VwGH vom 20.03.2018, Ra 2016/10/0132
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching sowie die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kacic-Löffler, LL.M., über die Revision des L L in W, vertreten durch die Cerha Hempel Spiegelfeld Hlawati Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Parkring 2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , Zl. W227 2130007-1/5E, betreffend Anerkennung von Prüfungen gemäß § 78 Universitätsgesetz 2002 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Vizerektor für Lehre und Studierende der Johannes Kepler Universität Linz; weitere Partei: Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Der Revisionswerber hat der Johannes Kepler Universität Linz Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen, im Beschwerdeverfahren ergangenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom wurde der Antrag des Revisionswerbers auf Anerkennung der von ihm an der Wirtschaftsuniversität Wien im Bachelorstudium Wirtschaftsrecht absolvierten Lehrveranstaltungen mit immanentem Prüfungscharakter "Arbeitsrecht" und "Grundzüge des Sozialrechts" für die Fachprüfung "Arbeits- und Sozialrecht" im Diplomstudium der Rechtswissenschaften an der Johannes Kepler Universität Linz gemäß § 78 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002 (UG 2002) abgewiesen. Weiters wurde ausgesprochen, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
2 Begründend führte das Verwaltungsgericht nach Darstellung des Verfahrensganges und Wiedergabe der maßgeblichen Rechtsvorschriften im Wesentlichen aus, der Revisionswerber sei ordentlicher Student des Diplomstudiums der Rechtswissenschaften an der Johannes Kepler Universität Linz. Das Bachelorstudium Wirtschaftsrecht an der Wirtschaftsuniversität Wien und das Diplomstudium der Rechtswissenschaften an der Johannes Kepler Universität Linz seien nicht "dasselbe Studium". Die vom Revisionswerber an der Wirtschaftsuniversität Wien im Rahmen des Bachelorstudiums Wirtschaftsrecht absolvierten Lehrveranstaltungen mit immanentem Prüfungscharakter "Arbeitsrecht" und "Grundzüge des Sozialrechts" seien der Fachprüfung "Arbeits- und Sozialrecht" im Diplomstudium der Rechtswissenschaften an der Johannes Kepler Universität Linz nicht gleichwertig.
3 Gemäß § 57 Z 3 der Satzung der Wirtschaftsuniversität Wien seien Lehrveranstaltungen mit immanentem Prüfungscharakter Lehrveranstaltungen, bei denen die Beurteilung nicht auf Grund eines einzigen Prüfungsaktes am Ende der Lehrveranstaltung, sondern auf Grund von schriftlichen und/oder mündlichen Beiträgen der Teilnehmer erfolge. Gemäß § 57 Z 4 leg. cit. seien Fachprüfungen die Prüfungen, die dem Nachweis der Kenntnisse und Fähigkeiten in einem Fach dienten. Gemäß § 14 Abs. 1 Satzungsteil Studienrecht der Johannes Kepler Universität Linz (ST-StR) seien Lehrveranstaltungsprüfungen die Prüfungen, die dem Nachweis der Kenntnisse und Fähigkeiten dienten, die durch einzelne Lehrveranstaltungen (Vorlesungen, Übungen, Kurse, Seminare) vermittelt worden seien. Lehrveranstaltungsprüfungen erfolgten einerseits in Form eines einzigen Prüfungsvorgangs nach Absolvierung der Lehrveranstaltung (Vorlesungsprüfung), anderseits durch laufende Beurteilung während der Lehrveranstaltung. Nach § 16 Abs. 1 zweiter Satz ST-StR seien Fachprüfungen die Prüfungen, die dem Nachweis der Kenntnisse und Fähigkeiten in einem Fach dienten. Gemäß § 16 Abs. 1 Z 3 leg. cit. beinhalteten selbständige Fachprüfungen einen gesonderten Prüfungsvorgang, der in schriftlicher und/oder mündlicher Art erfolge und auch gesondert in ECTS zu bewerten sei. Vorlesungen, deren Wissen erst im Rahmen einer selbständigen Fachprüfung überprüft werde, würden auf dem Studienerfolgsnachweis nicht ausgewiesen, sondern im Rahmen der ECTS-Punkte der Fachprüfung addiert. Gemäß § 17 Abs. 2 und 3 des Curriculums zum Diplomstudium der Rechtswissenschaften an der Johannes Kepler Universität Linz würden im zweiten Studienabschnitt die Fächer Bürgerliches Recht, Unternehmensrecht, Arbeits- und Sozialrecht, Zivilgerichtliches Verfahrensrecht, Strafrecht II, Verfassungsrecht, Verwaltungsrecht, Public International Law, Europarecht und Steuerrecht in Form von selbständigen Fachprüfungen (§ 16 Abs. 1 Z 3 ST-StR) geprüft. Die Prüfungsmethode, die Art der Prüfung (bei schriftlichen Prüfungen), allfällige Anmeldevoraussetzungen sowie die Prüfungsdauer der selbständigen Fachprüfungen gemäß Abs. 1 und 2 seien dem Studienhandbuch zu entnehmen. Gemäß § 18 des Curriculums zum Diplomstudium der Rechtswissenschaften an der Johannes Kepler Universität Linz werde die erfolgreiche Absolvierung der Vertiefung
"Unternehmensjuristin/Unternehmensjurist" bzw. "Steuerjuristin/Steuerjurist" des Bachelorstudiums Wirtschaftsrecht im Diplomstudium der Rechtswissenschaften als positive Absolvierung eines Studienschwerpunkts anerkannt.
4 Die Gleichwertigkeitsprüfung sei anhand der Studienordnungen nach objektiven und abstrakten Merkmalen vorzunehmen. Zum einen sei auf den Umfang der Prüfungsanforderungen und auf den Inhalt abzustellen. Es komme etwa darauf an, welcher Stoff in welchem Schwierigkeitsgrad und in welchem Umfang vermittelt werde. Zum anderen sei die Art und Weise heranzuziehen, wie die Kontrolle der Kenntnisse vorgenommen werde (Prüfungsmethode). Inhalt und Methode müssten einander annähernd entsprechen. Nicht gleichwertig sei eine nur mündliche Prüfung solchen Prüfungen, die aus einer Prüfungsarbeit und einem mündlichen Prüfungsteil bestünden, bzw. eine mündliche Prüfung einer schriftlichen. Es sei auch nur die Anerkennung einer Prüfung oder Teilprüfung, nicht aber die Anerkennung von Teilen einer Teilprüfung möglich.
5 Für den vorliegenden Fall bedeute dies Folgendes: Die Anerkennungsbestimmung des § 18 des Curriculums zum Diplomstudium der Rechtswissenschaften regle, dass ein Studienschwerpunkt im Diplomstudium der Rechtswissenschaften an der Johannes Kepler Universität Linz anerkannt werde, wenn ein Student des Bachelorstudiums Wirtschaftsrecht an der Johannes Kepler Universität Linz eine bestimmte Vertiefung (nämlich jene des Unternehmens- oder Steuerjuristen) absolviert habe. Hingegen sei aus der Regelung nichts für die Frage zu gewinnen, ob es sich beim Bachelorstudium Wirtschaftsrecht an der Wirtschaftsuniversität Wien um "dasselbe Studium" wie das Diplomstudium der Rechtswissenschaften an der Johannes Kepler Universität Linz handle. Weiters gehe aus dem Gutachten des Senats der Johannes Kepler Universität Linz vom klar hervor, dass die beiden Studien andere Ziele hätten und sich auch im Inhalt unterschieden. Da das Bachelorstudium Wirtschaftsrecht an der Wirtschaftsuniversität Wien und das Diplomstudium der Rechtswissenschaften an der Johannes Kepler Universität Linz somit nicht "dasselbe Studium" seien, komme es gemäß § 78 Abs. 1 zweiter Satz UG 2002 nicht auf die gleiche Anzahl von ECTS-Punkten an. Vielmehr sei eine Gleichwertigkeitsprüfung durchzuführen.
6 Dazu sei - wie ebenfalls im Gutachten des Senats richtig dargelegt worden sei - insbesondere Folgendes festzuhalten: Das Fach "Arbeits- und Sozialrecht" im Diplomstudium Rechtswissenschaften an der Johannes Kepler Universität Linz werde durch eine Fachprüfung geprüft. Fachprüfungen dienten dem Nachweis der Kenntnisse und Fähigkeiten in einem Fach. Dabei komme es nicht darauf an, ob der Stoff durch eine Lehrveranstaltung abgedeckt sei. Auch werde in einer Fachprüfung überprüft, ob der Student Querverbindungen zwischen mehreren Teilbereichen des Faches herstellen könne. Im Gegensatz dazu seien "Arbeitsrecht" und "Grundzüge des Sozialrechts" an der Wirtschaftsuniversität Wien Lehrveranstaltungen mit immanentem Prüfungscharakter, in denen der Stoff geprüft werde, der in der Lehrveranstaltung behandelt worden sei. Auch werde "Arbeits- und Sozialrecht" an der Johannes Kepler Universität Linz mündlich überprüft, während sich die Note der Lehrveranstaltung mit immanentem Prüfungscharakter "Arbeitsrecht" im Bachelorstudium Wirtschaftsrecht an der Wirtschaftsuniversität Wien aus der Mitarbeit, einer Zwischenklausur sowie einer Endklausur zum Gesamtstoff der Lehrveranstaltung zusammensetze. Die Lehrveranstaltung mit immanentem Prüfungscharakter "Grundzüge des Sozialrechts" werde durch die Mitarbeit, einer Klausur zum Gesamtstoff der Lehrveranstaltung sowie einer mündlichen Kurzprüfung im Anschluss an die Klausur beurteilt, wobei für die Endnote primär die Klausurnote ausschlaggebend sei. Die Beurteilung der anzurechnenden Lehrveranstaltungen mit immanentem Prüfungscharakter erfolge zum Großteil aus schriftlichen Leistungen. Die Note das Faches "Arbeits- und Sozialrecht" im Bachelorstudium Wirtschaftsrecht an der Wirtschaftsuniversität Wien ergebe sich aus dem Durchschnitt der Noten der Lehrveranstaltungen mit immanentem Prüfungscharakter "Arbeitsrecht" und "Grundzüge des Sozialrechts". Damit zeige sich, dass bereits die Art und Weise der Kenntniskontrolle eine andere sei. Dem Vorbringen des Revisionswerbers, das Studienhandbuch ermögliche keine abstrakte Gleichwertigkeitsprüfung, weil darin keine Lehrinhalte festgeschrieben seien, sei zu entgegnen, dass im Studienhandbuch die Art und Weise der Kenntniskontrolle geregelt sei. Da schon diese unterschiedlich sei, sei auf die inhaltliche Gleichwertigkeit nicht mehr einzugehen. Der Beschwerde sei somit keine Folge zu geben gewesen.
7 Den Ausspruch nach § 25a Abs. 1 VwGG begründete das Verwaltungsgericht im Wesentlichen mit einem Verweis auf den Wortlaut des Art. 133 Abs. 4 B-VG und dem Hinweis, dass es der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entspreche, dass die Gleichwertigkeitsprüfung anhand von objektiven und abstrakten Merkmalen vorzunehmen sei.
8 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende
außerordentliche Revision.
9 Das Verwaltungsgericht legte die Akten vor.
10 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
11 Das Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002 in der
Fassung BGBl. I Nr. 131/2015 (UG 2002), lautet auszugsweise:
"Zulassung zu ordentlichen Studien
§ 63. ...
(8) Die gleichzeitige Zulassung für dasselbe Studium an mehr als einer Universität in Österreich ist unzulässig. Weitere Zulassungen für dasselbe Studium an anderen Universitäten leiden im Sinne des § 68 Abs. 4 Z 4 AVG an einem mit Nichtigkeit bedrohten Fehler und sind vom Rektorat von Amts wegen für nichtig zu erklären.
...
Anerkennung von Prüfungen
§ 78. (1) Positiv beurteilte Prüfungen, die ordentliche Studierende an einer anerkannten inländischen oder ausländischen postsekundären Bildungseinrichtung, einer berufsbildenden höheren Schule, einer Höheren Anstalt für Lehrer- und Erzieherbildung, in Studien an anerkannten inländischen Bildungseinrichtungen, deren Zugang die allgemeine Universitätsreife erfordert, oder in einem Lehrgang universitären Charakters abgelegt haben, sowie positiv beurteilte Prüfungen aus künstlerischen und künstlerisch-wissenschaftlichen Fächern, die von ordentlichen Studierenden an Musikgymnasien bzw. an Musischen Gymnasien abgelegt wurden, sind auf Antrag der oder des ordentlichen Studierenden vom für die studienrechtlichen Angelegenheiten zuständigen Organ bescheidmäßig anzuerkennen, soweit sie den im Curriculum vorgeschriebenen Prüfungen gleichwertig sind. Die an einer inländischen Universität oder an einer Universität der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes für ein Fach abgelegten Prüfungen sind für das gleiche Fach im weiteren Studium desselben Studiums an einer anderen inländischen Universität jedenfalls anzuerkennen, wenn die ECTS-Anrechnungspunkte gleich sind oder nur geringfügig abweichen. Solche Anerkennungen können im Curriculum generell festgelegt werden. Die Anerkennung von Prüfungen, die entgegen der Bestimmungen des § 63 Abs. 8 und 9 an einer anderen Universität abgelegt wurden, ist ausgeschlossen."
12 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision - unter anderem - vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, wann "dasselbe Studium" im Sinne des § 78 Abs. 1 zweiter Satz UG 2002 vorliege.
13 Die Revision erweist sich mit Blick darauf als zulässig. Sie bringt in dieser Hinsicht im Wesentlichen vor, beim Bachelorstudium Wirtschaftsrecht an der Wirtschaftsuniversität Wien und beim Diplomstudium der Rechtswissenschaften an der Johannes Kepler Universität Linz handle es sich um "vollwertige rechtswissenschaftliche Studien" und damit um "dasselbe Studium" iSd § 78 Abs. 1 zweiter Satz UG 2002. Es sei kein Grund ersichtlich, warum Studien, die von den Universitäten zwanglos der Gruppe der rechtswissenschaftlichen Studien gemäß § 54 Abs. 1 Z 6 UG 2002 zugeordnet würden, nicht als dieselben Studien iSd § 78 Abs. 1 zweiter Satz UG 2002 angesehen werden sollten.
14 Dem Gesetzgeber könne nicht unterstellt werden, dass er die Einrichtung von vollwertigen rechtswissenschaftlichen Studien sowohl als "Bologna"-Studien als auch als Diplomstudien zulasse, aber dabei eine Bestimmung wie § 78 Abs. 1 zweiter Satz UG 2002 nicht zur Anwendung kommen lassen wolle, die Prüfungsanerkennungen zwischen Universitäten deutlich vereinfache und beschleunige. Dass "dasselbe Studium" im Sinne des § 78 Abs. 1 zweiter Satz UG 2002 vorliege, folge auch daraus, dass im Curriculum des Diplomstudiums der Rechtswissenschaften an der Johannes Kepler Universität Linz Spezialvorschriften für die Anerkennung für Prüfungen aus dem Bachelorstudium Wirtschaftsrecht an der Johannes Kepler Universität Linz enthalten seien. Damit werde "grundsätzlich die Gleichwertigkeit der betroffenen Studien - zB hinsichtlich ihrer Zielsetzungen - zum Ausdruck gebracht". Die gesetzliche Ermächtigung für eine solche Anerkennungsverordnung nehme direkt Bezug auf § 78 Abs. 1 zweiter Satz UG 2002 (arg. "Solche Anerkennungen"). Damit werde "ex lege die grundsätzliche Gleichwertigkeit" des Bachelorstudiums Wirtschaftsrecht im Sinne des § 78 Abs. 1 zweiter Satz UG 2002 anerkannt. Es sei keine sachliche Rechtfertigung ersichtlich, das Bachelorstudium Wirtschaftsrecht an der Johannes Kepler Universität Linz anders zu behandeln als dasjenige an der Wirtschaftsuniversität Wien.
15 Dem vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu folgen:
16 Nach § 78 Abs. 1 zweiter Satz UG 2002 sind u.a. die an einer inländischen Universität für ein Fach abgelegten Prüfungen für das gleiche Fach im weiteren Studium desselben Studiums an einer anderen inländischen Universität jedenfalls anzuerkennen, wenn die ECTS-Anrechnungspunkte gleich sind oder nur geringfügig abweichen.
17 Die Materialien (RV 1134 BlgNR 21. GP, 93 f) führen zu § 78 UG 2002 auszugsweise Folgendes aus:
"Die Anerkennung von Prüfungen entspricht weitgehend der bisherigen Rechtslage. Eine Verbesserung wurde allerdings dahingehend aufgenommen, dass die an einer inländischen Universität oder einer Universität der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes für ein Fach abgelegten Prüfungen für das gleiche Fach im weiteren Studium an einer anderen inländischen Universität jedenfalls anzuerkennen sind, wenn die ECTS-Anrechnungspunkte gleich sind oder nur geringfügig abweichen. Eine geringfügige Abweichung ist dann anzunehmen, wenn diese Abweichung nicht mehr als 20 % beträgt. Diese Bestimmung dient der internationalen und nationalen Mobilität der Studierenden, denn derzeit wird immer wieder Klage geführt, dass bei einem Ortswechsel innerhalb Österreichs das gleiche Fach im gleichen Studium nicht für das weitere Studium an einer anderen Universität anerkannt wird."
18 Dem Gesetz liegt demnach zugrunde, dass die Anerkennung von Prüfungen nach § 78 Abs. 1 zweiter Satz UG 2002 nur dann in Frage kommt, wenn die abgelegten Prüfungen "im weiteren Studium desselben Studiums an einer anderen inländischen Universität" anerkannt werden sollen. Damit wird vom Gesetzgeber - da die Curricula der einzelnen Studien, selbst wenn es sich um ein Studium mit derselben Bezeichnung handelt, aufgrund der autonomen Gestaltungsmöglichkeit der Universitäten stark divergieren können -
erkennbar auf Studien, die ihrem Inhalt und Aufbau nach zwar nicht identisch, aber vergleichbar sind, abgestellt. Ein Studium wird daher dann als dasselbe qualifiziert werden können, wenn die Curricula in Inhalt und Aufbau sowie in den zu absolvierenden Prüfungen vergleichbar sind und lediglich in einzelnen Bereichen geringe Abweichungen bestehen (vgl. Perthold-Stoizner in Perthold-Stoizner (Hrsg), Kommentar zum Universitätsgesetz 20023 (2016), § 63 Rz 13 und § 78 Rz 8; vgl. auch Wieser, Die Anerkennung von Prüfungen nach § 78 UG2 (2016), 61).
19 Davon ausgehend zeigt der Revisionswerber eine Fehlbeurteilung des Verwaltungsgerichtes in Bezug auf die Frage, ob das Bachelorstudium Wirtschaftsrecht an der Wirtschaftsuniversität Wien "dasselbe Studium" wie das Diplomstudium der Rechtswissenschaften an der Johannes Kepler Universität Linz darstellt, nicht auf. Das Verwaltungsgericht stützt sich insofern auf das - im Grunde des § 25 Abs. 1 Z 12 iVm § 46 Abs. 2 UG 2002 erstattete - Gutachten des Senats der Johannes Kepler Universität Linz vom , das sowohl hinsichtlich der Zielsetzungen als auch des Umfangs und der Tiefe der Ausbildung in den juristischen Fächern erhebliche Unterschiede darlegt. So wird etwa bezüglich der Ausbildung im Zivilrecht festgehalten, dass im Bachelorstudium Wirtschaftsrecht an der Wirtschaftsuniversität Wien 12,5 bis maximal 15,5 ECTS auf das Zivilrecht entfallen, im Diplomstudium der Rechtswissenschaften an der Johannes Kepler Universität Linz dagegen 41 ECTS. Teile des Zivilrechts, wie etwa das Familienrecht, fehlten im Bachelorstudium Wirtschaftsrecht an der Wirtschaftsuniversität Wien zur Gänze. Der in der Revision diesbezüglich ins Treffen geführte Umstand, dass es sich bei beiden Studien um "vollwertige rechtswissenschaftliche Studien" handle, die Studien im Sinne des § 54 Abs. 1 Z 6 UG 2002 darstellten und die zum Zugang zu den juristischen "Kernberufen" berechtigten, vermag eine Vergleichbarkeit im dargestellten Sinn nicht darzulegen. Soweit der Revisionswerber in diesem Zusammenhang auf den bei Wieser genannten "beweglicheren Maßstab" bei der Beurteilung der Identität des Studiums verweist, lässt er unerwähnt, dass der genannte Autor "dem Typus des Studiums eine durchschlagende Wirkung" beimisst, sodass nach dessen Ansicht "etwa ein Bachelorstudium nicht ‚dasselbe Studium' ist wie ein - identisch oder ähnlich bezeichnetes - Diplomstudium" (Wieser, aaO, 61, FN 192; ebenso, bezogen auf ein Bakkalaureatsstudium, die Vorauflage des genannten Werkes, 57, FN 158).
20 Soweit der Revisionswerber für seinen Standpunkt zudem im Curriculum zum Diplomstudium der Rechtswissenschaften an der Johannes Kepler Universität Linz enthaltene Bestimmungen für die Anerkennung für Prüfungen aus dem Bachelorstudium Wirtschaftsrecht an der Johannes Kepler Universität Linz ins Treffen zu führen sucht, ist darauf hinzuweisen, dass aus diesen Bestimmungen nicht der Schluss gezogen werden kann, es handle sich um eine Anerkennung von Prüfungen durch Verordnung im Sinne des § 78 Abs. 1 zweiter Satz UG 2002. Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers sind nämlich sämtliche in § 78 Abs. 1 UG 2002 genannten Prüfungen von der Ermächtigung zur Anerkennung durch Verordnung erfasst. Dies ergibt sich - ungeachtet des unmittelbaren sprachlichen Zusammenhangs mit dem zweiten Satz des § 78 Abs. 1 UG 2002 - insbesondere aus der Entstehungsgeschichte, bezog die Vorgängerbestimmung des § 59 Abs. 1 Universitäts-Studiengesetz die Ermächtigung, Anerkennungen durch Verordnung festzulegen, doch auf die nunmehr in § 78 Abs. 1 erster Satz UG 2002 genannten Prüfungen, wobei in den oben wiedergegebenen Materialien darauf hingewiesen wird, dass die Anerkennungsregelungen weitgehend der bisherigen Rechtslage entsprechen (vgl. Perthold-Stoizner, aaO, § 78 Rz 11; Wieser, aaO, 22).
21 Im Übrigen käme allerdings eine Verletzung im in der Revision als Revisionspunkt geltend gemachten "Recht auf Anerkennung der Prüfung ‚Arbeits- und Sozialrecht' im Diplomstudium der Rechtswissenschaften an der Johannes Kepler Universität Linz" selbst bei Zugrundelegung der Ansicht des Revisionswerbers, beim Bachelorstudium Wirtschaftsrecht an der Wirtschaftsuniversität Wien und beim Diplomstudium der Rechtswissenschaften an der Johannes Kepler Universität Linz handle es sich um "dasselbe Studium" iSd § 78 Abs. 1 zweiter Satz UG 2002, nicht in Betracht. Der Revisionswerber wurde nämlich - seinem Vorbringen in der Revision zufolge - am zum Diplomstudium der Rechtswissenschaften an der Johannes Kepler Universität Linz und am zum Bachelorstudium Wirtschaftsrecht an der Wirtschaftsuniversität Wien zugelassen. Wäre insofern aber von einer gleichzeitigen Zulassung für dasselbe Studium an mehr als einer Universität in Österreich auszugehen, so erwiese sich dies im Grunde des § 63 Abs. 8 UG 2002 nicht nur als unzulässig, sondern käme gemäß § 78 Abs. 1 letzter Satz UG 2002 eine Anerkennung von Prüfungen an der Universität der Erstzulassung von vornherein nicht in Betracht (vgl. dazu nochmals Perthold-Stoizner, aaO, § 63 Rz 13 und § 78 Rz 9).
22 Die Revision wendet sich im Weiteren gegen die Annahme des Verwaltungsgerichtes, die vom Revisionswerber an der Wirtschaftsuniversität Wien im Rahmen des Bachelorstudiums Wirtschaftsrecht absolvierten Lehrveranstaltungen mit immanentem Prüfungscharakter "Arbeitsrecht" und "Grundzüge des Sozialrechts" seien der Fachprüfung "Arbeits- und Sozialrecht" im Diplomstudium der Rechtswissenschaften an der Johannes Kepler Universität Linz schon deshalb nicht gleichwertig, weil bereits die Art und Weise der Kenntniskontrolle eine andere sei.
23 Zusammengefasst wird diesbezüglich geltend gemacht, das Verwaltungsgericht berufe sich hinsichtlich der Prüfungen an der Wirtschaftsuniversität Wien ausschließlich auf vom Revisionswerber vorgelegte Lehrveranstaltungsbeschreibungen. Hinsichtlich der Prüfmethode normiere § 1 Abs. 2 Z 2 der Prüfungsordnung der Wirtschaftsuniversität Wien lediglich, dass sich eine Lehrveranstaltung mit immanentem Prüfungscharakter aus mindestens drei Teilleistungen zusammensetze; wie diese drei Teilleistungen genau aussähen und wie sie allenfalls kombiniert werden könnten, sei nicht normiert. Es handle sich offenbar um die Normierung einer "generischen" Prüfmethode, die "die konkrete Ausgestaltung der drei Teilleistungen der völligen Willkür der einzelnen Prüfer" überlasse. Selbst wenn man dem Verwaltungsgericht folgen wollte, wonach sich bei der Prüfung "Arbeitsrecht" die Leistungsbeurteilung aus der Mitarbeit, einer Zwischenklausur sowie einer Endklausur zum Gesamtstoff der Lehrveranstaltung zusammensetze und die Prüfung "Grundzüge des Sozialrechts" durch die Mitarbeit, eine Klausur zum Gesamtstoff der Lehrveranstaltung sowie eine mündliche Kurzprüfung im Anschluss an die Klausur beurteilt werde, wobei für die Endnote primär die Klausurnote ausschlaggebend sei, sei diese Prüfmethode "fallbezogen gleichwertig". Es sei nicht erkennbar, warum "durch mehrere ineinandergreifende, mündliche und schriftliche Leistungsfeststellungen" keine Querverbindungen geprüft werden könnten. Die Prüfung an der Johannes Kepler Universität Linz sei ausschließlich mündlich abzulegen und der Richtwert für die Dauer des Prüfungsgesprächs betrage 20 Minuten. Beide Prüfungen an der Wirtschaftsuniversität Wien bestünden nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichtes sowohl aus schriftlichen als auch mündlichen Prüfungsteilen und würden damit "zwei formelle Gleichwertigkeitsparameter hinsichtlich der Prüfmethode" abdecken. Es sei "nicht (mehr) einsichtig bzw. nicht mehr zweckmäßig, wenn eine abschließende und umfassende mündliche Prüfung" nicht "mit schriftlichen und mündlichen Prüfungen innerhalb von zwei Lehrveranstaltungen" gleichwertig sein solle.
24 Mit diesem Vorbringen gelingt es der Revision allerdings nicht, eine zur Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses aufzuzeigen:
25 Nach ständiger hg. Judikatur zur Frage der "Gleichwertigkeit" der vom Antragsteller abgelegten und zur Anerkennung beantragten Prüfungen mit den im Rahmen eines Studiums vorgeschriebenen Prüfungen ist entscheidend, welcher Stoff in welchem Schwierigkeitsgrad und in welchem Umfang in den zu vergleichenden Lehrveranstaltungen vermittelt wird, wobei es entsprechender Darlegungen unter Heranziehung der jeweils zur Anwendung kommenden studienrechtlichen Vorschriften bedarf (vgl. , VwSlg. 19019 A; , 2013/10/0186; , 2010/10/0043; , 2010/10/0046). Die Gleichwertigkeitsprüfung erfordert aber nicht nur eine Beurteilung nach Inhalt und Umfang der Anforderungen, sondern auch nach der Art und Weise, wie die Kontrolle der Kenntnisse vorgenommen wurde. Gleichwertigkeit ist gegeben, wenn in diesen Bereichen eine annähernde Übereinstimmung vorliegt; fehlt es an dieser annähernden Übereinstimmung auch nur in einem dieser Bereiche, liegt Gleichwertigkeit nicht vor (vgl. das zu § 21 Abs. 5 Allgemeines Hochschul-Studiengesetz ergangene, insofern aber übertragbare Erkenntnis , VwSlg. 14238 A, mwN).
26 Im vorliegenden Fall ergibt sich schon aufgrund der vom Revisionswerber selbst genannten Bestimmung des § 1 Abs. 2 Z 2 der Prüfungsordnung der Wirtschaftsuniversität Wien, dass die beiden an dieser Universität absolvierten Lehrveranstaltungen mit immanentem Prüfungscharakter Lehrveranstaltungen mit Anwesenheitspflicht darstellen, deren Beurteilung nicht oder nicht ausschließlich auf Grund eines einzigen Prüfungsaktes am Ende der Lehrveranstaltung erfolgt, sondern die sich aus mindestens drei Teilleistungen zusammensetzt. Demgegenüber erfolgt die Beurteilung der Fachprüfung "Arbeits- und Sozialrecht" im Diplomstudium der Rechtswissenschaften an der Johannes Kepler Universität Linz nach dem Satzungsteil Studienrecht der Johannes Kepler Universität Linz durch einen gesonderten Prüfungsvorgang, der in schriftlicher und/oder mündlicher Art erfolgt, wobei nach dem Studienhandbuch diese Fachprüfung mündlich abzulegen ist und der Richtwert für die Dauer des Prüfungsgesprächs 20 Minuten beträgt.
27 Demnach ergibt sich schon allein aufgrund dieser studienrechtlichen Vorschriften, dass von einer annähernden Übereinstimmung der Art und Weise, wie die Kontrolle der Kenntnisse vorgenommen wird, nicht ausgegangen werden kann, wird diese in einem Fall doch durch eine einzige gesonderte Prüfung (bezüglich des gesamten Stoffes), im anderen Fall aber durch mindestens sechs Teilleistungen (in der Regel sohin bezogen auf Teile des Stoffes) vorgenommen. Die vom Revisionswerber offenbar vertretene Auffassung, eine "abschließende und umfassende mündliche Prüfung" sei "mit schriftlichen und mündlichen Prüfungen innerhalb von zwei Lehrveranstaltungen" gleichwertig, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu teilen.
28 Nach dem Gesagten ist daher die Auffassung des Verwaltungsgerichtes, die vom Revisionswerber an der Wirtschaftsuniversität Wien im Rahmen des Bachelorstudiums Wirtschaftsrecht absolvierten Lehrveranstaltungen mit immanentem Prüfungscharakter "Arbeitsrecht" und "Grundzüge des Sozialrechts" seien der Fachprüfung "Arbeits- und Sozialrecht" im Diplomstudium der Rechtswissenschaften an der Johannes Kepler Universität Linz nicht gleichwertig, weil keine annähernde Übereinstimmung in der Art und Weise der Kenntniskontrolle vorliege, nicht als rechtswidrig zu erkennen.
29 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
30 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am
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ECLI: | ECLI:AT:VWGH:2018:RA2016100132.L00 |
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Fundstelle(n):
MAAAE-69847