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VwGH vom 24.05.2016, Ra 2016/09/0012

VwGH vom 24.05.2016, Ra 2016/09/0012

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Doblinger, Dr. Hofbauer und Mag. Feiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Gruber, über die außerordentliche Revision der B H in A, vertreten durch Dr. Ingrid Schwarzinger, Rechtsanwältin in 1070 Wien, Stiftgasse 21/20, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom , Zl. LVwG-AV-611/001-2014, betreffend Beurteilung des Arbeitserfolges nach dem NÖ Landes-Bedienstetengesetz (NÖ-LBG; belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Niederösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird im Umfang seines Spruchpunktes 1. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Spruchpunkt 1. des Bescheides der belangten Behörde vom lautet:

"Es wird festgestellt, dass (die Revisionswerberin) den zu erwartenden Arbeitserfolg als Leiterin des Landespflegeheims M nicht erbracht hat - Beurteilung: ‚Arbeitserfolg entspricht nicht'."

2 Mit Spruchpunkt 2. wurde das provisorisch öffentlichrechtliche Dienstverhältnis zur Revisionswerberin aus Mangel der für die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben erforderlichen Eignung sowie aufgrund des unbefriedigenden Arbeitserfolges unter Einhaltung der Kündigungsfrist von drei Kalendermonaten ab Zustellung dieses Bescheides aufgekündigt.

3 Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Landesverwaltungsgericht als unbegründet abgewiesen und die ordentliche Revision nicht zugelassen.

4 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision.

5 Der nach der Geschäftsverteilung für Angelegenheiten der Beurteilung des Arbeitserfolges zuständige Senat des Verwaltungsgerichtshofes hat über den Teil der Revision, der sich gegen Spruchpunkt 1. richtet, erwogen:

6 Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Eine wesentliche Rechtsfrage gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt nur dann vor, wenn die Beurteilung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes von der Lösung dieser Rechtsfrage "abhängt". Im Zulassungsvorbringen ist daher konkret darzutun, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ro 2014/04/0055).

8 Die Revisionswerberin bringt zur Zulässigkeit u.a. vor:

"Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei einer Dienstbeurteilung um eine Leistungsbeurteilung für einen bestimmten Zeitraum. Diese lässt keinen Platz für eine Zukunftsprognose oder Ähnliches. Dennoch hat die Dienstbehörde und dann auch das LVwG eine solche Zukunftsprognose angestellt."

9 Das von der Revisionswerberin zitierte Erkenntnis enthält diese Aussage nicht, jedoch das darin erwähnte, auf der gesetzlichen Beschränkung der Leistungsbeurteilung auf ein bestimmtes Jahr (§ 81 Abs. 1 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) idF BGBl. Nr. 389/1986) aufbauende hg. Erkenntnis vom , 93/09/0071. Zur Norm des § 58 NÖ-LBG findet sich diesbezüglich keine hg. Rechtsprechung. Der behauptete Widerspruch zur hg. Rechtsprechung im Allgemeinen zur Leistungsfeststellung bzw. das Fehlen einer hg. Rechtsprechung zur besonderen Norm des § 58 NÖ-LBG zeigt eine Rechtsfrage im Sinne des Art. 144 Abs. 4 B-VG auf. Diese Frage erweist sich auch als relevant, weil einer Prognoseentscheidung inhaltlich auch eine Beurteilung über den vom Gesetz definierten Endzeitpunkt des Beurteilungszeitraumes hinausgehenden Zeitraum gleichkommt, weshalb die Revision entgegen der Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes zulässig ist.

10 Wie die folgenden Erwägungen zeigen werden, gilt das Verbot einer Prognoseentscheidung im Leistungsfeststellungsverfahren nach dem BDG 1979 auch für die Beurteilung des Arbeitserfolges gemäß § 58 NÖ-LBG.

11 § 58 NÖ-LBG lautet:

"Begriff und Arten der Beurteilung, gesetzliche Vermutung,

Merkmale

(1) Der Arbeitserfolg der Bediensteten unterliegt der Beurteilung. Die Beurteilung ist die rechtsverbindliche Feststellung über Bedienstete, dass diese jeweils im Beurteilungszeitraum den zu erwartenden Arbeitserfolg erbracht haben oder nicht erbracht haben. Bis zur ersten Feststellung, dass der zu erwartende Arbeitserfolg nicht erbracht wurde, wird der zu erwartende Arbeitserfolg als erbracht vermutet.

(2) Für die Beurteilung der Bediensteten sind Umfang und Wertigkeit ihrer Arbeitsleistung maßgebend.

(3) Die Beurteilung erfolgt durch Bescheid der Dienstbehörde. Der Bescheid hat die Feststellung zu enthalten, ob innerhalb des letzten Jahres vor Berichterstattung (Abs. 4) durch die Dienststellenleitung (Beurteilungszeitraum) der zu erwartende Arbeitserfolg


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1.
erbracht (positive Beurteilung: ‚entspricht') oder
2.
nicht erbracht (negative Beurteilung: ‚entspricht nicht') wurde.

(4) Die Dienststellenleitung hat der Dienstbehörde antragstellend über Bedienstete zu berichten, von deren gesamter Arbeitsleistung sie der Meinung ist, dass sie nicht mehr dem vermuteten oder zuletzt festgestellten Ergebnis der Beurteilung entspricht und seither ein Jahr verstrichen ist. Auch Bedienstete, deren Arbeitserfolg zuletzt negativ beurteilt wurde, können einen derartigen Antrag stellen. Im Fall einer negativen Beurteilung hat die Dienststellenleitung 6 Monate nach deren Zustellung neuerlich zu berichten; der Beurteilungszeitraum umfasst in diesem Fall die seit der der negativen Beurteilung vorausgegangenen Berichterstattung verstrichene Zeit.

(5) Eine Beurteilung ist bis zu einer Zuordnung, einer Versetzung oder einer neuerlichen Beurteilung wirksam.

(6) Im Fall einer negativen Beurteilung verlieren die betroffenen Bediensteten von der Zustellung der negativen Beurteilung bis zur Rechtswirksamkeit einer positiven Beurteilung


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1.
15 % ihres Anspruchs auf den Monatsbezug und
2.
den Anspruch auf ein infolge Vorrückung in eine höhere Gehaltsstufe höheres Gehalt.

(7) Im Fall einer zweiten negativen Beurteilung in Serie endet das Dienstverhältnis von Gesetzes wegen."

12 Der Beurteilungszeitraum ist durch § 58 Abs. 3 NÖ-LBG mit "innerhalb des letzten Jahres vor Berichterstattung durch die Dienststellenleitung" exakt umschrieben. Dies entspricht inhaltlich auch der Normierung eines exakten Endzeitpunktes für die Leistungsbeurteilung nach dem BDG 1979, weshalb das Verbot einer Prognoseentscheidung nach § 81 Abs. 1 vor bzw. § 81a Abs. 1 BDG 1979 nach der Nov. BGBl. Nr. 550/1994 gleichermaßen auch für ein Verfahren gemäß § 58, insbesondere dessen Abs. 3 NÖ-LBG gilt.

13 Die Einbeziehung eines Zeitraumes nach Berichterstattung durch die Dienststellenleitung würde demnach einen in der Zukunft nach dem gesetzlichen Ende des Beurteilungszeitraumes liegenden Zeitraum miteinbeziehen und eine derartige Entscheidung mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belasten.

14 Im vorliegenden Fall hat der Verwaltungsgerichtshof im Vorverfahren der belangten Behörde folgende Bedenken vorgehalten:

"Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht (NÖ LReg) möge zum Umstand Stellung nehmen, dass im Spruch ihres Bescheides vom , der durch die Abweisung der dagegen erhobenen Beschwerde durch das Erkenntnis vom unverändert blieb, entgegen § 58 Abs. 3 NÖ LBG die ‚Feststellung' nicht enthalten ist, ‚ob innerhalb des letzten Jahres vor Berichterstattung durch die Dienststellenleitung' der zu erwartende Arbeitserfolg nicht erbracht wurde. Daher ist aus dem Spruch der Beurteilungszeitraum nicht zu erkennen. Nach der darin enthaltenen Wortfolge ‚als Leiterin des L' würde er die gesamte Zeit der Tätigkeit als Leiterin umfassen, was über den in § 58 Abs. 3 NÖ-LBG normierten Beurteilungszeitraum hinaus ginge. Nach der Begründung scheint die ‚Berichterstattung durch die Dienststellenleitung' mit Schreiben ‚der Abteilung GS7 vom ' erfolgt zu sein. Andererseits werden Gutachten und andere Beweisergebnisse genannt, die nach dem datieren und aus denen sich inhaltlich kein abgegrenzter Beurteilungszeitraum zu ergeben scheint. Das Fehlen eines Beurteilungszeitraumes (bzw ein das Gesetz übersteigender Zeitraum) könnte eine derart schwere Rechtsverletzung darstellen, die auch bei undeutlichem Zulassungsvorbringen aufzugreifen wäre."

15 In der Revisionsbeantwortung führte die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht aus, dass die Dienststellenleitung der zuständigen Abteilung Personalangelegenheiten antragstellend über Bedienstete zu berichten habe. Sie setzte fort: "Dies erfolgte in concreto mit Schreiben des Leiters der Abteilung GS7 vom ."

16 Damit bestätigt die belangte Behörde aus sachverhaltsmäßiger Sicht das gemäß § 58 Abs. 3 NÖ-LBG anzunehmende Ende des Beurteilungszeitraumes mit dem genannten Bericht der Abteilung GS7 vom .

17 Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht sei der Ansicht, dass Spruch und Begründung des Bescheides als Einheit verstanden werden müssten. Aus der Begründung käme hervor, dass "der Beurteilungszeitraum iSd § 58 NÖ-LBG mit dem Datum des Bescheides (der belangten Behörde) - dies ist der - ein Jahr rückwirkend eingegrenzt" worden sei.

18 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist nur ein undeutlicher Spruch aus dem Gesamtzusammenhang mit der Begründung auslegbar (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2006/21/0182), nicht aber ein - wie hier - ein wesentliches Tatbestandselement, nämlich den Beurteilungszeitraum, völlig offen lassender (und damit normativ unvollständiger) Spruch. Letzteres bewirkt die inhaltliche Rechtswidrigkeit des Bescheides (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 97/09/0365).

19 Überdies würde auch die Revisionsbeantwortung - selbst wenn man ihrem Spruchverständnis folgte - eine inhaltliche Rechtswidrigkeit aufzeigen. Denn entgegen dem nach § 58 Abs. 3 NÖ-LBG hier zu beurteilenden Zeitraum von einem Jahr vor dem hat die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht den Zeitraum bis zum in die Beurteilung des Arbeitserfolges mit einbezogen.

20 Da das Landesverwaltungsgericht die Rechtswidrigkeit des Bescheides der belangten Behörde nicht aufgegriffen hat, sondern den bei ihm angefochtenen Bescheid in unveränderter Weise bestätigte, belastete es das angefochtene Erkenntnis in seinem Spruchpunkt 1. mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, weshalb es insoweit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

21 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013.

Wien, am