VwGH vom 05.07.2011, 2009/21/0318
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde des S, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom , Zl. 318.790/2-III/4/08, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist kosovarischer Staatsangehöriger und heiratete am eine österreichische Staatsbürgerin. Unter Bezugnahme auf diese Eheschließung beantragte er am bei der Österreichischen Botschaft Skopje die Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger".
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom wies die belangte Behörde diesen Antrag gemäß § 11 Abs. 2 Z 4 und Abs. 5 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab. Die zusammenführende Ehefrau des Beschwerdeführers verfüge nur über ein monatliches Gesamteinkommen von EUR 955,--. Damit werde der erforderliche Richtsatz nach § 293 ASVG jedoch nicht erreicht. Die Erteilungsvoraussetzung des § 11 Abs. 2 Z 4 NAG sei daher nicht erfüllt. Da sich die Erteilung des begehrten Aufenthaltstitels auch - aus näher dargestellten Gründen - im Sinn des § 11 Abs. 3 NAG als nicht geboten erweise, sei der Antrag des Beschwerdeführers abzuweisen gewesen.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:
Die belangte Behörde hat, was die nach § 11 Abs. 2 Z 4 iVm Abs. 5 NAG erforderlichen Mittel anlangt, zutreffend auf den Richtsatz nach § 293 Abs. 1 lit. a sublit. aa ASVG in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. II Nr. 7/2009 in der Höhe von EUR 1.158,08 abgestellt. Bei der Frage, ob diese erforderlichen Mittel im vorliegenden Fall erreicht würden, hat sie aber nur auf das Einkommen der zusammenführenden Ehefrau des Beschwerdeführers Bezug genommen. Damit ging sie - was in der Beschwerde zutreffend gerügt wird - über das im Verwaltungsverfahren erstattete Vorbringen des Beschwerdeführers hinweg, er könne im Fall der Erteilung des begehrten Titels seine bereits früher in Österreich ausgeübte Beschäftigung wieder aufnehmen. In diesem Zusammenhang hatte der Beschwerdeführer einen detaillierten, 18 Punkte umfassenden "Arbeiterdienstvertrag" mit einer Konzerngesellschaft der G. Holding AG vorgelegt, demzufolge das Dienstverhältnis beginne, "wenn alle notwendigen Unterlagen für einen arbeitsrechtlichen Beginn gewährt sind (möglich ab sofort)" und befristet auf sechs Monate abgeschlossen werde. Beigelegt war außerdem ein Schreiben der genannten Gesellschaft vom , in dem es u.a. heißt:
"Bei diesem Arbeiterdienstvertrag handelt es sich um einen Standarddienstvertrag, den jeder Mitarbeiter in unserem Unternehmen erhält. Sämtliche DV sind befristet auf 6 Monate, wobei nur vereinzelt diese auch nach 6 Monaten beendet werden. Grundsätzlich werden unsere Mitarbeiter über diese 6 Monate hinaus weiterbeschäftigt. Auch bei (Beschwerdeführer) werden wir alles daran setzen, ihn in ein unbefristetes Dienstverhältnis zu übernehmen. Wenn wir (Beschwerdeführer) nicht als engagierten Mitarbeiter bereits kennen würden, wären wir auch nicht dazu bereit gewesen, ihn nach seiner Abwesenheit wieder einzustellen.
In diesem Sinne hoffe ich, dass (Beschwerdeführer) seine Bewilligungen bekommt und ehestmöglich wieder bei uns arbeiten kann."
Mit diesen Unterlagen bzw. dem dazu erstatteten Vorbringen hätte sich die belangte Behörde inhaltlich auseinandersetzen und sie einer (Beweis )Würdigung unterziehen müssen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/21/0630). Da sie das unterlassen hat, leidet der bekämpfte Bescheid an Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Wien, am
Fundstelle(n):
RAAAE-69653