VwGH vom 25.02.2010, 2009/21/0316

VwGH vom 25.02.2010, 2009/21/0316

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde des Z, vertreten durch Mag. Bernhard Graf, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Liechtensteinerstraße 27, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom , Zl. Fr-4250a-145/07, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen chinesischen Staatsangehörigen, gemäß §§ 60 Abs. 8 (gemeint: Abs. 2 Z 8), 63 und 66 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) ein auf zwei Jahre befristetes Aufenthaltsverbot.

Begründend führte die belangte Behörde - auf das hier Wesentliche zusammengefasst - aus, beim Beschwerdeführer handle es sich um den Sohn eines österreichischen Staatsbürgers "mit Hauptwohnsitz in Österreich". Am sei der Beschwerdeführer in M von Bediensteten des Zollamtes Feldkirch (KIAB) sowie von Polizeibeamten in einem Chinalokal "mit einer umgebundenen Schürze beim Fleisch zerschneiden" angetroffen worden. Die für die Ausübung der Tätigkeit nötige arbeitsmarktrechtliche Bewilligung sei aber nicht vorgelegen.

Der Beschwerdeführer sei sohin bei einer Tätigkeit betreten worden, die er nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) nicht hätte ausüben dürfen. Die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs. 2 lit. m AuslBG sei auf ihn nicht anzuwenden. Zwar sei dem Beschwerdeführer vom Landeshauptmann von Wien am eine bis gültige Niederlassungsbewilligung erteilt worden, jedoch verfüge er auf Grund dieser Bewilligung über keinen Zugang zum Arbeitsmarkt. Dies sei auch auf der "Aufenthaltstitelkarte" vermerkt gewesen. Da der Beschwerdeführer eine Beschäftigung entgegen den Bestimmungen des AuslBG angetreten habe, die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 8 FPG erfüllt seien und dies eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 60 Abs. 1 FPG darstelle, sei die Annahme gerechtfertigt, dass der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderlaufe. Durch die Ausübung von Schwarzarbeit werde allen Anstrengungen zuwidergehandelt, die gesetzt würden, um die angespannte Lage am Arbeitsmarkt zu entlasten.

Im Weiteren legte die belangte Behörde noch dar, weshalb die Erlassung des Aufenthaltsverbotes auch nach der in § 66 FPG vorgesehenen Abwägung zulässig sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 60 Abs. 1 FPG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z 1) oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (Z 2). Als bestimmte Tatsache im Sinn des § 60 Abs. 1 FPG hat gemäß § 60 Abs. 2 Z 8 FPG zu gelten, wenn ein Fremder von einem Organ der Abgabenbehörde nach Maßgabe der Bestimmungen des AVOG, der regionalen Geschäftsstelle oder der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht ausüben hätte dürfen.

Gemäß § 1 Abs. 2 lit. m AuslBG (in der Fassung BGBl. I Nr. 157/2005) sind die Bestimmungen des AuslBG nicht anzuwenden auf EWR-Bürger, die ihr Recht auf Freizügigkeit nicht in Anspruch nehmen, deren drittstaatsangehörige Ehegatten und Kinder (einschließlich Adoptiv- und Stiefkinder) sowie die drittstaatsangehörigen Ehegatten und Kinder österreichischer Staatsbürger, sofern der Ehegatte bzw. das Kind zur Niederlassung nach dem NAG berechtigt ist.

Den Feststellungen der belangten Behörde zufolge verfügte der Beschwerdeführer zu jener Zeit, als er die hier gegenständliche Tätigkeit ausübte, über eine aufrechte Niederlassungsbewilligung. Diese berechtigte den Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 NAG zur nicht bloß vorübergehenden befristeten Niederlassung im Bundesgebiet.

Die belangte Behörde begründete die Unanwendbarkeit der Ausnahmebestimmung des § 1 Abs. 2 lit. m AuslBG mit dem auf der Aufenthaltstitelkarte vermerkten Zusatz "Kein Zugang zum Arbeitsmarkt".

Zu § 1 Abs. 2 lit. m AuslBG hat der Verwaltungsgerichtshof allerdings nunmehr dargelegt, dass kein Zweifel daran bestehen könne, dass der Gesetzgeber unter "Kinder" in der genannten Bestimmung Verwandte in gerader absteigender Linie versteht, was u. a. auch den §§ 40 und 42 ABGB entspricht, und dass die Rechtsansicht, die Kindeseigenschaft werde in § 2 Abs. 1 Z 9 NAG definiert und sei im Sinn der dort normierten Legaldefinition einschränkend als "unverheiratete und minderjährige Kinder" zu verstehen, als verfehlt anzusehen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/09/0124, mwN).

Ausgehend davon kann nun nicht gesagt werden, die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs. 2 lit. m AuslBG wäre auf den Beschwerdeführer nicht anzuwenden. Sein Vater ist österreichischer Staatsbürger; der Beschwerdeführer ist auf Grund einer Niederlassungsbewilligung zur Niederlassung berechtigt. Sohin sind die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 lit. m AuslBG erfüllt (vgl. zu einem insofern vergleichbaren Fall nach dem AuslBG, in dem ebenfalls eine "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" mit dem Zusatz "Kein Zugang zum Arbeitsmarkt" ausgestellt worden war, nochmals das bereits genannte hg. Erkenntnis Zl. 2007/09/0124).

Unterlag aber die vom Beschwerdeführer ausgeübte Beschäftigung nicht den Bestimmungen des AuslBG, kann nicht davon ausgegangen werden, er sei bei einer Beschäftigung betreten worden, die er nach dem AuslBG nicht hätte ausüben dürfen. Da somit entgegen der von der belangten Behörde vertretenen Auffassung der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z 8 FPG nicht erfüllt ist, kann auch nicht gefolgert werden, der Aufenthalt des Beschwerdeführers gefährde aus diesem Grund die öffentliche Ordnung und Sicherheit oder laufe anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwider.

Der angefochtene Bescheid war sohin gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am