 Abs. 1 für zulässig zu erklären und eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, die spätestens innerhalb von 14 Tagen nach der Anhörung stattzufinden hat.

(2) Gelangt das Gericht hingegen zum Ergebnis, dass die Voraussetzungen der Unterbringung nicht vorliegen, so hat es diese für unzulässig zu erklären. In diesem Fall ist die Unterbringung sogleich aufzuheben, es sei denn, der Abteilungsleiter erklärt, dass er gegen den Beschluss Rekurs erhebt, und das Gericht erkennt diesem Rekurs sogleich aufschiebende Wirkung zu. Die Verweigerung der aufschiebenden Wirkung lässt das Rekursrecht unberührt. Der Rekurs ist jedenfalls innerhalb von drei Tagen auszuführen.

(3) Abgesehen von dem in Abs. 2 vorgesehenen Rekurs ist ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig.

...

Mitteilungspflichten

§ 39b. ...

(2) Das Unterbringungsgericht hat von einer Entscheidung nach § 20 Abs. 1 die im Bericht angeführte Sicherheitsbehörde zu verständigen. ...

..."

3.4. Nach den unstrittigen Feststellungen ging der gegenständlichen Einlieferung des Revisionswerbers in die genannte psychiatrische Abteilung am eine Unterbringung des Revisionswerbers in dieser psychiatrischen Abteilung voran, die bereits durch Gerichtsbeschluss vom aufgehoben worden war. Daher erfolgte die gegenständliche Einlieferung in die psychiatrische Abteilung am nicht im Rahmen einer aufrechten Unterbringung, sondern war als (neuerliche) Verbringung in die psychiatrische Abteilung iSd §§ 8 und 9 UbG mit Maßnahmenbeschwerde beim Verwaltungsgericht anfechtbar (anders die Wiedereinbringung in die Anstalt nach eigenmächtiger Unterbrechung der Unterbringung, die nach dem hg. Erkenntnis vom , Zlen. 93/11/0035, 0036, der gerichtlichen Kontrolle - §§ 12 f UbG - unterliegt).

3.5. Das Verwaltungsgericht begründet die Abweisung der Maßnahmenbeschwerde primär mit der Rechtsansicht, dass die in Rede stehende Einlieferung (Verbringung) in die psychiatrische Abteilung am keinen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt darstelle, weil

der Revisionswerber "unstrittig ... den Polizisten freiwillig"

gefolgt sei.

Dazu ist klarzustellen, dass es gegenständlich nicht darum geht, dass der Revisionswerber den Polizeibeamten freiwillig von der Anwaltskanzlei zur Polizeiinspektion gefolgt ist. Entscheidend ist vielmehr, ob seine Verbringung von der Polizeiinspektion in die psychiatrische Abteilung des Spitals rechtmäßig war. Der genannten Annahme, der Revisionswerber sei "unstrittig" freiwillig gefolgt, steht zunächst der Wortlaut des Antrages der Maßnahmenbeschwerde ("gegen seinen Willen") entgegen.

Abgesehen davon wendet der Revisionswerber zutreffend ein, dass die Ansicht, die gegenständliche Einlieferung stelle keinen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar, konkrete Feststellungen erfordert hätte, mit welchen Worten und mit welcher Bestimmtheit der Revisionswerber zum Mitkommen aufgefordert wurde, ob dem Revisionswerber allenfalls das Verlassen des Ortes der Amtshandlung oder das Verbleiben an diesem freigestellt wurde, und ob sich die Beamten in einer Weise verhalten haben, dass aus der Sicht eines Betroffenen - unabhängig von subjektiven Eindrücken - der Eindruck entstehen musste, er werde im Falle seiner Weigerung ohne weitere Aufforderung mit Zwang in die psychiatrische Abteilung verbracht werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/11/0162).

Konkrete diesbezügliche Feststellungen hat das Verwaltungsgericht in offenkundiger Verkennung der Rechtslage weitgehend unterlassen bzw. - soweit vorhanden (so die Feststellung, dass die Polizeibeamten aufgrund der Rücksprache mit dem Spital entschlossen waren, den Revisionswerber dorthin zu überstellen) - in die rechtliche Beurteilung nicht einbezogen.

3.6. Auch die Hilfsbegründung des Verwaltungsgerichts, die gegenständliche Verbringung in die psychiatrische Abteilung (die unstrittig ohne ärztliche Untersuchung und Bescheinigung iSd § 9 Abs. 1 UbG erfolgte) sei wegen Gefahr im Verzug gemäß § 9 Abs. 2 leg. cit. rechtmäßig gewesen, vermag das angefochtene Erkenntnis nicht zu tragen:

Soweit das Verwaltungsgericht (und mit ihm die Revisionsbeantwortung) in diesem Zusammenhang auf das Verhalten des Revisionswerbers in der Anwaltskanzlei verweist, ist abermals anzumerken, dass es darauf nicht ankommt, weil der Revisionswerber von dort zunächst in die Polizeiinspektion gebracht wurde, wo er nach den Feststellungen zwar laut, aber nicht mehr aggressiv war. Entscheidend ist vielmehr, ob die Polizeibeamten das Vorliegen der Voraussetzungen für die Verbringung in die psychiatrische Abteilung, also neben der Erfüllung der in § 3 UbG genannten Unterbringungsvoraussetzungen fallbezogen auch das Vorliegen von Gefahr im Verzug iSd § 9 Abs. 2 UbG, zu jenem Zeitpunkt vertretbar annehmen konnten, als die Verbringung des Revisionswerbers von der Polizeiinspektion in die psychiatrische Abteilung unmittelbar bevorstand (vgl. zur gebotenen ex-ante-Betrachtungsweise das ebenfalls zum UbG ergangene und bereits zitierte hg. Erkenntnis Zl. 2004/11/0070, mwN, sowie das Erkenntnis vom , Zl. 90/16/0008). Nur in diesem Fall durften sie auf die Einholung der ärztlichen Bescheinigung iSd § 9 Abs. 1 UbG verzichten.

Daher ist allein aus dem späteren - erst während der Fahrt zum Krankenhaus entwickelten - Verhalten des Revisionswerbers (dieser habe während der Fahrt zu schreien begonnen und habe nach dem Eintreffen im Spital behandelt werden müssen) für die Erfüllung der Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 UbG nichts zu gewinnen.

Feststellungen, welche das Vorliegen von Gefahr im Verzug unmittelbar vor der Verbringung in die psychiatrische Abteilung belegen könnten, sind dem angefochtenen Erkenntnis nicht zu entnehmen. Vielmehr ist das Verwaltungsgericht geradezu gegenteilig davon ausgegangen, dass der Revisionswerber auf der Polizeiinspektion "laut, aber nicht aggressiv" war. Überdies hat das Verwaltungsgericht zur Verhaltensweise des Revisionswerbers die Zeugenaussage eines Polizeibeamten wiedergegeben, man hätte

den Revisionswerber "unter Umständen ... gar nicht in ein

Krankenhaus eingewiesen und ... ihn einfach gehen lassen", wenn

man ihn zufällig aufgegriffen hätte. Dies spricht jedoch gegen und nicht für das Vorliegen von Gefahr in Verzug iSd § 9 Abs. 2 UbG.

4. Nach dem Gesagten war das angefochtene Erkenntnis daher wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am