VwGH vom 27.01.2010, 2009/21/0385
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde des M, vertreten durch Dr. Heinz-Dieter Flesch, Rechtsanwalt in 8570 Voitsberg, Bahnhofstraße 9, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom , Zl. 319.174/3- III/4/09, betreffend Versagung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger", zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und aus dem mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich Folgendes:
Der am geborene Beschwerdeführer, ein seinen Angaben zufolge serbischer Staatsangehöriger, verfügte in der Zeit vom bis und nach Verlängerungen bis und danach bis über eine Aufenthaltsbewilligung für Studierende. Beim letzten Verlängerungsantrag vom hatte der Beschwerdeführer bereits keinen Studienerfolgsnachweis mehr erbringen können.
Am heiratete der Beschwerdeführer vor dem Standesamt Voitsberg die am geborene österreichische Staatsangehörige I. C. Er stellte, nachdem sie noch am gemeinsam bei der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg vorgesprochen hatten, bei dieser Behörde am nächsten Tag unter Berufung auf diese Ehe den "Zweckänderungsantrag" auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger".
Diesen Antrag wies die Bezirkshauptmannschaft Voitsberg (BH) mit dem im zweiten Rechtsgang im Namen des Landeshauptmannes von Steiermark erlassenen Bescheid vom gemäß § 11 Abs. 1 Z 4 iVm § 30 Abs. 1 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes - NAG wegen des Vorliegens einer Aufenthaltsehe ab.
Die dagegen erhobene Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid der Bundesministerin für Inneres (der belangten Behörde) vom abgewiesen, wobei das Datum des erstinstanzlichen Bescheides offenbar irrtümlich mit "" angeführt wurde.
Die belangte Behörde kam ausgehend von näher begründeten beweiswürdigenden Überlegungen auch zu dem Ergebnis, dass der Beschwerdeführer die Ehe mit I. C. nur zu dem Zweck geschlossen habe, um einen weiteren Aufenthaltstitel zu erlangen. Gemäß § 30 Abs. 1 NAG dürften sich aber Ehegatten, die ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK nicht führen, für die Erteilung und Beibehaltung von Aufenthaltstiteln nicht auf die Ehe berufen. Demzufolge dürfe einem Fremden gemäß § 11 Abs. 1 Z 4 NAG ein Aufenthaltstitel (u.a.) dann nicht erteilt werden, wenn eine Aufenthaltsehe (§ 30 Abs. 1 NAG) vorliegt. Bei Vorliegen einer Aufenthaltsehe sei somit zwingend die Erteilung eines Aufenthaltstitels zu versagen, sodass die Berufung des Beschwerdeführers "konsequenterweise" abzuweisen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Voranzustellen ist, dass der Beschwerdeführer durch die offenbar irrtümliche Anführung eines unrichtigen Datums in Bezug auf den Bescheid der BH nicht in Rechten verletzt ist (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 2009/21/0091). Das behauptet er auch nicht.
Die für die Abweisung des vom Beschwerdeführer gestellten Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" herangezogenen Rechtsgrundlagen - § 11 Abs. 1 Z 4 NAG iVm § 30 Abs. 1 NAG - lauten in der hier maßgeblichen Stammfassung samt Überschrift:
"Allgemeine Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel
§ 11. (1) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nicht erteilt werden, wenn
...
4. eine Aufenthaltsehe oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;
Aufenthaltsehe und Aufenthaltsadoption
§ 30. (1) Ehegatten, die ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht führen, dürfen sich für die Erteilung und Beibehaltung von Aufenthaltstiteln nicht auf die Ehe berufen."
Aus den zitierten Bestimmungen ergibt sich, dass ein Aufenthaltstitel bei Vorliegen einer Aufenthaltsehe iSd § 30 Abs. 1 NAG zwingend nicht zu erteilen ist. Bei § 11 Abs. 1 Z 4 NAG handelt es sich um einen absoluten Versagungsgrund (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 2007/18/0270).
In der Beschwerde wird der Sache nach in Bezug auf die behördliche Annahme, die Ehe des Beschwerdeführers sei nur zu dem Zweck geschlossen worden, um einen weiteren Aufenthaltstitel zu erlangen, die Unrichtigkeit dieser Sachverhaltsfeststellung und der diesbezüglichen Beweiswürdigung geltend gemacht. Der Beschwerdeführer räumt zwar zunächst ein, dass die Befragung am "einige Ungereimtheiten zwischen den Ehepartnern" ergeben habe. Er habe jedoch im Berufungsverfahren Lichtbilder von der nach Durchführung der Renovierung nunmehr gemeinsam bewohnten Ehewohnung in Voitsberg vorgelegt. Im Zeitpunkt der Erhebungen der Polizeiinspektion Voitsberg am sei diese Wohnung noch nicht bezogen gewesen, weil sie erst renoviert habe werden müssen. Nunmehr sei aber durch die Lichtbilder belegt, dass eine gemeinsame Ehewohnung, die von den Ehepartnern "gemeinsam entsprechend hergerichtet" worden sei, vorliege. So sei auf zwei Lichtbildern das Ehebett zu sehen, auf anderen der Wäscheständer mit der Dienstkleidung des Beschwerdeführers und der Kleiderkasten mit Herrenwäsche. Die vorgelegten Lichtbilder gäben somit Zeugnis dafür, dass die Wohnung nach der Sanierung gemeinsam bewohnt werde.
Diese Ausführungen werden der Argumentation der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid nicht gerecht. Die belangte Behörde stützte die bekämpfte Annahme einer Aufenthaltsehe nämlich nur auf die Widersprüche in den Angaben des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau bei der anlässlich ihrer Vorsprache bei der BH am vorgenommenen Befragung. Das Ergebnis der Erhebungen der Polizeiinspektion Voitsberg vom , wonach der Beschwerdeführer und seine Ehefrau zwar an der gemeinsamen Adresse gemeldet, der Beschwerdeführer jedoch bei seinem Bruder seinen Lebensmittelpunkt habe und die gemeinsame Wohnung erst renoviert werden müsse, wurde lediglich festgestellt. Darauf wurde die Annahme einer Aufenthaltsehe nicht in tragender Weise gestützt. Den vom Beschwerdeführer vorgelegten Lichtbildern wurde aber deshalb kein maßgeblicher Beweiswert zugebilligt, weil darauf lediglich erkennbar sei, dass die Renovierungsarbeiten abgeschlossen seien und sich die Wohnung in einem sauberen Zustand befinde. Die widersprüchlichen Angaben des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau könnten die Lichtbilder nach Meinung der belangten Behörde jedoch nicht entkräften.
Dieser Beurteilung kann nicht entgegen getreten werden:
Die belangte Behörde zeigte unter Wiedergabe der entsprechenden Aussageteile nicht nur auf, dass der Beschwerdeführer den Familiennamen und das Geburtsdatum seiner Ehefrau (am Tag der Eheschließung) nicht richtig anführen und zu den Eltern und Geschwistern keine Angaben machen konnte, sondern sie wies auch darauf hin, dass der Beschwerdeführer meinte, seine Ehefrau hätte (aus früheren Ehen) keine Kinder, während sie tatsächlich zwei erwachsene Kinder hat. Besonders gravierend sind aber vor allem die von der belangten Behörde auch ins Treffen geführten unterschiedlichen Aussagen zum Kennenlernen. Während der Beschwerdeführer angegeben hatte, er und seine Ehefrau hätten einander vor eineinhalb Monaten kennen gelernt, am , somit fünf Tage vor der Hochzeit, seien sie zum ersten Mal gemeinsam einen Kaffee trinken gegangen und bei diesem Gespräch hätten sie beschlossen, heiraten zu wollen, gab I. C. an, dass sie einander bereits 2005 in Bärnbach kennen gelernt und seit Dezember 2008 "richtig Kontakt" hätten. Nach der Arbeit seien sie täglich ins Kaffeehaus gegangen und im Jänner 2009 habe sie den Beschwerdeführer gefragt, ob er sie heiraten wolle, worauf er sofort eingewilligt habe. Auf die Frage, wann sie miteinander erstmals Geschlechtsverkehr gehabt hätten, antwortete I. C. mit "vor ein paar Wochen", genau könne sie das nicht sagen; demgegenüber gab der Beschwerdeführer an, sie hätten bis heute noch keinen sexuellen Kontakt gehabt.
Die Beschwerde wendet zwar diesbezüglich ein, es sei nicht "Jedermanns Sache" über sexuelle Dinge gegenüber Fremden Auskunft zu geben. Dem ist aber zu erwidern, dass vom Beschwerdeführer und seiner Ehefrau dazu die Antworten nicht verweigert wurden. Mit diesem Einwand kann somit der unauflösliche Widerspruch in den diesbezüglichen Angaben nicht erklärt werden. Im Übrigen stellen auch die anderen Aussagedivergenzen - anders als es in der Beschwerde heißt - nicht bloß "einige Ungereimtheiten" dar.
Mit dem Beschwerdevorbringen gelingt es somit nicht, eine Unschlüssigkeit der behördlichen Beweiswürdigung darzutun, sodass von den im angefochtenen Bescheid getroffenen Sachverhaltsfeststellungen zur Schließung einer Aufenthaltsehe auszugehen ist. Auf dieser Basis hat die belangte Behörde aber zu Recht angenommen, dass der Versagungsgrund des § 11 Abs. 1 Z 4 NAG vorliegend gegeben ist, und sie hat somit zutreffend die von der BH vorgenommene Antragsabweisung bestätigt.
Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am
Fundstelle(n):
TAAAE-69810