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VwGH 13.12.2016, Ra 2016/09/0082

VwGH 13.12.2016, Ra 2016/09/0082

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


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Normen
12003T/TXT Beitrittsvertrag Europäische Union;
12010E056 AEUV Art56;
12010E057 AEUV Art57;
12010E267 AEUV Art267;
12012J/TXT Beitrittsvertrag Europäische Union Art18;
12012J/TXT Beitrittsvertrag Europäische Union;
31996L0071 Entsende-RL Anh;
31996L0071 Entsende-RL Art1 Abs3 lita;
31996L0071 Entsende-RL Art1 Abs3 litc;
31996L0071 Entsende-RL Art1;
31996L0071 Entsende-RL;
61980CJ0279 Webb VORAB;
61981CJ0283 CILFIT und Lanificio di Gavardo VORAB;
61989CJ0113 Rush Portuguesa VORAB;
61993CJ0043 Vander Elst VORAB;
62003CJ0445 Kommission / Luxemburg;
62004CJ0168 Kommission / Österreich;
62004CJ0244 Kommission / Deutschland;
62009CJ0307 Vicoplus VORAB;
62013CJ0091 Essent Energie Productie VORAB;
62013CJ0586 Martin Meat VORAB;
AuslBG §18 Abs1;
AuslBG §18 Abs12;
AuslBG §32a Abs1;
AuslBG §32a Abs11;
AVRAG 1993 §7b;
RS 1
Dem EuGH werden nach Art. 267 AEUV folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.) Sind Art. 56 und 57 AEUV, die Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen, Nr. 2 und 12 des Kapitels 2. Freizügigkeit, des Anhangs V der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Kroatien und die Anpassungen des Vertrags über die Europäische Union, des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft dahin auszulegen, dass Österreich berechtigt ist, die Entsendung von Arbeitnehmern, die bei einer Gesellschaft mit Sitz in Kroatien beschäftigt sind, durch das Erfordernis einer Beschäftigungsbewilligung einzuschränken, wenn diese Entsendung im Wege der Überlassung an eine in Italien ansässige Gesellschaft zum Zweck der Erbringung einer Dienstleistung durch die italienische Gesellschaft in Österreich erfolgt und sich die Tätigkeit der kroatischen Arbeitnehmer für die italienische Gesellschaft bei der Errichtung eines Drahtwalzwerks in Österreich auf die Erfüllung dieser Dienstleistung in Österreich beschränkt und zwischen ihnen und der italienischen Gesellschaft kein Dienstverhältnis besteht?

2.) Sind Art. 56 und 57 AEUV und die Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen dahin auszulegen, dass Österreich berechtigt ist, die Entsendung von bei einer Gesellschaft mit Sitz in Italien beschäftigten russischen und weißrussischen Arbeitnehmern durch das Erfordernis einer Beschäftigungsbewilligung einzuschränken, wenn diese Entsendung im Wege einer Überlassung an eine in Italien ansässige zweite Gesellschaft zum Zweck der Erbringung einer Dienstleistung durch die zweite Gesellschaft in Österreich erfolgt und sich die Tätigkeit der russischen bzw. weißrussischen Arbeitnehmer für die zweite Gesellschaft auf die Erfüllung von deren Dienstleistung in Österreich beschränkt und zwischen ihnen und der zweiten Gesellschaft kein Dienstverhältnis besteht?

Entscheidungstext

Beachte

* EuGH-Zahl: C-18/17

* EuGH-Entscheidung:

EuGH 62017CJ0018 B

Vorabentscheidungsverfahren:

* Vorabentscheidungsantrag:

Ra 2016/09/0082 E

* EuGH-Entscheidung:

EU 2016/0009

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

Ra 2016/09/0083

Ra 2016/09/0084

Ra 2016/09/0087

Ra 2016/09/0086

Ra 2016/09/0085

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Doblinger, Dr. Hofbauer und Mag. Feiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Höhl, über die außerordentlichen Revisionen der revisionswerbenden Parteien 1. D & C. S.p.A. Vertreter G B in B, Italien, 2. D P in O, 3. I A in B, 4. J M in R, 5. M B in C, 6. N D in B, 7. A M in R, alle vertreten durch Oberhammer Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Karlsplatz 3/1, gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes vom ,

1)

Zl. G309 2123493-1/4E, 2) Zl. G309 2123533-1/4E,

3)

Zl. G309 2123483-1/3E, 4) Zl. G309 2123498-1/5E,

5)

Zl. G309 2123490-1/5E, 6) Zl. G309 2123486-1/4E, jeweils betreffend Entsendung gemäß § 18 Abs. 12 Ausländerbeschäftigungsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Regionale Geschäftsstelle Leoben des Arbeitsmarktservice), den Beschluss gefasst:

Spruch

Dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) werden nach Art. 267 AEUV folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.) Sind Art. 56 und 57 AEUV, die Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen, Nr. 2 und 12 des Kapitels 2. Freizügigkeit, des Anhangs V der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Kroatien und die Anpassungen des Vertrags über die Europäische Union, des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft dahin auszulegen, dass Österreich berechtigt ist, die Entsendung von Arbeitnehmern, die bei einer Gesellschaft mit Sitz in Kroatien beschäftigt sind, durch das Erfordernis einer Beschäftigungsbewilligung einzuschränken, wenn diese Entsendung im Wege der Überlassung an eine in Italien ansässige Gesellschaft zum Zweck der Erbringung einer Dienstleistung durch die italienische Gesellschaft in Österreich erfolgt und sich die Tätigkeit der kroatischen Arbeitnehmer für die italienische Gesellschaft bei der Errichtung eines Drahtwalzwerks in Österreich auf die Erfüllung dieser Dienstleistung in Österreich beschränkt und zwischen ihnen und der italienischen Gesellschaft kein Dienstverhältnis besteht?

2.) Sind Art. 56 und 57 AEUV und die Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen dahin auszulegen, dass Österreich berechtigt ist, die Entsendung von bei einer Gesellschaft mit Sitz in Italien beschäftigten russischen und weißrussischen Arbeitnehmern durch das Erfordernis einer Beschäftigungsbewilligung einzuschränken, wenn diese Entsendung im Wege einer Überlassung an eine in Italien ansässige zweite Gesellschaft zum Zweck der Erbringung einer Dienstleistung durch die zweite Gesellschaft in Österreich erfolgt und sich die Tätigkeit der russischen bzw. weißrussischen Arbeitnehmer für die zweite Gesellschaft auf die Erfüllung von deren Dienstleistung in Österreich beschränkt und zwischen ihnen und der zweiten Gesellschaft kein Dienstverhältnis besteht?

Begründung

Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der italienischen Gesellschaft D S.p.A. (Erstrevisionswerberin) und vier kroatischen Staatsangehörigen (dem Zweit-, Viert-, Fünft- und Siebentrevisionswerber), sowie einem russischen und einem weißrussischen Staatsangehörigen (dem Dritt- und dem Sechstrevisionswerber) einerseits und der regionalen Geschäftsstelle Leoben des Arbeitsmarktservice, einer dem Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz unterstellten Behörde.

A.) Sachverhalt:

1 Die Erstrevisionswerberin im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist eine Gesellschaft mit Firmensitz in Italien. Sie hat den Auftrag eines österreichischen Unternehmens zur Errichtung eines Drahtwalzwerkes in Österreich übernommen. Sie steht in einem Konzernverhältnis zu den weiteren Gesellschaften DS d.o.o. mit Sitz in Kroatien (in der Folge: Beschäftigerbetrieb Kroatien) und DA-S.p.A. mit Sitz in Italien (in der Folge: Beschäftigerbetrieb Italien). Die kroatischen Staatsangehörigen sind Arbeitnehmer des Beschäftigerbetriebes Kroatien und in Kroatien sozialversichert (Arbeitskräfte I; sie betrifft die erste Vorlagefrage). Der russische und der weißrussische Staatsangehörige sind Arbeitnehmer des Beschäftigerbetriebes Italien und in Italien sozialversichert (Arbeitskräfte II; sie betrifft die zweite Vorlagefrage).

2 Am  meldete die Erstrevisionswerberin alle Arbeitskräfte bei der Zentralen Koordinationsstelle des Bundes für die Kontrolle illegaler Beschäftigung für näher bezeichnete berufliche Tätigkeiten gemäß § 7b des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes (AVRAG) und § 18 Abs. 12 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) und stellte Anträge auf Bestätigung der EU-Entsendung. Die Erstrevisionswerberin teilte in späteren Schreiben mit, dass diese Arbeitskräfte nicht bei ihr selbst beschäftigt seien, sondern ihr vom Beschäftigerbetrieb Kroatien (Arbeitnehmer I) bzw. vom Beschäftigerbetrieb Italien (Arbeitnehmer II) zur Erbringung des Projekts in Österreich überlassen würden.

3 Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Leoben lehnte die Anträge auf Bestätigung der EU-Entsendung gemäß § 18 Abs. 12 AuslBG ab und untersagte die Entsendung.

4 Die dagegen erhobenen Beschwerden wurden vom Bundesverwaltungsgericht mit den vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Erkenntnissen als unbegründet abgewiesen. Das Bundesverwaltungsgericht begründete dies im Wesentlichen damit, dass es sich um Entsendungen gemäß Art. 1 Abs. 3 lit. a der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen vom16. Dezember 1996 (Entsenderichtlinie) handle. Diese Richtlinie verlange, dass "für die Dauer der Entsendung ein Arbeitsverhältnis zwischen dem entsendenden Unternehmen und dem Arbeitnehmer besteht". Ein solches liege im Fall der Entsendung bzw. Überlassung sowohl der Arbeitnehmer I vom Beschäftigerbetrieb Kroatien an die Erstrevisionswerberin als auch der Arbeitnehmer II vom Beschäftigerbetrieb Italien an die Erstrevisionswerberin nicht vor, weil die entsandten Arbeitskräfte in beiden Fällen Dienstnehmer des Beschäftigerbetriebes Kroatien bzw. des Beschäftigerbetriebes Italien blieben und weiterhin als solche sozialversichert und nicht bei der Erstrevisionswerberin ordnungsgemäß beschäftigt seien.

5 B.) Bestimmungen des Unionsrechtes:

6 Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Kroatien und die Anpassungen des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft zum Vertrag über den Beitritt der Republik Kroatien zur Europäischen Union vom (ABl. 2012, L 112, S. 10, im Folgenden: Beitrittsakte von 2012)

Art. 18 der Beitrittsakte von 2012 bestimmt:

"Die in Anhang V aufgeführten Maßnahmen gelten für Kroatien unter den in jenem Anhang festgelegten Bedingungen."

Anhang V der Beitrittsakte von 2012 trägt die Überschrift "Liste nach Artikel 18 der Beitrittsakte: Übergangsmaßnahmen". Kapitel 2 ("Freizügigkeit") dieses Anhangs sieht in den Nr. 1, 2 und 12 vor:

"1. Hinsichtlich der Freizügigkeit der Arbeitnehmer und der Dienstleistungsfreiheit mit vorübergehender Entsendung von Arbeitskräften im Sinne des Artikels 1 der Richtlinie 96/71/EG gelten Artikel 45 und Artikel 56 Absatz 1 AEUV zwischen Kroatien einerseits und den derzeitigen Mitgliedstaaten andererseits in vollem Umfang nur vorbehaltlich der Übergangsbestimmungen der Nummern 2 bis 13.

2. Abweichend von den Artikeln 1 bis 6 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 und bis zum Ende eines Zeitraums von zwei Jahren nach dem Tag des Beitritts werden die derzeitigen Mitgliedstaaten nationale oder sich aus bilateralen Abkommen ergebende Maßnahmen anwenden, um den Zugang kroatischer Staatsangehöriger zu ihren Arbeitsmärkten zu regeln. Die derzeitigen Mitgliedstaaten können solche Maßnahmen bis zum Ende eines Zeitraums von fünf Jahren nach dem Tag des Beitritts weiter anwenden.

Kroatische Staatsangehörige, die am Tag des Beitritts rechtmäßig in einem derzeitigen Mitgliedstaat arbeiten und für einen ununterbrochenen Zeitraum von 12 Monaten oder länger zum Arbeitsmarkt dieses Mitgliedstaats zugelassen waren, haben Zugang zum Arbeitsmarkt dieses Mitgliedstaats, aber nicht zum Arbeitsmarkt anderer Mitgliedstaaten, die nationale Maßnahmen anwenden.

Kroatische Staatsangehörige, die nach dem Beitritt für einen ununterbrochenen Zeitraum von 12 Monaten oder länger zum Arbeitsmarkt eines derzeitigen Mitgliedstaats zugelassen waren, genießen dieselben Rechte.

Die in den Unterabsätzen 2 und 3 genannten kroatischen Staatsangehörigen verlieren die in diesen Unterabsätzen genannten Rechte, wenn sie den Arbeitsmarkt des derzeitigen Mitgliedstaats freiwillig verlassen.

Kroatischen Staatsangehörigen, die am Tag des Beitritts oder während eines Zeitraums, in dem nationale Maßnahmen angewandt werden, rechtmäßig in einem derzeitigen Mitgliedstaat arbeiten und weniger als 12 Monate zum Arbeitsmarkt dieses Mitgliedstaats zugelassen waren, werden die in den Unterabsätzen 2 und 3 genannten Rechte nicht gewährt.

...

12. Um tatsächlichen oder drohenden schwerwiegenden Störungen in bestimmten empfindlichen Dienstleistungssektoren auf den Arbeitsmärkten Deutschlands und Österreichs zu begegnen, die sich in bestimmten Gebieten aus der länderübergreifenden Erbringung von Dienstleistungen im Sinne des Artikels 1 der Richtlinie 96/71/EG ergeben könnten, können Deutschland und Österreich, solange sie aufgrund der vorstehend festgelegten Übergangsbestimmungen nationale Maßnahmen oder Maßnahmen aufgrund von bilateralen Vereinbarungen über die Freizügigkeit kroatischer Arbeitnehmer anwenden, nach Unterrichtung der Kommission von Artikel 56 Absatz 1 AEUV abweichen, um im Bereich der Erbringung von Dienstleistungen durch in Kroatien niedergelassene Unternehmen die vorübergehende grenzüberschreitende Beschäftigung von Arbeitnehmern einzuschränken, deren Recht, in Deutschland oder Österreich eine Arbeit aufzunehmen, nationalen Maßnahmen unterliegt.

Folgende Dienstleistungssektoren können von dieser abweichenden Regelung betroffen sein:

...

-

in Österreich;

Sektor NACE-Code (*), sofern nicht anders angegeben

...

Baugewerbe, einschließlich 45.1 bis 4; im Anhang der

Richtlinie

verwandte Wirtschaftszweige 96/71/EG aufgeführte

Tätigkeiten

...

(*) NACE; siehe 31990 R 3037: Verordnung (EWG) Nr. 3037/90 des Rates vom betreffend die statistische Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft (ABl. L 293 vom , S. 1)

...

Die Anwendung dieser Nummer darf nicht zu Bedingungen für die vorübergehende Freizügigkeit von Arbeitnehmern im Rahmen der länderübergreifenden Erbringung von Dienstleistungen zwischen Deutschland bzw. Österreich und Kroatien führen, die restriktiver sind als die zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Beitrittsvertrags geltenden Bedingungen."

NACE-Code 45.1 bis 4 lauten:

"- 45 Baugewerbe

45.1 Vorbereitende Baustellenarbeiten

45.11 Abbruch-, Spreng- und

Enttrümmerungsgewerbe, Erdbewegungsarbeiten

45.12 Brunnenbau, Tiefbohrung,

Aufschließung und Schachtbau (ohne

Erdöl- und Erdgasbohrung)

45.2 Hoch- und Tiefbau

45.21 Hochbau, Brücken- und Tunnelbau

u. ä.

45.22 Dachdeckerei und Zimmerei

45.23 Straßenbau

45.24 Wasserbau

45.25 Spezialbau und sonstiger Tiefbau

45.3 Sonstiges Baugewerbe

45.31 Elektroinstallation

45.32 Abdichtung und Dämmung

45.33 Klempnerei, Gas- und

Wasserinstallation

45.34 Sonstige Bauinstallation

45.4 Sonstiges Baugewerbe

45.41 Stukkateurgewerbe, Gipserei und

Verputzerei

45.42 Bautischlerei

45.43 Tapetenkleberei, Fußboden-,

Fliesen- und Plattenlegerei

45.44 Maler- und Glasergewerbe

45.45 Baugewerbe a. n. g."

7 Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen (in der Folge: Entsenderichtlinie):

"Artikel 1

Anwendungsbereich

(1) Diese Richtlinie gilt für Unternehmen mit Sitz in einem Mitgliedstaat, die im Rahmen der länderübergreifenden Erbringung von Dienstleistungen Arbeitnehmer gemäß Absatz 3 in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats entsenden.

...

(3) Diese Richtlinie findet Anwendung, soweit die in Absatz 1 genannten Unternehmen eine der folgenden länderübergreifenden Maßnahmen treffen:

a) einen Arbeitnehmer in ihrem Namen und unter ihrer

Leitung in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats im Rahmen eines Vertrags entsenden, der zwischen dem entsendenden Unternehmen und dem in diesem Mitgliedstaat tätigen Dienstleistungsempfänger geschlossen wurde, sofern für die Dauer der Entsendung ein Arbeitsverhältnis zwischen dem entsendenden Unternehmen und dem Arbeitnehmer besteht, oder

b) einen Arbeitnehmer in eine Niederlassung oder ein der

Unternehmensgruppe angehörendes Unternehmen im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats entsenden, sofern für die Dauer der Entsendung ein Arbeitsverhältnis zwischen dem entsendenden Unternehmen und dem Arbeitnehmer besteht, oder

c) als Leiharbeitsunternehmen oder als einen Arbeitnehmer

zur Verfügung stellendes Unternehmen einen Arbeitnehmer in ein verwendendes Unternehmen entsenden, das seinen Sitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat oder dort seine Tätigkeit ausübt, sofern für die Dauer der Entsendung ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Leiharbeitsunternehmen oder dem einen Arbeitnehmer zur Verfügung stellenden Unternehmen und dem Arbeitnehmer besteht.

(4) Unternehmen mit Sitz in einem Nichtmitgliedstaat darf keine günstigere Behandlung zuteil werden als Unternehmen mit Sitz in einem Mitgliedstaat.

...

ANHANG

Die in Artikel 3 Absatz 1 zweiter Gedankenstrich genannten

Tätigkeiten umfassen alle Bauarbeiten, die der Errichtung, der

Instandsetzung, der Instandhaltung, dem Umbau oder dem Abriß von

Bauwerken dienen, insbesondere

1. Aushub

2. Erdarbeiten

3. Bauarbeiten im engeren Sinn

4. Errichtung und Abbau von Fertigbauelementen

5. Einrichtung und Ausstattung

6. Umbau

7. Renovierung

8. Reparatur

9. Abbauarbeiten

10. Abbrucharbeiten

11. Wartung

12. Instandhaltung (Maler- und Reinigungsarbeiten)

13. Sanierung."

8 C.) Die im vorliegenden Fall anzuwendenden nationalen Vorschriften lauten:

9 § 18 Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. Nr. 218/1975, zuletzt geändert durch BGBl I Nr. 72/2013 (AuslBG):

"Betriebsentsandte Ausländer

Voraussetzungen für die Beschäftigung; Entsendebewilligung

(1) Ausländer, die von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt werden, bedürfen, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, einer Beschäftigungsbewilligung. Dauern diese Arbeiten nicht länger als sechs Monate, bedürfen Ausländer einer Entsendebewilligung, welche längstens für die Dauer von vier Monaten erteilt werden darf.

...

(12) Für Ausländer, die von einem Unternehmen mit

Betriebssitz in einem anderen Mitgliedstaat des Europäischen

Wirtschaftsraumes zur Erbringung einer vorübergehenden

Arbeitsleistung nach Österreich entsandt werden, ist keine

Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erforderlich, wenn

1. sie ordnungsgemäß zu einer Beschäftigung im Staat des

Betriebssitzes über die Dauer der Entsendung nach Österreich

hinaus zugelassen und beim entsendenden Unternehmen rechtmäßig

beschäftigt sind und

2. die österreichischen Lohn- und Arbeitsbedingungen gemäß

§ 7b Abs. 1 Z 1 bis 3 und Abs. 2 des Arbeitsvertragsrechts Anpassungsgesetzes (AVRAG), BGBl. Nr. 459/1993, sowie die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden.

Die Zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen hat die Meldung über die Beschäftigung betriebsentsandter Ausländer gemäß § 7b Abs. 3 und 4 AVRAG unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zu übermitteln. Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat binnen zwei Wochen ab Einlangen der Meldung dem Unternehmen und dem Auftraggeber, der die Arbeitsleistungen in Anspruch nimmt, das Vorliegen der Voraussetzungen zu bestätigen (EU-Entsendebestätigung) oder bei Nichtvorliegen die Entsendung zu untersagen. Unbeschadet der Meldepflicht gemäß § 7b Abs. 3 und 4 AVRAG darf die Beschäftigung bei Vorliegen der Voraussetzungen auch ohne EU-Entsendebestätigung begonnen werden."

§ 32a AuslBG lautet auszugsweise:

"Übergangsbestimmungen zur EU-Erweiterung

(1) Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die am aufgrund des Vertrages über den Beitritt der Republik Bulgarien und Rumäniens zur Europäischen Union (Beitrittsvertrag von Luxemburg), Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 157 vom , Seite 11, der Europäischen Union beigetreten sind, genießen keine Arbeitnehmerfreizügigkeit im Sinne des § 1 Abs. 2 lit. l, es sei denn, sie sind Angehörige eines gemeinschaftsrechtlich aufenthaltsberechtigten Staatsangehörigen eines anderen EWR-Mitgliedstaates gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 bis 3 NAG.

...

(11) Aufgrund des Vertrages über den Beitritt der Republik Kroatien zur Europäischen Union, ABL. Nr. L 112 vom S. 10, gelten die Abs. 1 bis 9 ab dem EU-Beitritt Kroatiens sinngemäß für Staatsangehörige der Republik Kroatien und für Arbeitgeber mit Betriebssitz in der Republik Kroatien."

D.) Zur Vorlageberechtigung:

10 Der Verwaltungsgerichtshof ist ein Gericht im Sinne des Art. 267 AEUV, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechtes angefochten werden können. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt die Auffassung, dass sich bei der Entscheidung über die von ihm zu beurteilende "Überlassung und Entsendung" die im gegenständlichen Ersuchen um Vorabentscheidung angeführten und im Folgenden näher erörterten Fragen der Auslegung des Unionsrechts stellen.

E) Erläuterung des Vorlagebeschlusses:

11 E.1.) Allgemeiner Teil:

12 Der Europäische Gerichtshof hat im Urteil vom Vicoplus u. a., C 307/09 bis C 309/09 (in der Folge: Vicoplus), in Bezug auf Maßnahmen, die das Königreich der Niederlande hinsichtlich polnischer Arbeitnehmer getroffen hatte, entschieden, dass die Art. 56 AEUV und 57 AEUV nicht verbieten, dass ein Mitgliedstaat während der in Kapitel 2 Nr. 2 des Anhangs XII der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge vorgesehenen Übergangszeit die Entsendung von polnischen Arbeitnehmern im Sinne des Art. 1 Abs. 3 Buchst. c der Entsenderichtlinie von der Einholung einer Beschäftigungserlaubnis abhängig macht (Rn. 41).

13 Der Gerichtshof hat dies im Wesentlichen damit begründet, es wäre, wie der Generalanwalt in seinen Schlussanträgen ausgeführt hat, "gekünstelt, bei einem Zustrom von Arbeitnehmern zum Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats danach zu unterscheiden, ob sie im Zuge der Überlassung von Arbeitnehmern oder unmittelbar und eigenverantwortlich in den Markt eintreten, da diese potenziell beträchtliche Zuwanderung in beiden Fällen zu Störungen auf diesem Arbeitsmarkt führen kann. Würde die Überlassung von Arbeitnehmern vom Anwendungsbereich des Kapitels 2 Nr. 2 des Anhangs XII der Beitrittsakte von 2003 ausgeschlossen, bestünde daher die Gefahr, dass dieser Vorschrift ein Großteil ihrer praktischen Wirksamkeit genommen würde" (Rn. 35).

14 Diese Beurteilung hat der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom , Martin Meat kft, C-586/13 (in der Folge: Martin Meat), auch mit Bezug auf die Frage der Zulässigkeit von Beschränkungen der Entsendung von ungarischen Arbeitskräften nach Österreich während der Übergangszeit im Hinblick auf die Übereinstimmung der anzuwendenden Bestimmungen der Übergangsvorschriften in den entsprechenden Anhängen der Beitrittsakte Polen und Ungarn vertreten (Rn. 26).

15 Der Gerichtshof hat im angeführten Urteil Martin Meat weiters entschieden, dass Kapitel 1 Nrn. 2 und 13 des Anhangs X der Beitrittsakte Ungarn von 2003 dahin auszulegen ist, dass die Republik Österreich nach Kapitel 1 Nr. 2 dieses Anhangs berechtigt ist, die Arbeitskräfteüberlassung in ihrem Hoheitsgebiet einzuschränken, auch wenn diese Überlassung keinen empfindlichen Sektor im Sinne von Kapitel 1 Nr. 13 dieses Anhangs betreffen sollte (Rn. 30).

16 Die Entsendung von Arbeitnehmern im Sinne des Art. 1 Abs. 3 Buchst. c der Entsenderichtlinie ist eine gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung, bei der der entsandte Arbeitnehmer im Dienst des die Dienstleistung erbringenden Unternehmens bleibt, ohne dass ein Arbeitsvertrag mit dem verwendenden Unternehmen geschlossen würde. Ihr wesentliches Merkmal besteht darin, dass der Wechsel des Arbeitnehmers in den Aufnahmemitgliedstaat der eigentliche Gegenstand der Dienstleistung des erbringenden Unternehmens ist und dass der Arbeitnehmer seine Aufgaben unter der Aufsicht und Leitung des verwendenden Unternehmens wahrnimmt (Rn. 27, 51 des Urteils Vicoplus; vgl. auch das Urteil vom , Webb, 279/80).

17 In seinem Urteil vom , Essent Energie Productie BV, C-91/13 (in der Folge: Essent), hat der Europäische Gerichtshof diese Aussage bekräftigt und ausgeführt, dass auch die Tatsache, dass Essent in diesem Fall nicht der unmittelbare Empfänger der Dienstleistung der Entleihe von Arbeitskräften ist, nicht zur Folge haben könne, dass dem Unternehmen die Möglichkeit genommen werde, sich auf die Art. 56 AEUV und 57 AEUV zu berufen, um gegen es verhängte Sanktionen anzufechten. Der Umstand, dass die Überlassung von Arbeitskräften drittstaatsangehörige Arbeitnehmer betreffe, sei hinsichtlich Art. 56 AEUV und Art. 57 AEUV bedeutungslos (Rn. 39f).

18 Art. 56 AEUV verlange nicht nur die Beseitigung jeder Diskriminierung des in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Dienstleistenden aufgrund seiner Staatsangehörigkeit, sondern auch die Aufhebung aller Beschränkungen - selbst wenn sie unterschiedslos für inländische Dienstleistende wie für solche aus anderen Mitgliedstaaten gelten -, sofern sie geeignet sind, die Tätigkeiten des Dienstleistenden, der in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist und dort rechtmäßig ähnliche Dienstleistungen erbringt, zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen (Rn. 44, Hinweis auf die Urteile Kommission/Luxemburg, C 445/03, EU:C:2004:655, Rn. 20, und Kommission/Österreich, C 168/04, EU:C:2006:595, Rn. 36).

19 In einem nicht harmonisierten Bereich wie in jenem der Entsendung drittstaatsangehöriger Arbeitnehmer im Rahmen der Erbringung grenzüberschreitender Dienstleistungen könne eine nationale Regelung trotz ihrer den freien Dienstleistungsverkehr beschränkenden Wirkung gerechtfertigt sein, wenn sie auf einem zwingenden Grund des Allgemeininteresses beruht und dieses Interesse nicht schon durch Vorschriften geschützt wird, denen der Dienstleistende in dem Mitgliedstaat unterliegt, in dem er ansässig ist, und wenn sie geeignet ist, die Verwirklichung des mit ihr verfolgten Ziels zu gewährleisten, ohne über das hinauszugehen, was zu dessen Erreichung erforderlich ist (Rn. 48).

20 Der Europäische Gerichtshof führte sodann in Rn. 57 dieses Urteils aus:

"Würde ein Dienstleistungsunternehmen insoweit verpflichtet, den niederländischen Behörden Angaben zu machen, aus denen hervorgeht, dass die betreffenden Arbeitnehmer in dem Mitgliedstaat, in dem sie von diesem Unternehmen beschäftigt werden, legalen Status haben, insbesondere, was Aufenthalt, Beschäftigungserlaubnis und soziale Absicherung angeht, so böte dies den genannten Behörden auf weniger einschneidende und ebenso wirksame Art und Weise die Garantie, dass diese Arbeitnehmer legal beschäftigt werden und dass sie ihre Haupttätigkeit in dem Mitgliedstaat ausüben, in dem das Dienstleistungsunternehmen ansässig ist, wie das im Ausgangsverfahren in Rede stehende Erfordernis einer Beschäftigungserlaubnis (vgl. Urteile Kommission/Luxemburg, EU:C:2004:655, Rn. 46, und Kommission/Deutschland, EU:C:2006:49, Rn. 41)."

21 Der Beitritt Kroatiens zur EU erfolgte mit Wirksamkeit vom . Nach Anhang V, Liste nach Art. 18 der Beitrittsakte:

Übergangsmaßnahmen, 2. Freizügigkeit, Z. 12 darf ua Österreich Maßnahmen anwenden, um im Bereich der Erbringung von Dienstleistungen durch in Kroatien niedergelassene Unternehmen die vorübergehende grenzüberschreitende Beschäftigung von Arbeitnehmern einzuschränken, deren Recht, in Österreich eine Arbeit aufzunehmen, nationalen Maßnahmen unterliegt. Dies gilt ua im Dienstleistungssektor Baugewerbe, einschließlich verwandte Wirtschaftszweige (NACE-Code 45.1 bis 4; im Anhang der Richtlinie 96/71/EG aufgeführte Tätigkeiten). Im Anhang der Richtlinie 96/71/EG sind alle Bauarbeiten umfasst, die der Errichtung, der Instandsetzung, der Instandhaltung, dem Umbau oder dem Abriss von Bauwerken dienen, insbesondere ua. Aushub, Erdarbeiten, Bauarbeiten im engeren Sinne, Errichtung und Abbau von Fertigbauelementen und die Einrichtung oder Ausstattung.

22 Österreich hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und wendet solche Maßnahmen in vollem Umfang im gesamten Bundesgebiet zunächst bis zum an (vgl. Mitteilung der Ständigen Vertretung Österreichs bei der Europäischen Union an die Europäische Kommission vom ).

23 Aus Art. 56 und 57 AEUV, der Entsenderichtlinie und dem Urteil Essent (vor allem der Rz. 57) dürfte abzuleiten sein, dass die Entsendung eines Arbeitnehmers Beschränkungen unterworfen werden darf, wenn dieser seine Haupttätigkeit nicht in dem Mitgliedstaat ausübt, in dem das entsendende Unternehmen (hier die Erstrevisionswerberin) seinen Sitz hat.

24 Der Gerichtshof hat das Ziel der Vermeidung einer Störung des Arbeitsmarktes durch den Zustrom von Arbeitnehmern, die nicht zum allgemeinen Arbeitsmarkt des Aufnahmestaates zugelassen sind, im Zusammenhang mit der grenzüberschreitenden Entsendung von Arbeitskräften, als einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses anerkannt (vgl. Urteil vom in der Rs C-113/89, Rush Portuguesa, Slg. 1990, I-1417, Rn. 13). In den Urteilen vom , Kommission/Luxemburg, C-445/03, EU:C:2004:655, Rn. 46, vom , Kommission/Deutschland, C-244/04, EU:C:2006:49, Rn. 41, und dem Urteil Essent, Rn. 57, hat der Gerichtshof es als zulässige Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit anerkannt, wenn vom Staat der Erbringung der Dienstleistung Angaben verlangt werden für "die Garantie, dass diese Arbeitnehmer legal beschäftigt werden und dass sie ihre Haupttätigkeit in dem Mitgliedstaat ausüben, in dem das Dienstleistungsunternehmen ansässig ist".

25 Dies stimmt im Wesentlichen mit den Bestimmungen des Art. 1 Abs. 3 lit. a und lit. c der Entsenderichtlinie überein, wo sowohl für eine Entsendung zur Erbringung einer Dienstleistung (lit. a), als auch durch ein Leiharbeitsunternehmen (lit. c) verlangt wird, dass "für die Dauer der Entsendung ein Arbeitsverhältnis zwischen dem entsendenden Unternehmen und dem Arbeitnehmer besteht" (lit. a) bzw. "für die Dauer der Entsendung ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Leiharbeitsunternehmen oder dem einen Arbeitnehmer zur Verfügung stellenden Unternehmen und dem Arbeitnehmer besteht" (lit. c).

26 E.2.) Zu den Fragen:

27 Im vorliegenden Fall sollen alle Arbeitnehmer im Wege von Leiharbeitsverhältnissen für die Erstrevisionswerberin tätig werden. Insoferne ist der vorliegende Fall mit den den Urteilen Vicoplus und Martin Meat (Tenor 1.) zugrunde liegenden Fällen vergleichbar. Er unterscheidet sich von diesen aber dadurch, dass die Überlassung der Arbeitskräfte durch den Beschäftigerbetrieb Kroatien und den Beschäftigerbetrieb Italien nicht grenzüberschreitend nach Österreich, sondern zur Erstrevisionswerberin mit Sitz in Italien erfolgt und die Arbeitnehmer ihre Tätigkeit in Österreich erst im Wege einer grenzüberschreitenden Entsendung durch die Erstrevisionswerberin ausüben sollen.

28 E.2.1.) Zur ersten Frage:

29 Im Fall der Arbeitskräfte I erfolgt die Überlassung der Arbeitskräfte zur Erstrevisionswerberin grenzüberschreitend von Kroatien. Legt man die Überlegungen des Gerichtshofes in den Urteilen Vicoplus und Martin Meat auf die Arbeitskräfte I zu Grunde, so dürfte sich mit Bezug auf diese eine Beurteilung wie in diesen Fällen ergeben: Die Regelungen Nr. 2 und 12 des Kapitels

2. Freizügigkeit des Anhangs V der Beitrittsakte Kroatien entsprechen den in diesen Urteilen angeführten Regelungen der Beitrittsakte Polen und Ungarn.

30 Auch hier könnte die Überlegung des Gerichtshofes in der Rn. 35 des Urteils Vicoplus zutreffen, die der Gerichtshof im Urteil Martin Meat (Rn. 28) aufrechterhalten hat, wonach nicht danach unterschieden werden soll, ob die Arbeitskräfte im Zuge der Überlassung von Arbeitnehmern oder unmittelbar und eigenverantwortlich in den Markt eintreten, da diese potenziell beträchtliche Zuwanderung in beiden Fällen zu Störungen auf diesem Arbeitsmarkt führen kann und der Übergangsvorschrift ein Großteil ihrer praktischen Wirksamkeit genommen würde. Fraglich ist aber, ob es einen Unterschied macht, dass die Arbeitskräfte nicht von Kroatien nach Österreich, sondern im Wege einer in Italien situierten Gesellschaft überlassen werden.

31 Im Lichte des Urteils Martin Meat (Rn. 30) dürfte es bei dieser Betrachtungsweise keinen Unterschied machen, ob die Arbeitskräfte in einem nach Nr. 12 des Kapitels 2. Freizügigkeit des genannten Anhangs V empfindlichen Sektor des Arbeitsmarktes tätig werden oder nicht. Der Verwaltungsgerichtshof weist aber darauf hin, dass es um die Errichtung eines Drahtwalzwerkes, somit ohnehin um eine von Nr. 12 des Kapitels 2. Freizügigkeit des genannten Anhangs V erfasste Bautätigkeit geht.

32 Anders als die Urteile Vicoplus und Martin Meat hatte das Urteil Essent nicht den Fall der Entsendung von überlassenen Arbeitskräften nach Übergangsvorschriften betreffend die schrittweise Herstellung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer von neuen Mitgliedstaaten zum Gegenstand.

33 Legt man der Beurteilung das Urteil des Gerichtshofes im Falle Essent, das vor dem Urteil Martin Meat ergangen ist, zu Grunde, so könnte für die Zulässigkeit der Beschränkungen der Entsendung der Arbeitskräfte I maßgeblich sein, ob diese Arbeitnehmer im Sinne der Rn. 57 dieses Urteils (in Italien) legal beschäftigt werden und ob sie ihre Haupttätigkeit in Italien ausüben, wo das Dienstleistungsunternehmen, nämlich die Erstrevisionswerberin ansässig ist. Diese Voraussetzung ist hinsichtlich der Arbeitnehmer I aber nicht erfüllt, weil sie ihre Haupttätigkeit als Arbeitnehmer des Beschäftigerbetriebes Kroatien in Kroatien ausüben und in Italien kein Dienstverhältnis besteht.

34 E.2.2.) Zur zweiten Frage:

35 Die Arbeitnehmer II sind ein russischer und ein weißrussischer Staatsangehöriger, sie sind jeweils in einem Dienstverhältnis zum Beschäftigerbetrieb Italien. Diese Arbeitskräfte sind zwar im Sinne der Rn. 57 des Urteils Essent in Italien legal beschäftigt und üben ihre Haupttätigkeit in Italien aus, wo das entsendende Unternehmen (die Erstrevisionswerberin) ansässig ist. Sie erfüllen jedoch nicht die Voraussetzung des Art. 1 Abs. 3 lit. a der Entsenderichtlinie, die für eine Entsendung zur Erbringung einer Dienstleistung verlangt, dass "für die Dauer der Entsendung ein Arbeitsverhältnis zwischen dem entsendenden Unternehmen und dem Arbeitnehmer besteht". Auch diese Arbeitnehmer II werden von der Erstrevisionswerberin allein für den Zweck der Errichtung eines Drahtwalzwerkes in Österreich verwendet. Es ist daher zweifelhaft, ob die Zulassung ihrer Entsendung ohne die sonst für russische und weißrussische Arbeitnehmer erforderliche Bewilligung nach dem AuslBG im Lichte der Art. 56 und 57 AEUV und der Entsenderichtlinie geboten ist. Anders als im Falle Vander Elst () sind die Arbeitskräfte nicht beim Entsendebetrieb (hier die Erstrevisionswerberin), sondern bei einer anderen Gesellschaft beschäftigt.

F.) Da die richtige Anwendung des Unionsrechts nicht als derart offenkundig erscheint, dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum bleibt (vgl. hierzu das , Srl C.I.L.F.I.T. und andere, Slg. 1982, 3415), werden die eingangs formulierten Vorlagefragen gemäß Art. 267 AEUV mit dem Ersuchen um Vorabentscheidung vorgelegt.

Wien, am

Entscheidungstext

Entscheidungsart: Erkenntnis

Entscheidungsdatum:

Beachte

* Enderledigung des gegenständlichen Ausgangsverfahrens im fortgesetzten Verfahren:

Ra 2016/09/0082 B

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

Ra 2016/09/0083

Ra 2016/09/0084

Ra 2016/09/0087

Ra 2016/09/0086

Ra 2016/09/0085

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr, den Senatspräsident Dr. Bachler und die Hofräte Dr. Doblinger, Dr. Hofbauer und Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schachner, über die außerordentlichen Revisionen der revisionswerbenden Parteien

1.

D & C.  S.p.A. Vertreter G B in B, 2. D P in O, 3. I A in B,

4.

J M in R, 5. M B in C, 6. N D in B, 7. A M in R, alle vertreten durch Oberhammer Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Karlsplatz 3/1, gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes vom , 1) Zl. G309 2123493-1/4E, 2) Zl. G309 2123533-1/4E,

3)

Zl. G309 2123483-1/3E, 4) Zl. G309 2123498-1/5E,

5)

Zl. G309 2123490-1/5E und 6) Zl. G309 2123486-1/4E, jeweils betreffend Entsendung gemäß § 18 Abs. 12 Ausländerbeschäftigungsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Regionale Geschäftsstelle Leoben des Arbeitsmarktservice), zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Erkenntnisse werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Erstrevisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von sechs mal EUR 1.346,40, gesamt EUR 8.078,40, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Die Erstrevisionswerberin im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist eine Gesellschaft mit Firmensitz in Italien. Sie hat den Auftrag eines österreichischen Unternehmens zur Errichtung eines Drahtwalzwerkes in Österreich übernommen. Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) und in der Revision wurde der übernommene Auftrag von den Revisionswerbern mit "Planung, Errichtung, Montage und Inbetriebnahme eines Drahtwalzwerkes in S" umschrieben, die Erstrevisionswerberin habe den Auftrag, "die zu errichtende Anlage schlüsselfertig zu übergeben."

2 Die Erstrevisionswerberin steht in einem Konzernverhältnis zu den weiteren Gesellschaften DS d.o.o. mit Sitz in Kroatien (in der Folge: Beschäftigerbetrieb Kroatien) und DA-S.p.A. mit Sitz in Italien (in der Folge: Beschäftigerbetrieb Italien). Die Zweit-, Viert-, Fünft- und Siebentrevisionswerber sind kroatische Staatsangehörige. Sie sind Arbeitnehmer des Beschäftigerbetriebes Kroatien und in Kroatien sozialversichert (in der Folge: Arbeitskräfte I). Der Drittrevisionswerber ist russischer, der Sechstrevisionswerber ist weißrussischer Staatsangehöriger. Sie sind Arbeitnehmer des Beschäftigerbetriebes Italien und in Italien sozialversichert (in der Folge: Arbeitskräfte II).

3 Am  meldete die Erstrevisionswerberin alle Arbeitskräfte bei der Zentralen Koordinationsstelle des Bundes für die Kontrolle illegaler Beschäftigung für näher bezeichnete berufliche Tätigkeiten gemäß § 7b des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes (AVRAG) und § 18 Abs. 12 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) und stellte Anträge auf Bestätigung der EU-Entsendung. Die Erstrevisionswerberin teilte in späteren Schreiben mit, dass diese Arbeitskräfte nicht bei ihr selbst beschäftigt seien, sondern ihr vom Beschäftigerbetrieb Kroatien (Arbeitnehmer I) bzw. vom Beschäftigerbetrieb Italien (Arbeitnehmer II) zur Erbringung des Projekts in Österreich überlassen würden.

4 Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Leoben lehnte die Anträge auf Bestätigung der EU-Entsendung gemäß § 18 Abs. 12 AuslBG ab und untersagte die Entsendung.

5 Die dagegen erhobenen Beschwerden wurden vom Bundesverwaltungsgericht mit den vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Erkenntnissen als unbegründet abgewiesen. Das Bundesverwaltungsgericht begründete dies im Wesentlichen damit, dass es sich um Entsendungen gemäß Art. 1 Abs. 3 lit. a der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen vom (im Folgenden: Richtlinie 96/71) handle. Diese Richtlinie verlange, dass "für die Dauer der Entsendung ein Arbeitsverhältnis zwischen dem entsendenden Unternehmen und dem Arbeitnehmer besteht". Ein solches liege im Fall der Entsendung bzw. Überlassung sowohl der Arbeitnehmer I vom Beschäftigerbetrieb Kroatien an die Erstrevisionswerberin als auch der Arbeitnehmer II vom Beschäftigerbetrieb Italien an die Erstrevisionswerberin nicht vor, weil die entsandten Arbeitskräfte in beiden Fällen Dienstnehmer des Beschäftigerbetriebes Kroatien bzw. des Beschäftigerbetriebes Italien blieben und weiterhin als solche sozialversichert und nicht bei der Erstrevisionswerberin ordnungsgemäß beschäftigt seien.

6 Dagegen richten sich die vorliegenden Revisionen, in denen zur Zulässigkeit "fehlende Rechtsprechung" des Verwaltungsgerichtshofes "zur Definition der Begriffe ¿ordnungsgemäße Beschäftigung' und ¿rechtmäßige Beschäftigung' nach § 18 Abs. 12 AuslBG" sowie "fehlende Rechtsprechung zum Verhältnis des § 7b Abs. 1 AVRAG zu § 18 AuslBG iVm § 32a AuslBG" vor dem Hintergrund des Art. 1 Abs. 3 lit a der Entsenderichtlinie geltend gemacht wird.

7 Mit diesem Vorbringen zeigen die Revisionen das Vorliegen einer Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf.

8 Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Verbindung der Revisionen aufgrund ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung erwogen:

9 Ausgehend von der Beschreibung des übernommenen Auftrages durch die Revisionswerber (wiedergegeben in Rn 1) ging der Verwaltungsgerichtshof vorläufig davon aus, dass in der Errichtung eines vollständigen Drahtwalzwerkes auch Bauarbeiten im Sinne des Anhangs der Richtlinie 96/71 iVm der NACE (siehe 31990 R 3037:

Verordnung (EWG) Nr, 3037/90 des Rates vom betreffend die statistische Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft (ABl. 1990, L 293, S. 1)) - Codes 45.1 bis 45.4 enthalten seien und die Erstrevisionswerberin dadurch eine Dienstleistung im Sinne der Art. 56 und 57 AEUV iVm der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Kroatien und die Anpassungen des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft zum Vertrag über den Beitritt der Republik Kroatien zur Europäischen Union vom (ABl. 2012, L 112, S. 10, im Folgenden: Akte über den Beitritt Kroatiens) Anhang V Kapitel 2 Nrn. 2 und 12 erbringe.

10 Der Verwaltungsgerichtshof legte dem EuGH zwei Fragen zur Auslegung der Art. 56 und 57 AEUV, des Anhangs V Kapitel 2 Nrn. 2 und 12 der Akte über den Beitritt Kroatiens sowie der Richtlinie 96/71 vor.

11 Diese lauteten:

"1.) Sind Art. 56 und 57 AEUV, die Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen, Nr. 2 und 12 des Kapitels 2. Freizügigkeit, des Anhangs V der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Kroatien und die Anpassungen des Vertrags über die Europäische Union, des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft dahin auszulegen, dass Österreich berechtigt ist, die Entsendung von Arbeitnehmern, die bei einer Gesellschaft mit Sitz in Kroatien beschäftigt sind, durch das Erfordernis einer Beschäftigungsbewilligung einzuschränken, wenn diese Entsendung im Wege der Überlassung an eine in Italien ansässige Gesellschaft zum Zweck der Erbringung einer Dienstleistung durch die italienische Gesellschaft in Österreich erfolgt und sich die Tätigkeit der kroatischen Arbeitnehmer für die italienische Gesellschaft bei der Errichtung eines Drahtwalzwerks in Österreich auf die Erfüllung dieser Dienstleistung in Österreich beschränkt und zwischen ihnen und der italienischen Gesellschaft kein Dienstverhältnis besteht?

2.) Sind Art. 56 und 57 AEUV und die Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen dahin auszulegen, dass Österreich berechtigt ist, die Entsendung von bei einer Gesellschaft mit Sitz in Italien beschäftigten russischen und weißrussischen Arbeitnehmern durch das Erfordernis einer Beschäftigungsbewilligung einzuschränken, wenn diese Entsendung im Wege einer Überlassung an eine in Italien ansässige zweite Gesellschaft zum Zweck der Erbringung einer Dienstleistung durch die zweite Gesellschaft in Österreich erfolgt und sich die Tätigkeit der russischen bzw. weißrussischen Arbeitnehmer für die zweite Gesellschaft auf die Erfüllung von deren Dienstleistung in Österreich beschränkt und zwischen ihnen und der zweiten Gesellschaft kein Dienstverhältnis besteht?"

12 Im Urteil vom , C-18/17, Danieli & C. Officine Meccaniche SpA (das ist die Erstrevisionswerberin), führte der EuGH zur ersten Frage Folgendes aus:

"19 Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht

im Wesentlichen wissen, ob die Art. 56 und 57 AEUV, Anhang V Kapitel 2 Nrn. 2 und 12 der Akte über den Beitritt Kroatiens und die Richtlinie 96/71 dahin auszulegen sind, dass die Republik Österreich berechtigt ist, die Entsendung von kroatischen Arbeitnehmern, die bei einem Unternehmen mit Sitz in Kroatien beschäftigt sind, durch das Erfordernis einer Beschäftigungsbewilligung einzuschränken, wenn die Entsendung dieser Arbeitnehmer im Wege ihrer Überlassung an ein in Italien ansässiges Unternehmen zum Zweck der Erbringung einer Dienstleistung durch dieses italienische Unternehmen in Österreich erfolgt und es an einem Arbeitsverhältnis zwischen diesen Arbeitnehmern und dem letztgenannten Unternehmen fehlt.

20 Dieser ersten Frage liegt der Sachverhalt zugrunde, dass

Danieli, ein italienisches Unternehmen, bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice die Bestätigung der Entsendung ohne Beschäftigungsbewilligung für vier ihr von einem kroatischen Unternehmen überlassene kroatische Arbeitnehmer beantragte, die sie beim Bau eines Drahtwalzwerks in Österreich einsetzen möchte. Ihr Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, dass diese Arbeitnehmer eine Beschäftigungsbewilligung benötigten.

21 Die Frage, die sich stellt, ist, ob das Unionsrecht dem

Erfordernis einer solchen Beschäftigungsbewilligung entgegensteht.

22 Insoweit ist festzustellen, dass ein Unternehmen wie

Danieli, das in einem Mitgliedstaat, hier der Italienischen Republik, ansässig ist und den Auftrag hat, gegen Entgelt ein Drahtwalzwerk für ein in einem anderen Mitgliedstaat, nämlich der Republik Österreich, ansässiges Unternehmen zu bauen, eine Dienstleistung im Sinne der Art. 56 und 57 AEUV erbringt. 23 Anhang V Kapitel 2 Nr. 1 der Akte über den Beitritt Kroatiens bestimmt aber, dass ¿(h)insichtlich der Freizügigkeit der Arbeitnehmer und der Dienstleistungsfreiheit mit vorübergehender Entsendung von Arbeitskräften im Sinne des Artikels 1 der Richtlinie (96/71) ... Artikel 45 und Artikel 56 Absatz 1 AEUV zwischen Kroatien einerseits und den derzeitigen Mitgliedstaaten andererseits in vollem Umfang nur vorbehaltlich der Übergangsbestimmungen der Nummern 2 bis 13 (gelten)'.

24 Um festzustellen, ob die genannten Übergangsbestimmungen

gegebenenfalls Anwendung finden, ist zu prüfen, ob die Dienstleistung, die Danieli erbringt, insoweit, als sie den vorübergehenden Rückgriff auf kroatische Arbeitnehmer umfasst, die diesem Unternehmen von einem kroatischen Unternehmen überlassen wurden, entsprechend Anhang V Kapitel 2 Nr. 1 der Akte über den Beitritt Kroatiens eine Dienstleistung mit vorübergehender Entsendung von Arbeitskräften im Sinne des Art. 1 der Richtlinie 96/71 zwischen der Republik Kroatien einerseits und einem anderen Mitgliedstaat andererseits darstellt. 25 Nach ihrem Art. 1 Abs. 3 Buchst. c findet die Richtlinie 96/71 Anwendung, wenn ein Unternehmen mit Sitz in einem Mitgliedstaat im Rahmen der länderübergreifenden Erbringung von Dienstleistungen als Leiharbeitsunternehmen oder als einen Arbeitnehmer zur Verfügung stellendes Unternehmen einen Arbeitnehmer in ein verwendendes Unternehmen entsendet, das entweder seinen Sitz im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats hat oder dort seine Tätigkeit ausübt, sofern für die Dauer der Entsendung ein Arbeitsverhältnis zwischen dem überlassenden Unternehmen und dem besagten Arbeitnehmer besteht.

26 Art. 1 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 96/71 kann somit u. a. auf einen Vorgang wie den von Danieli im Ausgangsverfahren beabsichtigten Anwendung finden, bei dem ein Unternehmen mit Sitz in einem Mitgliedstaat zur Erfüllung eines mit einem Unternehmen in einem anderen Mitgliedstaat geschlossenen Dienstleistungsvertrags Arbeitnehmer, die ihm von einem Unternehmen mit Sitz in einem dritten Mitgliedstaat überlassen wurden, entsendet, sofern dieser Vorgang die Voraussetzungen erfüllt, die in dieser Bestimmung vorgesehen sind.

27 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs liegt eine

Entsendung von Arbeitnehmern durch ihre Überlassung im Sinne des Art. 1 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 96/71 vor, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind. Erstens muss es sich bei der Überlassung von Arbeitskräften um eine gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung handeln, bei der der Arbeitnehmer im Dienst des die Dienstleistung erbringenden Unternehmens bleibt, ohne dass ein Arbeitsvertrag mit dem verwendenden Unternehmen geschlossen wird. Zweitens muss das wesentliche Merkmal dieser Überlassung darin bestehen, dass der Wechsel des Arbeitnehmers in den Aufnahmemitgliedstaat der eigentliche Gegenstand der Dienstleistung des erbringenden Unternehmens ist. Drittens muss der Arbeitnehmer im Rahmen einer solchen Überlassung seine Aufgaben unter der Aufsicht und Leitung des verwendenden Unternehmens wahrnehmen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Martin Meat, C-586/13, EU:C:2015:405, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

28 Konkret ist bei der Feststellung, ob der eigentliche

Gegenstand der Dienstleistung die Entsendung des Arbeitnehmers in den Aufnahmemitgliedstaat ist, insbesondere jeder Anhaltspunkt dafür zu berücksichtigen, dass der Dienstleistungserbringer nicht die Folgen einer nicht vertragsgemäßen Ausführung der vertraglich festgelegten Leistung trägt (Urteil vom , Martin Meat, C-586/13, EU:C:2015:405, Rn. 35).

29 Diese Voraussetzungen sind, wie vom Generalanwalt in den

Nrn. 46 bis 49 seiner Schlussanträge festgestellt, bei dem im

Ausgangsverfahren beabsichtigten Vorgang, wie er oben in Rn. 26

beschrieben worden ist, erfüllt.

30 Erstens ergibt sich aus der dem Gerichtshof vorliegenden

Akte, dass die betreffenden kroatischen Arbeitnehmer durch ein Arbeitsverhältnis an das kroatische Unternehmen, das sie gegen Entgelt an Danieli entsandte, gebunden bleiben sollten, ohne dass ein Arbeitsvertrag mit diesem italienischen Unternehmen geschlossen würde.

31 Zweitens ergibt sich aus der genannten Akte auch, dass

der eigentliche Gegenstand der Dienstleistung, die zwischen dem kroatischen Unternehmen und Danieli vereinbart wurde, in der Vornahme der Entsendung dieser kroatischen Arbeitnehmer nach Österreich zur Erfüllung des mit dem österreichischen Unternehmen geschlossenen Vertrags über den Bau des Drahtwalzwerks, für die allein Danieli verantwortlich blieb, bestand.

32 Drittens steht fest, dass die Danieli von dem

kroatischen Unternehmen überlassenen kroatischen Arbeitnehmer während ihrer Entsendung nach Österreich ihre Aufgaben unter der Aufsicht und Leitung des verwendenden Unternehmens, d. h. Danieli, wahrnehmen mussten.

33 Daraus folgt, dass der im Ausgangsverfahren

beabsichtigte Vorgang insoweit, als er den vorübergehenden Ortswechsel der Danieli von einem kroatischen Unternehmen überlassenen kroatischen Arbeitnehmer mit sich bringt, die Erbringung einer Dienstleistung mit vorübergehender Entsendung von Arbeitskräften im Sinne des Art. 1 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 96/71 zwischen der Republik Kroatien einerseits und einem Mitgliedstaat andererseits entsprechend Anhang V Kapitel 2 Nr. 1 der Akte über den Beitritt Kroatiens darstellt.

34 Diese Überlassung von Arbeitskräften fällt aber auch in

den Anwendungsbereich von Anhang V Kapitel 2 Nr. 2 der Akte über den Beitritt Kroatiens, wo es heißt, dass abweichend von den Art. 1 bis 6 der Verordnung Nr. 492/2011 und bis zum Ende eines Zeitraums von zwei Jahren nach dem Tag des Beitritts die derzeitigen Mitgliedstaaten nationale oder sich aus bilateralen Abkommen ergebende Maßnahmen anwenden werden, um den Zugang kroatischer Staatsangehöriger zu ihren Arbeitsmärkten zu regeln. Würde die Überlassung von Arbeitnehmern vom Anwendungsbereich des Anhangs V Kapitel 2 Nr. 2 der Akte über den Beitritt Kroatiens ausgeschlossen, bestünde nämlich die Gefahr, dass dieser Vorschrift ein Großteil ihrer praktischen Wirksamkeit genommen würde (vgl. entsprechend Urteil vom , Vicoplus u. a., C-307/09 bis C-309/09, EU:C:2011:64, Rn. 35).

35 Dagegen wird die besagte Arbeitnehmerüberlassung nicht

von Anhang V Kapitel 2 Nr. 12 der Akte über den Beitritt Kroatiens erfasst, wenn sich, wie von Danieli und der Kommission vorgetragen, erweist, dass der Bau des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Drahtwalzwerks nur Arbeitsgänge der Montage, der Installation und der Inbetriebnahme einer Industrieanlage in einer bestehenden Struktur umfasst, was vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist. Solche Arbeitsgänge gehören nämlich nicht zu denjenigen, die, was die Republik Österreich betrifft, von den Ausnahmen gedeckt sind, die für die Sektoren ¿Baugewerbe, einschließlich verwandte Wirtschaftszweige' gelten und durch die NACE-Codes 45.1 bis 45.4 identifiziert werden.

36 Festzustellen ist hier, dass eine Regelung eines

Mitgliedstaats, die während der in Anhang V Kapitel 2 Nr. 2 der Akte über den Beitritt Kroatiens vorgesehenen Übergangszeit die Entsendung kroatischer Staatsangehöriger im Sinne des Art. 1 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 96/71 in das Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats weiterhin von der Einholung einer Beschäftigungsbewilligung abhängig macht, als Maßnahme, die im Sinne des Anhangs V Kapitel 2 Nr. 2 der Akte über den Beitritt Kroatiens den Zugang kroatischer Staatsangehöriger zum Arbeitsmarkt des besagten Mitgliedstaats regelt, mit den Art. 56 und 57 AEUV vereinbar ist (vgl. entsprechend Urteil vom , Vicoplus u. a., C-307/09 bis C-309/09, EU:C:2011:64, Rn. 32 und 33).

37 Die in der vorstehenden Randnummer angeführten

Voraussetzungen sind aber bei der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung sämtlich erfüllt."

13 Zur zweiten Frage führte der EuGH aus:

"39 Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die Art. 56 und 57 AEUV dahin auszulegen sind, dass ein Mitgliedstaat berechtigt ist, zu verlangen, dass Drittstaatsangehörige, die einem in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Unternehmen von einem anderen, ebenfalls in diesem anderen Mitgliedstaat ansässigen Unternehmen zum Zweck der Erbringung einer Dienstleistung im erstgenannten Mitgliedstaat überlassen werden, über eine Beschäftigungsbewilligung verfügen.

40 Nach gefestigter Rechtsprechung des Gerichtshofs stellt

die Tätigkeit, die darin besteht, dass ein Unternehmen Arbeitnehmer, die in seinem Dienst bleiben, entgeltlich zur Verfügung stellt, ohne dass ein Arbeitsvertrag mit dem verwendenden Unternehmen geschlossen wird, eine Berufstätigkeit dar, die die in Art. 57 Abs. 1 AEUV niedergelegten Voraussetzungen erfüllt und daher als Dienstleistung im Sinne dieser Bestimmung anzusehen ist (Urteil vom , Essent Energie Productie, C-91/13, EU:C:2014:2206, Rn. 37).

41 Was den Ausgangsrechtsstreit betrifft, wird die

Dienstleistung der Überlassung von Arbeitnehmern von einem in Italien ansässigen Unternehmen gegenüber einem im selben Mitgliedstaat ansässigen verwendenden Unternehmen erbracht, das diese Arbeitskräfte jedoch nur in Österreich zur Erbringung seiner Dienstleistung verwendet.

42 Da Art. 56 AEUV immer dann Anwendung finden muss, wenn ein Leistungserbringer Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen anbietet, in dem er niedergelassen ist, und zwar unabhängig vom Niederlassungsort der Empfänger dieser Dienstleistungen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Kommission/Frankreich, C-154/89, EU:C:1991:76, Rn. 10), ist festzustellen, dass eine solche Dienstleistung der Überlassung von Arbeitnehmern zwischen zwei in demselben Mitgliedstaat ansässigen Unternehmen, wenn sie in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen erbracht wird, in dem das verwendende Unternehmen ansässig ist, in den Anwendungsbereich der Art. 56 und 57 AEUV fällt.

43 Der Umstand, dass die im Ausgangsverfahren in Rede

stehende Überlassung von Arbeitskräften drittstaatsangehörige Arbeitnehmer betrifft, ist insoweit bedeutungslos (Urteil vom , Essent Energie Productie, C-91/13, EU:C:2014:2206, Rn. 39).

44 Der Gerichtshof hat zur Entsendung von

drittstaatsangehörigen Arbeitnehmern durch ein in einem Mitgliedstaat der Union ansässiges Dienstleistungsunternehmen bereits entschieden, dass eine nationale Regelung, die die Erbringung von Dienstleistungen im Inland durch ein in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenes Unternehmen von der Erteilung einer behördlichen Erlaubnis abhängig macht, eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs im Sinne von Art. 56 AEUV darstellt (Urteil vom , Essent Energie Productie, C-91/13, EU:C:2014:2206, Rn. 45).

45 Bei einer grenzüberschreitenden

Dienstleistungserbringung, die in der Überlassung von Arbeitskräften aus Drittstaaten in Österreich besteht, verhält es sich aber nach der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung so.

46 Eine nationale Regelung, die in einem Bereich erlassen

worden ist, der nicht Gegenstand einer Harmonisierung auf Unionsebene ist, und die unterschiedslos für alle in dem betreffenden Mitgliedstaat tätigen Personen oder Unternehmen gilt, kann jedoch trotz ihrer den freien Dienstleistungsverkehr beschränkenden Wirkung gerechtfertigt sein, sofern sie auf einem zwingenden Grund des Allgemeininteresses beruht und dieses Interesse nicht schon durch Vorschriften geschützt wird, denen der Dienstleistende in dem Mitgliedstaat unterliegt, in dem er ansässig ist, und wenn sie geeignet ist, die Verwirklichung des mit ihr verfolgten Ziels zu gewährleisten, ohne über das hinauszugehen, was zu dessen Erreichung erforderlich ist (Urteil vom , Essent Energie Productie, C-91/13, EU:C:2014:2206, Rn. 48).

47 Der Bereich der Entsendung drittstaatsangehöriger

Arbeitnehmer im Rahmen der Erbringung grenzüberschreitender Dienstleistungen ist auf Unionsebene bisher nicht harmonisiert. Unter diesen Umständen ist daher zu prüfen, ob die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs, die sich aus der im Ausgangsverfahren fraglichen Regelung ergeben, durch ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel gerechtfertigt erscheinen und ob sie gegebenenfalls erforderlich sind, um dieses Ziel effektiv und mit den geeigneten Mitteln zu verfolgen (Urteil vom , Essent Energie Productie, C-91/13, EU:C:2014:2206, Rn. 49).

48 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das Anliegen,

Störungen auf dem Arbeitsmarkt zu verhindern, zwar gewiss einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses darstellt, die Arbeitnehmer, die von einem in einem Mitgliedstaat ansässigen Unternehmen beschäftigt und zur Erbringung einer Dienstleistung in einen anderen Mitgliedstaat entsandt werden, jedoch keinen Zugang zum Arbeitsmarkt dieses zweiten Mitgliedstaats beanspruchen, da sie nach Erfüllung ihrer Aufgabe in ihr Herkunfts- oder Wohnsitzland zurückkehren (Urteil vom , Essent Energie Productie, C-91/13, EU:C:2014:2206, Rn. 51).

49 Wenn ein Mitgliedstaat das Erfordernis einer

Beschäftigungsbewilligung für Drittstaatsangehörige, die einem in diesem Mitgliedstaat tätigen Unternehmen von einem in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Unternehmen überlassen werden, dauerhaft aufrechterhält, geht dies über das hinaus, was notwendig ist, um das Ziel zu erreichen, dass Störungen auf dem Arbeitsmarkt verhindert werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Essent Energie Productie, C-91/13, EU:C:2014:2206, Rn. 56).

50 Würde ein Dienstleistungsunternehmen insoweit

verpflichtet, den österreichischen Behörden Angaben zu machen, aus denen hervorgeht, dass die drittstaatsangehörigen Arbeitnehmer in dem Mitgliedstaat, in dem sie von diesem Unternehmen beschäftigt werden, legalen Status haben, insbesondere, was Aufenthalt, Beschäftigungserlaubnis und soziale Absicherung angeht, so böte dies den genannten Behörden auf weniger einschneidende und ebenso wirksame Art und Weise wie das im Ausgangsverfahren in Rede stehende Erfordernis einer Beschäftigungsbewilligung die Garantie, dass diese Arbeitnehmer legal beschäftigt werden und dass sie ihre Haupttätigkeit in dem Mitgliedstaat ausüben, in dem das Dienstleistungsunternehmen ansässig ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Essent Energie Productie, C-91/13, EU:C:2014:2206, Rn. 57).

51 Eine solche Verpflichtung könnte in einer einfachen

vorherigen Erklärung bestehen, die es den österreichischen Behörden ermöglichen würde, die erteilten Angaben zu überprüfen und die im Fall einer rechtswidrigen Beschäftigung der betreffenden Arbeitnehmer gebotenen Maßnahmen zu ergreifen. Zur Erfüllung dieser Verpflichtung könnte auch die einfache Übersendung der erforderlichen Schriftstücke verlangt werden, insbesondere wenn die Dauer der Entsendung keine wirksame Vornahme einer solchen Kontrolle zulässt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Essent Energie Productie, C-91/13, EU:C:2014:2206, Rn. 58).

52 Ebenso wäre die Verpflichtung eines

Dienstleistungsunternehmens, den österreichischen Behörden im Voraus die Anwesenheit eines oder mehrerer entsandter Arbeitnehmer, die vorgesehene Dauer dieser Anwesenheit und die die Entsendung rechtfertigende(n) Dienstleistung(en) anzuzeigen, eine gleichermaßen wirksame, aber weniger einschneidende Maßnahme als das im Ausgangsverfahren in Rede stehende Erfordernis einer Beschäftigungsbewilligung. Dadurch würde es diesen Behörden ermöglicht, die Einhaltung der österreichischen Rechtsvorschriften auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit während der Dauer der Entsendung zu kontrollieren und dabei die Verpflichtungen zu berücksichtigen, denen das Unternehmen bereits nach den im Herkunftsmitgliedstaat geltenden Vorschriften auf diesem Gebiet unterliegt. In Verbindung mit den von diesem Unternehmen zum Status der betreffenden Arbeitnehmer gemachten Angaben im Sinne von Rn. 50 des vorliegenden Urteils würde es eine solche Verpflichtung den genannten Behörden ermöglichen, gegebenenfalls die am Ende des für die Entsendung vorgesehenen Zeitraums gebotenen Maßnahmen zu ergreifen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Essent Energie Productie, C-91/13, EU:C:2014:2206, Rn. 59)."

14 Davon ausgehend hat der EuGH zu den gestellten Fragen "für Recht erkannt:

1. Die Art. 56 und 57 AEUV und Anhang V Kapitel 2 Nr. 2 der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Kroatien und die Anpassungen des Vertrags über die Europäische Union, des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft sind dahin auszulegen, dass ein Mitgliedstaat berechtigt ist, die Entsendung von kroatischen Arbeitnehmern, die bei einem Unternehmen mit Sitz in Kroatien beschäftigt sind, durch das Erfordernis einer Beschäftigungsbewilligung einzuschränken, wenn die Entsendung dieser Arbeitnehmer im Wege ihrer Überlassung im Sinne des Art. 1 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen an ein in einem anderen Mitgliedstaat ansässiges Unternehmen zum Zweck der Erbringung einer Dienstleistung durch dieses Unternehmen in dem ersten dieser Mitgliedstaaten erfolgt.

2. Die Art. 56 und 57 AEUV sind dahin auszulegen, dass ein Mitgliedstaat nicht berechtigt ist, zu verlangen, dass Drittstaatsangehörige, die einem in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Unternehmen von einem anderen, ebenfalls in diesem anderen Mitgliedstaat ansässigen Unternehmen zum Zweck der Erbringung einer Dienstleistung im erstgenannten Mitgliedstaat überlassen werden, über eine Beschäftigungsbewilligung verfügen."

15 Durch die zweite Antwort des EuGH ist damit abschließend geklärt, dass das Bundesverwaltungsgericht den Inhalt der von ihm angewendeten Normen im Hinblick auf die Entsendung der Arbeitskräfte II verkannte, indem es ihnen einen unionsrechtswidrigen Inhalt beimaß. Es hat daher zu Unrecht die gegen die Ablehnung der Ausstellung einer EU-Entsendebestätigung und Untersagung der Entsendung dieser Arbeitskräfte II gerichtete Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Die die Arbeitskräfte II betreffenden Erkenntnisse 2) und 5) sind daher mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

16 Zu den Arbeitskräften I sind vor einer abschließenden rechtlichen Beurteilung hingegen noch weitere Sachfragen zu klären:

17 In der "Schriftlichen Erklärung" im Verfahren vor dem hatten die Revisionswerber vorgebracht, die Erstrevisionswerberin sei "Hersteller und Verkäufer von Anlagen, Maschinen und Produkten für den stahl- und metallverarbeitenden Sektor" und liefere "schlüsselfertige Betriebsanlagen für die Metallerzeugung". Bei gegenständlichem Auftrag habe es sich - anders als in ihren bisherigen Ausführungen im innerstaatlichen Verfahren ("Errichtung eines Drahtwalzwerkes") - um "die Errichtung einer "Drahtwalzstraße" gehandelt. Die Erstrevisionswerberin sei in der Herstellung von Anlagen tätig und bestreite ausdrücklich, Bauarbeiten auszuführen. Die "Errichtung einer Drahtwalzstraße" sei keine Bautätigkeit iSd Kapitels 2, Nr. 12 der Beitrittsakte und auch keine Bautätigkeit iSd Anhangs zur Richtlinie 96/71/EG.

18 Der EuGH nahm in der bereits oben wieder gegebenen Rn. 35 des genannten Urteils vom dazu Stellung.

19 Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Ermittlungen geführt und die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zur Klärung des Sachverhaltes unterlassen, ob der gegenständliche der Erstrevisionswerberin erteilte Auftrag Arbeitsgänge beinhaltete, die von den Ausnahmen gedeckt sind, die für die Sektoren "Baugewerbe, einschließlich verwandte Wirtschaftszweige" galten und durch die NACE-Codes 45.1 bis 45.4 identifiziert wurden.

20 Das Bundesverwaltungsgericht hätte den zur Entscheidung der Rechtsfrage betreffend die Arbeitskräfte I entscheidungswesentlichen Sachverhalt unter Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung aber dahingehend zu ermitteln und festzustellen gehabt, ob es sich gegenständlich um die Errichtung eines Drahtwalzwerkes in der Form handelte, dass darin als Bauarbeiten (iSd NACE-Codes 45.1 bis 45.4) zu wertende Arbeitsgänge enthalten waren und die Errichtung des Drahtwalzwerkes deswegen vom österreichischen Vorbehalt zum Beitritt Kroatiens zur EU umfasst war oder es sich bloß um - nicht vom genannten Vorbehalt umfasste - Arbeitsgänge der Montage, der Installation und der Inbetriebnahme einer Industrieanlage in einer bestehenden Struktur (vgl. Rn 35 des Urteils C-18/17), handelte.

21 Das in Rn 17 referierte Sachverhaltsvorbringen der Revisionswerber unterliegt infolge der sekundären Verfahrensfehler des Bundesverwaltungsgerichtes nicht dem im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geltenden Neuerungsverbot.

22 Damit erweisen sich die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes auch hinsichtlich der Arbeitskräfte I als mit (prävalierender) inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

23 Die angefochtenen Erkenntnisse waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

24 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 53 Abs. 1 erster Satz VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
12003T/TXT Beitrittsvertrag Europäische Union;
12010E056 AEUV Art56;
12010E057 AEUV Art57;
12010E267 AEUV Art267;
12012J/TXT Beitrittsvertrag Europäische Union Art18;
12012J/TXT Beitrittsvertrag Europäische Union;
31996L0071 Entsende-RL Anh;
31996L0071 Entsende-RL Art1 Abs3 lita;
31996L0071 Entsende-RL Art1 Abs3 litc;
31996L0071 Entsende-RL Art1;
31996L0071 Entsende-RL;
61980CJ0279 Webb VORAB;
61981CJ0283 CILFIT und Lanificio di Gavardo VORAB;
61989CJ0113 Rush Portuguesa VORAB;
61993CJ0043 Vander Elst VORAB;
62003CJ0445 Kommission / Luxemburg;
62004CJ0168 Kommission / Österreich;
62004CJ0244 Kommission / Deutschland;
62009CJ0307 Vicoplus VORAB;
62013CJ0091 Essent Energie Productie VORAB;
62013CJ0586 Martin Meat VORAB;
AuslBG §18 Abs1;
AuslBG §18 Abs12;
AuslBG §32a Abs1;
AuslBG §32a Abs11;
AVRAG 1993 §7b;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2016:RA2016090082.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
GAAAE-69729