VwGH vom 22.12.2009, 2009/21/0348

VwGH vom 22.12.2009, 2009/21/0348

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde des L, vertreten durch Mag. Lothar Korn, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Hessenplatz 8, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom , Zl. E1/5761/2009, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aufgrund der Beschwerde und der mit ihr vorgelegten Bescheidausfertigung ergibt sich Folgendes:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Ghana, wurde mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG aus dem Bundesgebiet ausgewiesen.

Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. Weiters wurde "der Berufungsantrag auf Feststellung, dass Ihnen ein humanitäres Bleiberecht zukommt, mangels gesetzlicher Grundlage zurückgewiesen."

In der Begründung gab die belangte Behörde zunächst die Sachverhaltsfeststellungen der Erstbehörde wieder, denen zufolge der Beschwerdeführer am illegal nach Österreich eingereist sei und einen Asylantrag gestellt habe, der in erster Instanz mit einem am zugestellten Bescheid abgewiesen worden sei. Das Asylverfahren sei dann am rechtskräftig negativ abgeschlossen worden. Nach Darstellung des wesentlichen Inhalts einer Stellungnahme des Beschwerdeführers vom und wörtlicher Wiedergabe seiner Berufung sowie nach Zitierung der maßgeblichen Rechtsvorschriften führte die belangte Behörde in Anknüpfung an die wiedergegebenen Feststellungen begründend weiter aus, der Beschwerdeführer halte sich seit dem rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. In Anbetracht der Tatsache, dass sich der Beschwerdeführer seit mehr als sechs Jahren und vier Monaten in Österreich aufhalte und seit 2004 als selbständiger Zeitungsausträger mit einem Monatsverdienst von EUR 900,-- berufstätig sei, angesichts dessen, dass er über einen "Wohnsitz" verfüge und eine Beziehung zu einer österreichischen Staatsbürgerin habe, die er zu heiraten beabsichtige, sowie im Hinblick auf seine Unbescholtenheit sei dem Beschwerdeführer eine diesen Umständen entsprechende Integration zuzugestehen. Durch die Ausweisung werde daher in erheblicher Weise in sein Privat- und Familienleben eingegriffen.

Das Gewicht der Integration werde aber - so begründete die belangte Behörde weiter - maßgebend dadurch gemindert, dass der Aufenthalt während des Asylverfahrens nur aufgrund eines unberechtigten Antrages temporär zulässig gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe nicht damit rechnen dürfen, nach dem negativen Abschluss des Asylverfahrens weiterhin in Österreich bleiben zu können. Dabei sei zu berücksichtigen, dass über den Asylantrag erstinstanzlich bereits am negativ entscheiden worden sei und dies ein eindeutiges Indiz dafür dargestellt habe, dass der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers zeitlich begrenzt sein könne. Aus demselben Grund relativiere sich auch die berufliche Integration, habe der Beschwerdeführer doch bereits bei Aufnahme der Erwerbstätigkeit gewusst, dass sein Aufenthalt nur an das Abwarten der Entscheidung im Asylverfahren geknüpft sei. Die bestehende Beziehung zu einer österreichischen Staatsbürgerin müsse aber ebenfalls "einer Relativierung zugeführt werden", weil getrennte Wohnsitze vorlägen und die Beziehung erst nach Stellung des Asylantrages entstanden sei. Es hätte dem Beschwerdeführer und seiner Freundin bereits bei deren Beginn bewusst sein müssen, dass der gemeinsame "Verbleib" sehr unsicher sei. Auch im Urteil des EGMR vom (Darren Omoregie u.a. gegen Norwegen) sei ausdrücklich ausgeführt worden, dass eine Ausweisung dann, wenn ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst gewesen sei, nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeute. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer eine Heirat beabsichtige, stelle lediglich ein zukünftiges und ungewisses Ereignis dar, das bei der vorliegenden Beurteilung somit nur in geringem Ausmaß gewertet werde. Da die belangte Behörde die im Zusammenhang mit der erwähnten Beziehung vorgebrachten Umstände als wahr unterstelle, werde der in der Berufung gestellte Antrag auf Einvernahme der Freundin des Beschwerdeführers abgelehnt.

Außerdem sei bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer im Alter von 28 Jahren nach Österreich gekommen sei und somit den überwiegenden Teil seines bisherigen Lebens in seinem Heimatland verbracht habe, wo er - seinen Angaben im Asylverfahren zufolge - von 1982 bis 1991 die Grundschule besucht und nach einer dreijährigen Berufsschulausbildung fünf Jahre als Landwirt gearbeitet habe. Da sich in Ghana auch noch die Eltern des Beschwerdeführer befänden, sei für ihn bei einer Rückkehr auch ein "soziales Netzwerk" vorhanden. Aus diesen Gründen scheine dem Beschwerdeführer eine Reintegration in seinem Heimatland zumutbar.

Schließlich sei zu dem Berufungsvorbringen, der Beschwerdeführer habe beim Magistrat der Landeshauptstadt Linz einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung aus humanitären Gründen gestellt, und zu dem in der Berufung gestellten Antrag, das Ausweisungsverfahren bis zur Klärung der Vorfrage, ob eine solche Niederlassungsbewilligung zu erteilen sei, zu unterbrechen, darauf hinzuweisen, dass die Anhängigkeit eines Verfahrens auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen zu keiner Einschränkung der behördlichen Ermächtigung zur Erlassung einer Ausweisung führe. Zudem werde in § 44b Abs. 3 und 4 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) ausdrücklich angeführt, dass solche Anträge kein Aufenthalts- oder Bleiberecht nach dem genannten Gesetz begründen. Das Ausweisungsverfahren sei daher nicht zu unterbrechen gewesen. Der (weitere) Berufungsantrag auf Feststellung, dass dem Beschwerdeführer ein humanitäres Bleiberecht zukomme, sei mangels gesetzlicher Grundlage zurückzuweisen.

Die öffentliche Ordnung werde - so führte die belangte Behörde im Rahmen der Interessenabwägung noch aus - schwerwiegend beeinträchtigt, wenn sich einwanderungswillige Fremde unerlaubt nach Österreich begeben, um damit die inländischen Behörden vor vollendete Tatsachen zu stellen. Das gelte auch dann, wenn Fremde nach Auslaufen einer Aufenthaltsberechtigung bzw. nach Abschluss eines Asylverfahrens das Bundesgebiet nicht rechtzeitig verlassen. Die Ausweisung sei in solchen Fällen erforderlich, um jenen Zustand herzustellen, der bestünde, wenn sich der Fremde gesetzestreu verhalten hätte. Vor diesem Hintergrund sei auch das Ermessen nicht zugunsten des Beschwerdeführers zu üben, insbesondere weil das dem Beschwerdeführer vorwerfbare (Fehl-)Verhalten - seit dem Abschluss des Asylverfahrens illegaler Aufenthalt von mehr als sieben Monaten und offensichtliche Weigerung, Österreich freiwillig zu verlassen - im Verhältnis zu der vom Beschwerdeführer geltend gemachten, jedoch erheblich zu relativierenden Integration überwiege. Es seien auch sonst keine besonderen Umstände ersichtlich, die eine andere Ermessensübung begründen könnten.

Gegen diesen Bescheid - der Sache nach jedoch nur gegen die Ausweisung - richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

1.1. Unter der Überschrift "Ausweisung Fremder ohne Aufenthaltstitel" ordnet § 53 Abs. 1 FPG an, dass Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden können, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten.

1.2. In der Beschwerde wird ausdrücklich zugestanden, dass das Asylverfahren des Beschwerdeführers mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom rechtskräftig beendet wurde und dem Beschwerdeführer somit seit dessen Zustellung am ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen (iSd § 31 Abs. 1 Z 4 FPG) nicht mehr zukomme. Der Beschwerdeführer meint aber, die Auffassung der belangten Behörde, deshalb sei der weitere Aufenthalt als unrechtmäßig anzusehen, sei nunmehr wegen der seit geltenden Rechtslage nicht mehr vertretbar. Die belangte Behörde übersehe nämlich, dass § 43 Abs. 2 NAG dem Fremden ein Recht darauf einräume, dass ihm bei Vorliegen der in dieser Gesetzesstelle genannten Voraussetzungen auch von Amts wegen eine "Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt" zu erteilen sei. Aufgrund dieses unbedingten Rechtsanspruches sei der Aufenthalt des Fremden während des Verfahrens als "geduldet" anzusehen, sodass er sich nicht rechtswidrig im Bundesgebiet aufhalte, nicht zur Ausreise verhalten werden könne und daher eine Ausweisung unzulässig sei.

1.3. Diesem Vorbringen kommt keine Berechtigung zu, wobei der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2009/21/0293, verwiesen werden kann, in dem grundlegend zum Verhältnis von Ausweisungen nach § 53 Abs. 1 FPG zum (Verfahren über einen) Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus "humanitären Gründen" Stellung genommen wurde (siehe dort Punkt 4. der Entscheidungsgründe; in Bezug auf den in der Beschwerde genannten Antrag nach § 43 Abs. 2 NAG vgl. insbesondere Punkte 4.3.1. und 4.3.2.). Danach steht die Anhängigkeit eines Verfahrens auf Erteilung eines sogenannten humanitären Aufenthaltstitels nach den §§ 43 Abs. 2 und 44 Abs. 3 NAG sowie nach § 44 Abs. 4 NAG (jeweils in der seit geltenden Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 29/2009) der Erlassung einer Ausweisung nicht entgegen.

2.1. Würde durch eine Ausweisung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist sie gemäß § 66 Abs. 1 FPG nur dann zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Gemäß § 66 Abs. 2 FPG in der hier anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 29/2009 sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

"1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war;


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2.
das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;
3.
die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;
4.
der Grad der Integration;
5.
die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;
6.
die strafgerichtliche Unbescholtenheit;
7.
Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren."
Eine Ausweisung ist nach dem - mit der genannten Novelle angefügten - § 66 Abs. 3 FPG nur dann auf Dauer unzulässig, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Ausweisung schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein gemeinschaftsrechtliches oder unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.

2.2.1. Zum zitierten § 66 Abs. 2 FPG meint der Beschwerdeführer, weder aus dessen Wortlaut noch aus der bisherigen Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts gehe hervor, ob ein unzulässiger Eingriff in das Privat- und Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nach der Bestimmung des § 66 FPG nur dann gegeben sei, wenn alle acht im Abs. 2 genannten Umstände vorlägen, und wie diese jeweils zu gewichten seien. Die belangte Behörde gehe in ihrer Entscheidung offenbar von der Auffassung aus, dass eine Ausweisung jedenfalls dann zulässig sei, wenn die Z 8 verwirklicht sei. Das könne nicht richtig sein, weil es dazu führte, dass ein ehemaliger Asylwerber unabhängig vom Ausmaß und der Intensität der in den Z 1 bis 7 genannten Umstände jedenfalls ausgewiesen werden könnte. Wenn eine gesetzwidrig überlange Dauer des Asylverfahrens zwangsweise dazu führe, dass sich ein Fremder in dieser Zeit im Aufenthaltsstaat integriere, könne ihm dies aber "keineswegs nachteilig vorgeworfen werden". Das Eingehen von sozialen Beziehungen leite sich allein aus der Tatsache des Aufenthalts ab und die Integration eines Fremden sei daher davon unabhängig, ob er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sei oder nicht. § 66 Abs. 2 Z 8 FPG könne daher nur dahingehend ausgelegt werden, dass dieser ausschließlich Fälle betreffe, in denen ein Fremder - wie z.B. bei einer Scheinehe - bewusst eine Beziehung zu dem Zweck eingehe, um sich dadurch einen Aufenthaltstitel zu verschaffen.

2.2.2. Im Übrigen - so wird in der Beschwerde in diesem Zusammenhang noch ausgeführt - weiche der Wortlaut und der Sinn des § 66 Abs. 1 FPG, wonach die Ausweisung zur Erreichung der Ziele des Art. 8 Abs. 2 EMRK "dringend geboten" sein müsse, deutlich von der genannten Konventionsbestimmung ab, weil sie den Eingriff in das Privat- und Familienleben schon unter der Voraussetzung zulasse, dass dieser aus den dort genannten Gründen "notwendig" sei. Damit beschränke § 66 FPG "für den österreichischen Rechtsbereich Artikel 8 EMRK zusätzlich dahingehend, dass eben eine Ausweisung nur zulässig ist, wenn sie 'dringend geboten' ist", weil die Wortfolge "dringend geboten" nicht mit "notwendig" gleichzusetzen sei. Daraus folge, dass die von der belangten Behörde ins Treffen geführte Judikatur des EGMR nicht heranzuziehen sei. Es ergebe sich vielmehr eindeutig, dass nach der seit geltenden Rechtslage eine Ausweisung selbst dann unzulässig sein kann, wenn die Ausweisung die "Schranken des Artikel 8 EMRK noch nicht überschreitet, sondern unter Umständen wesentlich darunter liegt".

2.3.1. Bei den zuletzt dargestellten Ausführungen wird zunächst übersehen, dass § 66 Abs. 1 FPG durch die am in Kraft getretene Novelle BGBl. I Nr. 29/2009 nicht geändert wurde. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers kann aber kein Zweifel bestehen, dass die in dieser Bestimmung (und in den entsprechenden fremdengesetzlichen Vorgängerregelungen) gewählte Formulierung "dringend geboten" der Wortfolge in Art. 8 Abs. 2 EMRK "in einer demokratischen Gesellschaft ... notwendig" ("necessary in a democratic society") entspricht und sich an der Auslegung dieser Wendung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) im Sinne von "dringendes soziales Bedürfnis" ("pressing social need") orientiert. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher bereits zur Auslegung der im Wesentlichen wortgleichen Vorgängerbestimmung des § 66 Abs. 1 FPG unter Bezugnahme auf Vorjudikatur festgehalten, dass die Anordnung in § 37 Abs. 1 Fremdengesetz 1997, die Erlassung einer Ausweisung sei nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist, bedeute, dass die Ausweisung zur Erreichung zumindest eines dieser Ziele ein "zwingendes soziales Bedürfnis" im Sinn der Rechtsprechung des EGMR darstellen müsse (siehe etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/21/0219; vgl. in diesem Sinn zum inhaltsgleichen § 19 des Fremdengesetzes 1993 u.a. das Erkenntnis vom , Zl. 97/21/0896, mwN). Es kann daher keine Rede davon sein, dass § 66 Abs. 1 FPG - wie der Beschwerdeführer offenbar meint - dahin auszulegen wäre, die Ausweisung könne in bestimmten Konstellationen im Sinne dieser Bestimmung unzulässig sein, obwohl der dadurch bewirkte Eingriff bei einer Beurteilung am Maßstab des Art. 8 Abs. 2 EMRK zulässig wäre. Es ist vielmehr von einem inhaltlichen Gleichklang dieser Bestimmungen auszugehen (vgl. idS auch Muzak in Muzak/Taucher/Pinter/Lobner, Fremden- und Asylrecht, 166, Anm. 1 zu § 37 FrG 1997: "Abs. 1 rekurriert allgemein auf die Determinanten des Art. 8 MRK"). Es ist daher zur Prüfung der Frage der Zulässigkeit eines durch eine Ausweisung bewirkten Eingriffs in das Privat- und Familienleben nach wie vor auch auf die Rechtsprechung des EGMR zu Art 8 EMRK im Zusammenhang mit Aufenthaltsbeendigungen Bedacht zu nehmen.

2.3.2. Dieses Ergebnis bestätigt sich auch bei einem Blick auf die schon angesprochene Novellierung des § 66 FPG mit BGBl. I Nr. 29/2009:

Nach § 66 Abs. 2 FPG in der Fassung vor dieser Novelle durfte eine Ausweisung gemäß § 54 Abs. 1, 3 und 4 FPG jedenfalls nicht erlassen werden, wenn die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wogen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung. Bei dieser Abwägung war insbesondere auf die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen (Z 1) und die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen Bedacht zu nehmen (Z 2). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes waren diese in § 66 Abs. 2 FPG genannten Gesichtspunkte auch bei der für die Prüfung der Zulässigkeit einer Ausweisung gemäß § 53 Abs. 1 FPG vorzunehmenden Beurteilung nach § 66 Abs. 1 FPG zu beachten (Erkenntnis vom , Zlen. 2007/21/0317, 0318, mwN).

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinen Erkenntnissen vom , B 328/07, und B 1150/07, VfSlg. 18.223 und 18.224, vom EGMR in seiner Judikatur entwickelte, bei Beurteilung der Zulässigkeit von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des dadurch bewirkten Eingriffs in das Privat- und Familienleben maßgebliche Kriterien für die Interessenabwägung dargestellt. Diese Umstände waren auch in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 37 Fremdengesetz 1997 und zu § 66 FPG für maßgeblich erachtet worden (vgl. das zuletzt zitierte Erkenntnis vom , mit dem beispielsweisen Hinweis auf das Erkenntnis vom , Zl. 99/21/0156).

Diese Kriterien wurden mit der genannten Novelle in den § 66 Abs. 2 FPG nunmehr sinngemäß aufgenommen. Damit soll - nach der Absicht des Gesetzgebers (siehe die ErläutRV 88 BlgNR 24. GP 2 f iVm 5) - die im Hinblick auf Art. 8 EMRK gebotene Interessenabwägung im Gesetz abgebildet werden, ohne dass damit eine inhaltliche Änderung der Rechtslage verbunden wäre. Die bisher in § 66 Abs. 2 Z 1 und 2 FPG nur allgemein angeführten, für die Abwägung zwischen öffentlichem und persönlichem Interesse maßgeblichen Gesichtspunkte wurden somit nur durch die Aufzählung und konkrete Umschreibung der bei einer derartigen Interessenabwägung für die Beurteilung der Zulässigkeit eines Eingriffs in das Privat- und Familienleben des Fremden gemäß Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigenden Kriterien ersetzt. Da die "verfassungs- und menschenrechtliche Schranke des Art. 8 EMRK" unter Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Judikatur schon nach der bisherigen Rechtslage zu beachten war, schaffe die neue Regelung - so die ErläutRV - weder eine zusätzliche formelle noch eine inhaltliche Änderung der Prüfung der Unzulässigkeit der Ausweisung (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/21/0174).

Dass wie bisher eine Interessenabwägung vorzunehmen ist, ergibt sich - wie klarstellend anzumerken ist - ohnehin bereits aus § 66 Abs. 1 FPG. In diesem Sinn wird in den zitierten Gesetzesmaterialien weiters dargelegt, dass die Behörden beim Vollzug des § 66 FPG nach wie vor zu beurteilen hätten, ob eine Ausweisung einen Eingriff in die durch Art. 8 Abs. 1 EMRK garantierten Rechte bedeute, und dass sie bejahendenfalls das Vorliegen der Eingriffsermächtigung des Art. 8 Abs. 2 EMRK zu prüfen hätten. Weiterhin hätten somit die Behörden - so führen die ErläutRV daran anschließend aus - bei vorliegendem Eingriff in ein bestehendes Privat- oder Familienleben letztlich eine individuelle, an den Umständen des Einzelfalls orientierte Abwägung zwischen den öffentlichen Interessen und den Interessen des Betroffenen vorzunehmen und sich dabei auch an den nunmehr im Gesetz ausdrücklich angeführten Kriterien zu orientieren. Schließlich wird in den genannten Erläuterungen noch angemerkt, im Sinne einer verfassungskonformen Einzelfallprüfung und einer dynamischen Weiterentwicklung des Art. 8 EMRK durch die Höchstgerichte und den EGMR seien die angeführten Kriterien nicht abschließend geregelt worden und je nach Sachverhaltsrelevanz des Einzelfalles anwendbar (arg. "insbesondere").

2.3.3. Im Hinblick auf das oben im Punkt 2.2.2. wiedergegebene Beschwerdevorbringen ist daher zusammenfassend festzuhalten, dass sich einerseits aus § 66 FPG kein von Art. 8 EMRK abweichender Beurteilungsmaßstab ergibt und dass andererseits durch die Novellierungen in § 66 FPG keine inhaltliche Änderung der bisherigen Rechtslage bewirkt wurde, dazu ergangene Judikatur grundsätzlich auch weiterhin ihre Gültigkeit behält und nach wie vor unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalls eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen, insbesondere unter Berücksichtigung der im § 66 Abs. 2 FPG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 66 Abs. 3 FPG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen ist.

2.4.1. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde eine solche Interessenabwägung vorgenommen und die nunmehr auch in der Beschwerde angeführten, für einen Verbleib des Beschwerdeführers sprechenden Umstände - Aufenthaltsdauer seit Mitte April 2003, Erwerbstätigkeit seit 2004, Beziehung zu einer österreichischen Staatsbürgerin und Unbescholtenheit - ohnehin in diese Beurteilung einbezogen. Dem Vorbringen zur Integration des Beschwerdeführers in Österreich während seines (bis zum Bescheiderlassungszeitpunkt) nicht ganz sechseinhalb Jahre dauernden Aufenthaltes hielt die belangte Behörde aber zutreffend entgegen, dass dieser durch eine illegale Einreise erlangte und nur vorläufig berechtigte Aufenthalt lediglich auf einen unbegründeten Asylantrag zurückzuführen und seit Beendigung des Asylverfahrens (im Jänner 2009 bis zum Bescheiderlassungszeitpunkt) bereits sieben Monate lang unrechtmäßig war. Die belangte Behörde ist daher insoweit im Recht, als sie in dem Gesamtverhalten des Beschwerdeführers eine maßgebliche Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesen gesehen hat. Es trifft aber auch zu, dass den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Normen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung - und damit eines von Art. 8 Abs. 2 EMRK erfassten Interesses - ein hoher Stellenwert zukommt (siehe zum Ganzen etwa zuletzt Punkt 2.2.2.2. der Entscheidungsgründe des schon zitierten Erkenntnisses vom , Zl. 2009/21/0293, mwN).

2.4.2. Ebenso entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass das durch eine soziale Integration erworbene Interesse an einem Verbleib in Österreich in seinem Gewicht gemindert ist, wenn der Fremde keine genügende Veranlassung gehabt hatte, von einer Erlaubnis zu einem dauernden Aufenthalt auszugehen (vgl. dazu Punkt 2.2.2.3. des zuletzt genannten Erkenntnisses Zl. 2009/21/0293, mit den Hinweisen auf das Erkenntnis vom , Zl. 2009/21/0253, sowie auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 825/07, das sich auf diesbezügliche Judikatur des EGMR bezieht; siehe idS etwa auch das Urteil vom im Fall Rodrigues da Silva und Hoogkamer gegen die Niederlande, Beschwerde Nr. 50435/99, und das auch von der belangten Behörde zitierte Urteil des EGMR vom im Fall Darren Omoregie u.a. gegen Norwegen, Beschwerde Nr. 265/07). Auch der EGMR stellt (u.a. auch) in diesen Judikaten darauf ab, ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die betroffenen Personen bewusst waren, der Aufenthaltsstatus eines Familienmitgliedes sei derart, dass der Fortbestand des Familienlebens im Gastland von vornherein unsicher ist. Sei das der Fall, bewirke eine Ausweisung des ausländischen Familienangehörigen nur unter ganz speziellen bzw. außergewöhnlichen Umständen ("in exceptional circumstances") eine Verletzung von Art. 8 EMRK (vgl. dazu ergänzend auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/18/0721, auf das u. a. im Erkenntnis vom , Zl. 2009/21/0086, Bezug genommen wird).

In diesem Sinn ist nach der Z 8 des § 66 Abs. 2 FPG aufgrund (nunmehr) ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung bei der Interessenabwägung auch darauf Bedacht zu nehmen, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren. Entgegen dem Standpunkt des Beschwerdeführers bestehen weder nach dem Wortlaut dieser Bestimmung noch im Hinblick auf die beabsichtigte Übernahme der erwähnten Judikaturlinie in das Gesetz ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass damit nur Missbrauchsfälle, die ja ohnehin unter die Z 7 zu subsumieren wären, erfasst werden sollten. Freilich hat die genannte Bestimmung schon vor dem Hintergrund der gebotenen Gesamtbetrachtung nicht zur Konsequenz, dass der während unsicheren Aufenthalts erlangten Integration überhaupt kein Gewicht beizumessen und ein solcherart begründetes privates und familiäres Interesse nie zur Unzulässigkeit einer Ausweisung führen könnte (vgl. idS schon das bereits genannte Erkenntnis vom , Zlen. 2007/21/0317, 0318).

2.4.3. Eine dazu im Widerspruch stehende Auffassung hat die belangte Behörde aber - anders als der Beschwerdeführer unterstellt - in ihrem Bescheid auch nicht vertreten. Vielmehr hat sie, wie erwähnt, die für den Beschwerdeführer sprechenden Umstände ohnehin berücksichtigt, durfte ihr Gewicht aber im Einklang mit der oben dargestellten Rechtslage wegen des Erwerbs der integrationsbegründenden Umstände im Status eines unsicheren Aufenthalts als gemindert ansehen. Unter diesem - somit auch fallbezogen besonders relevanten - Aspekt ist im Übrigen auch vom Verwaltungsgerichtshof darauf hinzuweisen, dass der erstinstanzliche (negative) Asylbescheid bereits drei Monate nach der Einreise ergangen war, sodass sich der Beschwerdeführer jedenfalls ab diesem Zeitpunkt der Unsicherheit seines weiteren Aufenthalts bewusst sein musste. Angesichts dessen kommt insbesondere auch der vom Beschwerdeführer in den Vordergrund gestellten Beziehung zu einer Österreicherin kein entscheidendes Gewicht zu. Wenn in der Beschwerde diesbezüglich deren unterlassene Einvernahme als Verfahrensmangel geltend gemacht wird, fehlt aber schon die Relevanz, hat doch die belangte Behörde das Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren zum Bestehen dieser Beziehung und zur (in der Beschwerde allerdings gar nicht mehr ins Treffen geführten) Heiratsabsicht ohnehin als richtig unterstellt und ihrer Entscheidung zugrunde gelegt. Soweit in der Beschwerde von einer "engen" und "langjährigen" Beziehung gesprochen wird, bleibt sie im Übrigen jede nähere Konkretisierung, auch im Hinblick auf den Zeitpunkt des Beginns der Freundschaft, schuldig. Dass der Beschwerdeführer auch nach den Angaben im vorgelegten Vermögensbekenntnis in der Wohnung eines Freundes wohnt, sei nur zur Vollständigkeit erwähnt.

Entgegen der Annahme des Beschwerdeführers, der dabei (offenbar irrtümlich) eine Passage aus der Wiedergabe des erstinstanzlichen Bescheides vor Augen hat, unterstellte die belangte Behörde auch die Richtigkeit seiner Angaben zur Berufstätigkeit und zum Einkommen. Insoweit ist daher ebenfalls kein Verfahrensfehler zu erkennen.

2.5. Zusammenfassend ist es daher fallbezogen nicht zu beanstanden, dass die belangte Behörde die Ausweisung des Beschwerdeführers unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK nicht als unzulässigen Eingriff in sein Privatleben angesehen hat (vgl. dazu etwa auch das eine insgesamt ähnliche Konstellation betreffende Erkenntnis vom , Zl. 2009/21/0086).

3. In der Beschwerde werden schließlich auch keine ausreichenden Gründe aufgezeigt, wonach die Ermessensübung durch die belangte Behörde nicht im Sinne des Gesetzes erfolgt wäre.

4. Die Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am