VwGH vom 22.03.2011, 2007/18/0098
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und den Hofrat Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl sowie die Hofräte Mag. Haunold und Mag. Straßegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde des NP, geboren am , vertreten durch Dr. Wolfgang Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 12/1/27, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. SD 1774/06, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbots, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen serbischen Staatsangehörigen, ein auf § 86 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) gestütztes, auf die Dauer von acht Jahren befristetes Aufenthaltsverbot.
Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei auf Grund eines "Reisevisums", welches vom bis gültig gewesen und ihm auf Grund einer Einladung seines Onkels P erteilt worden sei, in das Bundesgebiet eingereist. Am habe er einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "begünstigter Drittsta. - Ö., § 49 Abs. 1 FrG" gestellt. Diesen Antrag habe er auf die am in W erfolgte Eheschließung mit der österreichischen Staatsbürgerin M gestützt.
Die Behörde erster Instanz habe über diesen Antrag nicht mehr entschieden, sondern ein Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes eingeleitet. In diesem Verfahren habe die am zeugenschaftlich vernommene Ehefrau des Beschwerdeführers angegeben, dass es sich bei der von ihr mit dem Beschwerdeführer geschlossenen Ehe um eine Scheinehe handle. Ungeachtet der polizeilichen Meldung des Beschwerdeführers (an ihrer Adresse) habe er nie bei ihr gewohnt. Die Ehe sei auch niemals vollzogen worden. Sie habe für die Eheschließung EUR 5.000,-- erhalten.
Mit den Angaben seiner Ehefrau konfrontiert habe der Beschwerdeführer lediglich "lapidar" geantwortet, dass diese Angaben unrichtig seien und keine Scheinehe vorliege. Demgegenüber liege für die belangte Behörde kein Grund vor, den Angaben seiner Ehefrau, die am neuerlich vernommen worden sei und ihre bisherigen Angaben bekräftigt habe, "den Glauben zu versagen". Der Beschwerdeführer habe, abgesehen vom bloßen Leugnen des Eingehens der Scheinehe, diesen Angaben nichts Substanzielles entgegengesetzt und nicht einmal die tatsächliche Führung eines gemeinsamen Familienlebens behauptet. Im Übrigen sei die österreichische Ehefrau wesentlich älter als der Beschwerdeführer, sie sei seit geraumer Zeit Bezieherin von Notstandshilfe und in finanzieller Not, für die Eheschließung sei die Beiziehung eines Dolmetschers erforderlich gewesen und die Eheleute hätten sich vor der Heirat kaum bis gar nicht gekannt. Diese Kriterien lägen eine Scheinehe nahe und seien im vorliegenden Fall erfüllt. Zwar rechtfertigten diese für sich allein noch nicht die sichere Annahme einer Scheinehe, jedoch seien sie im Zusammenhalt mit den Aussagen der Ehefrau des Beschwerdeführers als die Annahme der Scheinehe verstärkend anzusehen.
In ihren rechtlichen Erwägungen führte die belangte Behörde - mit näherer Begründung - aus, das Eingehen einer Scheinehe rechtfertige die Annahme des Bestehens einer Gefährdung im Sinne des § 86 Abs. 1 FPG.
Bei der Interessenabwägung nach § 66 FPG sei der etwa zweijährige Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet zu berücksichtigen. Dieser Aufenthalt sei aber ungeachtet des Antrages auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung (nach Ablauf des ihm erteilten Visums) unrechtmäßig gewesen. Den auf Grund der im Bundesgebiet lebenden entfernten Verwandten (Onkel des Beschwerdeführers) vorhandenen, allerdings als nicht sehr bedeutend einzustufenden familiären und den privaten Interessen am Aufenthalt in Österreich stehe die durch das rechtsmissbräuchliche Eingehen einer Ehe und die Berufung darauf im Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels erfolgte Verletzung maßgeblicher öffentlicher Interessen im Sinn des Art. 8 Abs. 2 EMRK, namentlich der Wahrung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens, gegenüber. Dieses Interesse habe der Beschwerdeführer erheblich beeinträchtigt. Es sei sohin die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten. Die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers wögen nicht schwerer als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Es entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass die - infolge § 87 FPG hier zur Anwendung kommenden - Voraussetzungen des § 86 Abs. 1 FPG zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegeben sind, wenn der Fremde - im Sinn des Tatbestandes des § 60 Abs. 2 Z 9 FPG - eine sogenannte Aufenthaltsehe geschlossen, also mit dem Ehegatten ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK nie geführt und sich trotzdem für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung oder eines Befreiungsscheines auf diese Ehe berufen hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/21/0416, mwN).
Der Beschwerdeführer richtet sich nicht gegen die in diesem Sinn vorgenommene rechtliche Beurteilung der belangten Behörde, sondern ausschließlich gegen die von ihr vorgenommene Beweiswürdigung. In diesem Zusammenhang wird in der Beschwerde allerdings lediglich vorgebracht, es seien dem Beschwerdeführer die Angaben seiner Ehefrau vollkommen unverständlich und er habe ausdrücklich seine - letztlich unterbliebene - Vernehmung beantragt.
Mit diesem Vorbringen wird allerdings weder eine Unschlüssigkeit der behördlichen Beweiswürdigung noch ein Verfahrensfehler, der von Relevanz für den Verfahrensausgang hätte sein können, aufgezeigt.
Mit den Ausführungen, es seien ihm die Angaben seiner Ehefrau vollkommen unverständlich, legt der Beschwerdeführer in keiner Weise konkret dar, weshalb die Angaben seiner Ehefrau unrichtig sein sollten und warum die belangte Behörde ihre Feststellungen nicht auf die Angaben der Ehefrau des Beschwerdeführers hätte stützen dürfen.
Hinsichtlich des behaupteten Verfahrensfehlers wird vom Beschwerdeführer nicht näher dargetan, was er im Rahmen seiner persönlichen Anhörung vor der Behörde hätte aussagen können und weshalb die so getätigten Angaben geeignet gewesen wären, zu einem anderen Verfahrensergebnis kommen zu können. Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuwiesen, dass im fremdenrechtlichen Administrativverfahren vor der Sicherheitsdirektion weder ein Recht auf eine Berufungsverhandlung noch ein Recht darauf besteht, von der Behörde mündlich gehört zu werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/18/0736, mwN).
Vor diesem Hintergrund erweisen sich die Feststellungen als unbedenklich. Eine Unschlüssigkeit in der behördlichen Beweiswürdigung ist nicht zutage getreten.
Die Interessenabwägung nach § 66 FPG lässt der Beschwerdeführer unbekämpft. Angesichts der oben wiedergegebenen Feststellungen der belangten Behörde zu all jenen Umständen, die im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen waren, ist das von ihr dabei erzielte Ergebnis nicht zu beanstanden.
Da dem angefochtenen Bescheid sohin die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
EAAAE-69760