VwGH vom 28.02.2018, Ra 2016/10/0061
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl, die Hofräte Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching sowie die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kacic-Löffler, LL.M., über die Revision des E H in L, vertreten durch Mag. Julia Mair, Rechtsanwältin in 1140 Wien, Schanzstraße 5/13, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom , Zl. LVwG- 2015/18/3153-2, betreffend Bergwanderführer-Befugnis (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Imst), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Der Antrag der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht auf Zuerkennung von Aufwandersatz wird abgewiesen.
Begründung
1 Dem Revisionswerber wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom gemäß § 4 Abs. 1 des Tiroler Bergsportführergesetzes (im Folgenden: TBSFG) die Befugnis als Berg- und Schiführer und mit Bescheid vom gemäß § 21 Abs. 1 TBSFG die Befugnis als Schluchtenführer verliehen.
2 Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde den Antrag des Revisionswerbers vom auf Verleihung der Befugnis zur Ausübung von Bergsportführertätigkeiten als Bergwanderführer gemäß § 16 TBSFG ab.
3 Die dagegen vom Revisionswerber erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Tirol (im Folgenden: LVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab.
4 Begründend führte es im Wesentlichen aus, die Befugnisse eines Bergwanderführers seien von der Befugnis als Berg- und Schiführer mitumfasst. Aufgrund der höheren Ausbildungsqualifikation von Berg- und Schiführern seien diese auch zur Ausübung der Tätigkeit als Bergwanderführer berechtigt. Aus diesem Grund habe der Gesetzgeber auch keine Regelungen für eine allfällige Anerkennung von Ausbildungen bzw. Prüfungen von Berg- und Schiführern für die Erteilung der Befugnis als Bergwanderführer vorgesehen. Daran könne nichts ändern, dass eine Person, der die Berechtigung zu Tätigkeiten nach § 3 Abs. 1 TBSFG verliehen worden sei, nach dessen Abs. 5 zur Führung der Berufsbezeichnung "Berg- und Schiführer" berechtigt sei, wohingegen eine Person, der die Berechtigung zu Tätigkeiten nach § 15 Abs. 1 leg. cit. verliehen worden sei, nach § 15 Abs. 3 leg. cit. zur Führung der Berufsbezeichnung "Bergwanderführer" berechtigt sei. Es sei weder relevant, dass einem Berg- und Schiführer das Berg- und Schiführerabzeichen übergeben werde, während der Bergwanderführer nach § 17 TBSFG das Bergwanderführerabzeichen erhalte, noch, dass der Tiroler Bergsportführerverband einerseits nach § 6 Abs. 1 TBSFG ein Berg- und Schiführerverzeichnis und andererseits nach § 17 ein Bergwanderführerverzeichnis zu führen habe. Hinsichtlich des unbefugten Führens von Abzeichen iSd § 37 Abs. 1 lit. c TBSFG sei anzuführen, dass dem Revisionswerber ohnehin das Berg- und Schiführerabzeichen ausgehändigt worden sei, welches gegenüber dem Bergwanderführerabzeichen die wesentlich höhere Qualifikation widerspiegle. Damit habe der Revisionswerber mit dem gestellten Antrag auf Verleihung einer Befugnis zur Ausübung von Bergsportführertätigkeiten als Bergwanderführer etwas beantragt, wozu er bereits als Berg- und Schiführer nach § 3 Abs. 1 TBSFG berechtigt sei, weshalb der Antrag abzuweisen gewesen sei.
5 Dagegen wendet sich die vorliegende Revision mit dem Antrag, in der Sache selbst zu entscheiden, in eventu das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts kostenpflichtig aufzuheben.
6 Die belangte Behörde erstattete eine "Revisionsbeantwortung", in der sie die kostenpflichtige Zurückweisung der Revision, in eventu deren Abweisung, beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
7 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu, in welchem Ausmaß Berg- und Schiführern die Berechtigung zur Ausübung der Tätigkeit als Bergwanderführer iSd § 15 Abs. 1 iVm § 3 Abs. 1 TBSFG zukomme, sie berechtigt seien, das Bergwanderführerabzeichen sowie den Bergwanderführerausweis zu tragen, in die Liste der Bergwanderführer nach § 17 TBSFG eingetragen zu werden und sich gemäß § 15 Abs. 3 TBSFG als Bergwanderführer zu bezeichnen.
8 Die Revision ist im Hinblick auf dieses Vorbringen zulässig. 9 Die maßgeblichen Bestimmungen des Tiroler
Bergsportführergesetzes (TBSG), LGBl. Nr. 7/1998 idF LGBl. Nr. 87/2015, lauten:
"1. Abschnitt
Allgemeine Bestimmungen
§ 1
Geltungsbereich
(1) Diesem Gesetz unterliegen, soweit im Abs. 4 nichts
anderes bestimmt ist,
a) das erwerbsmäßige Führen und Begleiten von Personen bei
Berg- und Schitouren, bei Schluchtentouren, beim Bergwandern sowie
beim Sportklettern und
b) das erwerbsmäßige Unterweisen von Personen in den
Fertigkeiten des Berg- und Schibergsteigens, des Bergwanderns, des
Begehens von Schluchten und des Sportkletterns einschließlich der
Vermittlung von Kenntnissen über diese Bereiche
(Bergsportführertätigkeiten).
...
2. Abschnitt
Berg- und Schiführer
§ 3
Umfang der Befugnis
(1) Berg- und Schiführer sind zum erwerbsmäßigen Führen und Begleiten von Personen bei Berg- und Schitouren und beim Sportklettern befugt. Sie sind weiters zum erwerbsmäßigen Unterweisen von Personen in den Fertigkeiten des Berg- und Schibergsteigens und des Sportkletterns und zur Vermittlung von Kenntnissen hierüber berechtigt.
...
(5) Personen, denen die Befugnis als Berg- und Schiführer verliehen wurde, sind zur Führung der Berufsbezeichnung ‚Berg- und Schiführer' berechtigt.
...
§ 13
Fortbildungsveranstaltungen
...
(4) Berg- und Schiführer, die das 65. Lebensjahr vollendet haben, sind nicht mehr verpflichtet, an Fortbildungsveranstaltungen teilzunehmen. Nimmt ein Berg- und Schiführer nach der Vollendung des 65. Lebensjahres nicht mehr an Fortbildungsveranstaltungen teil, so ist er nur mehr zur Ausübung von Tätigkeiten im Sinne des § 14 Abs. 3 befugt.
...
§ 14
Berg- und Schiführeranwärter
...
(3) Berg- und Schiführeranwärter dürfen Tätigkeiten im Sinne des § 3 Abs. 1 und 2, soweit sie nicht auch von Bergwanderführern ausgeübt werden dürfen, nur unter der unmittelbaren Leitung und Aufsicht eines Berg- und Schiführers ausüben.
...
3. Abschnitt
Bergwanderführer
§ 15
Umfang der Befugnis
(1) Bergwanderführer sind zum erwerbsmäßigen Führen und
Begleiten von Personen bei Bergwanderungen auf Wegen, deren
Schwierigkeitsgrad jenen der nach den Richtlinien der
Landesregierung über die Markierung von Bergwegen rot zu
markierenden Wege nicht übersteigt, und im höchstens
mittelschwierigen weglosen Gelände befugt. Im Winter dürfen nur
a) höchstens mittelschwierige Wege, die offenkundig nicht
von Lawinen bedroht sind,
b) höchstens mittelschwieriges wegloses Gelände, das
offenkundig nicht von Lawinen bedroht ist, sowie
c) auf Gletschern vom Wegehalter geöffnete Winterwanderwege
begangen werden.
Bergwanderführer sind weiters zum erwerbsmäßigen Unterweisen von Personen in den Fertigkeiten des Bergwanderns und zur Vermittlung von Kenntnissen hierüber berechtigt.
(2) Ein Bergwanderführer darf die zur Durchführung einer geplanten Bergwanderung erforderlichen organisatorischen Maßnahmen treffen.
(3) Personen, denen die Befugnis als Bergwanderführer verliehen wurde, sind zur Führung der Berufsbezeichnung ‚Bergwanderführer' berechtigt.
§ 16
Voraussetzungen für die Verleihung der Befugnis
(1) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat einer Person auf ihren
Antrag die Befugnis als Bergwanderführer zu verleihen, wenn sie
a) eigenberechtigt ist,
b) verlässlich, körperlich und geistig geeignet und
fachlich befähigt ist,
c) ausreichend haftpflichtversichert ist und
d) im Fall der Fremdsprachigkeit über die im Interesse der
Sicherheit der Gäste unbedingt erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt.
(2) Die fachliche Befähigung hat der Antragsteller durch das Zeugnis über die erfolgreiche Ablegung der Bergwanderführerprüfung nachzuweisen. Im übrigen gilt § 4 Abs. 2, 3, 5 und 6 sinngemäß.
..."
10 Dem TBSFG unterliegen gemäß dessen § 1 Abs. 1 das erwerbsmäßige Führen und Begleiten von Personen bei Berg- und Schitouren, bei Schluchtentouren, beim Bergwandern und beim Sportklettern sowie das erwerbsmäßige Unterweisen von Personen in den dafür erforderlichen Fertigkeiten. Entsprechend den ausdrücklich genannten Bereichen enthält das TBSFG in den Abschnitten 2 bis 5 in Bezug auf die Tätigkeit als Berg- und Schiführer, als Bergwanderführer, als Schluchtenführer und als Sportkletterlehrer Regelungen insbesondere über den Umfang der jeweiligen Befugnis, die Voraussetzungen für deren Verleihung, den hierfür zu absolvierenden Ausbildungslehrgang samt Prüfung sowie die mit der Verleihung verbundene Berufsbezeichnung.
11 Der Gesetzgeber strebte damit offenkundig eine klare Unterscheidung der verschiedenen Sparten der Bergsportführertätigkeiten an, die sich in den unterschiedlichen Berufsbezeichnungen, die nur nach Absolvierung der entsprechenden Lehrgänge und positiver Ablegung der entsprechenden Prüfungen erlangt werden können, niederschlägt. Führt ein Bergsportführer eine entsprechende Berufsbezeichnung, so ist daraus erkennbar, welche Ausbildung er absolviert hat und worin daher sein Schwerpunkt liegt.
12 Unabhängig davon, dass das TBSFG für jeden genannten Bereich eine eigene Ausbildung, Prüfung und Berufsbezeichnung vorsieht, gibt es jedoch auch Überschneidungen der genannten Bereiche.
13 So umfasst der Begriff der "Bergtour" jedenfalls auch den Begriff der "Bergwanderung". Dies stellen nicht nur die Erläuterungen zur Novelle LGBl. Nr. 71/2014 (Landtagsmaterialien 158/14, 4) ausdrücklich klar, sondern ergibt sich dies bereits aus dem Umstand, dass die Tätigkeit des Bergwanderführers schon in der Stammfassung (im 3. Abschnitt) des TBSFG geregelt war, obgleich der Begriff des "Bergwanderns" in § 1 TBSFG, der erst mit der Novelle LGBl. Nr. 71/2014 eingefügt wurde, noch nicht ausdrücklich genannt war.
14 Aus § 13 Abs. 4 iVm § 14 Abs. 3 TBSFG ergibt sich eindeutig, dass die Tätigkeit des Berg- und Schiführers auch den Tätigkeitsbereich eines Bergwanderführers umfasst: Dort ist von "Tätigkeiten im Sinne des § 3 Abs. 1 und 2, soweit sie nicht auch von Bergwanderführern ausgeübt werden dürfen", die Rede. Das in § 3 Abs. 1 und 2 TBSFG als Tätigkeitsbereich der Berg- und Schiführer umschriebene Aufgabengebiet umfasst daher auch die Tätigkeit eines Bergwanderführers.
15 Gemäß § 15 Abs. 3 TBSFG sind nur Personen, denen die Befugnis als Bergwanderführer verliehen wurde, zur Führung der Berufsbezeichnung "Bergwanderführer" berechtigt. Gleichzeitig mit der Verleihung der Befugnis hat die Behörde gemäß § 17 iVm § 7 TBSFG das Bergwanderführerabzeichen und den Bergwanderführerausweis zu übergeben. Weiters hat der Tiroler Bergsportführerverband gemäß § 17 iVm § 6 TBSFG jene Personen in ein Bergwanderführerverzeichnis einzutragen, denen die Befugnis als Bergwanderführer verliehen wurde.
16 Daraus folgt, dass die Führung der Berufsbezeichnung "Bergwanderführer" und des Bergwanderführerabzeichens und - ausweises an die Verleihung der Befugnis als Bergwanderführer anknüpft.
17 Nun wurde bereits dargestellt, dass die Verleihung der Befugnis als Berg- und Schiführer die Grundlage für die Berechtigung darstellt, auch als Bergwanderführer tätig zu werden. In der Verleihung der Befugnis als Berg- und Schiführer ist daher gleichzeitig die Verleihung der Befugnis als Bergwanderführer zu sehen. Wie das LVwG zutreffend ausgeführt hat, spricht für diese Auslegung auch das gänzliche Fehlen von Anerkennungsbestimmungen, die die Berg- und Schiführerprüfung als Ersatz für die Bergwanderführerprüfung vorsähen, in der Tiroler Bergsportführerverordnung, LGBl. Nr. 59/1998 idF LGBl. Nr. 83/2014.
18 Anders als das LVwG offenbar vermeint, ist der Revisionswerber daher bereits seit der Zuerkennung der Befugnis als Berg- und Schiführer, die die Befugnis als Bergwanderführer enthält, zur Führung der Berufsbezeichnung "Bergwanderführer" berechtigt und er hat kraft Verleihung dieser Befugnis einen Anspruch auf Verleihung des Bergwanderführerabzeichens und - ausweises sowie auf Eintragung in das Bergwanderführerverzeichnis.
19 Der vom Revisionswerber begehrten Verleihung der Befugnis als Bergwanderführer steht somit die bereits erfolgte Verleihung dieser Befugnis entgegen. Dadurch, dass das LVwG die Beschwerde abwies, statt den verwaltungsbehördlichen Spruch in eine Zurückweisung des verfahrensleitenden Antrags abzuändern, kann der Revisionswerber nicht in subjektiven Rechten verletzt worden sein (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 zu § 68 AVG, E 171 ff, zitierte hg. Judikatur, sowie ; , 2013/07/0038; , 2012/02/0187).
20 Die Revision war daher abzuweisen.
21 Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht erstattete eine Revisionsbeantwortung, die sich ohne weitere Begründung auf die Wiedergabe des Verfahrensgangs und auf einen Verweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts beschränkt. Schriftsatzaufwand steht für eine solche - keine Auseinandersetzung mit der Revision enthaltende - Äußerung nicht zu (vgl. ).
Wien, am
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ECLI: | ECLI:AT:VWGH:2018:RA2016100061.L00 |
Schlagworte: | Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 |
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